Grafik: Cicero / Autorenfoto: Sebastian Düsenberg

Wählen und wählen lassen – Die Kolumne zur Bundestagswahl - Angriff heißt jetzt AKK

Glücklich fügt es sich für den glücklosen CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet, dass eine Mitspielerin eine womöglich spielentscheidende Position für sich entdeckt hat: die Sturmspitze. Annegret Kramp-Karrenbauer hat im Wahlkampf die Abteilung Attacke übernommen.

Daniel Gräber

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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Der gute gelaunte Kanzlerkandidat, der trotz seines unglücklichen Wahlkampfverlaufs weiterhin einen stets vergnüglichen Eindruck macht, ist ein Mannschaftsspieler, heißt es. Auch diejenigen innerhalb der CDU, die ihn nicht gerade für eine Idealbesetzung halten, loben dies ausdrücklich als wesentliche Stärke des jovialen Rheinländers. Laschet könne gute Leute an sich binden und lasse sie dann machen. Er gebe ihnen Freiraum und Rückendeckung.

Als Paradebeispiel wird dann meist Herbert Reul genannt, der sich als Innenminister in Nordrhein-Westfalen das Image eines schwarzen Sheriffs erarbeitet hat, der das Land nach Jahren der rot-grünen Verlotterung mit harter Hand wieder in Ordnung bringe. Reuls stets öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzter Feldzug gegen kriminelle Araberclans soll nun auch auf Laschets Punktekonto gehen.

Im bisherigen Wahlkampf, der auf die zentrale Personalfrage des nächsten Bundeskanzlers zugespitzt ist, hat Laschet seine angebliche Teamplayer-Stärke noch nicht richtig ausspielen können. Sein auf die Schnelle zusammengestelltes „Zukunftsteam“ konnte noch nicht recht überzeugen, da niemand versteht, auf welcher Position dessen bunt zusammengewürfelten Mitglieder jeweils spielen sollen – nicht vor und vor allem nicht nach der Wahl.

Abteilung Attacke

Umso glücklicher hat es sich für den glücklosen Spitzenkandidaten nun gefügt, dass eine Mitspielerin, die gar kein offizielles Mannschaftsmitglied seines „Zukunftsteams“ ist, eine womöglich spielentscheidende Position für sich entdeckt hat: die Sturmspitze. Annegret Kramp-Karrenbauer, die von Angela Merkel fallengelassene Kurzzeit-Nachfolgerin, hat im noch gut zwei Wochen andauernden Bundestagswahlkampf offenbar die Abteilung Attacke übernommen. So wie sie als amtierende Verteidigungsministerin gegen den SPD-Herausforderer und Finanzminister Olaf Scholz schießt, gelingt es derzeit keinem zweiten Unionspolitiker, die sozialdemokratische Konkurrenz an einer empfindlichen Stelle zu treffen.

Während einer Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus, bei der die Union am Freitag ihr Programm für mehr innere und äußere Sicherheit präsentierte, stellte Kramp-Karrenbauer alle drei neben ihr auf dem Podium versammelten Herren in punkto Angriffslust in den Schatten. Erneut warf sie Scholz vor, die Anschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr bewusst zu verzögern, weil er es sich nicht mit dem pazifistisch gesinnten Teil seiner eigenen Partei und mit den Grünen verscherzen wolle. Er gefährde damit das Leben deutscher Soldaten, warf sie Scholz vor.

Bewaffnete Drohnen

Zudem spielte sie auf Scholz‘ Wahlwerbespot an, in dem er als Erbe des SPD-Kanzlers Helmut Schmidt auftritt. Der hätte sich in so einer Frage für die Bundeswehr entschieden, sagte Kramp-Karrenbauer, und sich zur Not auch mit der eigenen Partei angelegt. Da mag sie recht haben. Immerhin hat Schmidt im Kalten Krieg die Nato-Aufrüstung in Deutschland durchgesetzt, was zur Abspaltung der Rüstungsgegner innerhalb der SPD und mit zur Gründung der Grünen geführt hat.

Auch Laschet versuchte bereits, Scholz mit der Drohnen-Frage in die Enge zu treiben. Doch das misslang ihm beim ersten TV-Triell. Offenbar weil er mit den Details nicht so vertraut ist wie die Verteidigungsministerin, ließ er sich von Olaf Scholz durch ein Ablenkungsmanöver blenden. Das wiederum griff Kramp-Karrenbauer nun noch einmal auf und warf dem SPD-Kandidaten eine bewusste Irreführung der Wähler vor. 

Prompt wollte ein erstaunter Journalist in der anschließenden Fragerunde wissen, ob Kramp-Karrenbauer für einen Verbleib im Kabinett kämpfe. Sprich: ob sie im Falle eines Wahlsiegs der Union Verteidigungsministerin bleiben werde. Eine klare Antwort darauf gab es nicht.

