Anhänger des damaligen US-Präsidenten Trump stürmen am 6. Januar das Kapitol in Washington / dpa

US-Einschätzungen des Rückzugs aus Afghanistan - „Hört auf, die Welt zu belehren!“

Der Afghanistan-Krieg hat die Vereinigten Staaten mehr als zwei Billionen Dollar gekostet, die meisten Amerikaner befürworten deshalb den Rückzug. Doch die innere Spaltung der USA ist damit nicht überwunden. Mehr als die Hälfte aller Amerikaner sehen ihre eigenen Mitbürger als größte Gefahr für den heimischen „way of life“.

Autoreninfo

Gregor Baszak (Foto privat) ist Journalist, Autor und politischer Kommentator. Er arbeitet am English Department der University of Illinois at Chicago und publizierte unter anderem in American Affairs und der Los Angeles Review of Books.

So erreichen Sie Gregor Baszak:

Man musste im amerikanischen Diskurs schon lange suchen, um positive Reaktionen auf den chaotisch erscheinenden Truppenrückzug aus Afghanistan zu finden. Laut einer Umfrage der Trafalgar Group sind 69 Prozent aller Amerikaner unzufrieden mit Präsident Bidens Führung während der Krise. Selbst seine sonst so loyalen Parteikollegen innerhalb der Demokraten verurteilten die Art und Weise, wie der Rückzug als „Katastrophe“ verlief.

Und dennoch gab es auch Lob für Biden. Saagar Enjeti, Co-Moderator der populären Politsendung „Breaking Points“, nannte Bidens Stellungnahme vom vergangenen Montag „eine der mutigsten Reden eines amerikanischen Präsidenten in meinem ganzen Leben“. Der Außenpolitikexperte Richard Hanania gab Enjeti prompt Recht und beglückwünschte Biden für den „politischen Mut“, den er an den Tag gelegt habe. Auch andere Stimmen, fernab des kriegsfreudigen Mainstreams der Washingtoner Medien, lobten Biden für die „Besonnenheit“, die er mit seiner Verteidigung des Rückzugs an den Tag gelegt hätte. „Endlich” gebe es einen US-Präsidenten, der außenpolitisch „zurückhaltend“ agiere.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Enka Hein | So., 22. August 2021 - 12:50

..man redet von Bush, Trump und Biden.
Wo sind denn die Verwerfungen von Obama in diesem Afghanistan Desaster?
Obama wollte vor Trump abziehen. Die Afgh. Truppen ANA werden von der grünen Böll Stiftung so beschrieben:
"Gegenwärtig sind 70 Prozent der ANA-Rekruten Analphabeten denen es an den Fähigkeiten dazu mangelt, auch nur die einfachsten Befehle auszuführen. Weder hat die Armee ein vollständig ausgebildetes Offizierskorps, noch logistische Unterstützung, noch Sanitätskräfte, die ohne US-Unterstützung funktionieren. Bei den 93.000 Polizeirekruten sieht es noch schlimmer aus. Die Erwartung, dass die Regierung Karzai effektiver wird – nach einer höchst zweifelhaften Wahl und stetigen Berichten über Korruption und Unfähigkeit – ist nichts als ein frommer Wunsch."
Nichts hat Obama da unten gemacht. Aber das war ja der gute Schwarze.
Ausgewogener Journalismus geht anders.
Führen sie nicht Ciceroleser hinter die Fichte!
Das klappt nur beim ÖR oder MSM.

