Lernstation
Lernerfolg gleich null: „Lernstation“ zum Thema Klimawandel / dpa

Pädagogische Konzepte - Am Bewährten festhalten

Die moderne Pädagogik hat die Schule verändert – nicht nur zu ihrem Vorteil. Viel Bewährtes wurde in Frage gestellt, ohne dass das Neue seine Berechtigung hätte nachweisen müssen. Insgeheim wissen das viele Lehrer, wollen aber nicht als rückständig gelten.

Autoreninfo

Rainer Werner unterrichtete an einem Berliner Gymnasium Deutsch und Geschichte. Er verfasste das Buch „Fluch des Erfolgs. Wie das Gymnasium zur ,Gesamtschule light‘ mutiert“.

So erreichen Sie Rainer Werner:

Wenn man sich heutzutage im Lehrerzimmer zu einer konservativen Haltung in der Pädagogik bekennt, hat man einen schweren Stand. Den jungen Kollegen gehen die Floskeln einer linken Pädagogik flüssig von den Lippen: Kinder aller Begabungen in einer Klasse? Kein Problem! Das Leistungsprinzip im Unterricht? Muss nicht sein, wichtiger ist ein freundliches Lernklima! Schülerfreundliche Lernmethoden? Aber ja, Frontalunterricht ist out. Der pädagogische Mainstream, der seit Jahren den gesellschaftlichen Diskurs über Bildung prägt, hat sich in den Köpfen vieler Lehrkräfte eingenistet. In den täglichen Gesprächen im Lehrerzimmer kann man dann aber Erstaunliches vernehmen. Wenn ein Mathelehrer entnervt aus der 8b kommt und klagt: „Wie haben die es nur aufs Gymnasium geschafft?“, stößt die Verheißung vom „gemeinsamen Lernen“ offensichtlich an ihre Grenzen.

Kaum ein Lehrer, der im Unterricht nicht ausgiebig Selbstlernmethoden wie Lernen an Stationen oder Lernkarussell anwendet. Wenn aber in Klasse 10 die Prüfung zum Mittleren Schulabschluss vor der Tür steht, nehmen dieselben Lehrer dann doch wieder Zuflucht zum straffen Lernen, gerne auch im vom Lehrer gelenkten Unterrichtsgespräch. Es ist halt doch die effektivste Lernmethode – nur sagen darf man es nicht. Auch das Leistungsprinzip kehrt mit Macht zurück, weil nur mit Lerntests Wissenslücken ergründet werden können, die es noch vor der Prüfung zu beheben gilt. Freundlicher Umgang mit Schülern – eigentlich eine Selbstverständlichkeit – hilft den Schülern nicht, wenn sie befürchten müssen, den Abschluss zu vermasseln. Da braucht es die klare Ansage des Lehrers und effektive Lernmethoden. Viel Unaufrichtigkeit ist also im Spiel, wenn Lehrer im Lehrerzimmer eine „fortschrittliche“ Pädagogik verteidigen. Oft klingt es, als wollte man sich partout zu den angesagten pädagogischen Moden bekennen, weil es als anstößig gilt, als rückständig wahrgenommen zu werden. Mich amüsiert diese Schizophrenie: In der Theorie tickt man links, in der Praxis neigt man dann doch zum Altbewährten. Vielleicht hatte der konservative Denker Joachim Fest recht, als er sagte: „Die Wirklichkeit ist immer konservativ.“

