Angela Merkel bei der Suppenverkostung während eines Besuchs bei den Johannitern in Bonn / dpa

Genuss mal anders - Merkel geht – die Kartoffelsuppe bleibt

Auch unser Genusskolumnist hat realisiert, dass die Ära Merkel bald vorbei ist. Höchste Zeit also, sich ihrer kulinarischen Hinterlassenschaft zu widmen: der Kartoffelsuppe – gestampft und eben nicht püriert.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Zwar wird die Kanzlerin auch nach der Wahl am 26.September noch einige Zeit geschäftsführend amtieren, bis sich die Fraktionen im neuen Bundestag auf einen Nachfolger verständigt haben und dieser gewählt und vereidigt wurde. Aber das ist dann nur noch der Epilog der 16 Jahre währenden Aufführung.

Wie fast alle ihre Vorgänger hat auch Merkel genusspolitische Spuren hinterlassen, die dem jeweiligen Zeitgeist entsprachen und mehr oder weniger versteckte politische Botschaften enthielten. Dem von langen Jahren der Mangelverwaltung geprägten Konrad Adenauer folgte der Wirtschaftswunderkanzler Ludwig Erhard mit seinen dicken Zigarren. Sein Nachfolger Kurt Georg Kiesinger war dann eher unauffällig, aber Willy Brandt machte nie einen Hehl aus seiner ausgeprägt hedonistischen Ader. Helmut Schmidt setzte neue Maßstäbe in Sachen Kettenrauchen, Helmut Kohl verhalf wiederum dem Pfälzer Saumagen zu einer sensationellen internationalen Karriere. Bei Gerhard Schröder wirkten die PR-Bilder an Currywurstbuden oder mit Bierflasche in der Hand eher inszeniert, doch seiner Nachfolgerin Angela Merkel nahm man die Vorliebe für regionale Hausmannskost ohne Weiteres ab.

„Sie kennen mich“

Obwohl Merkel ihr anscheinend unspektakuläres Privatleben anders als Schröder weitgehend von den Medien abschottete, hat sie sich immerhin mehrere Male zu ihrem Lieblingsgericht geäußert: Kartoffelsuppe. Also ein kulinarisches Bekenntnis zur Einfachheit und Bodenständigkeit, fern jeder volksfernen Abgehobenheit. Kartoffelsuppe kennt irgendwie jeder. Und so passte dieses Gericht auch hervorragend zu ihrem Wahlslogan von 2013 und 2017: „Sie kennen mich.“ Da wirkt es fast schon eskapistisch, dass die Kanzlerin auf eine Besonderheit bei ihrer Kartoffelsuppe besteht, fast im Stil der alten James-Filme-Filme („geschüttelt oder gerührt?“). Denn der Illustrierten Bunte verriet die Kanzlerin im August 2017: „Ich zerstampfe die Kartoffeln immer selbst mit einem Kartoffelstampfer und nicht mit der Püriermaschine. So bleiben in der Konsistenz noch immer kleine Stückchen übrig.“

Zwar hat die Kartoffelsuppe trotz der internationalen Popularität von Merkel keinen mit dem Pfälzer Saumagen vergleichbaren Karrieresprung absolviert, dennoch wurde das klassische Eintopfgericht „nach Kanzlerinnenart“ Thema in Kolumnen und Kochshows. Wobei viele der dort präsentierten Rezepte diverse Abweichungen und vermeintliche Verfeinerungen beinhalteten. Zumal wohl außer ihrem Ehemann und einigen engen Freunden niemand wirklich weiß, wie sie bei der Zubereitung agiert, denn Homestorys mit der Kanzlerin in der heimischen Küche waren für Merkel stets ein No-Go.

Keine Eskapaden bitte

Aber man kann sich dieser Suppe mit dem, was man weiß, einigermaßen annähern. Los geht‘s: Zwiebel schälen und fein würfeln, Kartoffeln (vorwiegend festkochend) ebenfalls. Eine Stange Lauch putzen und in Ringe schneiden. Dann wird Butter in einem Topf zerlassen, um darin die Zwiebelwürfel glasig anzudünsten. Dann die Kartoffelstücke und die Lauchringe dazu, mit Gemüsebrühe ablöschen und 15 bis 20 Minuten köcheln lassen. Im Anschluss eben nicht pürieren, sondern nur grob stampfen, sonst schickt Merkel die Geschmackspolizei! Etwas Sahne dazu gießen, nicht mehr kochen. Abgeschmeckt wird mit Salz, Pfeffer, Majoran und mittelscharfem Senf. Meistens legt man noch ganze oder geschnittene Wiener Würstchen zum Erhitzen rein, aber es ist nicht überliefert, ob die Kanzlerin das auch macht.

Also nutzen wir das verbleibende Zeitfenster, um noch einmal wie die Kanzlerin zu kochen und zu essen. Natürlich kann man auch zu späteren Zeiten wieder eine Kartoffelsuppe machen. Aber das ist dann mental irgendwie anders.