Ernst-Günther Konrad | So., 22. August 2021 - 17:48

Antwort auf von Enka Hein

Danke Frau Hein, dass Sie wenigstens den "jovialen, gut aussehenden, charismatischen" OBAMA nicht vergessen haben zu erwähnen. Irgendwie hat es Obama nicht in den Artikel von Herrn Baszak geschafft. Warum wohl? Obama schaffte sogar während seiner Amtszeit, den von Bush gehaltenen traurigen Rekord von 2662 Tage Krieg, in sieben anderen Ländern, um einen Tag zu steigern und dass, obwohl er angetreten war, die Kriege zu beenden. Guantanamo gibt es heute noch. Wurde medial nur inzwischen vergessen. Und was Sie über die afghanischen Soldaten und deren Polizei schreiben ist richtig, das hat mir ein Kollege schon vor Jahren bestätigt, der dort ausgebildet hat.
https://www.spiegel.de/panorama/krieg-barack-obama-ist-der-us-praesiden…
Um mir hier nicht wieder von einem gewissen Herren unterstellen lassen zu müssen, dass ich mich nur der "schlimmen" alternativen Medien bediene, habe ich mich des Relotius Blättchens bedient.

Zustimmung, werte Frau Hein.
Heute gab es immerhin mal eine Perle der Ehrlichkeit.
Im Presseclub auf Phoenix sprach die Journalistin, Frau Hasrat-Nazimi offen darüber, dass es nicht 300.000 Soldaten wären, sondern wohl eher 50.000.

Und durch die starke Korruption wären die z. T. noch nicht einmal grundversorgt worden (Nahrung, Munition), denn die vielen Hilfsgelder (in Mrd.höhe) seien in den Taschen einiger Stammesführer u. ä. geflossen.

Dadurch fehlte es diesen Soldaten dann auch am Willen für solche korrupten Leute in den Kampf zu ziehen u. evtl. das eigene Leben zu opfern.

Nat. lenkte der Herr Schönenborn sogleich die Debatte in eine ganz andere Richtung, aber diese Wahrheit war raus.

@Enka Hein, kann Ihnen nur in allen Punkten zustimmen, das gleiche gilt für
@Ernst-Günther Konrad. Ihre sehr guten Kommentare ersparen mir den meinen.

Rob Schuberth | So., 22. August 2021 - 13:23

Die Headline, "Hört endlich auf die Welt zu belehren" ist richtig, auch wenn sie m. E. viel zu spät kommt.

Ich hätte sie leicht anders formuliert:
"Hört endlich auf die Welt belehren zu wollen"

Denn diese Erkenntnis/Forderung gilt nicht nur für die USA, sondern für den gesamten sogn. Westen.

Denn der hat schlicht gar nicht das Recht anderen Ländern die "westl. Werte" aufoktroyieren zu wollen. Das muss scheitern.

Wandel muss immer aus der jeweiligen Bevölkerung heraus geschehen.
Nicht von außen.

Wenn jetzt einige NGOs z. B. in Afghanistan weiterhin etwas für die Frauenrechte u. ä. tun wollen, so ist das deren Sache und ok.

Aber deren MA sollten nicht nicht unserer Hilfe rechnen wenn es für sie brenzlig werden sollte.

Auch NGOs müssen lernen eine Sache bis zum Ende zu bedenken.
Analog zur sogn. Seenotrexxung im MM, wo sie die Menschen einfach bei uns abladen anstatt sich wirklich um deren Not zu kümmern.

Christoph Kuhlmann | So., 22. August 2021 - 13:44

"Die Amerikaner" sollen aufhören zu versuchen die Welt nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Das war nicht Amerika, sondern wieder diese Melange aus Moral und Kapitalinteressen, die vom Afghanistankrieg profitierten. Das Meiste dieser 2 Billionen Dollar landete ja wieder in den Taschen amerikanischer Firmen. Es bleibt abzuwarten ob die Biden-Administration ähnliche Summen wie für die Infrastruktur in die Überwachung freier Amerikaner ausgibt. Ich sehe hier Defizite bei der Ausbildung der Polizei. Die immer wieder zu überflüssigen Todesfällen bei der Verhaftung von Menschen führt, denen kein schweres Verbrechen zur Last gelegt wird. Da es sich bei den Opfern staatlicher Gewalt primär um schwarze Staatsbürger handelt und die sogenannten No Go Areas oft von Minderheiten bewohnt werden, gibt es hier zahlreiche Ansatzpunkte für konstruktive Lösungen jenseits der Repression.

