Scholz und Kukies
Scholz und Kukies bei einer Sitzung des Bundestags-Finanzausschusses zum Wirecard-Skandal / dpa

Wirtschaftsberater für Scholz - Der Mann an seiner Seite

Jörg Kukies wird neuer Wirtschaftsberater im Kanzleramt. Der Scholz-Vertraute gilt als fachlich versiert und wird für seine Expertise sogar von politischen Gegnern geschätzt. Ein Makel haftet ihm jedoch an: Seine Rolle beim Wirecard-Skandal bleibt nebulös.

Jonas Klimm

Autoreninfo

Jonas Klimm studierte Interdisziplinäre Europastudien in Augsburg und absolvierte ein Redaktionspraktikum bei Cicero.

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Olaf Scholz (SPD) ist bekanntlich kein Freund von Wagnissen, Experimente mit unwägbarem Ausgang sind dem Hanseaten nicht geheuer. Der neue Kanzler setzt lieber auf Bewährtes, Veränderungen kommen schließlich von selbst. Zu besichtigen ist das vor allem bei der Auswahl seines personellen Umfelds, Scholz muss den Menschen um ihn herum hundertprozentig vertrauen können. Das zeigte nicht zuletzt die Wahl seines langjährigen Hamburger Intimus Wolfgang Schmidt (SPD) als neuem Kanzleramtsminister. Damit steht Scholz in direkter Traditionslinie zu seiner Vorgängerin, in der er sich als ihr „logischer“ Nachfolger im Wahlkampf auch selbst gerne inszenierte. Denn auch Merkel setzte in ihrem engsten Zirkel auf bewährte Gesichter. Eines dieser Gesichter war Lars-Hendrik Röller, seit 2011 war der Ökonom als Leiter der Wirtschafts- und Finanzabteilung im Kanzleramt Merkels wichtigster Wirtschaftsberater.

Seit Kurzem ist bekannt, wer den Posten unter dem künftigen Bundeskanzler Scholz übernehmen wird. Es ist Jörg Kukies, Wirtschaftswissenschaftler, vormals erfolgreicher Investmentbanker und SPD-Mitglied seit Jugendzeiten. Kukies steht für die alte sozialdemokratische Erzählung vom „Aufstieg durch Bildung und Fleiß“. Aufgewachsen ist er im roten Mainz, in dem seit über 70 Jahren die Sozialdemokraten das kommunale Ruder führen. Seine Familie habe ebenfalls der SPD nahegestanden, heißt es. Für das Studium schaffte es Kukies bis an die Pariser Sorbonne, nach Harvard und auf die Graduate School of Business in Chicago, wo er einen Doktortitel im Bereich Finanzwesen erlangte. Später verdingte er sich bei der Investmentbank Goldman Sachs, wo er bis zum Co-Chef des Unternehmens für Deutschland aufstieg.

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Ernst-Günther Konrad | Do., 9. Dezember 2021 - 10:03

Das ein "Chef" Vertraute um sich schart ist ja erst einmal völlig normal. Ist er ein guter Chef, hat er auch ehrlich kritische, auch mal mahnende Stimmen um sich. Will er Ja-Sager haben und ein schlechter "Chef" sein, dann devote Untertanen, die bereit sind, sich selbst zu "opfern" wenn es eng wird.
Welche Rollen einzelne "Vertraute" des Kanzlers bei seinen aus meiner Sicht "kriminellen" Handlungen bei Wirecard gespielt haben, werden wir sicherlich nicht erfahren. Die neue Regierung wird alles daransetzen, die Ermittlungen und mögliche Strafverfolgung vom Kanzler fernzuhalten. Natürlich besteht immer die Gefahr, dass Mitwisser schnell zu "Schlangenzungen", zu Einflüsterer werden und wenn es ganz schlecht läuft zu Erpressern. Ich maße mir deshalb kein Urteil darüber an, welchen Anteil einzelne Mitarbeiter am "kriminellen" Vorleben von Scholz haben oder hatten. Ich warte die 100 Tage Frist ab, um Scholz und seine Mitarbeiter zu beurteilen. Scholz ist eh Meister des Nichtantwortens.

Manfred Bühring | Do., 9. Dezember 2021 - 10:17

Nicht nur Kukies Rolle ist nebulös. Unser neuer Kanzler hat als ehemaliger Finanzminister die politische Verantwortung für diesen unglaublichen Skandal, der an FlowTex-Manni erinnert. Eine sehenswerte ARD-Dokumentation klärt darüber auf, dass wir es hier mit einem kriminellen Unternehmen mit Ursprung in der Porno- und Glücksspielbranche zu tun haben. Sämtlche Hinweise auf die kriminellen Altivitäten wurden von der BaFin und der Staatsanwaltschaft ignoriert. Ein politischer Skandal, der aufzuklären ist, um der Demokratie und der geschädigten Anleger willen.

Karl-Heinz Weiß | Do., 9. Dezember 2021 - 10:27

Für mich schwer verständlich, warum beim Wirecard-Skandal die Rolle von Scholz & Co so hinterfragt wird. Hier liegt das Problem eindeutig bei den Wirtschaftsprüfern. Evtl. kann die Verlagsleitung mit Expertise aushelfen.
Gänzlich anders sehe ich die Cum-Ex-Problematik. Hier ist die Entfernung zur politischen Explosionsladung nur eine Telefonleitung lang..

Die BaFin unterliegt der Fachaufsicht des Finanzministeriums und damit trägt der Finanzminister die politische Verantwortung für ds Komplettversagen der BaFin. Und Wirecard war ja keine kleine Klitsche, sondern ein von der Politik (z.B. Merkel beim China-Besuch) hofiertes und gehätscheltes Unternehmen. Früher haben Politiker sich zu ihrer Verantwortung bekannt und diese nicht "schlumpfig" und vergesslich weggegrinst.

ist für mich persönlich die neue Krux in der Politik. Das Politik ein nicht gerades sauberes Geschäft für viele ist, nichts neues für die meisten.