Auf die Persönlichkeit des Lehrers kommt es an

Ich habe mit dem Bekenntnis zu einer konservativen Haltung in der Pädagogik keinerlei Probleme. 35 Jahre Unterrichtstätigkeit an verschiedenen Schulen haben mich gelehrt, dass die als fortschrittlich gepriesenen didaktischen Methoden das Elementare des Bildungsprozesses gar nicht verändern können. Unterrichten ist in erster Linie eine Interaktion zwischen Menschen: Die Lehrkraft führt ihre Schüler mit fachlichem Wissen, mit Leidenschaft für den Gegenstand und mit dem Gewicht ihrer Persönlichkeit durch die wunderbare Welt des Wissens. Ob dieser Weg von den Schülern holprig oder leichtfüßig zurückgelegt wird, liegt in erster Linie am Geschick des Lehrers, an seiner Ausstrahlung und seiner Überzeugungskraft, natürlich auch an seiner Fähigkeit, das immense Weltwissen „mundgerecht“ zu vermitteln. Während fortschrittliche Pädagogen immer die Wichtigkeit von Methoden und Kompetenzen betonen, beharrt der Konservative auf dem Primat des persönlichen Bezugs. Dieser ist an einer Sekundarschule im Problembezirk Berlin-Neukölln genauso wichtig wie am elitären Hamburger Gymnasium Johanneum.

Jeder Schulleiter wird die Einsicht bestätigen, dass es auf den Lehrer ankommt. Im Gespräch mit Gymnasialdirektoren kann man erfahren, dass der Unterschied im Englischunterricht zwischen zwei Parallelklassen mitunter ein halbes Schuljahr betragen kann. Der einen Lehrkraft gelingt es blendend, die Schüler für die Fremdsprache zu begeistern. Die andere quält sich uninspiriert durch die Kapitel des Lehrbuchs. Die Höchststrafe für Schüler ist ein Mathelehrer, der die Rechenoperationen nicht erklären kann. Damit treibt er die Schüler zur Verzweiflung – und in die Welt von YouTube. Es entbehrt nicht der Ironie, dass sich die Schüler, die am Vormittag mit Selbstlernmethoden traktiert werden, zuhause den gekonnten Vortrag eines YouTube-Lehrers gönnen, der die Sachverhalte so anschaulich erklärt, dass der Groschen schließlich fällt. Diese Abstimmung per Mausklick für den vielgescholtenen Frontalunterricht sollte den Fortschrittsfreunden zu denken geben.

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Gerhard Lenz | Mo., 10. Januar 2022 - 14:38

mit seiner monatlichen Abrechnung reformpädagogischer Ansätze.

Wie sehr hat sich denn das Bewährte im deutschen Bildungswesen bewährt?

Studie über Studie bescheinigen der deutschen Pädagogik genau das, was Herr Werner im vorletzten Absatz beklagt: Dass Kinder aus migrantischen und sozial Schwachen Familien schlechtere Ergebnisse erzielen.

Das ändert man nicht, indem man zu Zeiten zurückkehrt, in denen gerade mal eine Handvoll von 30 Kindern auf das Gymnasium wechselten, Pauken und Disziplin im Vordergrund standen und Schüler erstmal gehorchen mussten.

Herr Werner mag noch nicht mitbekommen haben, dass auch Reform- oder Gemeinschaftsschulen das Leistungsprinzip anwenden. Wenn das hier und dort weniger funktioniert, dann liegt das nicht am "zu lässigen, zu wenig fordernden" Unterricht, sondern schlicht daran, dass unterschiedliche Kinder unterschiedliche Förderung brauchen - die sie oft nicht bekommen.
Die Skandinavier machen es vor. Aber bei uns darf Bildung ja auch nichts kosten...

Stefan Forbrig | Mo., 10. Januar 2022 - 16:42

Antwort auf von Gerhard Lenz

...darauf kann ich nur das Zitat von Herrn Fest wiederholen:
"Die Wirklichkeit ist immer konservativ".
Und daran können auch Sie glücklicherweise nichts ändern.

Christa Wallau | Di., 11. Januar 2022 - 14:36

Antwort auf von Stefan Forbrig

wahrscheinlich so wenig Ahnung hat wie ein Gehörloser von Musik, w e i ß natürlich genau, daß die "Reform- oder Gemeinschaftsschulen (- was immer er auch darunter verstehen mag -) das Leistungsprinzip anwenden".

