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Hubert Ulrich im Humpen in Saarlouis. Hier wirbt er seit vier Jahrzehnten Mitglieder für die Grünen / Oliver Dietze

Grüne im Saarland - Die letzte Schlacht

Im kleinen Saarland werden Grüne, Linke und AfD von Machtkämpfen zerrissen. Jetzt wurde den Saar-Grünen vorerst sogar die Zulassung zur Bundestagswahl verweigert. Im Zentrum steht eine Figur: der grüne Politveteran Hubert Ulrich.

Autoreninfo

Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Der „Panzer“ ist nervös an diesem sonnig-schwülen Julinachmittag vor der Saarlandhalle in Saarbrücken. Hubert Ulrich verhaspelt sich bei den scharfen Worten, die er in die ZDF-Kamera spricht. In diesen Minuten, das scheint er zu spüren, entgleitet ihm dort in der Halle die Partei, die er über drei Jahrzehnte lang geprägt und kontrolliert hat. „Was hier heute passiert, wird bundesdeutsche Geschichte schreiben. Mein Verständnis in die innerparteiliche Demokratie ist erschüttert“, sagt der 63-Jährige mit ernster Miene. „Diejenigen, die am lautesten nach Demokratie schreien, treten sie heute mit Füßen.“

Was nach AfD-Parteitag klingt, ist ein so unbedeutendes wie bedeutendes Ereignis: Die Grünen des Saarlands stellen an diesem Tag ihre Landesliste für die Bundestagswahl auf – zum zweiten Mal innerhalb eines Monats, diesmal aber ohne Ulrich und seinen übermächtigen Ortsverband Saarlouis. Sie besiegeln das Ende der politischen Karriere eines Mannes, den Gegner wie Fans ehrfürchtig „den Panzer“ nennen, endgültig. Aber was heißt im Falle Ulrichs schon endgültig? Im Juni hatten sie ihn noch auf Listenplatz eins gewählt, heute darf er nicht einmal mehr mitwählen. Auf Platz eins landet nun die 25-jährige Jeanne Dillschneider.

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Christoph Kuhlmann | Fr., 30. Juli 2021 - 18:59

interessierte Menschen lieber Zeitung lesen als sich den Parteien zur Verfügung zu stellen. In Kreisen, in denen der Begriff Netzwerker positiv konnotiert ist und die Praxis dieser Leute keine Wertkonflikte auslöst, möchten sich wohl viele nicht dauerhaft aufhalten.

Christa Wallau | Fr., 30. Juli 2021 - 19:14

findet anderswo genauso statt.
Wenn man (wie ich) mal ganz hautnah erlebt hat, wie der Kampf um politische Ämter abläuft, dann fällt man vom Glauben an die Parteien-Demokratie ab!
Hier wird mit härtesten Bandagen u. mit Tricks gekämpft, die man sich nicht ausmalen kann. Um zu Stimmenmehrheiten zu kommen, werden z. B. rechtzeitig Leute dafür bezahlt, daß sie in die Partei eintreten, damit man sie dann zur Abstimmung karren kann.
Es sind vielfach Studienabbrecher, beruflich Gescheiterte u. Frustrierte aus anderen Parteien, die sich zu Vorsitzenden u. Abgeordneten berufen fühlen. Sie "riechen" förmlich die Verdienst- u. Aufstiegs-Chancen, welche die Politik bietet: beste Alters-Versorgung bereits nach zwei Legislaturperioden, dotierte Nebenposten in Aufsichtsgremien, bezahlte Büros und Hilfskräfte, private Vorteile durch "Vernetzung" ...

Liebe Mitforisten: Bitte wundern Sie sich nicht mehr über unsere Abgeordneten - ob in Bund o. Land. Sie sind oft das Ergebnis einer Negativ-Auslese!

