Rohr der Nord-Stream-2-Pipeline
Spezialisten auf dem Verlegeschiff Fortuna haben das letzte Rohr der beiden Stränge der Nord-Stream-2-Pipeline verschweißt / dpa

Der Ukrainekonflikt und die Energiesicherheit - Deutschland in der Zwickmühle

Der von Russland heraufbeschworene Ukrainekonflikt hat auch das Ziel, die neue Ampel-Regierung in Berlin hinsichtlich ihrer transatlantischen Beziehungen zu testen. Außerdem ist sich Moskau der Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energieträgern sehr bewusst. Nord Stream 2 ist für die deutsche Industrie praktisch unverzichtbar. Das ist ein Problem.

Autoreninfo

Antonia Colibasanu ist Analystin bei Geopolitical Futures und Dozentin an der rumänischen National Defence University mit Sitz in Bukarest.

So erreichen Sie Antonia Colibasanu:

Russlands anhaltende Truppenaufstockung in der Nähe der ukrainischen Grenze hat zu mehr als einem Monat voller intensiver Diplomatie sowie zur Verlegung neuer US-Militäreinheiten in Osteuropa geführt. Normalerweise reagiert der Westen auf russische Aggressionen mit Wirtschaftssanktionen. Da der Westen jedoch bereits seit Jahren Sanktionen gegen Russland verhängt, nachdem Moskau die Krim annektiert und sich in den Krieg in der Ostukraine eingemischt hat, müssten neue Sanktionen, um Wirkung zu zeigen, die russischen Energielieferungen nach Europa betreffen – insbesondere die geplante Nord-Stream-2-Gaspipeline durch die Ostsee.

Unter den gegenwärtigen Bedingungen wird dies kompliziert, wenn nicht gar unmöglich sein. Die Ukraine-Krise fällt in eine Zeit, in der Europa mit steigenden Gaspreisen und internen Streitigkeiten darüber zu kämpfen hat, wie es seinen Verbrauch an fossilen Brennstoffen langfristig reduzieren kann. Der Kreml weiß das – und er hat die Chance genutzt, um den Westen zu testen. Moskau wollte sehen, ob die Nato (und die Europäische Union) zusammenhalten, und wenn ja, wie sie reagieren würden. Während die Diskussionen zwischen dem Westen und Russland und zwischen den westlichen Verbündeten stattfinden, können wir – wenn wir verstehen, was der Kern der Krise ist – die nächsten wirtschaftlichen Schritte vorhersehen, die die Akteure unternehmen könnten.

Deutschland ist der Schlüssel

Eine Einigung innerhalb der EU auf Sanktionen gegen russische Energieströme ist eine unmögliche Aufgabe. Solche Sanktionen bedürfen der einstimmigen Unterstützung durch die 27 EU-Mitgliedstaaten. Mehr als ein Drittel des europäischen Gases kommt aus Russland, und einige Länder, wie die baltischen Staaten, Bulgarien und Österreich, beziehen mehr als 70 Prozent ihres Gases von ihrem großen östlichen Nachbarn. Darüber hinaus gibt es nur wenige alternative Lieferanten, die Europas Bedarf schnell decken könnten. Das bedeutet, dass Brüssel nur sehr begrenzt aggressiv gegen Russlands Energiesektor vorgehen kann.
 
Wahrscheinlicher ist es, dass Europa das Kronjuwel der russischen Energiestrategie für Europa sanktioniert: die noch nicht in Betrieb genommene Pipeline Nord Stream 2. In Kenntnis der russischen Energiestrategie und der Grenzen der EU warnen die Vereinigten Staaten seit Jahren davor, dass die 1200 Kilometer lange Nord Stream 2 – durch die Umgehung der Ukraine und den damit verbundenen Verlust von Einflussmöglichkeiten und Transitgebühren – die Sicherheit der Ukraine weiter beeinträchtigen könnte. Washingtons Verbündete in Osteuropa sahen die Sache ähnlich. Polen und die baltischen Staaten wiesen darauf hin, dass Russland, sobald Nord Stream 2 in Betrieb ist, Energie besser als geopolitisches Instrument nutzen könnte, um Europa zu beeinflussen und zu spalten.

