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Angela Merkel in der Bundespressekonferenz / dpa

Merkel und die Medien - „Ich vermisse sie jetzt schon“

Eigentlich verkörperte nicht Gerhard Schröder, sondern Angela Merkel die vollkommene Medialisierung der Politik. Sie hat es verstanden, die Medien geschickt für sich einzuspannen – und die Journalisten waren handzahm genug, um dabei mitzumachen.

Autoreninfo

Jens Peter Paul war Zeitungsredakteur, Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, und ist seit 2004 TV-Produzent in Berlin. Er promovierte zur Entstehungsgeschichte des Euro: Bilanz einer gescheiterten Kommunikation.

So erreichen Sie Jens Peter Paul:

Gerhard Schröder galt als Medienkanzler, war es aber nicht. Bei Angela Merkel ist es umgekehrt. Sie hat es bereits innerhalb ihrer ersten Amtszeit zur Kunstform entwickelt, Journalisten und jene, die sich dafür halten, mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, und so eine ohnehin für sie günstige Ausgangslage spätestens ab 2008 perfekt zur Sicherung ihrer Macht genutzt. Dabei halfen ihr die Fähigkeit zur kritischen Selbstdistanz und ein Küchenkabinett, das jeden Morgen Klartext mit ihr redete, ohne dass in 16 Jahren jemals ein Sterbenswörtchen diesen Kreis gegen ihren Willen verlassen hätte. 

Stolperfallen und Schwachpunkte des bevorstehenden Arbeitstages wurden in der Morgenlage identifiziert und in kurzer, präziser Diskussion bestmöglich entschärft. Drohte die Gefahr, dass die Chefin auf einem Termin suboptimal aussehen könnte, weil sie weder mit dem Thema noch mit den Teilnehmern oder mit dem Terrain warm werden würde, lautete die Aufgabe, wenigstens so viele Faktoren und Details in ihrem Interesse zu justieren wie möglich. 

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Romuald Veselic | So., 26. September 2021 - 09:02

vorab verfallen sind; mit dem Satz „Ich vermisse sie jetzt schon“ geistert ja seit Wochen schon von Redakteur zu Redakteur, von Blatt zu Blatt, von Sender zu Sender. Wer das in Frage stellt, müsste sich in vielen Fällen selbst in Frage stellen. Das ist gerade in dieser Branche nicht zu erwarten.

Meinetwegen.
Beruf Journalist, ist kein Massenphänomen, sowie außerhalb des Fachjournalismus, herrscht mehrheitlich Agitpropaganda im Politkommissaren Manier.
Journalisten im Format von Anna Politkowskaja, gibt's es im so besserwisserischen Westen nicht.

Und was mich persönlich angeht, ich wünschte mir schon vor 15 Jahren, dass Angela die Ewige geht. Wenn es politische Jagdgründe gibt, dann kann ich kaum erwarten, dass sie dorthin verschwindet. Und ihre Anbieder-Truppe kann sie gleich mitnehmen.

... lieber Herr Veselic. Hatten wir schon einmal eine deutsche Anna Politkowskaja?

Natürlich gibt es Platzreservierungen für Merkel in den ewigen Jagdgrünen. In mei-
nen Kommentaren befand sie sich in ihrem unergründlichen "schwarzem Loch". Ge-
spickt voller treuer Vasallen und schwarzem Rauch. Was werden wir aus diesem an Grausamkeiten erfahren? Ich lege meine "Sensibilität" vorsichtshalber bereits jetzt
schon ab.

Armin Latell | So., 26. September 2021 - 09:02

immer ein Genuss, Ihre Artikel zu lesen. Humorvoll, aber auch klar in der Aussage. Das Erdogan mir Merkel nicht so verfahren wäre, wage ich allerdings zu bezweifeln. Irgendwie müssen Sie sich doch eigentlich für das Gro Ihrer "Journalisten"kollegen schämen? Schon die Bezeichnung Journalist für diese Propagandalehrlinge ist doch eine bewusste Irreführung. Intellektuelle Artikel zu schreiben ist eben nicht jedem gegeben. Ihnen schon. Danke.

Martin Falter | So., 26. September 2021 - 09:02

gut beschrieben und vor allem mit Hintergrundwissen, dass mir jetzt schon einiges erklärt, warum die Frau all die Jahre damit durch kam. Klar war von Anfang an, weil sie eine Frau ist wurde sie geschont. Die Schohnung führte dann zur Heiligsprechung. An den Folgen werden wir noch lange zu knabbern haben....

