Menschen mit Masken stehen Schlange für die Corona-Impfung
Corona-Impfungen sind in Australien noch etwas, wofür man stundenlang Schlange steht wie in einem Park in Sydney / dpa

Die drei größten Städte Australiens im Lockdown - Impfkampagne läuft wie die „Hunger Games“ 

Australien kämpft gegen einen Ausbruch der Delta-Variante. Inzwischen sind Sydney, Melbourne und Brisbane im Lockdown. Vor allem in Sydney häufen sich Infektionen und Todesfälle. Nachdem nur wenige bisher geimpft sind, ist der Ansturm auf die Impfzentren groß. Manche vergleichen die Jagd nach der Spritze bereits mit den „Hunger Games“.

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Barbara Barkhausen arbeitet als Australien-Korrespondentin für TV-Sender, Radiosender und Zeitungen in Sydney. 

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Während in Deutschland inzwischen täglich ungenutzte Biontech/Pfizer-Impfdosen weggeworfen werden müssen, ist der Ansturm auf Impftermine in Australien so groß, dass manche diesen bereits mit den „Hunger Games“ vergleichen, einem Hollywood-Blockbuster, in dem das gemeine Volk täglich ums Überleben kämpfen muss. Nachdem die Regierung die Impfkampagne eher langsam anlaufen ließ, sind bisher nur knapp 17 Prozent der 25 Millionen Australier geimpft.

Dass Australien sich mit seiner Impfkampagne so viel Zeit gelassen hat, liegt daran, dass der Inselstaat dank geschlossener Grenzen und strenger Quarantäneregeln 2020 von der Pandemie weitestgehend verschont geblieben war. Nach einem siebenwöchigen Lockdown im April und Mai 2020 hatte nur Melbourne noch mit einem größeren Ausbruch über die Wintermonate gekämpft. Alle anderen Cluster hatte das Land mit Kontaktverfolgung über Apps und mit drei- bis fünftägigen Blitzlockdowns erfolgreich bekämpft. Gerade mal 30.000 Infektionen und knapp über 900 Tote waren eine deutlich bessere Bilanz als in anderen westlichen Ländern. Über Monate hinweg war das normale Leben bereits wieder zurückgekehrt – über die Pandemie hörte man nur noch in den Auslandsnachrichten.

Delta-Mutante offenbart Regierungsfehler

Doch seit sich die Delta-Variante im Juni in Sydney eingeschlichen hat und trotz strengen Lockdowns weiter ausbreitet – inzwischen sind auch Melbourne und Brisbane im Lockdown –, hat sich das Blatt gewendet. Plötzlich wird offensichtlich, dass die Regierung zu wenig und zu spät reagiert hat. Von den ursprünglich drei Impfstoffen, auf die Australien setzte, sind bisher nur ausreichend AstraZeneca-Dosen im Land. Der Biontech/Pfizer-Impfstoff ist dagegen rar, und Termine sind über Monate hinweg ausgebucht. Der dritte Impfstoff Novavax ist weder zugelassen noch bisher im Land.

In Sydney, wo derzeit täglich über 200 Neuinfektionen gemeldet werden und die Todeszahlen stetig höher klettern, sind die Stadtteilseiten auf Facebook inzwischen voll mit Hilferufen. „Wer weiß, wo ich mich impfen lassen kann?“ oder „Welche Klinik hat noch Termine?“ Zusätzlich zum Terminmangel und einer teils verwirrenden Kommunikation über das AstraZeneca-Vakzin und die damit verbundenen Nebenwirkungen haben einige recht spontane Entscheidungen zu Ärger in der Bevölkerung geführt. So sollen sämtliche Abiturienten in den am schlimmsten betroffenen Stadtteilen im Westen von Sydney geimpft werden. Hinter der Idee steckt, zumindest den Präsenzunterricht für die zwölfte Klasse wieder aufnehmen zu können und so die Abschlussprüfungen nicht zu gefährden. Doch aufgrund des Biontech/Pfizer-Mangels mussten die entsprechenden Dosen dafür von der Bevölkerung auf dem Land abgezogen werden.