Darüber hinaus könnte Moskau die Lieferungen an die Ukraine und indirekt auch an Osteuropa unterbrechen und diese Staaten dazu zwingen, stärker von der westeuropäischen Energieinfrastruktur abhängig zu werden. Die Bemühungen, den Bau von Nord Stream 2 zu blockieren, schlugen jedoch fehl, und die Versuche, alternative Gasquellen zu finden, scheiterten an Verzögerungen und Kosten. Währenddessen wuchs die Abhängigkeit Europas von russischem Gas.

Krise der Versorgungskette

Die Pandemie hat Europa die Möglichkeit genommen, Alternativen zu russischer Energie zu finden. Die Krise in der Versorgungskette, gefolgt von der Energiekrise im Jahr 2021, zwang Europa dazu, sich um genügend Gasvorräte zu bemühen, um den Winter zu überstehen. So vielversprechend Investitionen in neue Technologien – seien es Batterien oder Wasserstoff – auch sein mögen, sie werden nur langfristig Früchte tragen. Um weitere wirtschaftliche Störungen zu vermeiden, muss Europa das Beste aus seinen bestehenden Vertragsbeziehungen und der vorhandenen Energieinfrastruktur machen.

Seit die europäischen Energiepreise Ende vorigen Jahres in die Höhe geschnellt sind, haben viele Stimmen in der EU und in den USA Russland der Marktmanipulation beschuldigt. Moskau hat diese Vorwürfe zurückgewiesen, aber die Ukraine-Krise hat die Lage nur noch verschlimmert. Infolgedessen schlossen sich die USA dem Versuch an, alternative Gaslieferanten für Europa zu finden. Am 7. Januar traf US-Außenminister Antony Blinken in Washington mit dem EU-Außenpolitikchef Josep Borrell und dem Energiekommissar Kadri Simson zusammen.

Derzeit laufen Gespräche über die Ausweitung der Lieferung von Flüssiggas (LNG) aus Norwegen, Katar, Aserbaidschan und Algerien in die EU. LNG ist kein perfekter Ersatz für russisches Gas, aber es kann helfen. Eine weitere Veränderung in den zurückliegenden Monaten ist, dass die USA darauf bestanden haben, dass Nord Stream 2 nicht weitergeführt wird, wenn Russland in die Ukraine einmarschiert. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock reagierte besonnener und erklärte, dass die Pipeline als Teil der Sanktionsmaßnahmen zur Diskussion stehen könnte.

Warum Deutschland nicht nachgeben kann

Der deutsche Energieverbrauch hat sich nach der Pandemie erholt, und obwohl Berlin ein eifriger Befürworter grüner Energie ist, hat es angesichts der Energiekrise die Kohleproduktion wieder hochgefahren. Konventionelle, nicht erneuerbare Energiequellen machten im dritten Quartal 2021 mehr als 50 Prozent der Stromerzeugung aus. Der deutsche Steinkohlenbergbauverband erklärte im Januar, dass Deutschland 24,5 Prozent mehr Kohle importiert als im Jahr 2020, und er erwartet, dass diese Zahl im Jahr 2022 um 7,7 Prozent steigen wird. (Auch hier ist Deutschland auf Russland angewiesen: Rund 53 Prozent der Steinkohle, die an deutsche Stromerzeuger und Stahlhersteller geliefert wird, kam nach Angaben des Kohleindustrieverbands im vergangenen Jahr aus Russland.)
 
Deutschland hat in den Ausbau der erneuerbaren Energien investiert, aber Wind und Sonne können Erdgas, das fast ausschließlich aus dem Ausland kommt, noch nicht ersetzen. Deutschland produziert nur etwa 3 Prozent des Gases, das es verbraucht, und mehr als ein Drittel des importierten Gases kommt aus Russland. Obwohl die Verbrennung von Erdgas nur 15 bis 17 Prozent der deutschen Stromerzeugung ausmacht, ist nach den jüngsten Daten des Branchenverbands BDEW etwa die Hälfte der deutschen Haushalte im Winter auf Gas als Heizmaterial angewiesen.