Reinhard Getzinger | So., 26. September 2021 - 09:27

Ob Merkels Propaganda raffinierter und wohldosierter war,als die plumper Autokraten (Putin?) wage ich zu bezweifeln.
Schon alleine durch die Vervielfältigung über die Medien war sie eben nicht mehr wohldosiert und durch Übersteuerung wurde sie ganz automatisch auch plump.
Daß den Medien die Regierungsnähe auf die Füsse fallen wird, muß nicht in die Zukunft verlegt werden.
Zerquetschte Zehen sind schon seit Jahren die Berufskrankheit des Journalismus...

G.Siegwart | So., 26. September 2021 - 10:00

Eine Steigerung der Liebedienerei der Journalisten gegenüber Merkel zeigte in den vergangenen Monaten diese Branche gegenüber Baerbock. Das einfältige und kritiklose Hochjubeln der neuen, frischen, jungen Kandidatin hatte pathologische Züge. Was wurde ihr nicht alles bescheinigt. Ihre Lügen im persönlichen Bereich werden dann zu „Fehlerchen“ (Tagesspiegel), und sie wird penetrant in Schutz genommen. Die Journalisten boten sich geradezu an, dass mit ihnen gespielt wird, dass sie sich verarschen lassen, wobei sie dann auch noch begeistert Beifall klatschten. Sie haben ergebenst von dem Kakao getrunken, durch den sie gezogen wurden.
Nicht nur diese Branche, auch die Politik, die Gesellschaft befinden sich in einem jämmerlichen Zustand. Geistig und moralisch. So viel Einheit und Harmonie.

Christa Wallau | So., 26. September 2021 - 10:10

nicht mitgespielt haben, waren nicht etwa die politischen Gegner der CDU, also diejenigen, welche Merkel Paroli hätten bieten müssen, sondern die wenigen Klarsichtigen in der CDU, die aus lauter Verzweiflung (als Abtrünnige) die AfD gründeten, Lucke, Gauland, Adam ..., oder sich zur Werte-Union zusammenschlossen.
Prompt erfolgte daraufhin die Verbannung dieser Menschen in die Nazi-Ecke: unisono von der geamten polit. "Elite" u. allen Merkel-trunkenen Medien.
Die "Patin" wurde durch die AfD nicht geschwächt, sondern noch einmal richtig gestärkt!
Wirklich: Ein einmalig absurdes Theater, das in D über 16 Jahre aufgeführt werden konnte!
Jetzt, da sie geht, wachen die Menschen auf u. erkennen: Was sollen wir nun machen - ohne Merkel?
Plötzlich ist da ein ganz anderes Deutschland als diese Frau es ihnen im Zusammenspiel mit den ihr hörigen Medien vorgegaukelt hat, und man
fragt sich: Wie soll es weitergehen?
In diese Bresche springen die Grünen u. die Linken.
Armes, dummes Deutschland!

Joachim Baumeister | So., 26. September 2021 - 10:11

Uneitel. Unbestechlich. Integer. Nüchtern. Das war Merkel als Bundelkanzlerin. Und damit habe ich auch schon das aufgezählt, was für mich an positiver Erinnerung an dieser Kanzlerin nach 16 Jahren übriggeblieben ist. Alles andere versuche ich zu vergessen.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 26. September 2021 - 13:50

Antwort auf von Joachim Baumeister

Der Artikel jubelt Merkel doch ebenfalls hoch, nur subtiler?
Deshalb 3 Gegenpunkte selbst zu Ihrem schmalen Lob, Herr Baumeister, nur überlegt.
!) Eitel bis zum geht nicht mehr. Sie war keine Brigitte Bardot, da ist das immer "ausgereizte" Ergebnis halt ein anderes.
Der Punkt ist nur, dass ihr Aussehen für eine Politikerin eigentlich komplett irrelevant sein könnte. Ich denke, das war es ihr selbst nicht, was mir negativ auffiel, aber auch bei Macron.
2)Unbestechlich könnte jedoch hinkommen.
Eher würde ich aber meinen, dass sie immer in bestechender Form sein wollte. Jeder Schritt, jede Geste, jeder Blick bewußt gesetzt. War deshalb so wenig Kraft für inhaltlich Überzeugendes vorhanden?
3) Es geisterte irgendwann "der Spruch" durch die Medien oder mindestens Kommentare, in etwa, ihr Lob sei der Anfang vom Ende einer politischen Karriere desjenigen*?
Was hätte das mit integer zu tun?
Merkel war für mich eher ein Nachwehen der BRD/DDR, obwohl ich mir das nicht erklären kann und konnte.