Nun: Er ist eben kein Insider.
Was er allerdings überall nachlesen könnte, ist der unumstößliche Befund, daß Kenntnisse u. Fertigkeiten der Schulabgänger in D kontinuierlich schechter geworden sind.

Sie haben natürlich recht, wenn Sie Fest zitieren:
"Die Wirklichkeit ist immer konservativ."
Oder wie Herr Werner es mit einem Zitat von Marquard ausgedrückt hat:
"Das Neue ist gegenüber dem Bewährten begründungspflichtig."

Das viele NEUE, welches man in den Schulen ausprobierte, hat
eben n i c h t die Erfolge gebracht, die es angeblich haben sollte. Warum - um Himmels willen - besinnt man sich dann nicht auf BEWÄHRTES
???
Nun, weil die vielen Leute, die ins Horn der "Reformer" gestoßen haben (wie Herr Lenz) ums Verrecken nicht zugeben wollen, daß sie sich geirrt haben.

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 10. Januar 2022 - 16:59

Antwort auf von Gerhard Lenz

Ihre Frage: „Wie sehr hat sich das Bewährte bewährt?“ Bleiben wir sachlich: Die Frage lässt sich leicht beantworten. Mit dem 3-gliedrigen Schulsystem, in dem wenige aufs Gymnasium wechselten, ist unser Land technisch und wirtschaftlich zur Weltspitze aufgestiegen. Was wurde nicht alles von dessen Schülern erfunden. Mit Bafög war der Aufstieg möglich.
Heute wird Bewährtes abgewrackt, in der Hoffnung, ein Genie wird Neues erfinden (s. Energieversorgung). Wer soll erfinden, wenn Grundlagen fehlen, weil statt maximaler Bildungsvermittlung ein gleiches Bildungsniveau oberstes Ziel der Minister ist? Der Verweis auf den Migrationshintergrund sollte spätestens seit Sahin / Türeci und der Entwicklung des mRNA-Impfstoffes Geschichte sein, ist ggf. nur eine faule Ausrede.
Dafür sinkt die hiesige Bildung in den Studien immer weiter ab. Die Unterschiede werden geringer, aber leider auch die Spitzenleistungen. Wer glaubt, mit Mittelmaß Weltklasse zu werden, dem steht das Lernen noch bevor.

gabriele bondzio | Mo., 10. Januar 2022 - 18:05

Antwort auf von Gerhard Lenz

ja, diese blöden altmodischen Sachen. Haben immerhin Generationen nicht zu ihren Nachteil erzogen.
Und kosten im Grunde nichts!

Die neuen Varianten kosten zumindest entnervte Lehrer und nicht unbedingt schlaue Schüler.

Walter Bühler | Mo., 10. Januar 2022 - 18:49

Antwort auf von Gerhard Lenz

... und seiner Ausrufung der "Bildungskatastrophe" wird die Schule immer neuen Reformen unterworfen.

Gut, wie lange braucht eine Reform, bis sie greift? 20-30 Jahre???

Dann reformieren wir - von heute aus gesehen - seit 20-30 Jahren die so tollen Reformen der altbackenen Soziologie-, Philosophie und Pädagogik-Professoren von dunnemals.

Genau diese beliebten REFORMEN haben sich NICHT "bewährt". Genau sie haben dazu geführt und führen heute noch dazu, dass "Kinder aus migrantischen und sozial schwachen Familien in jedem Jahr schlechtere Ergebnisse erzielen".

Ja, Herr Lenz, so ist es: "hie und da funktioniert es weniger".

Außerdem: Wieviel Euro wird in Schweden pro Schulkind und Jahr ausgegeben? Ich weiß nur, dass innerhalb Deutschlands Berlin am meisten pro Schüler ausgibt. Trotzdem werden (nach Bremen) im Vergleich die schlechtesten Leistungen erreicht.

Fazit: Geld löst keineswegs alle Probleme, da hat Herr Werner absolut recht.