Wenn Deutschland einen Teil seiner Gasimporte verliert – aus welchem Grund und aus welcher Quelle auch immer –, muss es seine Kohleverstromung im eigenen Land erhöhen oder mehr Strom aus den Nachbarländern importieren, um die Lücke zu schließen.

Das Problem mit dem Flüssiggas

Die USA haben Deutschland angeboten, mehr LNG zu liefern, wenn Nord Stream 2 aufgegeben wird, aber Deutschland verfügt über keine LNG-Infrastruktur. Einige wenige Orte in Europa verfügen über die nötige Hafeninfrastruktur, um LNG aufzunehmen, wie Großbritannien, Nordwesteuropa, Polen und Mittelmeeranrainer, aber die beiden letztgenannten Orte sind noch jung in ihrer Entwicklung. Das wenige LNG, das Deutschland einführt, wird größtenteils über das niederländische Gate Terminal transportiert, das nur 12 Milliarden Kubikmeter pro Jahr umschlagen kann. Dieser könnte zwar ausgebaut werden, aber das würde Zeit und Investitionen erfordern.

Schließlich gibt es eine Grenze, bis zu der Deutschland aus dem Erdgas aussteigen kann, und diese Grenze findet sich in der deutschen Industrie. Mehr als die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Erdgases entfällt auf das verarbeitende Gewerbe. Um weniger zu verbrauchen, müssten einige Branchen des verarbeitenden Gewerbes ihre Produktionsverfahren neu erfinden und in neue Technologien investieren – was alles sehr kostspielig ist. Aber es gibt auch Branchen, für die Kohlenwasserstoffe nicht nur eine Energiequelle, sondern auch ein Rohstoff sind. Der Chemiesektor ist wahrscheinlich das beste Beispiel dafür. In der chemischen Industrie wird so ziemlich alles hergestellt, was wir heute benutzen – denn (leider) ist Plastik in den meisten Dingen enthalten, die wir konsumieren. Die chemische Industrie stellt auch Düngemittel her, die für die Landwirtschaft und damit für die Lebensmittelversorgungskette von entscheidender Bedeutung sind, und unterstützt die Pharmaindustrie.

Der Pharmasektor ist ein Grund dafür, dass die Abhängigkeit Deutschlands von Erdgasimporten wahrscheinlich nicht abnehmen wird. Wenn überhaupt, dann könnte sie noch zunehmen. Deutschland wird manchmal als die Apotheke der Welt bezeichnet und beherbergt mehr als 500 Pharmaunternehmen, darunter große Konzerne wie Bayer, Boehringer Ingelheim und Merck. Die Bundesrepublik ist außerdem der größte europäische und der viertgrößte pharmazeutische Markt der Welt, und angesichts der demografischen Entwicklung des Landes wird dieser Markt in den kommenden Jahren nur wachsen.

Pharmaproduktion und Sicherheit

Gleichzeitig hat die Pandemie ein zentrales Sicherheitsproblem für den Gesundheitssektor aufgeworfen: die Notwendigkeit, Engpässe bei der Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen zu begrenzen. Deshalb hat die neue deutsche Regierungskoalition angekündigt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Herstellung von Arzneimitteln wieder nach Deutschland zu verlagern. Dazu gehören der Abbau des bürokratischen Aufwands, die Prüfung von Investitionszuschüssen für Produktionsstätten und die Prüfung von Zuschüssen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. 

Darüber hinaus ist Deutschland im Bereich der Biopharmazeutika – der modernsten Pharmaproduktion und einem Bereich mit hohem Wachstumspotenzial – der wichtigste Akteur in Europa. Gemessen an der Zahl der produzierten Wirkstoffe liegt Deutschland weltweit an zweiter Stelle hinter den USA, ein Vorsprung, den es halten will – der aber von einer stabilen Gasversorgung abhängt.

