Baerbock und Duda
Verstanden sich ganz gut: Annalena Baerbock und Polens Präsident Andrzej Duda / dpa

Baerbocks Antrittsbesuch in Polen - Freundliche Töne aus dem „IV. Reich“

Außenministerin Baerbock besuchte am heutigen Freitag Warschau. Am Sonntag wird es ihr Bundeskanzler Olaf Scholz gleichtun. Mit diesen Besuchen unterstreicht die neue Bundesregierung die Bedeutung der deutsch-polnischen Beziehungen, auch für Europa. Doch ausgerechnet die Vision eines zukünftigen Europas offenbart die deutsch-polnischen Differenzen. 

Autoreninfo

Thomas Dudek kam 1975 im polnischen Zabrze zur Welt, wuchs jedoch in Duisburg auf. Seit seinem Studium der Geschichts­­wissen­schaft, Politik und Slawistik und einer kurzen Tätigkeit am Deutschen Polen-Institut arbei­tet er als Journalist.

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Vieles deutete darauf hin, dass beim heutigen Antrittsbesuch von Annalena Baerbock in Warschau die Atmosphäre dem winterlichen Wetter ähneln würde, welches in der polnischen Hauptstadt herrscht. Doch zumindest nach außen hin gaben sich beide Seiten Mühe. Staatspräsident Andrzej Duda, der noch im September bei Merkels Abschiedsbesuch in Warschau keine Zeit für die scheidende Bundeskanzlerin fand, empfing die neue deutsche Außenministerin in seinem Amtssitz. Polens Außenminister Zbigniew Rau bedankte sich bei Baerbock wiederum herzlichst für ihren Besuch, die damit eine „gute Tradition“ ihrer Vorgänger fortsetze, nach Paris und Brüssel auch die polnische Hauptstadt zu besuchen. „Symbole sind ein wichtiger Bestandteil der Politik. Und ich verstehe ihren Besuch als Ausdruck ihrer Absicht, unserer Partnerschaft eine besondere Priorität zu geben, die auf gegenseitigem Respekt sowie auf Nachbarschaft und gutem Willen beruht“, erklärte Polens oberster Diplomat.  

An freundlichen Worten sparte auch Annalena Baerbock nicht. „Die deutsch-polnische Freundschaft ist unbezahlbar und angesichts der polnischen Opfer von Krieg und deutscher Besatzung alles andere als selbstverständlich. Umso dankbarer bin ich für Polens Beitrag zu einem geeinten Europa“, sagte die neue Hausherrin im Auswärtigen Amt. Worte, die ihre Gastgeber sicher mit Wohlwollen vernommen haben. Denn Baerbock erinnerte an das Leid der Polen während des Zweiten Weltkriegs, der ein zentraler Teil der polnischen Erinnerungskultur ist, sie sprach bewusst von „deutscher Besatzung“ und nicht von der „Besatzung durch die Nazis“, was an der Weichsel oft als deutscher Versuch missdeutet wird, sich von seiner historischen Schuld freizusprechen. Und sie erinnerte, wenige Tage vor dem 40. Jahrestag der Verhängung des Kriegsrechts, an die Solidarność, die einen erheblichen Beitrag zum Fall des Eisernen Vorhangs und somit zur Einheit Europas beigetragen hat. 

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Rob Schuberth | Fr., 10. Dezember 2021 - 19:36

Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe, so ist AB ihr erster, sorry, ihr zweiter Amtsbesuch (der 1. ging ja nach France) gut gelungen.
Sie hat sich in Diplomatie geübt und wohl bestanden.

Die weiteren Aspekte eines Dissenses sind ja "Alte Bekannte" die schon die GroKo zu händeln hatte.

M. E. wird Scholz sich i. S. Reparationsforderung ebenso ablehnend wie seine Vorgängerin zeigen...gut so.

Nur das mit der ever-clocer-union, da könnte nun - leider - mehr Druck aufgebaut werden.

Denn dieses Vorhaben läuft kpl. ohne Rechtsbasis u. ohne demokratisch herbeigeführte Mehrheiten.

Brüssel legt da bestehende Verträge einfach so aus, dass nur dieses 1-Staat-Gebilde das Ziel sein kann.
Dem ist aber nicht so.

Daher hoffe ich Polen, Ungarn u. die anderen Ost-EU-Länder bleiben standhaft.

Übrigens, obwohl kein Fan der Grünen. So eine fesche junge A-Min. im TV zu sehen hat schon etwas positives.
Sie gefällt mir um Längen besser als der Maas in seinen Konfirmationsanzügen.

Tomas Poth | Fr., 10. Dezember 2021 - 20:00

Und in Warschau wird gleichzeitig ein Denkmal für die vertriebenen Deutschen vor dem Sejm errichtet, gut so.
Wegen der deutschen Staatsgebiete, auf denen Polen heute steht, muß natürlich auch noch gesprochen werden.

Fritz Elvers | Sa., 11. Dezember 2021 - 18:24

Antwort auf von Tomas Poth

Auch über Kaliningrader Klopse sollte noch ein ernstes Wort mit Putin gesprochen werden!