Andre Möller | So., 22. August 2021 - 14:47

es ist ja schon länger zu beobachten, dass die US-Gesellschaft ein tiefliegendes Problem mit sich selbst hat - wie fast alle westlichen Laänder in Europa auch. Trump war und ist ein Symptom der Umstände in den USA, aber nie deren Ursache. Die USA haben aus ihrem Status der übriggebliebenen Supermacht nach 1990 nichts gemacht. Ich bezweifle, dass das Establishment in den USA die richtigen Schlussfolgerungen aus ihrem multiplen Scheitern ziehen wird - in Europa wird es ähnlich sein. Das hat der Autor ganz richtig erkannt, jetzt ist der innere Feind an der Reihe: wir leben in Vor-Bürgerkriegszeiten...

Gisela Fimiani | So., 22. August 2021 - 14:55

Lange vor Biden war und ist es das „woke“ amerikanische Milieu, das sich als global(sic) gut-menschlich geriert, das in überheblicher Selbstgerechtigkeit und totalitärer „Banalität“ des Guten und Gerechten, im Begriff ist, die „Banalität des Bösen“ zu übertreffen. Es ist die „woke“ Ideologie, die politisch-gesellschaftlichen Vorrang beansprucht, diesen mit Pseudowissenschaftlichkeit und rigorosem Moralismus erfolgreich voranzutreiben versteht. Die Besitzer des neuen ideologisch geschaffenen und fanatisch verteidigten Suprasinns, der die „beste“ Moral kennt, kann sich nun zweifelsbefreit über alle als „deplorables“ erkannten Mitmenschen hinwegsetzen. Die zu erwartende Reaktion der „Verachteten“ droht nun, unter einem schwachen Biden, das Land endgültig zu zerreißen. Im Gegensatz zu den USA, verzichtet man in Deutschland auf Widerstand und hat sich der Transformation zum „neuen, besseren Menschen“, dem neuen „wissenschaftlichen“ Determinismus bereits unterworfen. Innen führt zu Außen-.

und Sie sagen es sogar besser, als ich es formulieren könnte.
Der Westen ist in Auflösung.
Die Divergenz nach Brexit beginnt östlich der D-Grenze.
Dass eine Autistin (Empathieunfähige) eine Bewegung (f4f) anführt/manipuliert, ist der blanke Beweis dafür, wie der Westen in Dekadenz abgerutscht ist u. D am weitesten auf der Absturzklippe steht.
In einigen "Kulturen" redet man schon, Europa von den Deutschen zu befreien, um den Kontinent vor der massiv-invasiven Überfremdung zu schützen.
Es wird an sich kein Problem sein, denn die D-Mehrheit denkt ähnlich oder aufhörte bürgerlichen Widerstand zu leisten.
Die Ost-EU wird keine neue Migrationskontingente akzeptieren/aufnehmen. Am wenigsten nach D-Vorstellungen o. Ratschlägen.

Peter Sommerhalder | So., 22. August 2021 - 15:03

die massive Polarisierung der US-Gesellschaft scheint ungestört voranzuschreiten."

Und wie sieht es diesbezüglich in Deutschland damit aus...?

Eben...

In Deutschland ist man ja mittlerweile tatsächlich schon so weit, dass man sogar die Sprache, die Gesundheit und das Wetter dazu nutzt um die Gesellschaft zu spalten.
Und das übertriebene Zulassen einer muslimischen Einwanderung gibt es ja auch noch...

Das Ganze scheint mir recht unvernünftig zu sein...

Gerhard Lenz | So., 22. August 2021 - 20:33

Antwort auf von Peter Sommerhalder

Doch wohl eher jene, die nicht bereit sind, sich demokratischen Spielregeln zu fügen, gewählte Politiker als Volksverräter beleidigen (und bedrohen), das Land als verkommen beschreiben und sämtliche Gewalten nur noch als Lakaien einer rot-grünen Ideologie diffamieren, mit irgendwelchen Dunkelmännern im Hintergrund.