In unserem exklusiven Kolumnenticker Wählen und wählen lassen widmen sich Alexander Marguier, Ralf Hanselle, Daniel Gräber und Moritz Gathmann den spannendsten Fragen zur Bundestagswahl 2021: Regierungskonstellationen, Schattenkabinette, Wahlkampftaktiken, Post-Merkel-Gehversuche, aber auch Pannen und Umfragezwischenhochs sowie ein Hauch Medienkritik, mit einem Augenzwinkern. Zur Bundestagswahl werden wir außerdem live berichten. Passgenau erscheint am 23.09. die neue Cicero-Ausgabe.

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Bernd Muhlack | Fr., 10. September 2021 - 16:36

Frau Kamp-Karrenbauer trat bekanntlich oft als Putzfrau Gretel im Karneval auf.
Insofern sind ihr Stab-, Schüttel-, End- sonstige Reime geläufig.
Das Schreiben einer guten Büttenrede ist gar nicht so einfach.
Ich kenne diese Auftritte nicht, kann mir jedoch sehr gut vorstellen, dass sie nicht die schlechtesten waren.
Wenn sie just heftige Angriffe auf Kandidat Scholz fährt ist das mMn sehr gut.
Dessen Auftreten, sein arrogant-verschmitzt-schlumpfiges Grinsen ist widerlich - sorry!
Das erinnert an das Verhalten des angeklagten Mörders vor Gericht: natürlich war ich es, aber bitte beweist es!
Das übertrifft sogar Kanzlerin Merkel!

AKK hat doch nichts zu verlieren - sie kann nur gewinnen: also Attacke ohne jede Rücksicht!

Sie hat als BM der Verteidigung lediglich den maroden Sauhaufen ihrer Vorgänger übernommen.

Also: Alle Rohre fluten => Torpedos frei! Feuer!

Eines noch - zum x-ten Mal:
Armin Laschet ist wirklich KEIN Rheinländer!

Schönes Wochenende allerseits!

Maria Fischer | Fr., 10. September 2021 - 16:50

Nur mit Detailwissen kann man Gegner stellen.

Ingofrank | Fr., 10. September 2021 - 17:55

Ich glaube nicht mehr so recht an den Erfolg. Ich glaube auch nicht daran, dass Scholz „geeigneter“ ist als Baerbock od. Laschet. Ich vermute ehr, dass es ein nicht unerhebliches Wählerpotential von der Person Baerbock aus bekannten Gründen absolut enttäuscht wurde. Diese wiederum scheuten sich die Linken Trotzkisten zu wählen. CDU scheidet aus
da man Kings tickt. Somit ist die SPD das kleinere Übel und erklärt mir mich deren derzeitigen Höhenflug. Ob’s bis zur stärksten Fraktion reicht?
Am besten die Meinungsforscher fragen. Die wissen es mit absoluter Sicherheit. Und wenn sie irren, können sie ihren Irrtum wunderbar erklären.

Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Rob Schuberth | Fr., 10. September 2021 - 19:04

Um die CDU muss es wahrlich schlecht stehen, wenn diese AKK als Sturmgeschütz entdeckt.

Bin gespannt wann der 1. Rohrkrepierer kommt.
Denn das kann sie ja....Fettnäpfchen trifft sie gut.

Christoph Kuhlmann | Fr., 10. September 2021 - 19:06

Der linke Flügel schon- Leider hat AKK sämtliche Pluspunkte. die sie mit dem Berechtigten Hinweis auf die Drohnenlücke bereits wieder durch die Unterstützung des Vorschlages zum Aufbau einer schnellen Eingreiftruppe zunichte gemacht. Man hat gerade in Afghanistan gesehen, was solche Einsätze bringen. Afghanistan begann genau so, Schnell rein Bin Laden töten und wieder raus. Durchaus sinnvolle Aufgabe, aber als sie nicht erfüllt wurde der Einsatz dann zum Nation Building hochgejazzt. Mit dem bekannten Ergebnis. So ähnlich stelle ich mir das mit der schnellen Eingreiftruppe auch vor. Erst irgendein miss irgendein Diktator oder Terrorist weg und dann zieht sich das 20 Jahre hin mit den entsprechenden Opfern der Zivilbevölkerung durch Luftangriffe und verbündete Warlords, bis ein par Koranschüler die Oberhand behalten. Nun könnte man sagen die Regierung ist nicht so dumm. Doch sie ist es und AKK Lässt sich auch noch von England und Frankreich vor den politischen Karren spannen.

Enka Hein | Fr., 10. September 2021 - 19:50

..."ballert" los. Das hätte Sie mal vor 2 Jahren machen sollen. Aber auch wenn Sie gut argumentiert. Es ist zu spät.
Was wir da zur Wahl haben ist quasi die Resterampe. Und das was da verkauft wird braucht keiner wirklich.
Wir erinnern uns. Laschet ist in NRW nur dran, weil SPD und Grüne es dermaßen vergeigt haben. Nach verbrannter Erde blieb nur Laschet. Der hat sich damals ob seines Sieges auch gewundert.
AKK und CDU haben verloren.

Gerhard Lenz | So., 12. September 2021 - 10:46

Antwort auf von Enka Hein

Es kam in NRW zu einer liberal-konservativen Koalition, weil der Linken ein paar Stimmen zum Einzug in den Landtag fehlten - sonst wären CDU/FDP mit ihren 45% Wählerstimmen am Ende ohne Mehrheit gewesen.