Ronald Lehmann | Di., 11. Januar 2022 - 00:08

Antwort auf von Gerhard Lenz

<Ja, hier gebe ich Ihnen Recht. Jedoch mit gehorchen? Das erinnert mich eher an die jungen Pioniere aus kommunistischer Zeit. Stillgestanden - Meldung & Ablauf nach Art Preußischer Zucht.

Vorige Woche war meine Krimi-Mimi vor den Fernseher eingeschlafen & es lief ein Schulfilm bei RTL ups. Ich hörte unfreiwillig zu. Was ich zu hören bekam, war so skandaleuse, dass ich es kaum glauben & fassen konnte, mit welch einer Gossensprache heutzutage an einer Berliner Schule man - nein - eigentlich nicht kummunizieren, aber ...... leider keine richtigen Worte gefunden.
Jedenfalls, egal aus welchen Elternhaus - "das KIND" ist in einem Jahr versaut(?), nicht mehr entwicklungsfähig oder oder oder.
Nicht mehr lange & nur noch ein Kreuz-el ist für A/B/C zu machen. Wirtschaft wie Energie werden Mangelware sein & vielleicht gibt es ein paar Esel, die den Acker beackern :-((
Und Wissenschaft wird wie bei Corona zum Glaskugel-lesen der höheren Gesellschaft. Und es wird wie immer ALLES NEU erfunden.

Bernd Muhlack | Mo., 10. Januar 2022 - 16:21

Wie immer schließe ich mich den Ausführungen des Autors an.

In der siebten Klasse schenkte ich Tochtern das Buch "Das Geheimnis des kürzesten Weges" von Peter Gritzmann und René Brandenberg.
Es geht um angewandte Mathematik, Physik im Alltag - von der Müllabfuhr, über Klärwerke bis
pipapo.
Sie las es durch und der Drops war gelutscht.

Wenn man erkennt, wofür dieses Wissen benötigt wird, dann sieht man eben so manches anders.
Fürderhin in Mathe ein "sehr gut" bzw später
14 Punkte.

Es kommt jedoch nicht nur auf das Lehrpersonal sondern auch die Eltern an, nicht wahr?
Ich erinnere noch sehr gut diese Elternabende mit den oft hysterischen Müttern!
Mein lieber scholli!

Ingofrank | Mo., 10. Januar 2022 - 17:21

Im übrigen haben die Skandinavier die gelobt werden, das Bildungssystem der DDR ideologisch entkernt und in großen Teilen übernommen. So viel dazu.
Im übrigen hatte mich vor wenigen Wochen meine Enkeltochter 11. Klasse mit einer Matheaufgabe konfrontiert. Ich habe sogar mein altes Mathelexikon aus meiner Schul/ Studienzeit vorgekramt, leider ohne Erfolg. Letzter Versuch, der Sohn unserer Freunde ist Lehrer. Der kontaktierte seinen alten Mathelehrer vom Gymnasium. Das Ergebnis war, dass die Aufgabe kein Ergebnis hat, also unlösbar ist. Nun meine Frage: welches „pädagogische Genie“ denkt sich solch einen Schwachsinn aus?
Unterschiedliche Lösungswege ok. Aber ohne Lösung! Völlig an der Realität vorbei.
Lernumfeld ist wichtig!
Ja, nicht schon wieder die Turnhalle deren Dach eingestürzt ist …..
Kleines 1x1; Prozentrechnung, Überschlagsrechnung, Rechenregeln usw. müssen „gepaukt“ werden
Das Beherrschen der deutschen Sprache ist Voraussetzung f.d. Lernen
M f G a d E R

Bernd Muhlack | Mo., 10. Januar 2022 - 19:03

Antwort auf von Ingofrank

Hallo Ingofreund!

Ich hatte Ihnen dazu geantwortet - wie immer ruhig und objektiv.

Der Artikel ist allerdings "weg, wech".
"Sie haben keine Zugangsberechtigung."

Okay. Aber warum?
Lassen wir das.