Als ich den 1990ern als Vorsitzender aller fünf Kitas und Vertreter des Schulelternbeirates bei etlichen Ausschusssitzungen in meiner Kommune als sog. assoziiertes Mitglied teilnahm, bekam ich erstmals Einblick in die Arbeit der Gremien und der Parteien. Man lernte die Ausschussmitglieder kennen, war ständig mit der Verwaltung und dem Bgm. in Kontakt, wurde hofiert, vertrat man ja indirekt Wählerstimmen der Bürger. Alles was Sie beschreiben, habe ich damals auch schon hautnah miterlebt. Drei Parteien warben um mich, weil ich mit den Eltern einiges erreichen konnte und dem Bgm. in unseren Themen durchaus ebenbürtig war. Diese Nähe erlaubte auch den Blick hinter die Kulissen. Grauselig. Widerlich. Da wurden gute Ideen blockiert, weil sie von den "anderen" kamen oder eigene ähnliche Vorlagen zwei Jahre vorher auch abgelehnt wurden. Persönliche Fehden wurden ausgetragen. Der heutige Bgm. ist der Schwiegersohn von F.-J. Jung, -Ex-Verteidungsminster. Er hat sogar seinen Vater im Amt beerbt.

... ja, die Eigennützigkeit riecht man bei vielen Politikern.

Roger Bacon, Franziskaner und Philosoph, sagte dazu:
„Eigennützigkeit ist in allen ihren Spielarten etwas Niederträchtiges. Sie ist die Klugheit der Ratten, die bestimmt ein Haus kurz vor seinem Einsturz verlassen; sie ist die Klugheit des Fuchses, der den Dachs vertreibt, der für ihn gegraben und seine Wohnstatt bereitet hat, sie ist die Klugheit der Krokodile, die Tränen vergießen, wenn sie einen verschlingen.“

für das ich mich herzlich bedanke.

Es ist diese von Bacon zutreffend beschriebene, schiere und niederträchtige Eigennützigkeit, die alle Bemühungen anderer Menschen boykottiert, die sich für das Wohl der Gemeinschaft einsetzen.
Und die Tragik besteht darin, daß die "Ratten, Füchse und Krokodile" niemals aussterben, sondern immer die Oberhand behalten werden.
Erst recht dann, wenn man nicht einmal v e r s u c h t, sie zu bekämpfen.!

Thomas Hechinger | Fr., 30. Juli 2021 - 19:28

Ein Sittengemälde.
Auf jeden Fall sind die Geschichten unterhaltsam. Ob sie Gesetzen zuwiderlaufen oder gar kriminell sind?

Mitglieder werben ist nicht verboten. Netzwerke spinnen ist auch nicht verboten. Aber ein Drittel der Delegierten vom Parteitag ausschließen? Selbst wenn es Zweifel an der korrekten Aufstellung dieser Delegierten gibt, geht das nicht. Dann hätte man eine Neuwahl der Delegierten durchführen müssen und den Parteitag aufschieben müssen, bis eine korrekte Delegiertenaufstellung erfolgt ist.

Karl-Heinz Weiß | Fr., 30. Juli 2021 - 19:35

Ein gelungenes Plädoyer für eine Neugliederung der Bundesländer. Ein Bundesland mit nicht einmal einer Million Einwohnern-und trotzdem ein politisches Tollhaus. Nichts ist unmöglich, zumindest im Saarland. Beneidenswertes Deutschland, das sich solche Realsatire leisten kann.

Rob Schuberth | Fr., 30. Juli 2021 - 21:55

Das ist wohl das Motto der Grünen.

Es genügt ihnen wohl nicht welchen Image-Schaden Annalena, die unfähige und völlig überbewertete "Spitzen"- Kandidatin zugefügt hat.
Jetzt muss es unbedingt noch eine Frau sein.

Gibt es da nicht schon so eine die von nichts eine Ahnung hat, aber sich mutig auf eine Bühne stellte...und keine einzige Frage beantworten konnte, aber immerhin eine Frau war*lol*
Habe da so ein YT Clip in Erinnerung.