Aber wenn ich die AUSWERTUNG & BEURTEILUNG von Fehlern als Untertan im öffentlichen Raum wahrnehme, dann habe ich meine Zweifel, ob wir noch auf den richtigen Pfad uns bewegen. Das Problem sehe ich nicht einmal in den Fehlern selbst, sondern wie man mit diesen Fehlern umgeht. Sollte es nicht so sein, dass jeder einzelne aus Fehlern oder falschen Einschätzungen daraus lernt?

Desweiteren habe ich die Befürchtung, dass die vielen Wirtschaftsberater mehr ihre eigenen Interessen & der Konzerne bzw. der Macht im Auge haben als das gesamtgesellschaftliche Wohl & Ausgleich. Als Vergleich - das also nicht die Hände der Berater am Steuer sind, sondern des Chefs persönlich!

Und hier die nächste Krux unseres so gepriesenen modernen Systems.

Wenn es so sein sollte, müsste dann die Führungskraft nicht eine(r) der besten fachlich & menschlich sein? ?

Gestern bereits sandte ich Cicero o.g. Kommentar. Warum dieser nicht ver-öffentlicht wurde? Nunmehr paßt er zum "Mann an seiner Seite".

Lesenswert der Artikel in der SZ vom 07.12.2021 von Peter Burghardt und Klaus Ott, Hamburg im Wirtschaftsteil. Sie ist das "Gesicht des Staates", das sich vehement wehrt gegen einen teils bewiesenen, teils mutmaßlichen Steuerdiebstahls imm-ensen Ausmaßes: Anne Brorhilker, Oberstaatsanwältin aus Köln und gewisser-
maermaßen die deutsche Cum-Ex-Chefermittlern. Sie hat Banken in Nöte, Beschuldigte ins Gefängnis gebracht, sie hat erste Urteile erwirkt, und sie läßt nicht locker. Aber ihre Gegner lassen auch nicht locker.

Anwälte der Privatbank Warburg schickten dem Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuß mehr als 100 Fragen an Frau Brorhikler. Sollte sie diskreditiert werden?

Einer der Anwälte, ist Peter Gauweiler. Im Cum-Ex-Skandal vertritt er den Warburger Privatbankier Olearius. In dessen Notizen ist Scholz oft vertreten.

Wo bleibt Marsalek?

Eine Prüfungsgesellschaft, im Fall Wirecard war das über Jahre hinweg EY, prüft Finanzdienstleistungsunternehmen im Auftrag der BaFin. Dieses wiederum ist dem Finanzministerium unterstellt. Selbstverständlich werden Verantwortliche aller Beteiligten stets mit Zwischen- und Abschlussberichten informiert. Chef des Finanzministeriums war der jetzige Kanzler Scholz. Nach Ihrer Konklusion dieses Falles wäre übrigens kein einziger Auto-Manager hinsichtlich der Vorkommnisse um die Software von Dieselmotoren verantwortlich. Meine Wahrnehmung ist, dass mit unterschiedlichem Maß gemessen wird. Zwar sind beide, Automobil- und Finanzwirtschaft, Inkarnationen des Kapitalismus, und damit schon per se Feindbilder der gewünscht linken politischen Richtung, bei Wirecard wird aber so getan, als habe zu wenig verfügbare Kompetenz (der genannten) das Desaster ausgelöst. Die Tatsachen werden verdreht, die Daumenschrauben weiter angezogen. Zu Lasten der Finanzwirtschaft.

Gerhard Lenz | Do., 9. Dezember 2021 - 14:48

unschuldig, im juristischen Sinne. Wenn, dann kann man ihm höchstens Nachlässigkeit vorwerfen, weil er seinen Beamten und Angestellten nicht permanent auf die Finger geguckt hat. Aber dazu bedarf es jede Menge Fantasie, und noch mehr bösen Willen.

Scholz hat also nicht jederzeit über jeden Vorgang die volle Kontrolle gehabt?
Das hat keine Führungskraft, nirgends. Dem Minister zu unterstellen, er hätte sehen müssen, was die Finanzaufsicht nicht sah, ist schlicht weltfremd.

Aber gut, es geht vielen hier ja sowieso nur um eine politische Verantwortung, Scholz ist schliesslich Sozi.

Sonst müsste man, gleiche Logik, auch das Führungspersonal der AfD- Gauland usw - für die Spendenschlampereien der Herrschaften Meuthen, Reil oder Weidel anklagen. Nicht aufgepasst, was das nachgeordnete Personal so getrieben hat? Schuldig!

Davon abgesehen: Viele, die jetzt so erzürnt sind, haben vorher über Wirecard begeistert gejubelt. Besonders, als es auch noch ein paar Cent zu verdienen gab.

Wolfgang Z. Keller | Sa., 11. Dezember 2021 - 00:33

Verehrter Herr Lenz,
seit Jahren verfolge ich die Kommentarist:innen hier bei Cicero, und, obwohl selbst eher links, schäme ich mich manchmal fremd über Ihre unablässigen, teils bizarren Versuche, alles Nicht-SPD-freundliche als AfD-nah zu diffamieren und auch noch die gröbsten Schnitzer, Fehler und Versäumnisse von Linken und Sozialdemokraten in Schutz zu nehmen.

Pardon - in meinen Augen geben auch Sie mit dieser Haltung genau das Zerrbild ab, das Andersgesinnte von "links" haben: parteiisch, ignorant, nicht ernst zu nehmen.

Ungut, oder wie Polt sagen würde: degustiös.