Hubert Sieweke | So., 26. September 2021 - 10:28

zum zweiten Mal in jüngster Vergangenheit unserer Demokratie ein Einzelner, nicht aus Austria, sondern aus MeckPom, DDR, den Rechtsstaat schleifen konnte und so gut wie keine Gegenwehr erfuhr. Selbst die konstatierten Rechtsbrüche durch ehemals hohe Richter des Verfassungsgericht und viele Rechtssachverständigen konnte diese Reste einer "freien Presse" zu realistischer Betrachtung auffordern.
Das eigentliche große Problem, welches wir nun mit unserer niedergehenden Demokratie haben, ist von den Medien/Staatsmedien und den feigen, devoten und bis zur Selbstaufgabe loyalen CDU MdB geschaffen worden.
Wie kann eine Person, die unsere demokratischen Grundpfeiler bis heute nicht verinnerlicht hat, eher eine sozialistische SED Sicht hatte, ohne großen Protest den Rechtsstaat aushöhlen.
Einen solchen Niedergang wird niemand aufhalten können. Ob Aussenpolitik, Finanzen, EU, Energie und Migration, das nahende Ende ist bereits in Sicht. 40 Mio. Autos aus der Steckdose, nur mit Sonne/Wind...

Norbert Heyer | So., 26. September 2021 - 11:00

Niemand wird aus dieser Frau schlau: Sie räumte im Alleingang Kohl ab, Schäuble stolperte über einen Geldkoffer und sie war am Ziel. Schneller, als es jemand vor ihr geschafft hätte. Anfangs sondierte sie die Lage und die Granden der Union meinten, mit ihr ein leichtes Spiel zu haben. Nach und nach, nach dem Vorbild einer Spinne, spannte sie ein Netz mit ihr treu ergebenen Vasallen und alle Aufmüpfigen wurden verleumdet, vertrieben, arbeitslos oder wegbefördert. Die an und für sich linken Medien und auch die Grünen liebten sie, machte sie doch lupenreine grün-linke Politik. Ihre
Partei raubte sie ihre Überzeugungen und machte sie zu einer Ansammlung von zustimmenden Feiglingen. Heute wird es hoffentlich die Quittung geben, wo wieder einmal der arme Armin als Hauptschuldiger an der Pleite ausgemacht wird. Nein, sie und die Partei, die Kirchen und Verbände, alle die sich geduckt haben, sind die wahren Verursacher dieser Situation, die Deutschland vielleicht in den Untergang führt.

W.D. Hohe | So., 26. September 2021 - 13:20

merkte ich an anderer Stelle an -
Justiz - Oberste und höchste Gerichte - Intendanzen des Öffentlichen Rundfunks - werden von der Politik besetzt = gesteuert
Wenn auch subtiler als in Weißrussland
Name für solche Staaten ?
Richtig
Nur 1 Punkt = Aufgabe zu leicht

Ingofrank | So., 26. September 2021 - 13:39

Die Regierungsbildung wird sich ziehen wie ein
Kaugummi und noch länger.
Rot, Grün & Dunkelrot erreicht eventuell eine knappe, vielleicht auch hauchdünne Mehrheit.
Bei Scholzen‘s Wahl zum BK könnte es zu Abweichlern aus der SPD & Dunkelroten kommen. Zu links od. nicht links genug. Wäre eine Möglichkeit.
Bei Jamaika stände es 2:1 . Ob die Machtbesessenheit der Grünen ausreicht, die „Kröten“ von CDU + FDP zu schlucken ist schlecht einzuschätzen. Ich glaube ja. CDU + Grün, deswegen hat die CDU meine Stimme nicht bekommen! )Deutschlandkoalition vielleicht?- auf Druck von Steinmeier wenn nichts mehr geht.
Deswegen wird Merkel noch die Neujahrsansptache zum Jahreswechsel halten. Alles andere wäre sehr überraschend.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Sabine Lehmann | Mi., 29. September 2021 - 04:03

Dieser Artikel ist unfassbar gut. Ich habe ihn heute schon drei mal gelesen und freue mich über jede einzelne Zeile. Wie eine gründliche Obduktion, die Sezierung aller politischen und medialen „Leichenteile“ dieser Ära. Analytisch und schonungslos.
Man sollte diesen Artikel den Intendanten von ARD und ZDF, allen CDU-Abgeordneten, Anne Will, Peter Frey, Claus Kleber, Sandra Maischberger, Wulf Schmiese, Theo Koll, Ingo Zamperoni, Marietta Slomka, allen Mitgliedern der Bundespressekonferenz, den Herausgebern und Chefredakteuren der FAZ, der ZEIT, der Süddeutschen, den Rilotiussen vom Spiegel und wie sie alle heißen und Last but not least: Angela Merkel persönlich überreichen. Und verknüpfen mit einer persönlichen Botschaft von einem Granden des deutschen Journalismus Hans Joachim Friedrichs: „Nie gemein machen lassen, auch nicht mit einer vermeintlich guten Sache, immer distanziert bleiben, dabei sein, aber nie dazugehören.“
Aber diese Journalisten haben ihre Ehre und Seele verraten!