Migrantencamp an der Grenze zu Polen
„Es droht eine Katastrophe, auch auf belarussischer Seite“: Migrantencamp an der Grenze zu Polen / dpa

Notstand an der polnischen Grenze zu Belarus - „Da kann man schon eine Psychose bekommen“

Entlang der Grenze zu Belarus hat die polnische Regierung wegen der Migrationskrise den Notstand verhängt. Für die einheimische Bevölkerung ist es ein Leben in einer abgesperrten Region, in der Polizeikontrollen, Militärpräsenz und hilfsbedürftige Migranten zum Alltag gehören. Sławomir Droń ist Mitgründer einer Initiative, die Flüchtlingen Hilfe leistet.

Autoreninfo

Thomas Dudek kam 1975 im polnischen Zabrze zur Welt, wuchs jedoch in Duisburg auf. Seit seinem Studium der Geschichts­­wissen­schaft, Politik und Slawistik und einer kurzen Tätigkeit am Deutschen Polen-Institut arbei­tet er als Journalist.

So erreichen Sie Thomas Dudek:

Sławomir Droń ist studierter Biologe und lebt seit zehn Jahren wieder in seinem Heimatort Białowieża, das am Rande des weltweitbekannten Białowieża-Nationalparks liegt. Als Reaktion auf die Migrationskrise an der polnisch-belarussischen Grenze erklärte die polnische Regierung am 2. September einen drei Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze zu Belarus zum Notstandsgebiet. Die 1.800 Einwohner-Ortschaft Białowieża liegt in dieser Sperrzone, welche nur noch Einheimische und Sicherheitskräfte betreten dürfen. Zusammen mit weiteren Einheimischen gründete Droń nun die „Humanitäre Aktion von Białowieża“, die Migranten Hilfe leistet.

 

Herr Droń, sie leben in Białowieża, das im Notstandsgebiet liegt. Wie muss man sich das alltägliche Leben in so einer Sperrzone vorstellen?

Zuerst muss man sagen, dass wir auf diese Situation von der Regierung gar nicht vorbereitet wurden. Wir haben erst drei Tage zuvor erfahren, dass wir zum Notstandsgebiet werden. Nun gibt es Checkpoints, an denen die Polizei mit Blaulicht steht. Wenn man Glück hat, trifft man auf einen netten Polizisten. Wenn man Pech hat, auf einen mit schlechter Laune. An diesen Checkpoints muss man sich ausweisen. Es wird geprüft, wer einen begleitet. Auch die Autos werden kontrolliert. So muss man immer seinen Kofferraum öffnen. Die Sicherheitskräfte gucken, ob man nicht einen Flüchtling aus der Sperrzone rausschmuggelt. Wir Einheimischen sprechen übrigens bewusst von Flüchtlingen. Und es werden keine Touristen mehr reingelassen. Am Anfang standen an den Checkpoints noch Angehörige des Grenzschutzes. Aber da sich die Situation direkt an der Grenze verschärft hat und die Beamten dort gebraucht werden, steht an den Checkpoints nur noch die Polizei. Und natürlich ist die Präsenz des Militärs und der hierhin aus anderen Teilen des Landes verlegten Polizei unübersehbar. So haben wir in unserem Ort ein kleines Stadion, auf dessen Spielfeld nun seit Wochen Zelte stehen, in denen die Soldaten untergebracht sind. Was für die Soldaten sicherlich auch eine Tragödie ist bei den immer kälter werdenden Temperaturen, obwohl die Zelte angeblich beheizbar sind. Da haben es die Polizisten besser, die in Pensionen und Hotels untergebracht wurden. Und wenn man in den Laden geht, trifft man da jetzt auch mal fünf mit Gewehren bewaffnete Soldaten. Da kann man schon eine Psychose bekommen.

Sławomir Droń
Sławomir Droń / privat

Dürfen Familienangehörige und Freunde zu Besuch kommen?

Freunde und Bekannte dürfen uns überhaupt nicht mehr besuchen. Sie kommen in die Sperrzone nicht rein. Und von den Familienangehörigen nur die engste Verwandtschaft. Hat also jemand zum Beispiel Kinder, die außerhalb des Notstandsgebietes leben, dürfen diese zu Besuch kommen. Cousinen aber nicht mehr. Eine Ausnahme gab es nur vor einigen Wochen, als Allerheiligen war. Das ist ein Feiertag, der in Polen von besonderer Bedeutung ist. Deshalb durften an diesem Tag auch entferntere Verwandte in das Notstandsgebiet kommen, um dort die Gräber ihrer Familienangehörigen besuchen zu können.