„Jagd“ nach dem Impfstoff

Belinda Pigram aus Newcastle, etwa zwei Stunden nördlich von Sydney, hatte ihren Impftermin beispielsweise bereits vor sieben Wochen vereinbart. Doch zwei Tage vor dem Termin erhielt sie eine Nachricht, dass ihr Termin abgesagt sei, wie sie im Interview mit dem australischen Sender ABC schilderte. Sie erhielt eine Telefonnummer, die sie anrufen sollte, doch als sie endlich bei jemandem durchkam, hieß es, man sei über die Stornierungen nicht informiert worden. Schließlich sollte sie eine weitere SMS mit einem Prioritätscode für die Umbuchung erhalten, aber auch der kam nie an.

Als sie dann erfuhr, dass ihr Impfstoff an Abiturienten in Sydney weitergeleitet worden war, sagte sie, sie habe sich wie in der fiktiven Buch- und Filmreihe „The Hunger Games“ (oder auf Deutsch „Die Tribute von Panem“) gefühlt. Pigram verglich die „Jagd“ nach dem Impfstoff damit, „als würden wir dem Kapitol zuschauen, und District 12 hat es verpasst“. Eine ähnliche Anspielung hatte selbst Brad Hazzard, der Gesundheitsminister des Bundesstaates New South Wales, in dem Sydney liegt, Anfang Juli gemacht. Wie gefährlich es sein kann, bestimmte Regionen zu bevorzugen, zeigte sich zudem am Donnerstag. Denn neben Melbourne meldete auch die Region in und um Newcastle, in der Pigram lebt, neue Covid-19-Infektionen und musste spontan in einen Blitzlockdown gehen.

Menschen müssen „Opfer bringen“

Zuvor hatte Gladys Berejiklian, die Ministerpräsidentin von New South Wales, noch betont, dass alle derzeit „Opfer bringen“ müssten. Wenn nun einige Leute ein paar Wochen länger auf ihre Biontech/Pfizer-Dosis warten müssten, dann seien sie bestimmt bereit dazu, meinte sie. Doch nicht alle Bürger teilen die Meinung der Politikerin bei diesem Thema: „Ich bin wirklich wütend, weil wir während der Pandemie die ganze Zeit das Richtige gemacht haben“, sagte Kerryn Tippett beispielsweise, deren Mann eine Autoimmunkrankheit hat. Außerdem würde einem dauernd gesagt werden, man solle gehen und sich impfen lassen. „Und wenn man sich dann impfen lassen will und es geht nicht, dann ist das frustrierend“, meinte sie.

Neben dem Kampf um den Impftermin geht es auch um den verfügbaren Impfstoff. Das AstraZeneca-Vakzin sollten eigentlich nur die über 60-Jährigen erhalten, nachdem mehrere Menschen an den seltenen, aber gefährlichen Blutgerinnseln, die als Nebenwirkung auftreten können, gestorben sind. Erst am Donnerstag wurde der Tod einer 34-Jährigen gemeldet, der siebte Todesfall in Australien, der sich auf den Impfstoff zurückführen lässt. Doch aufgrund der steigenden Infektionszahlen wurde der Impfstoff nun für alle Personen ab 18 Jahren freigegeben. Doch viele bleiben skeptisch: So ergab eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage, dass 47 Prozent der Menschen, die bisher nicht geimpft wurden, Biontech/Pfizer nehmen würden, nicht aber AstraZeneca.

Premierminister lehnt Geldzahlungen ab

Der Oppositionsführer der Sozialdemokraten, Anthony Albanese, schlug deswegen bereits vor, jedem, der bis zum 1. Dezember vollständig geimpft ist, 300 Australische Dollar oder umgerechnet knapp 190 Euro zu schenken. Doch Premierminister Scott Morrison lehnte den Vorschlag ab und sagte, er sei „ein Misstrauensvotum gegen die Australier“. „Glauben wir wirklich, dass Australier jüngeren Alters sich weniger für ihre eigene Gesundheit, die Gesundheit ihrer Familien und die Gesundheit der Gesellschaft einsetzen als die Älteren? Natürlich nicht“, sagte er. Das Ganze sei „keine Spielshow“, betonte der liberal-konservative Politiker. Es sei wichtig zu respektieren, wie die Australier mit diesem Prozess umgehen würden. Wenn sie bei Impfstoffen zögerten, werde er sie nicht mit Geld überreden. Stattdessen werde er „einen Hausarzt dafür bezahlen, dass er sich mit ihnen zusammensetzt und ihre Bedenken durchspricht“.