Pharmazeutika allein sind nicht der Grund, warum Berlin nicht Nein zu Nord Stream 2 sagen kann, aber die Strategie Deutschlands, die wichtigsten Industrien aus dem Ausland zu verlagern, um Engpässe in der Lieferkette zu verringern, spielt bei der Entscheidung sicherlich eine Rolle. Um mehr im eigenen Land zu produzieren, braucht Deutschland Energie, und da alternative Energiequellen teuer sind oder noch jahrelang erforscht werden müssen, bleiben konventionelle Energiequellen und insbesondere Erdgas wichtig.

Moskau ist sich der dreifachen Abhängigkeit Deutschlands von Gas, Öl und Kohle sehr bewusst. Der Grund für Russlands Aufmarsch in der Nähe der Ukraine bestand auch darin, die neue Regierung in Berlin hinsichtlich ihrer transatlantischen Beziehungen zu testen. Mit anderen Worten: Moskau hat die Nato und die EU auf die Probe gestellt. Keiner der beiden Blöcke ist zusammengebrochen, und die Nato hat sogar ihre Truppenpräsenz entlang ihrer Ostflanke verstärkt.

Kreative Lösungen

Gleichzeitig muss der Westen über andere Wege nachdenken, um Russland davon abzuhalten, noch aggressiver zu werden. Die Wirksamkeit von Sanktionen hängt im Allgemeinen von zwei grundlegenden Variablen ab: der Größe des Inlandsmarkts (der Verlust der USA oder der EU als potenzieller Absatzmarkt für die eigenen Exporte im Vergleich zu, sagen wir, dem Markt Kirgisistans) und dem Weltmarktanteil (wenn ein Land ein Beinahe-Monopol auf die Produktion bestimmter Waren hat, ist es schwer, dieses Land zu sanktionieren). In Anbetracht der obigen Ausführungen könnte die EU aufgrund der Beinahe-Monopolstellung Russlands auf dem europäischen (insbesondere dem deutschen) Energiemarkt an die Grenzen ihrer Sanktionsmöglichkeiten gestoßen sein.

Die westlichen Länder haben jedoch einige eigene Monopole im globalen Wirtschaftssystem. Ein prominentes Beispiel ist Swift, das Netzwerk der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication, das die Abwicklung praktisch aller Bankzahlungen gewährleistet. Swift hat seinen Sitz in Belgien – einem Mitglied der EU und der Nato –, was es relativ einfach macht, es im Falle erneuter, gezielter Sanktionen auszuhebeln. Die USA haben auch damit gedroht, Russland vom Zugang zu Spitzentechnologien abzuschneiden.

Ein weiteres Beispiel: Großbritannien ist ein dominanter Akteur in der Schiffsversicherungsbranche. Im Jahr 2010, als der Westen versuchte, den Iran von seinen nuklearen Ambitionen abzuschrecken, kündigte der Schifffahrtsversicherer Lloyd’s an, keine Benzinimporte in den Iran mehr zu versichern – ein Schritt, der erhebliche Folgen für die iranische Wirtschaft hatte, da er den Absturz der iranischen Landeswährung verschärfte und zu einem Verlust der iranischen Devisenreserven führte. Theoretisch könnte dies auch auf Russland zutreffen.

Dies sind bisher nur Spekulationen, aber der Punkt ist, dass der Westen mit seiner Wirtschaftsdiplomatie kreativ werden muss, wenn Berlin nicht davon überzeugt werden kann, eine harte Linie gegenüber Moskau in der Energiefrage einzuschlagen. Im Moment ist das militärische Auftreten die stärkste Botschaft, die der Westen an Russland gesendet hat. Wenn nichts anderes geschieht, werden die Ostgrenze der Nato und die Westgrenze Russlands die am stärksten militarisierte Grenze in Europa bleiben.