Wunderbar das Ganze.
Die Grünen machen sich selber fertig...was ein Genuss.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 31. Juli 2021 - 09:39

Postengeschacher, Netzwerke zur Erreichung eigener Ziele, Machthunger, immer der Leader zu sein, dass prägt inzwischen alle Parteien ausnahmslos. Gerade auch Menschen ohne Bildungshintergrund, Looser im Alltag, Narzissten jedglicher Couleur zieht es in Parteien nicht der Sache wegen, sondern um schnell und sicher in ein Parteienamt zu kommen und danach den Weg in Landes- und Bundesparlamente zu gehen. Bildung, Charakter sind nicht mehr gefragt. Wer am lautesten schreit und keift ist der Macher. Es ist erschütternd, wie gierig die meisten sind und die Arbeit der wenigen Idealisten mit Füßen treten. Inzwischen wurde durch den Landeswahlausschuss die Landesliste der Grünen abgelehnt, weil 49 Delegierte bei der Wahl ausgeschlossen waren. Jetzt geht der Zinnober von vorne los. Hilfreich für die Partei sind solche Querelen sicher nicht und es offenbart all das, was kritische Wähler bei allen Parteien inzwischen sehen können. Es geht nur um Machtspielchen, Versorgung und Wähler Verar......g.

Gerhard Lenz | Sa., 31. Juli 2021 - 10:20

"Das Saargebiet"...so nannte man das heutige Saarland bis 1935. Mal wieder so ein Beweis, in welchen "Gedankenwelten" sich manche Foristen bewegen.

Aber das nur nebenbei. Und wahrscheinlich war auch das wieder "unangemessene" Kritik.

Ausgerechnet ein Herr Funke reklamierte hier jüngst "Zensurorgien"...Dabei liest sich zumindest das Forum hier wie ein permanenter AfD-Parteitag. Meine letzten Kommentare wurden allesamt nicht veröffentlicht. Nur nicht die Harmonie des rechten Randes stören? Sind schliesslich alles "verdiente" Leser...?

Egal, ab jetzt wird das Forum ein ganzes Stück weniger "mainstreamig". Die Eine und den Anderen wird es zweifellos freuen!

Aber was schreib ich hier überhaupt...wahrscheinlich verschwindet auch dieser Kommentar im digitalen Mülleimer.

Peter Sommerhalder | Sa., 31. Juli 2021 - 18:38

Antwort auf von Gerhard Lenz

denn ich hatte das Gefühl, dass es Ihnen in der Rolle
"Einer gegen Alle" gefallen hat...

Rob Schuberth | Sa., 31. Juli 2021 - 19:10

Antwort auf von Gerhard Lenz

...werter Herr Lenz, falls Sie wirklich dieses Forum verlassen werden (was ich Ihnen nicht abnehme).

Übrigens auch meine Komm. werden zu mind. 30 % nicht freigeschaltet.
Und wo wir gerade dabei sind.

Der Umstand, dass es hier teils tagelang dauert bis Komm. erscheinen, nimmt jede Möglichkeit eines echten Diskurses.

In anderen Foren kann ich nahezu in real time mit anderen TN schreiben und mich austauschen.

Fritz Elvers | Sa., 31. Juli 2021 - 20:16

Antwort auf von Gerhard Lenz

Ihre Stmme wird gebraucht. Die Cicero-Redaktion ist ganz sicher nicht AfD-lastig. Die AfD-lastigen Kommentare sind auch nicht immer für die Tonne. Z.B. ist Herr Muhlack ein scharfer Beobachter, der mit viel Ironie so einige Absurditäten auf's Korn zunehmen weiß. Schon für ihn lohnt sich das Abonnement.

Tomas Poth | Sa., 31. Juli 2021 - 21:35

Antwort auf von Gerhard Lenz

.... Hr. Lenz, warum?
Wer austeilt muß auch einstecken können oder die Kanzlerin sagt, man kann seine Meinung sagen muß aber auch den Gegenwind aushalten.
Leider enthalten die meisten ihrer Beiträge nur bashing der anderen Foristen und reine Anti-Haltung, fast gegen das gesamte Forum.
Beehren Sie uns mit mehr Fakten und schlüssigen Darstellungen, statt den "Weißen Ritter" gegen das von Ihnen anscheinend so verstandene "üble Schwarze" des Cicero und seinen Foristen zu spielen.
Das schlüssige Argument ist beeindruckender als alles andere.