Ob Morrisons Strategie funktioniert, werden die kommenden Wochen zeigen. Sydney ist bereits die sechste Woche im Lockdown, Melbourne verkündete am Donnerstag die sechste Ausgangssperre seit Beginn der Pandemie, und auch Brisbane und Umgebung kämpfen mit strengen Restriktionen gegen einen ernst zu nehmenden Ausbruch der Delta-Variante. Immerhin werden diesen Monat noch 185.000 frische Biontech/Pfizer-Dosen für Sydney erwartet – angesichts der Millionen ungeimpften Menschen allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

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Jens Böhme | Do., 5. August 2021 - 11:29

Durchseuchung mit Immunität durch restriktive Total-Lockdowns. Das funktioniert nicht mal mit debiler Logik.

Rob Schuberth | Do., 5. August 2021 - 13:28

Leider überwiegen bei uns - unter dem Rest der noch nicht Geimpften - die Skeptiker.
So zumindest nehme ich es auch den div. Medien wahr.

Daher wünsche ich mir den o. g. Ansturm auch für unser Land.

Mit dummen Sprüchen ist uns jedenfalls absolut nicht geholfen.
Aber einige können wohl nur das.

Ihrer Erwiderung, werter Herr Baumschlager, kann ich zustimmen und streiche daher den Skeptiker und ersetze ihn durch den >>Anhänger von Verschwörungsmythen<< (~theorien ist viel zu hochgegriffen und daher unpassend).

aber begründete Skepsis und Sorge:
"Die Kinderimpfung und die Propaganda!" Kritische Talk-Runde zur COVID-19-Kinderimpfung und den aktuellen Problemfeldern der neuen Impfstoffe mit Prof. Andreas Sönnichsen, Prof. Christian Schubert, Dr. Roman Braun und Clemens Arvay. Alle vier sind Väter sowie öffentliche Kritiker der experimentell zugelassenen, genbasierten Impfstoffe gegen SARS-CoV-2.
https://www.youtube.com/watch?v=LdkG9qZH7ro

„Wenn man sich die gängigen Medien anschaut, die auch in der Ärzteschaft gelesen werden, dann ist das ja alles voll mit Propaganda, da sind keine wirklich sachlichen Informationen und die kritischen Informationen werden ausgeblendet beziehungsweise gebasht.“ (Zitat von Dr. Sönnichsen aus dem Talk)

Lieber Herr Schuberth. Wir beide sind uns in vielen Dingen oft gleich oder ähnlich in der Bewertung. Beim Thema Impfen und Pandemie ist das nicht der Fall. Das ist auch nicht schlimm. Wenn Sie das Pandemiemärchen glauben und vom Impfen überzeugt sind, habe ich persönlich überhaupt kein Problem. Bislang haben Sie immer sehr umfangreich und argumentativ agiert. Auch Ihre letzte Kritik an meiner Begrifflichkeit "Hamsterrad" haben sie sachlich bewertet. Nur, welche dümmlichen Sprüche meinen Sie? Doch sicherlich, die der Mitforisten. Sind bei Ihnen Skeptiker "dümmlich"? Ja, Sie dürfen gerne auf den großen "Impfstoffansturm" hoffen. Der wird aber ausbleiben, auch wenn Druck erzeugt wird. Wer Impfgegner ist, so wie ich, wer nur in diesem konkreten Fall nur Skeptiker ist und ablehnt, hat eine innere Überzeugung. Die kann richtig, die kann falsch sein. Wir sollten uns aber nicht auf Lenz‘sches Sprachniveau begeben, sondern so, wie Sie das sonst auch immer tun, respektvoll anderen begegnen.

