Harvard-Universität
Der Campus der Harvard-Universität in Cambridge, Massachusetts / dpa

Wissenschaftsfreiheit - Liberale gründen erste anti-woke Universität in den USA

Immer mehr amerikanische Intellektuelle beklagen eine Aushöhlung der akademischen Freiheit an den Universitäten im „Land of the Free“. Eine Gruppe Liberaler hat nun angekündigt, eine eigene Universität zu gründen. Die „University of Austin“ soll die erste dezidiert anti-woke Hochschule des Landes werden. Bereits im Frühjahr 2022 könnten sich die ersten Studenten einschreiben.

Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

So erreichen Sie Ben Krischke:

Fast ein Viertel der amerikanischen Sozial- oder Geisteswissenschaftler im akademischen Betrieb findet, dass es legitim sei, einen Kollegen vor die Tür zu setzen, wenn dieser eine „falsche Meinung“ zu Themen wie Einwanderung oder Geschlechtsunterschieden vertritt. Ein Drittel der Konservativen im amerikanischen Hochschulbetrieb gibt an, dass ihnen wegen ihrer Ansichten bereits disziplinarische Maßnahmen angedroht wurden. Und vier von fünf amerikanischen Doktoranden sind laut einem Bericht des „Center for the Study of Partisanship and Ideology“ dafür, rechtsgerichtete Wissenschaftler – oder jene Kollegen, die sie als solche identifiziert haben wollen – zu diskriminieren.

Kriegserklärung an die akademische Freiheit

Es sind alarmierende Zahlen, die Pano Kanelos, ehemaliger Präsident des St. John’s College im amerikanischen Annapolis, in einem Blog-Beitrag zitiert. Alarmierend, aber wenig überraschend, muss man sagen. Denn wer die Berichterstattung über die Zustände an amerikanischen Universitäten verfolgt, gelangt zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass der akademische Betrieb im „Land of the Free“ ein ernstzunehmendes Problem hat: Studenten, die sich selbst als „woke“ („aufgewacht“) bezeichnen, stellen identitätspolitische Positionen über wissenschaftliche Erkenntnisse und terrorisieren jene, die es wagen, ihrer Weltanschauung öffentlich die Stirn zu bieten – oder jene, von denen sie meinen, sie täten das. Dazu reicht es bisweilen schon, in Vorlesungen auf biologische Tatsachen hinzuweisen.

Im Grunde haben die akademischen Anhänger des Wokeism in den USA, so direkt muss man das sagen, der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit den Krieg erklärt – und scheinen in diesem Kampf gegen die freien Gedanken freier Menschen zunehmend die Oberhand zu gewinnen. Auch mithilfe von Universitätsleitungen und Professoren, die da mitziehen oder sich zumindest nicht entschlossen gegen derlei Angriffe auf den akademischen Betrieb stellen. Ob aus Überzeugung oder aus Angst, selbst zum Opfer von Repressalien zu werden, fällt dabei nicht weiter ins Gewicht. Die Folgen bleiben die gleichen: Die Wissenschaftsfreiheit in den USA steht zunehmend unter Druck.

Gemobbt und als „Nazi“ beschimpft

Weil dem so ist, gibt es in den USA eine spannende Entwicklung. Eine Gruppe iberaler Intellektueller, zu der auch der ehemalige College-Präsident Kanelos gehört, hat angekündigt, eine neue, eine dezidiert liberale Universität zu gründen: die „University of Austin“. Zum Gründungsteam gehört neben Wissenschaftlern wie dem Historiker Niall Ferguson und dem Linguisten Steven Pinker auch Bari Weiss. Die Journalistin war früher im Meinungsressort der New York Times beschäftigt, verließ die Zeitung allerdings öffentlichkeitswirksam, indem sie in einem offenen Brief an den Herausgeber Arthur Sulzberger den Status Quo der internen Meinungs- und Debattenfreiheit kritisierte. Weiss schrieb in ihrem „Resignation Letter“, dass Kollegen versucht hätten, konservative Meinungen zu unterdrücken. Sie selbst sei von Teilen der Redaktion gemobbt und als „Nazi“ beschimpft worden.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Karl Kuhn | Mi., 10. November 2021 - 15:32

An der Uni Bonn hat das Gleichstellungsbüro jetzt nach einem übergriffigen Leitfaden massiven Gegenwind bekommen.

https://www.forschung-und-lehre.de/management/universitaet-bonn-distanz…

Es geht bei Triggerwarnungen ja in Wirklichkeit gar nicht um den Schutz von irgendwie Traumatisierten, sondern darum, über bestimmte Inhalte nicht mehr lehren und diskutieren zu dürfen. Wokeism ist nichts weiter als Totalitarismus in menschenfreundlicher Verkleidung.