Kartoffelsuppe nach „Kanzlerinnenart“

Zutaten für 4 Personen

800 g Kartoffeln (vorwiegend festkochend)

1 Gemüsezwiebel

1 Stange Lauch

1 EL Butter

1 l Gemüsebrühe

100 ml Schlagsahne

Salz, Pfeffer, Majoran, Senf

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ursula keuck | Sa., 18. September 2021 - 12:39

Angela Merkel hat die Seele und die Werte der CDU in eine Grün-Sozialistische Merkel Union verraten und verkauft. Das ist der bittere Preis der CDU/CSU, den diese bei der Wahl bereuen wird.
Dazu noch ein Zitat: "Die großen Übel in dieser Welt sind nicht die Folgen böser Absichten, sondern die Folgen eines unbegrenzten Willens zum Guten".

haben ungefähr soviel gemeinsam wie Hoecke und Demokratie - weniger als nichts.

Und um das festzustellen, muss man beileibe kein Freund von Merkel oder der CDU sein.

Wer Merkel für eine Sozialistin hält, hat sich zweifellos seine politische Bildung von Rechtsaußen eintrichtern lassen.

Alles nicht neu, kennt man schon. Auch in der Weimarer Republik wurden Demokraten als Bolschewisten diffamiert.

Da sieht man, in welchen Tradition sich der deutsche Rechtsextremismus bewegt.

Und verdeutlicht mal wieder, was man von der AfD und ihrem Anhang halten sollte.

Tröstlich: Gestern, Politbarometer im ZDF: Die AfD steckt bei 11% fest. An der Spitze der Beliebtheitsskala? Angela Merkel. Kein Vertreter der Rechtsextremisten unter den ersten Zehn.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 18. September 2021 - 12:40

Frau Merkel hatte eventuell während ihrer Amtszeit schon genug Werbung, die um ihre m.E. politisch eher nicht vorhandene Person herum aufgebaut wurde.
Schröder verhalf der Currywurst zu noch mehr Ansehen, Merkel profitiert von der Kartoffelsuppe?
Nicht ganz, denn Grönemeyer machte dieses wunderbare Lied über Bochum?
Ich gehe also einmal davon aus, dass Merkel auch der Kartoffelsuppe zu noch mehr Popularität verhalf.
Das geht in Ordnung.
Ich sehe mir nur Kochsendungen an, deren Bewerkstelliger mir mitsamt dem Essen gefallen, also Schuhbeck mit Wepper, den etwas schnellen Tim Mälzer, Kochen mit Martina und Moritz und jetzt frisch dazugekommen, "Calle kocht". Wenn Letzterer dann mit Carmen mich wissen lässt, dass sie uns alle ganz lieb haben, sitze ich strahlend vor der Kiste.
Das gezeigte Essen nach Omas Art ist arg fleischlastig, aber sicher sehr schmackhaft und ähnelt meinen frühen Esserfahrungen.
Ich sehe ihm gerne zu, so wie andere Leute gerne Leuten zusehen, die Videospiele spielen.

Bernd Muhlack | Sa., 18. September 2021 - 19:01

Es mag sein, dass die Kanzlerin Kartoffelsuppe mag, warum auch nicht?
Jeder hat positive Eigenschaften, nicht wahr?

Ich erwähnte es hier bereits: beim Kochen ist oft die Hardware entscheidend!
Solch eine Kartoffelsuppe, ein Gemüseeintopf, gar eine Gulaschsuppe fühlen sich in einem gußeisernen Topf doch erst so richtig wohl, oder?

Leider ist Omas Bräter abhanden gekommen.

Ob die Kanzlerin die Kartoffelsuppe zu einem globalen Aphrodisiakum etabliert hat, wage ich zu bezweifeln. Mit Schröders/Grönemeyers CURRY verhält es sich ebenso.
Aber Kanzler Kohls Pfälzer Saumagen hat einen gewissen Bekanntheitsgrad: in Schottland nennt man ein vergleichbares Essen HAGGIS -
eher nicht vegan.
Tochtern lebte acht Jahre im wunderschönen Edinburgh - sie mag Haggis.

Ja, so richtig schöne Suppen, Eintöpfe ...
Jetzt habe ich Hunger ...

Eines noch: zu einer (natürlich!) gestampften Kartoffelsuppe gehört mMn eine Prise Muskat und Kümmel, oder?

Schönes Wochenende allerseits!

Sabine Lehmann | Sa., 18. September 2021 - 23:30

Erschöpfendes Fazit nach 16 Jahren Merkel: ein Rezept für Kartoffelsuppe.
Dem ist nichts hinzuzufügen, weder inhaltlich noch stilistisch. Welches Armutszeugnis das sowohl über die Regierende als auch die Regierten aussagt, mag sich jeder selbst denken.