Erwischt, so hätte ich es auch angehen können, denn in der Tat war m. erster Kommentar reichlich unüberlegt, sondern eher "so aus dem Bauch heraus" geschrieben worden.

Es freut mich, dass Sie dennoch, wo wir mal in einem Thema andere Meinung sind, es geschafft haben auch Lob über mich zu schreiben. Dafür meinen Dank.
Den ich an dieser Stelle, auch für Sie und Ihre Art der Kommentierung, gerne hier öffentlich bekunde.

Ach so, die Aufklärung noch.
Damit habe ich auf NUR den 1. Komm. reagiert. Damit waren u. sind keine anderen Komm. u. Mitforisten gemeint gewesen.

Jochen Rollwagen | Do., 5. August 2021 - 14:09

Der erfolgreichste Weg ist - nachgewiesenermaßen - der schwedische: einfach laufen lassen. Keine"Maßnahmen" keine Lockdowns, keine Toten. Oder UK wo nach dem Freedom Day zur Verblüffung der " Experten" keine Leichenberge sich stapeln sondern die"Infektionen" zurück gehen. Vielleicht ist das den "Experten" so peinlich daß in Deutschland jetzt anstatt dessen lieber die Kinder gespritzt werden.

Kai Hügle | Do., 5. August 2021 - 16:14

Antwort auf von Jochen Rollwagen

Schweden hat umgerechnet nach wie vor zehn Mal so viele Corona-Tote zu verzeichnen wie Norwegen und Finnland, weil es anfangs "einfach laufen" ließ. Tegnell selbst beurteilt den sog. "Sonderweg", der seitdem eingeschlagen wurde, völlig anders als Sie:

"Wir haben das gesellschaftliche Leben in Schweden in sehr großen Teilen heruntergefahren. Die Menschen haben ihr Leben stark verändert."

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/schweden-corona-tegnell-101.ht…

Die Zahl der Toten in Großbritannien hat sich in den letzten Wochen tatsächlich nicht signifikant erhöht. Das liegt an der Impfkampagne, deren Wirksamkeit die meisten Ciceronen trotz aller Belege mit einer Ignoranz bestreiten, dass einem die Haare zu Berge stehen!
Den Vogel schoss Frau Hein ab, die "Querdenker" mit Galileo verglich. Der dürfte in seinem Grab rotieren und sich fragen, ob sein Wirken nicht umsonst war, wenn 400 Jahre später vermeintlich "selbst Denkende" die Aufklärung in die Tonne treten.

Matthias Rentsch | Do., 5. August 2021 - 14:23

Was für ein Artikel!
Anscheinend blendet der Autor vollkommen aus wie die Lage derzeit wirklich ist. Gibraltar und Israel haben bei fast völliger Durchimpfung die meisten Krankheitsfälle!!! MRNA und Vector Injektionen haben eine etwaige Wirksamkeit von ca 30 bis 35 %.
Dafür glänzt die Injektion mit schweren bis tödlichen Nebenwirkungen. In der eigenen Verwandschaft gab es einen Todesfall, "zeitnah nach einer Impfung "wie die unverbindliche Beschreibung dieser Vorkommnisse gern betitelt wird. Der nach der Injektion verstorbene war 58 Jahre alt,gesund,nicht adipös und hatte in seinem Alter die Wahrscheinlichkeit von 0,00056 % an Corona zu sterben.

Jochen Rollwagen | Do., 5. August 2021 - 16:00

Antwort auf von Matthias Rentsch

gibt es mittlerweile verdammt viele davon.

Normalerweise wären diese "Impfstoffe" schon längst vom Markt genommen worden und hätten die Zulassung verloren.

Um "Gesundheit" ging es offensichtlich noch nie.

Christoph Kuhlmann | Fr., 6. August 2021 - 07:48

Ich bin sicher, in China ist die Lage nicht besser als in Australien. Doch niemand bestreitet, dass die Regierung dort die Lage fest im Griff hat, obwohl sie trotz zweier chinesischer Impfstoffe nun auch Biontech/Pfizer bestellt.