Sie haben vorhin kurz von Touristen gesprochen. Hat der Notstand auch wirtschaftliche Folgen?

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Tomas Poth | Mo., 29. November 2021 - 17:07

Die Arztkosten für die Behandlung Lukaschenko und den Migrationsabenteurern in Rechnung stellen.
Der Herr Lukaschenko wird sich sicher auch nicht lumpen lassen seine Gäste gut zu bewirten.
Na gut, gibt bessere Ideen.
Also, die „Humanitäre Aktion von Białowieża“ könnte doch Busse organisieren die die Flüchtlinge zum Flughafen Warschau bringt und diese von dort direkt zurück in die Heimat fliegt. Das wäre doch eine gute Maßnahme. Vielleicht finden sie dazu auch finanzielle Unterstützung bei der EU.

Rob Schuberth | Mo., 29. November 2021 - 17:22

...sich über seine (polnische) Regierung zu beschweren.

Die macht nur das was sie als EU-Mitglied machen muss. Die Außengrenze schützen.

Der Interviewte mag die Vergangenheit noch so schön idyllisch u. friedlich schildern.
Das ist für seine Region definitiv vorbei. Am besten er gewöhnt sich schnell daran.
Oder er macht zukünftig im NGO-Schlepperwesen, statt Tourismus, denn der hat sich dort ebenfalls erledigt.
Erfahrungen hat er ja schon.

Übrigens sind das k e i n e Migranten, oder gar Flüchtlinge.
Das sind Invasoren. Menschen die gewaltsam in ein Land ihrer Wahl eindringen wollen, um dort ein besseres Leben zu führen.

Das Recht darauf gibt ihnen aber kein einziges Gesetz, Abkommen, Präambel, keine GFK,kein EMGR nichts.

Das sind Menschen die als Glücksritter buchstäblich eine "günstige" Gelegenheit nutzen wollten und nun festsitzen...ihr Pech.

Es gibt für sie nur ein Ziel. Wieder zurück wo sie hergekommen sind.

Nehmen wir sie auf, wird es noch weit schlimmer als 2015 kommen!

"Menschen die gewaltsam in ein Land ihrer Wahl eindringen wollen, um dort ein besseres Leben zu führen" - auf unsere Kosten. Sie bekommen hier Wohnung, Krankenversicherung, Geld. Brauchen nicht einmal unsere Sprache zu lernen oder zu arbeiten. Ihre Rente zahlen wir später auch.
Mir ist unbegreiflich, dass diese Fakten von so Vielen ignoriert werden. Ich bewundere Leute die hier her kommen, die Sprache lernen, sich in die Gesellschaft einfügen und von der eigenen Arbeit leben können - davon hat Deutschland über Jahrhunderte profitiert. Aber was haben wir im Übermaß? Leute, die ihre Herkunft nicht preisgeben, die keinerlei eigene Anstrengungen unternehmen und, wenn sie straffällig werden, nicht einmal abgeschoben werden.
Glaubt jemand ernsthaft, dass das auf Dauer funktioniert?

Das wird nicht funktionieren.

"Politische Auseinandersetzungen radikaler Ausländergruppen,besonders der Türken,führen zu zusätzlichen Krawallen und zur Beeinträchtigung d. Sicherheit u. des Friedens auf den Straßen u. Plätzen in unseren Städten. Die Gruppen exportierendie heimischen Konflikte nach Deutschland u. tragen sie hier mit aller Rücksichtslosigkeit aus. Sie wenden sich dabei immer stärker u. immer radikaler auch!!! gegen die deutsche Polizei. ...In Städten mit hohen Ausländerquoten ist die Grenze des Tragbaren schon überschritten...
Zitat aus Martin Neuffers Buch "Die Erde wächst nicht mit",C.H. Beck Verlag 1982.
ISBN 3 406 08457 5
M. Neuffer war bis 1980 Intendant des NDR
u. m.Wissens SPD Mitglied.
Heute würde man unterstellen die AFD hätte so etwas gesagt...

Noch Fragen Kienzle?

Schöne Adventsgrüsse aus Thüringen
W.Benker

Walter Bühler | Mo., 29. November 2021 - 17:33

Das ist für mich die zentrale Frage. Das muss abgestellt werden, und zwar mit allen Mitteln. Die Schlepper und ihre Helfer in Deutschland müssen persönlich für das Elend zur Rechenschaft gezogen werden, das sie verursachen.