"Das Ergebnis war, dass die Aufgabe kein Ergebnis hat, also unlösbar ist."
Shit happens!

Niemals werde ich mein schriftliches Abi qua Chemie-LK vergessen:
Im dritten Umschlag war mein Wissen drinne => Becker-Faust und ab die Post!
Oxidationszahlen sowie die Herleitung der Schrödinger-Gleichung.
PUH!
Mein lieber scholli, was man früher nicht alles wußte, gell?!

... as time goes by ...

Alles Gute - auch für die Turnhalle!

Thomas Hechinger | Di., 11. Januar 2022 - 06:03

Antwort auf von Ingofrank

Ich finde, Sie formulieren hier einen etwas eingeschränkten Aufgabenbegriff. Zur Mathematikaufgabe Ihrer Enkeltochter kann ich nichts sagen, da ich sie nicht kenne. Grundsätzlich kann es aber eine wichtige Erkenntnis sein festzustellen, daß ein Problem unlösbar ist. So können Sie zum Beispiel ein regelmäßiges Fünfeck oder Sechseck in einer klassischen Konstruktion mit Zirkel und Lineal konstruieren, aber merkwürdigerweise kein regelmäßiges Siebeneck. Und zwar liegt das nicht daran, daß die Mathematiker den Dreh noch nicht herausbekommen haben, sondern es geht prinzipiell nicht. Ein ausgebildeter Mathematiker wird sein Bemühen daher auf andere Probleme lenken, als weiter zu versuchen, hier eine Lösung zu finden.
Wir wären in der aktuellen Corona-Politik schon einen wesentlichen Schritt weiter, wenn sich endlich die Erkenntnis durchsetzen würde, daß es unmöglich ist, die Corona-Viren auszurotten. Diese Aufgabe zu lösen, muß man scheitern.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 10. Januar 2022 - 17:26

Meine Tochter unterrichtet am Gymnasium Mathe und Chemie. Manchmal korrigiert sie Klassenarbeiten und Tests bei uns zu Hause, von elterlicher Fürsorge gerne umhegt. Obwohl sie an der ein oder anderen Stelle durchaus links-grünes Denken präferiert, merkt man ganz schnell, das im Gegensatz zu ihren Ansichten dies im pädagogischen Bereich nicht gilt, sondern sie durchaus sehr konservativ bewertet und deshalb entsprechende Anforderungen an ihre Schüler stellt. Dabei bereitet sie nach wie vor ständig Unterricht modern und mit dem realen Anforderungen des Lebensalltags verknüpft vor. Gerade gestern hörte ich wieder solche Sätze: " Die hören nicht zu. Die lesen das nicht richtig durch. Schon wieder grobe Rechtschreibfehler. Die können nicht mal richtig abschreiben. Ich frage mich, was der auf dem Gymnasium zu suchen hat." Und obwohl in der Jugend gerne mal mit konträren Ansichten unterwegs, hören wir dann doch häufig Sätze, die wir bereits ihr in jungen Jahren mit auf den Weg gaben.

Walter Bühler | Mo., 10. Januar 2022 - 17:45

Auch wenn ich alter Pauker die Vergangenheit idealisiere: Bei den Enkeln sehe ich, dass Kinder - wenn sie nicht einem barbarischen Schicksal ausgeliefert sind - immer etwas lernen wollen. Solange sie als Personen geachtet werden, freuen sie sich an eigener Leistung. Anspruchslose "Beschäftigung" erzeugt Langeweile und Frustration, die sich schnell in destruktivem Verhalten entladen kann.

Der Kern des pädagogischen Geschäfts besteht darin, Heranwachsende ernst zu nehmen. Der Wunsch des Schülers nach Wissen muss auf den Wunsch des Lehrers treffen, ihm das Wissen vermitteln zu wollen. Wenn ein Schüler nicht vom Stoff begeistert wird, darf ihm der Lehrer allerdings nicht seine Achtung entziehen.