In Kooperation mit

GPF

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Yvonne Stange | Do., 10. Februar 2022 - 15:28

Man kann sich nur wundern, wie hier ein Krieg herbeigeschrieben wird. Dieses aggressive Rußland aber auch, was bildet es sich ein? Zieht Truppen auf dem eigenen Territorium zusammen, während die NATO Manöver direkt an der Grenze abhält... aber der "Aggressor" steht für den "Westen" ja schon fest.... Wie soll man diese hündische Ergebenheit von Westdeutschland an Amerika nur erklären? Immer noch besetzt fällt mir da nur ein. Und noch: warum baut und bezahlt Deutschland das modernste und größte Militärkrankenhaus ausgerechnet in Deutschland für die USA? Wenn doch Amerika KEINEN Krieg plant und nur Frieden?? Ich warte auf die erste false flag um den Krieg vom Zaune zu brechen.
Im tiefsten Kalten Krieg lief eines wie am Schnürchen, die Gaslieferungen aus Rußland!! Und auf einmal soll es nicht mehr gehen...??? Da ist etwas megafaul. Aber egal, wenn die Raketen nach dem Überfall auf Rußland in Ramstein einschlagen, sind wir alle Asche. Genießen wir die Tage, die uns noch bleiben.

gabriele bondzio | Fr., 11. Februar 2022 - 11:25

Antwort auf von Yvonne Stange

Habe vor diesem Artikel, den Artikel von Krone-Schmalz -„Offenbar reicht bei vielen weder die Bildung noch die Fantasie aus, um sich die Schrecken des Krieges vorzustellen“...gelesen.
Und muss sagen K-S hat nicht übertrieben.

Nicht wenige Medien und Journalisten sind so auf zündelnde „Berichterstattung“ aus, dass man ihnen gerne einen Nachhilfe-Kurs in Geschichte empfehlen würde.

Robert Hans Stein | Di., 22. Februar 2022 - 13:48

Antwort auf von Yvonne Stange

sein sollte - ich sehe es eher so, dass uns mit den USA mehr gemeinsame Interessen verbinden, als mit irgendeinem anderen Land -, wäre das immer noch besser, als für Putin den Troll zu geben. Ihre ganze Replik auf den fundierten Beitrag strotzt von mindestens genau so viel Kurzsichtigkeit, wie die deutsche Energiepolitik der letzten 20 Jahre.
Und woran machen Siefest, wer ein Aggressor ist? Was brauchen Sie noch an Indizien dafür. Reicht es nicht, anderen Staaten die Souveränität abzusprechen, um sie irgenwann liquidieren zu können? Die Aufzälung ließe sich leicht fortsetzen. Leider muß ich immer wieder beobachten, dass viele, die 1990 froh waren, dem von den Russen aufgezwungenen Kommunismus endlich entkommen zu sein, sich heute "hündisch" unter den Stiefeln eines ehemaligen KGB-Mannes zu suhlen. Einfach nur noch widerlich.

Joachim Kopic | Do., 10. Februar 2022 - 15:45

...ein Regime, bei dem man nicht so recht weiß, wer da alles "beteiligt" ist - nein, wir sind jetzt wahrscheinlich auch noch so ... , dass wir uns an der Gewaltspirale AKTIV beteiligen und uns selbst weitere Entbehrungen aufbürden! "Wollen" wir wahrscheinlich oder ...?!?

Ernst-Günther Konrad | Do., 10. Februar 2022 - 16:47

Das sind sehr interessante Sichtweisen, die Sie da aufzeigen und natürlich wissen auch die Akteure, das vieles nur heiße Luft ist und am Ende jeder Staat seine Politik auch gegenüber dem eigenen Wähler irgendwann begründen muß. Frierende Wähler sind sicher wenig durch Gegenseitiges sanktionieren zu überzeugen und wenn die Wirtschaft der gasabhängigen EU-Länder abschmiert, wem wird das jeweilige Volk es wohl mit Abwahl danken? Ich bleibe dabei, das wird diplomatisch gelöst werden und alles andere sind Placebos und Machtspielchen. Ob Putin das Ganze nur des Testens wegen macht, wage ich zu bezweifeln. Er will vor allem auf Augenhöhe mit dem Westen endlich zu einer verbindlichen Regelung kommen in Hinblick auf Aufnahme der Ukraine in die NATO und EU. Der Westen tritt einfach nur unkontrolliert um sich und ja, es ist richtig, das Baerbock und Scholz alle Optionen offen lassen und auf Diplomatie setzen. Nicht weil sie so tolle Überzeugungen haben, sondern weil sie sonst schnell weg wären.