Tomas Poth | Mi., 10. November 2021 - 15:33

... wir brauchen kein Gegenmodel daß nur aus Paritätsgründen anderen Murks lehrt, sondern die Freiheit der Wissenschaft wirklich verteidigt.
Es ist richtig, man kann nicht darauf warten bis sich der GrünRoteMob von selbst zurücknimmt!

Romuald Veselic | Mi., 10. November 2021 - 15:54

„Wir können nicht warten, bis die Universitäten sich selbst reparieren. Daher starten wir eine neue.“
Ich wünsche Herrn Kanelos & Partner viel Erfolg.
Worauf sie sich vornherein einstellen müssen, dass die Woke-Nazis alles versuchen werden, das Vorhaben zu torpedieren resp. wenn Uni of Austin doch etabliert werden sollte, werden physische Attacken auf die Liegenschaften u. Angehörige fortgesetzt. Die Woke-Nazis wollen offene Konfrontation. Dann sollen sie sie haben.
Wie gesagt, dieser Wahnsinn betrifft nur Westen. Im übrigen Welt, ist dies Undenkbar. Einen importierter Woke-Type an der Uni von Peking, Hanoi o. Jakarta mit seinen Thesen, wäre er in 5 Minuten erledigt. Denn er weiß, dass ihm dort schlecht ergehen würde. Und daran erkennt man, wie die Woke-Fanatiker feig sind. Er bewegt sich ausschließlich auf dem für ihn sicheren Campus im Westen.
Diese Meinugstyrannen müssen gestoppt werden. Sie sollen mit eigenen "Waffen" geschlagen werden.

Arne Zinner | Mi., 10. November 2021 - 16:00

man kann über die Amis denken wie man will, aber wenn sich erhebliche Teile nicht länger vom missionarischen Eifer einer Minderheit gängeln lassen wollen und mit einer Gegenuniversität antworten, zeugt das von einer Tatkraft, die sich bei uns bestenfalls in Blogs und Büchern austobt!

Maximilian Müller | Mi., 10. November 2021 - 16:03

Was soll man da noch sagen? Deutschland ist für mich inzwischen der Wirt dieser ideologischen Parasiten. Woke, Ökologismus, FFF, CRT - uns fehlen die Abwehrkräfte, die die USA dank ihrer patriotischen Grundeinstellung noch haben. Bei uns breiten sich Ideologien wie Geschwüre aus, weil man jeden nationalen Zusammenhalt zerstört (hat). Und dieser Zusammenhalt ist das Immunsystem jedes Landes gegen zerwirkende Kräfte.

lieber Herr Müller.
Das kranke Immunsystem der in Deutschland ansässigen
Bevölkerung (= der indigenen Deutschen) ist die Hauptursache für die Anfälligkeit, sich mit jedem Schwachsinn zu infizieren, der ins Land kommt.
Es ist auch verantwortlich für die offensichtliche Schwäche, immer wieder dieselben Politiker zu wählen, o b w o h l deren Handeln sich erkennbar schädlich auf das gesamte Land auswirkt.
Die natürlichen Abwehrreflexe u. -kräfte des deutschen Normalbürgers sind einfach zu schwach!

Erklärungen dafür, warum das so ist, gibt es viele.
Die wichtigste scheint mir zu sein, daß den Nachkriegsdeutschen zuerst von den Siegermächten und dann von den eigenen Leuten (den sog. 68ern!) das Mark eines natürlichen u. lebenswichtigen Selbstbewußtseins systematisch aus den Knochen gesaugt wurde.
Jemand, der sich permanent schuldig und minderwertig fühlen muß, der kann
keine Widerstandskräfte entwickeln, selbst wenn er sich körperlich in einem ausgezeichneten Zustand befindet.

Christoph Kuhlmann | Mi., 10. November 2021 - 16:42

Minderheitenterror soweit geht, dass sich Professoren aus ihrem Amt zurückziehen. Ich verstehe die Universitätsleitungen nicht, die das Mobbing von Akademikern und Studenten tolerieren und nicht Partei für die Opfer ergreifen. Das ist eindeutig linksradikal, antidemokratisch und wissenschaftsfeindlich. Es ist erschütternd wie wenig Rückgrat es im Wissenschaftsbetrieb zu geben scheint.