Und die mediale Rhetorik muss sich ändern: mitten in einer Pandemie, die alleine schon unser Land und ganz Europa an den Rand des wirtschaftlichen Ruins bringt, müssen unsere politischen Verantwortlichen glaubhaft zeigen, dass die Kapazitäten erschöpft sind und illegale Grenzübertritte nicht mehr geduldet werden.

hätte l ä n g s t eindeutige und laute Signale in alle Welt senden können, so daß es keinem Schlepper mehr gelänge, auch nur einem einzigen Migrationswilligen für fantastische Versprechungen Geld zu entlocken.
Auch den schon in Deutschland lebenden Migranten, die offenbar ihren in der Heimat verbliebenen Angehörigen Geld für die Finanzierung von Schleppern, Flug und Reise-Ausstattung schicken, hätte hier das Leben längst so unkomfortabel gemacht werden müssen, daß dies nicht mehr möglich wäre. Vor allem dürften die Leute kein Bargeld mehr erhalten!
Es gäbe die schlimme Lage in Belarus dann gar nicht!!!
Aber diese Einsicht und der Wille, die dringend notwendigen Maßnahmen strikt durchzuführen, fehlen bei unseren verantwortlichen Politikern völlig.
Stattdessen bezeichnen sie jeden, der entsprechendes Handeln fordert, als
Menschenfeind u. potentiellen "Nazi".
So wird das niemals was mit der Beendigung der illegalen Migration.
Vielmehr wachsen die Zahlen bei uns ständig weiter an ...

Christoph Kuhlmann | Mo., 29. November 2021 - 17:42

sich moralisch wegzuducken. Die Leute wollen sowieso nach Deutschland. Lasst Sie doch einfach laufen und fliegt sie dann von Deutschland in ihre Heimat. Erstens ist Polen ein Schengenstaat und hat jede Einreise ohne gültiges Visum zu verhindern. Gelingt das nicht, muss es die Einreisenden festsetzen und selbst abschieben. Sollten diese Menschen um Asyl bitten, so ist Polen verpflichtet das Asylverfahren durchzuführen, gegebenenfalls Asyl zu gewähren, zu dulden oder abzuschieben. Wohin die Leute möchten wenn sie kein gültiges Visum haben spielt keine Rolle. Sie können so ein Visum legal bei den deutschen Botschaften beantragen. Wenn es abgelehnt wird stellt der Versuch sich selbst in eine Notlage zu bringen um eine Einreise moralisch zu erzwingen eine politische Erpressung im Rahmen der hybriden Kriegsführung Lukaschenkos dar. Wenn tausende aufgenommen werden folgen ganz schnell hunderttausende. Das haben wir 2015 erlebt. Ein bewährtes Mittel, EU-Staaten politisch zu destabilisieren.

Armin Latell | Mo., 29. November 2021 - 18:07

was Herr Droń hier von sich gibt. Wüsste ich es nicht besser(?), hätte das auch von einem Funktionär einer buntländischen NGO stammen können. Böse Regierung, arme Flüchtlinge. Wer die Aufnahmen von den Angriffen auf die Grenzzäune gesehen hat, ist froh, wenn möglichst wenige dieser Kriminellen nach De kommen. Großer Dank an Polen! Herr Droń könnte doch für einige Ausgesuchte dieser armen Flüchtlinge eine länger andauernde Patenschaft mit Übernahme von Kosten und Verantwortung übernehmen, da ja ansonsten alle nach Germoney wollen und in Polen keiner bleiben möchte.

Bernd Windisch | Mo., 29. November 2021 - 18:35

veranlasst die Menschen bis heute dazu viel Geld in die Hand zu nehmen um nach Deutschland auszuwandern. Merkels „humanitärer Akt“ mit all der damit einhergehenden Desinformation hat sehr viel Leid über die Menschen gebracht. Schade, dass sie und die hysterischen Lei(d) Medien nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Michael.Kohlhaas | Mo., 29. November 2021 - 23:55

... Ihr lobenswerter Charakter und Ihre Hilfsbereitschaft für die GrenzAgressoren in Weißrußland, ohne Dokumente und mit Nichts als ihrem Willen, sich in 700 km Entfernung weiter westlich - über das Gebiet eines anderen souveränen Staates hinweg - ein arbeitsfreies Auskommen für sich und möglichst auch für alle ihre Angehörigen zu suchen, in allen Ehren; aber das gelingt so, nirgendwo auf dieser Welt.

Ihr Heimatland war in den letzten 300 Jahren so oft von Diktatur, von Unterdrückung und, nicht zuletzt, von Grenzstreitigkeiten nach Osten und Westen, malträtiert, dass bestimmt viele Ihrer Mitbürger kein Verständnis für die meistens gut gestellten Rosinenpicker aus dem Nahen Osten mit ihren teuren Iphones aufbringen.