Albert Schultheis | Do., 10. Februar 2022 - 16:48

Deutschland macht Politik auf Gesamtschulniveau. Dass es auf der Nordhalbkugel in den nördlichen Breiten Sommer und Winter gibt und die Menschen deshalb schon immer Vorsorge treffen mussten zum Überleben, das halten Anthropologen für eine Grundbedingung für die Entwicklung höherer Intelligenz. Im Zeitalter von Aldi und Lidl und insbesondere von grünroten Bundestagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern ohne Berufasabschluss ist diese essentielle Erfahrung bei vielen Zeitgenossen verloren gegangen. Sie werden von panischen Angstattacken befallen bei dem Gedanken an ca 4 ppm CO2 in der Atemluft (obwohl dieses Gas die Grundlage des Lebens auf unserer Erde darstellt!), aber die greifbare Möglichkeit, dass Ihnen bereits im kommenden Winter der A**** auf Grundeis gehen könnte, blenden sie vollkommen aus. Selbst wenn man das Gespann Putin/Lawrow für durchaus klug, vernünftig und zuverlässlich einschätzt, ist es dennoch nicht sehr klug, sich allzu sehr vom Energieträger Gas abhängig machen.

Bernd Muhlack | Do., 10. Februar 2022 - 17:18

Bekanntlich bin ich kein Geostratege, Mitglied irgendeines denkenden Tankes.

Ich hatte hier bereits mehrmals folgende Frage aufgeworfen, jedoch nie eine Antwort erhalten:

Was bitte soll der geopolitische, strategische Unterschied sein wenn Russland, Putin, Gazprom, Rosneft et Co. NS2 oder die terrestrische Pipeline dicht machen, nicht mehr liefern?

Das Ergebnis bleibt sich gleich: kein Gas mehr!

Bei NS2 besteht mMn sogar der Vorteil, dass die Ukraine sich nicht mehr in die Lieferung einmischen kann.
Was gehen D die ukrainischen Transiteinnahmen an?

Ich denke, dass es hier insoweit einige Experten gibt sowie einen Alleserklär-Bär.
Also Gesellen, frisch ans Werk!
Es wäre schön, wenn man das mal nachvollziehbar darlegen würde.

Fracking-Gas kann ja wohl nicht wirklich eine Alternative sein, vor allem aus Sicht der Grünen!

Schönes Wochenende!

Annette Seliger | Do., 10. Februar 2022 - 17:21

..also einfach einmal die Dinge beim Namen nennen:! Der "Westen" versucht vor der russischen Haustür in der Ukraine einen Regime Change. Putin erkennt die Gefahr, denkt sich: "Was die können kann ich auch" und hält ein demokratisches Referendum auf der Krim ab. Die Einwohner stimmen für den Beitritt zu Russland. Damit hat er den russischen Flottenstützpunkt gesichert und wer die Krim hält, der kontrolliert das Schwarze Meer. Dann stellt sich für ihn die Frage: "Warum sollen die Russen eigentlich das westlich orientierte Regime in der Ukraine mit dem Gastransfer subventionieren?". Wir bauen Northstream 2, umgehen die Ukraine und liefern direkt nach Europa. Die brauchen das Gas für ihre "Energiewende" und die Verbraucher freuen sich dass die Gastransitaufschläge für die Ukraine weg sind. So einfach sind die Dinge, wenn man sie beim Namen nennt und auf den Punkt bringt.

Die Propaganda in West und Ost manipuliert die Menschen, dabei sind die Dinge so einfach.

Tomas Poth | Do., 10. Februar 2022 - 17:38

Der Schlüssel liegt in der Ukraine!
Die Ukraine muß nur die Minsker Vereinbarung von 2015 umsetzen, was sie aber offensichtlich nicht will.
So ab Punkt 9 der Vereinbarungen hakt es. Dazu kommt als neues Hindernis das Sprachengesetz von 2019, daß die russische Minderheit, 17% der Bevölkerung, benachteiligt.
Der Schlüssel liegt nicht bei Deutschland, allerdings wird es von fast allen in die Zange genommen. Das Ziel einiger EU und Nato Staaten ist es NS2 abzuwürgen.
Man wird sehen wie wichtig NS2 für Russland ist. Vielleicht ist Russland das mittlerweile egal, dann muß Deutschland seinen Kernkraftstop aufheben.
Soviel Flüssiggas aus den USA kann gar nicht herangeschafft werden wie benötigt wird!
Wir erleben mal wieder politischen Bauchtanz auf der höchsten Stufe.