Enka Hein | Mi., 10. November 2021 - 17:05

...ist nicht anderes als der Islamismus. Der lässt auch nur eine Meinung zu. Halt die eigene. Andere Meinung werden dann gekürzt. Die Kürzung fängt in diesen Ländern beim Kopf an.
Man müsste den Islamismus und den Wokeism in einen Raum sperren und zuschauen was passiert. Wetten das der Wokeism den Kürzeren zieht?
Beiden ist das Totalitäre gemein. Und der Begriff "Nazi" kommt in der heutigen Zeit immer mehr einem aufgeklärten und gebildeten Menschen gleich. Daran kann man auch erkennen, es geht nur um Diskriminierung Anderdenkender. Diskurs nicht gewünscht.

christoph ernst | Mi., 10. November 2021 - 17:46

der einzig richtige Schritt. Die amerikanischen Universitäten produzieren in den Geistes- und Sozialwissenschaften nur noch ideologisierten Müll. Wer die 'cancel culture' der letzten Jahre verfolgt hat, weiß, dass der Schaden irreparabel ist. Auf ähnliche Ansätze kann man in Europa nur hoffen, denn bei uns sieht es mittlerweile ähnlich finster aus. Die 'woke' Gegenaufklärung marschiert, aber sie dominiert nur durch Masse, substanziell hat sie nichts zu bieten. Gerade habe ich mir einen Vortrag von Robin DiAngelo angesehen, eine clevere, schnell redende Scharlatanin, die die Axt an die Wurzeln der Kultur legt, der sie alles verdankt und von der sie nichts versteht. Grauenhaft.
Ich wünsche dem Projekt von Herzen Erfolg.

Rob Schuberth | Mi., 10. November 2021 - 17:51

Eine sehr lobenswerte Idee.
Da es ja heißt wir wären immer so ca. 10 J. hinter den USA her, kann man sich also in etwa ausrechnen, dass es hier noch mind. 2 Legislaturen so bescheiden weiterlaufen wird wie z. Z.

Aber immerhin....das Pendel schlägt zurück.

Achim Koester | Do., 11. November 2021 - 10:00

dass die Gründer der neuen Universität zu denselben Mitteln greifen müssen, die sie eigentlich bekämpfen wollen, nämlich Ausgrenzung und Filterung, damit nicht auch hier eine Unterwanderung durch woke Maoisten stattfindet, die ihre Kulturrevolution gefährdet sehen. Wirkliche Freiheit der Wissenschaft wird auch so nicht erreicht, es kehrt nur die Vorzeichen um.

christoph ernst | Do., 11. November 2021 - 18:52

Antwort auf von Achim Koester

die Protagonisten sind politisch 'divers' und kommen aus allen möglichen Spektren.
Nur sind sie eben keine Ideologen. Sie würden Leute wie Robin DiAngelo auf dem Feld ihrer angeblichen Expertise argumentativ begegnen, was kein Kunststück ist, denn DiAngelo fußt auf der 'kritischen Rassentheorie', die geballter Blödsinn ist. In einer realen Diskussion sehen diese Leute alt aus. Ihre Ideologie ist völlig hohl. Eben deshalb meiden sie ja argumentative Debatten. Sie haben ein Glaubenssystem errichtet, das Wissenschaftlichkeit heuchelt, aber nicht mal den niedrigsten Mindeststandards standhält. Ohne kreischende Kohorten und ideologischen Kult kollabiert ihre 'Lehre' wie ein Soufflé.

Reinhard Getzinger | Do., 11. November 2021 - 20:46

Ich frage mich, warum man eine eigene
Asyl-Universität gründen muß, um dem woken Terror zu entfliehen?
Es gibt doch auch renommierte konservative Universitäten, wie z.B. Notre Dame.
Ich würde mal davon ausgehen, daß linke Studenten nicht unbedingt an einer katholischen Universität studieren wollen.
Warum nützen kleinere Provinzuniversitäten nicht die Chance, die Selbstverstümmelung der Ivy league-Unis für sich nutzen, gemobbte Wissenschaftler abwerben und ihnen ein Forschungsumfeld zur Verfügung stellen, das ihnen die großen Universitäten nicht mehr bieten können oder wollen?
Es geht ja in erster Linie um humaities und nicht um sündteure science.
Die Frage gilt auch für Deutschland und Österreich.