Die sog. "Professionalität“ sieht das Heil in perfekter Organisation von Teams und in einheitlichen Methoden und Materialien. Das erleichtert zwar die Arbeit, kann aber leicht zur Unachtsamkeit gegenüber den lernenden wie auch den lehrenden Personen führen. Deswegen fehlt oft die Nachhaltigkeit.

Manfred Westphal | Mo., 10. Januar 2022 - 19:57

was läuft in der Schule verkehrt, wenn mein 14jähriger Enkel in Mathe im Zeugnis eine FÜNF bekommt, mit mir aber über Quantentheorie und Schrödingers Katze sprechen und diskutieren will?

Thomas Hechinger | Mo., 10. Januar 2022 - 21:05

Ich sehe vieles wie der Autor. Aber vielleicht schönt er seine Bilanz doch auch ein wenig. Warum er aber immer wieder darauf beharrt, ein Gedicht von Hölderlin zu lesen? Obwohl ich an guter, auch klassischer, Literatur interessiert bin - der Wahnsinnige aus Tübingen, mit dem kann ich schlicht nichts anfangen. Ich verstehe seine Gedichte nicht. Und wenn ich mal irgendwo eine Interpretation eines Hölderlin-Gedichts lese, dann frage ich mich: Wo um alles in der Welt steht das im Gedicht, was die Interpretation da herausholt! Vielleicht muß man selbst ein bißchen wahnsinnig sein, um diese Wahnsinnsliteratur genießen zu können.

Tomas Poth | Mo., 10. Januar 2022 - 23:18

Zum Lernerfolg eines Kindes gehört das eigene wollen, der eigene Eifer, ein lernfreudiges Umfeld in der Schule wie zu Hause und Lehrkräfte die es verstehen die Kinder anzuleiten, zu fördern und mitzunehmen.

Die Lerngeschwindigkeit und Aufnahmefähigkeit der Kinder ist sehr unterschiedlich ausgestaltet, sehr inhomogen, und damit beginnt die Schwierigkeit der Aufgabe, allen gerecht zu werden und die Kinder auf die ihnen mögliche und gewollte Leistungsstufe zu bringen.
Das sollte unserer Gesellschaft sehr viel Wert sein, da sollten wir unsere Kräfte fokussieren, statt alle Welt mit Rettungs- Hilftgeldern zuschütten, oder die Bildungsmisere später mit Hartz4-Leistungen zu kitten!
Erst mal die eigene Welt in Ordnung halten bevor man sich woanders hinwendet!

Brigitte Simon | Di., 11. Januar 2022 - 20:55

Rainer Werners realistischer Artikel deckt schonungslos den Notstand unseres Schulsytems sowie den katastropahlen Bildungsrückstand unserer Regierung auf. Eine Hypothek, die unsere Generationen ohne massiver Unterstützung im internationalen Vergleich nicht schultern kann. Doch die Schuldigen wurden schnell gefunden. Die Pädagogen. Sie müssen die "Leitkultur der An-strengungslosigkeit" ad absurdum führen.

Die unzureichenden Deutschkenntnisse der Migranten dürfen kein Tabuthema bleiben. Eine unüberwindbare Belastung der Lehrkräfte. Sie zwingt das erforder-
liche Lernniveau zu reduzieren. Die Bildungs-ansprüche unserer eigenen Kinder bleiben auf der Strecke.

Ein wichtiger Satz in meiner Schulzeit war schon immer der pädagogische Begriff "learning by doing". Eine englische Übersetz-ung aus Aristoteles´ Ethik. Er wußte dies bereits seit einigen Generationen. Für ihn keine graue Theorie. Sie funktioniert in der Praxis. Nur ein konservatives Denken? Was für ein verkehrtes
Denken.

Brigitte Simon | Mi., 12. Januar 2022 - 12:25

Antwort auf von Brigitte Simon

Wichtige Korrektur.
"Nur ein konservatives Denken? Was für ein verkehrtes Denken" bitte überlesen.
Ich bin entsetzt über meinen faux pas.