Tomas Poth | Do., 10. Februar 2022 - 18:44

Antwort auf von Tomas Poth

Eigentlich ist es nur ein internes Problem der Grünen zwischen Baerbock und Habeck, wer kriegt den schwarzen Peter?
Robert zu Annalena: Du mußt jetzt mal Selenski auf Trapp bringen die Minsker Vereinbarung umzusetzen!
Annalena zu Robert: Du mußt jetzt mal die Atomkraft und das Frackinggas als grüne Energie verkaufen!

Tja und Olaf muß jede Ausweichbewegung der beiden Richtung Kanzleramt zurückpritschen. Irgendwann, so hoffen alle wird es ausgesessen sein und als Problemlösung verkauft.

Gerhard Fiedler | Do., 10. Februar 2022 - 18:57

Der Analyse von Frau Colibasanu kann ich nur zustimmen. Eine Zwickmühle, in der ein Zurückschlagen leider nicht möglich ist und von daher bedauert wird, sehe ich allerdings nicht. Vielmehr sehe ich Chance und Auftrag, das Verhältnis Deutschlands zu Russland im Interesse beider Länder auf freundschaftlicher Basis neu zu ordnen, ob dies anderen gefällt oder nicht. Dabei muss den Interessen beider Länder entsprochen werden. Dem Interesse der USA darf nicht entsprochen werden, Russland mit Hilfe der NATO immer mehr auf den Pelz zu rücken. Es würde nur in die Katastrophe führen. Die Großmacht Russland will Sicherheit, mehr nicht. Wenn dies die Ukraine und alle Scharfmacher nicht kapieren, gibt es Krieg und dies zum Schaden aller. Nach 1945 hieiß es in Deutschland "Nie wieder Krieg!" Viele meiner Onkel fanden in Russland den Tod, die Großmutter meiner Frau ihren auf der Gustloff. Soll so etwas wieder stattfinden? Nein!

michael büchner | Do., 10. Februar 2022 - 19:52

doch den fakt, dass wir mit dieser ganzen globalisierung auf dem holzweg sind! was nützen dieselfahrverbote in d wenn ein einziger dampfer mit irgendwelchen von kindern zusammengenähten turnschuhen aus china auf seinem weg nach europa wochenlang schweröl in die luft bläst? wenn unsere zukunft nachhaltig sein soll, muss zwingend wieder hier lokal produziert werden. die zukunft ist nicht global sondern lokal. wir müssen unsere gesamten produktionsketten wieder lokalisieren, aber dringender erst mal diese ganzen kriegstreiber zum teufel jagen! insofern ist herrn poth hier weiter oben absolut recht zu geben! aber wenn wir wieder lokal produzieren wollen braucht es dazu die nötige energie & die wird der russe liefern, so wie er es immer getan hat.... fakt ist: wir werden in zukunft deutlich mehr energie benötigen als heute & es macht m.e. durchaus sinn, sich in diesem zusammenhang nicht mehr von der ukraine erpressbar zu machen... das der russe sauer ist, ist m.e. absolut nachvollziehbar...

Norbert Heyer | Fr., 11. Februar 2022 - 07:57

Die Krise um die Ukraine könnte der Westen ganz einfach entschärfen: Keine weitere Einkreisung durch die NATO im Vorgarten von Russland, Aufhebung aller Sanktionen und den Rückzug der Russen von der Grenze fordern. Das ist aber für die Geopolitik der USA nicht vorstellbar. Ihnen gefällt der Gedanke, die Russen als Kriegstreiber darzustellen und gleichzeitig die EU massiv in Kriegshandlungen zu treiben. Das dabei die Deutschen mit ihrer irren Energiewende richtig auf die Schnauze fallen würden … umso besser, ganz im Sinne der USA und GB, schon immer Brüder im Geiste der Geopolitik. Nachhaltig wären die Russen getroffen, aber nicht vernichtet, die EU aber und vor allen Dingen Deutschland würden untergehen. Die USA und GB würden für dieses Wunschziel auch die EU opfern, um ihre eigene Position zu sichern und sich mit China arrangieren. Deshalb keine Waffen für die Ukraine und sich nicht in ein schlimmes Debakel hineinziehen lassen - Afghanistan muss doch eigentlich Warnung genug sein.