Der Sieg Herrn Laschets war mit 33% kein glanzvoller, die 12% für die FDP wahrscheinlich nicht mehr als das übliche Zwischenhoch, das die Partei fast immer hat, wenn sie kurzzeitig aus der Versenkung auftaucht und manche Menschen in den Wirtschaftsliberalen komischerweise eine wählbare Alternative vermuten.

Nur nebenbei: Selbstverständlich liefen die Menschen nicht in Scharen zur rechtsextremen AfD über: Die erreichte im bevölkerungsreichsten Bundesland gerade mal 7,4%.

Stefan Forbrig | Fr., 10. September 2021 - 23:36

....aber die Krux ist doch die:
Kommt die CDU wieder in die Regierung, ob als kleiner oder großer Partner mit der SPD und der FDP und die Grünen sind draußen, wird sie sich nicht regenerieren können, weil wieder eine mehr oder weniger große GRoKo rauskommen wird.
Geht sie in die Opposition, wird sie sich zwar läutern MÜSSEN, aber wir haben entweder Rot/Grün/Dunkelrot(Supergau) oder Rot/Grün/Gelb(Gau) und wir haben die Grünen immer mit drin und werden damit irreparablen Schaden anrichten.
Es ist ein Trauerspiel.

Helmut Sandmann | Sa., 11. September 2021 - 06:58

Dass AKK von Fr. Merkel indirekt "entsorgt" wurde spricht fuer AKK. Mit dem von vdL heruntergewirtschafteten Verteidigungsministerium war sie ueberfordert, jeder andere haette sich da auch die Zaehne ausgebissen. Wenn AKK jetzt im Wahlkampf den Part Attacke uebernimmt spricht das fuer sie.

Norbert Heyer | Sa., 11. September 2021 - 08:33

Armin Laschet ist in einer völlig verzwickten Lage: Würde er jetzt Wahlkampf nach dem Motto Attacke machen, müsste er die Säulenheilige und ihre Katastrophen-Politik in Grund und Boden verdammen. Damit würde er sich aber selbst treffen, hat er doch -wie fast alle CDU-ler- alle ihre Entscheidungen kritiklos mitgetragen. Man muss bei ihm auf kleine Zwischentöne achten, z. B. in der Corona-Frage ist er nicht konform mit dem Kurs der Kanzler-Fans, Klima ist auch bei ihm ganz oben - aber ohne allzu große staatliche Vorgaben. Er ist m. M. nach ein guter Team-Player, die Regierung in NRW arbeitet geräuschlos. Andererseits - nach den schlimmen angerichteten Verwerfungen der Kanzlerin die Nachfolge anzustreben, befördert ihn auf einen Schleudersitz. Die Kanzlerin wird von den grünen Medien wegen ihrer Politik mit Nachsicht behandelt - auf die er aber nicht hoffen kann, wenn er real-konservative Politik durchsetzen will. Damit würde er schnell scheitern, keine leichte Aufgabe für den Ungeliebten

helmut armbruster | Sa., 11. September 2021 - 08:38

denn Scholz hat es wahrlich verdient und hat es bisher - in Nachahmung der Merkel-Taktik - sehr gut verstanden keine Angriffsfläche zu bieten.
Aber wieso erst jetzt?
Und warum hat sich AKK damals von Merkel so abservieren lassen? Damals hätte sie sofort zum Gegenangriff auf Merkel blasen müssen. Aber nein, passiv und ohne Gegenwehr hat sie sich kalt stellen lassen.
Jemand der so wenig Standfestigkeit gezeigt hat und vor Merkels anscheinender Macht nur gekuscht hat, zeigt jetzt plötzlich und unerwartet die Zähne.
Too late to cry baby!

Ernst-Günther Konrad | Sa., 11. September 2021 - 09:45

Ja, mag sein, dass AKK da mal Luft aus dem Rohr gelassen hat. Ja, sie hat die BW nicht herunter gewirtschaftet, die war schon von einigen ihrer Vorgänger mit Wissen und Wollen von AM in einen desolaten Zustand gebracht worden. Dennoch gehörte sie erst gar nicht da hin. Das weiß sie sicherlich inzwischen auch. Sie war Merkels Kanonenfutter, sonst nichts. Das sie jetzt Laschet unterstützt ist doch von einer CDU Ministerin zu erwarten und auch abzufordern. Sie hat fachlich argumentiert und Scholz, der von nichts eine
Ahnung hat, bei dieser Frage natürlich am wunden Punkt getroffen. Das reicht doch aber für Laschet nicht. Frau Prien aus SH verbietet sinnvoller Weise als KuMi das Gendern in ihrem Geschäftsbereich und äußert sich dann zur Wahlkandidatur von Maaßen derart parteischädlich als MItglied des Zukunftsteams von dem ich was sonst höre?
Eben. Nichts oder fast nichts. Das einzige was Scholz kippen könnte ist der neuerliche FIU Skandal. Aber auch das wird nicht richtig verwendet.