
- „Unser Weed ballert besser, you know?"
Die Pläne der Ampelkoalition, den Konsum von Cannabis zu legalisieren, haben in Berlin hohe Erwartungen geweckt. Der rot-rot-grüne Senat hofft, dass die Freigabe von Dope den Schwarzmarkt im Görlitzer Park trockenlegen kann. Ein realistisches Szenario?
Nennen wir ihn Jörg. Jörg lebt schon seit den achtziger Jahren in Kreuzberg, nur fünf Fußminuten entfernt vom „Görli“, wie Berliner den Görlitzer Park nennen. Jörg sagt, er schlafe nachts nicht mehr besonders gut. Er werde jedesmal wach, wenn „die“ nachts wieder herumschreien und randalieren. „Die“, das sind Junkies, die sich ihren Stoff im Görli holen und unter seinem Schlafzimmerfenster verdrücken. Jörg kennt das schon. Der Künstler steht dann senkrecht im Bett. Er könnte die Polizei anrufen. Aber auf die, sagt er, kannst du lange warten. Jörg klingelt lieber seine Nachbarn an. Zu dritt oder viert setzen sie den Ruhestörer vor die Tür.
Jörg erzählt das völlig unaufgeregt. Im Wrangelkiez gehören solche Dinge zum Alltag. Die Gegend gilt als einer der größten Drogenumschlagplätze in Berlin. Das Geschäft mit Marihuana boomt, aber es gibt auch harte Drogen, Koks oder Heroin. Der Markt ist fest in der Hand schwarzer Dealer. Man kann sie gar nicht übersehen. 250 von ihnen haben sich das Revier aufgeteilt. Sie postieren sich nicht nur an den Eingängen des Görlis, man trifft sie auch vor dem Edeka in der Wrangelstraße oder auf Spielplätzen. Was aber wird aus ihnen, wenn die neue Bundesregierung Cannabis legalisiert, und Apotheken und Coffee-Shops in das Geschäft einsteigen? Kann Dope aus kontrolliertem Anbau den Görli befrieden?
Der Berliner Senat wittert Morgenluft
Die noch amtierende Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hofft das tatsächlich. Sie hatte schon vor Jahren die Idee, Cannabis legal anzubieten. Schließlich, so heißt es heute bei der Polizei, würden 65 Prozent der Drogendelikte in und um den Görli Cannabis-Produkte betreffen. Probleme, die entstehen, weil die Dealer ihre Reviere bis aufs Messer verteidigen. Durch die Legalisierung, so das Kalkül, ließe sich eine wichtige Einnahmequelle der organisierten Kriminalität trockenlegen.
2014 hatte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg deshalb einen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis beantragt. Der Bundesgesundheitsminister lehnte das Projekt mit Hinweis auf das Betäubungsmittelgesetz ab. Jetzt, da die neue Ampel den kontrollierten Cannabis-Konsum freigegeben hat, wittert auch der Berliner Senat wieder Morgenluft. Aber was macht die Politik so zuversichtlich, dass diese Rechnung aufgehen könnte?
Man hätte diese Frage gerne dem Mann gestellt, der den Görlitzer Park so gut wie kein zweiter kennt: Cengis Demirci. 2016 hat ihn das Bezirksamt eingestellt. In einem mit Graffiti besprühten Bauwagen im Park koordinierte er den Einsatz von privaten Sheriffs. Sie sollen dafür sorgen, dass Anwohner nicht mehr von Dealern belästigt werden.