Urban Will | Fr., 11. Februar 2022 - 08:17

halte ich für grundlegend falsch. Der Ukraine – Konflikt begann vor einigen Jahren und die Ursache war – nach der eh schon fragwürdigen Osterweiterung der NATO – die Hinwendung der Ukraine zum Westen.
Das ist zwar deren „gutes Recht“, aber wer etwas tut, muss auch die Konsequenzen bedenken.
Die Annexion der Krim war die krasseste davon und es war klar, dass Russland niemals zulassen würde, dass diese Halbinsel und ihr wichtigster Flottenstützpunkt an den Westen fällt.
Wer derzeit am meisten auf die Pauke haut, ist der Westen. Die Ukraine muss einsehen, dass sie auf sehr dünnem Eis wandelt und nur verlieren kann. Kein NATO – Mitglied wird auch nur einen Soldaten für sie opfern und die Abhängigkeit vom russ. Gas ist nun mal Fakt. Da ist sich jeder selbst der nächste hier in Europa.
Ironie d Geschichte: Das Kasperletheater namens dt. Regierung kann hier als „mäßigend“ auftreten (weil sie absolut keine Alternativen hat) und sich später dann als Friedensstifter aufspielen.

Werner Peters | Fr., 11. Februar 2022 - 11:12

Für mich einer der besten Artikel zum Thema. Fakten statt Meinung. So muss Journalismus sein. Nur zur Ergänzung: Die USA beziehen rund 20% ihres Öls aus Russland. Wenn die N2 zumachen wollen, sollten sie ehrlich sein, und kein Öl mehr von den Russen kaufen. Als ein Journalist kürzlich Biden dazu aus einer PK fragte, schwieg der. Auch eine Antwort.

Albert Schultheis | Fr., 11. Februar 2022 - 13:24

Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie in einem der letzten noch bestehenden kritischen Medien eine solche unkritische a-priori-Setzung: "Der von Russland heraufbeschworene Ukrainekonflikt" - als wären es in Wirklichkeit nicht mindestens zwei Parteien, die diesen, uns alle an den Rand eines 3. Weltkrieges schubsenden Konflikts, herbeigeführt haben. Nein, zu diesem Konflikt haben insbesondere auch die skrupellosen nationalistischen Kräfte in der Ukraine, die infantilen Weltverbesserer in Deutschland sowie die gebrannten Kinder in Polen und den baltischen Staaten beigetragen. Neben Putin und Merkel sind auch unmittelbar Gauck, Steinmeier, Joe und Hunter Biden, das Ehepaar Clinton, die Dame Nuland, der NATO-Scharfmacher Stoltenberg sowie die woke "Qualitätspresse" involviert. Erst on diesem illustren Panoptikum ergibt sich das hochbrisante Panorama, das durchaus den letzten Tagen vor Ausbruch des 1. Weltkriegs ähnelt.

Ronald Lehmann | Fr., 11. Februar 2022 - 23:52

Zumal ich Putin/Russland nach Europa einbinden würde, ohne dass ein Staat in eine Abhängigkeit thrifted. Zumal selbst die USA Öl aus Russland beziehen.
Mehrere Standbeine, egal ob Energie selber oder Einkaufspartner stärken den Wettbewerb & senken mögliche Störungsschwankungen, egal in welcher Art.

Und der zweite Vorteil wäre für mich, dass Russland in seinen Werten näher ist als das Diktatur Gebilde China, wenn auch sie militärisch Noch NICHT so offensiv in Erscheinung getreten sind.
Meiner Meinung nach sollte man sich aber nicht täuschen lassen.
In den kleinen Reaktionen erkennt man den wahren Charakter ?