Romuald Veselic | Fr., 10. Dezember 2021 - 20:46

gutmenschlichen Ampelvorstellungen von föderalen Europa. Die D-Politiker sollen sich zuerst um innere/heimische Probleme kümmern, anstatt anderen vorzuschreiben, was richtig/falsch ist o. Rest der Welt zu erlösen.
Z "Mit der im Koalitionsvertrag niedergeschriebenen >Weiterentwicklung zu einem föderalen Bundesstaat< löste die Ampel wahre Albträume aus." Neokolonialismus pur.

Nur weil D, ihre Souveränität an die im Lande befindlichen Minderheiten abgeben will, bedeutet das nicht, dass die anderen 26 EU-Ländern da mitmachen werden Nur noch Benelux steht in diesem Sinne auf der D-Seite, sonst keiner. Das ist (sehr)gut so.
Die D-Politbesserwisserei beginnt unerträglich zu sein.
Und wenn PL-Präs Duda Angela M bei ihrem Abschiedstournee ignorierte, zeigte damit richtige Haltung. Die uralte, weiße Frau wurde spätestens s. 2015 zum Ballast, dass man endlich loshaben wollte.
Einzig was mich freut, dass die neuen Politfiguren es nie mehr schaffen werden, das Land 16 Jahre lang zu behelligen.

Christoph Kuhlmann | Fr., 10. Dezember 2021 - 21:49

Da gab es schon schlimmere. Ich erinnere an Westerwelle, der a) kein englisch konnte und b) seinen Lover als Wirtschaftsdelegation mit nach Brasilien nahm. Aber was nicht ist kann ja noch werden.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 11. Dezember 2021 - 08:36

Da haben die Ministeriumsmitarbeiter sicher viel Arbeit gehabt, Schnatterinchen in Höflichkeit und diplomatischem Auftreten zu schulen. War aber auch nicht sonderlich schwierig, ist Schnatterinchen doch sehr geübt, Texte anderer für sich zu verwenden und den Eindruck zu erzeugen, es käme aus ihrem innersten aus Überzeugung heraus. Jedenfalls wissen die Polen genau, welcher Wind gesät wird durch die Ampel. Bei aller Freundlichkeit bleibt klar festzustellen, die Polen lassen sich ihre mühsam erkämpfte Souveränität nicht wieder - auch nicht durch die EU - wegnehmen und schon gar nicht von Deutschland. Baerbock hat den Schnupperkurs offenbar unbeschadet überstanden. Doch was deutsche Außenpolitik wirklich will und kann, wird sich erst noch erweisen müssen. Da wird es zwischen Annalena und Olaf demnächst die ersten Meinungsverschiedenheiten geben. Die poln. Rhetorik vom IV. Reich zu sprechen ist völlig unnötig, genauso wie die polnische Diskussion zum Thema Reparationsforderungen.

Juliana Keppelen | Sa., 11. Dezember 2021 - 11:52

die Wichtigkeit der deutsch-polnischen Beziehungen auch für Europa. Aha, Paris, Brüssel und Polen sind wichtig und die anderen EU Länder sind die Ars...........er oder was. Ich kann nicht erkennen wieso Polen wichtiger für die EU ist als Spanien, Holland oder Italien usw. Mir sind die polnischen Regierungen bis jetzt eher aufgefallen als Abzocker und (aufgeblasene) Wichtigtuer und Scharfmacher. Als tausende Flüchtlinge in Griechenland und Italien anlandeten hat das die EU und noch weniger Polen und die Nato interessiert, kaum kommen ein paar Flüchtlinge an die polnische Grenze hagelt es Solidaritätsbekundungen für Polen und die Nato kommt ins Spiel. Ich möchte auch keine Flüchtlinge mehr aufnehmen auch keine "Ortskräfte" dazu muss man aber z. Bspl. mit Lukaschenko direkt reden oder auch mit Assad oder Taliban oder dem Irak usw.

Ich glaube Fr. Kappeien Sie sollten Ihre Meinung über Polen revidieren. Was in der deutschen Jurnallie, bezüglich der Flüchtlingsaufnahme zu lesen war, ist nur die halbe Wahrheit. Bereisen Sie Polen und lassen Sie sich eines besseren belehren. Sprechen Sie mit Polen und fragen nach. Wir haben bei einem Besuch in Krakau von unserem Guide folgendes erfahren: Polen hat Hunderttausende Flüchtlinge aus den ehemaligen russischen Sowjetrepubliken = Russland aufgenommen. Und im übrigen meine Meinung zu Flüchtlingspolitik Deutschlands: Wer die Musik bestellt, muß sie bezahlen. Und wer will, das Deutschland bunter wird, kann nicht hinter her kommen und will „verteilen“ oder gar „Solidarität“ einfordern. Erst denken, dann handeln / reden, und nicht umgekehrt!
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Bernd Windisch | Sa., 11. Dezember 2021 - 12:22

Die vereinigten Staaten von Europa will nur Deutschland. Deshalb sind wir in diesen Fragen, unter anderem auch bei der Verteilung von Migranten, so isoliert.

Polen braucht keine Angst zu haben. Die EU hat zwar 32.000 Angestellte aber in allen wichtigen Fragen der Nationalstaaten nichts, aber auch gar nichts, zu melden.

Jens Böhme | Sa., 11. Dezember 2021 - 20:39

Die großen, deutschen Nachbarn wurden bisher immer als Erste von neuen Bundesregierungen besucht.