Oder jene, die sich nicht mal den Entscheidungen oder Urteilen der Rechtsprechung beugen - und für sich als Staat im Staate ein Widerstandsrecht beanspruchen - siehe Querdenker.

Aber was heißt hier spalten! Die AfD hat gerade mal 12,6% bei der letzten Bundestagswahl erreicht, und man darf optimistisch sein: Nachdem die Rechtsextremisten in Rhld-Pfalz und BW ein Drittel ihrer Stimmen verloren und auch in S-A Einbussen erlitten (statt stärkste Partei zu werden) stehen die Chancen auf Verluste bei der Wahl im September gut.

Genauso wenig stellvertretend für die Deutschen sind übrigens die Foristen hier, die so tun, als stünde die sozial-nationale Revolution kurz bevor...

... dann schauen Sie sich doch einfach mal das Geschehen um das Thema "Covid-Impfung" an.
Wer grenzt denn dort die Nichtgeimpften aus? Schon bei der Antwort auf die Frage nach der Personengruppe, die durch die Nichtgeimpften gefährdet werden, fehlt es an Seriosität. Genau genommen sind es nur die Ungeimpften!

Dennoch sind Politik und ganz vorn. als deren Herolde, die Medien dabei, die Nichtgeimpften als die größten Gesundheitsgefährder in unserer Bevölkerung darzustellen.

Jeder der diese Schwarz-Weiss-Denke in Frage stellt wird in die Schublade der Querdenker sortiert und sozial ausgegrenzt.

Jeder Gastronom, der nur noch Geimpfte in seinem Lokal begrüßen will, wird in den Medien gefeiert. So ein Quatsch!

Und Sie behaupten ernsthaft, dass es in diesem Land nur jene spalten, die diese Regierung und Teile der Verwaltungsjustiz bis hin zum BVerfG kritisieren?

Genau das ist ja die hochinteressante Frage.

In Deutschland ist irgendwie alles alternativlos. Die "richtige" Meinung ist
in Deutschland gegeben und jegliche Abweichung dieser Meinung ist schlecht.

In Deutschland ist das debattieren leider verloren gegangen...

Armin Latell | So., 22. August 2021 - 17:39

haben die Amerikaner ihre Finger fast in jeder Krisenregion mit drin, wenn sie nicht sogar ursächlich für die Krisen sind. Der „tiefe Staat“ hat schon lange ein unkontrolliertes Eigenleben entwickelt, unter dem Deckmantel von zur „Demokratie“ missionieren wird politischer Kolonialismus betrieben, Hauptsache der Rubel rollt, Abenteuer werden ausschließlich in Gegenden bestritten, in denen Menschen mit anderen kulturellen Eigenschaften leben, wirtschaftliche und militärische Macht sind nur ein Teil des Systems „regime change“ oder „nation building“. Die Kosten haben immer die Europäer zu tragen, Irak, Syrien, Libyen, Ukraine. Vor der eigenen Haustüre: Kuba, Venzuela, Nicaragua u.s.w. Rammstein haben es in ihrem Lied „Amerika“ perfekt beschrieben. Mit China haben sie endlich einen ebenbürtigen Gegner gefunden, den sie aber selbst erst groß gemacht haben, wie so oft.

Detlev Bargatzky | Mo., 23. August 2021 - 08:54

... auch mal nachgefragt, was die Amerikaner und ihre Nachplapperer unter dem Terminus "way of life" verstehen?

Ich glaube nicht, dass dieser Begriff, dem ich für die 60er und 70er Jahre bestimmte Vorstellungen zuordnen kann, diese auch in den 90ern oder auch ab 2001 repräsentieren soll.

Was also ist der "american way of life 2021+"?