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Focht man früher Kämpfe „international“ aus, ficht man heute „intersektional“ Foto: Jan Woitas/dpa

Identitätspolitik - Der Opferwettstreit

Vor lauter Opfern ist die reale, vielfältige Gesellschaft bloß noch schemenhaft zu erkennen. Doch kann eine freie, demokratische und pluralistische Gesellschaft nur erfolgreich bestehen, wenn Bürger sich als selbstbewusste Subjekte der res publica begreifen und nicht als Objekte eines von Staats wegen betreuten Lebens.

Autoreninfo

Reinhard Mohr (*1955) ist Publizist und lebt in Berlin. Vor Kurzem erschien sein Buch „Deutschland zwischen Größenwahn und Selbstverleugnung. Warum es keine Mitte mehr gibt“ (Europa Verlag, München).

So erreichen Sie Reinhard Mohr:

Der Streit über „Cancel Culture“, „strukturellen Rassismus“ und Anti-Diskriminierungspolitik tobt seit Monaten. Jetzt hat ihn auch der Spiegel entdeckt und in gewohnt dezenter Aufmachung zur Titelgeschichte des neuen Hefts erhoben: „Aufstand gegen den alten weißen Mann. Gendersprache, Quoten, Tabus und Identitätspolitik: Fortschritt oder neue Ungerechtigkeit? Kulturkrieg statt Klassenkampf?“

Wie so oft laviert die Erzählung des Nachrichtenmagazins, in der Sahra Wagenknechts Bestseller „Die Selbstgerechten“ zum Fixstern der Kritik an der woken „Lifestyle“-Linken gemacht wird, zwischen Pro und Contra, einerseits, andererseits, am Ende in ein versöhnliches Sowohl-als-auch mündend.

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Karl-Heinz Weiß | So., 11. Juli 2021 - 17:18

Trotz der exponentiell zunehmenden Kirchenferne ist die Geschichte der Erbsünde offenbar nicht auszurotten.
Hoffentlich fällt dieser Medienhype nach der Bundestagswahl in sich zusammen. Die Krönung der momentanen Opferhysterie ist das bedingungslose Grundeinkommen: der Staat hat zu leisten-nicht ich. Berlin ist bald überall!

Edit Szegedi | So., 11. Juli 2021 - 17:31

Laurel Hubbard, aus einer weissen und wohlhabenden Familie stammend, hat eine Eingeborene aus bescheidenen Verhaeltnissen von der Olympimannschaft verdraengt. Das wurde gehoerig als besonders progressiv gefeiert, denn Hubbard ist Transfrau. Nun, den Sieg von Hubbard kann man auch aus dieser Perspektive sehen - Gender schlaegt Rasse und KLasse.

Walter Bühler | So., 11. Juli 2021 - 17:44

In der degenerierten "politischen" Debatte unserer Tage geht es auch nach meinem Eindruck fast nur noch darum, "immer neue Antidiskriminierungsregelungen zu erfinden, denen ein ganzes Heer von Gleichstellungsbeauftragen, Gender-Spezialisten und Gesinnungs-Kontrolleuren auf dem Fuße folgt. Es sind allesamt Opferbeauftragte, die ebenso gut beim Paritätischen Wohlfahrtsverband arbeiten könnten, dessen Geschäftsmodell ja auch darin besteht, immer neue Opfergruppen zu entdecken – auf Kosten eines Sozialstaats, der jetzt schon ein Drittel der Wirtschaftsleistung in Deutschland beansprucht."

Die Beteiligung an dieser Ausplünderung des Staates ist jedem Dummkopf möglich, wenn er nur die richtige Parole brüllt. Die rigide Personalpolitik, die solche unqualifizierten Personen bevorzugt, ruiniert die Arbeitsfähigkeit des ÖD endgültig.

Vielen Dank, Herr Mohr, dass Sie Ihren Namen behalten haben! Das ist im Berliner Sumpf der Mohrenstraße-Umbenennung nicht selbstverständlich!

Andre Möller | So., 11. Juli 2021 - 17:51

resp. geschrieben. Danke! Eigentlich selbstverständlich, aber heutzutage und hierzulande muss man lange suchen, um bei öffentlichen Dingen Vernunft walten zu sehen. Ein paar Sätze können dieses ganze Voodoo-Gedankengebäude entkleiden. Aber ich fürchte, die, die es betrifft sind immun gegen Logik und Vernunft: Weil man sie läßt, sie vom Steuerzahler gut gefüttert werden und Kollaborateure (willige Helfer) in Politik und Medien haben. Aber scheitern muss es doch letzendlich - oder sollte der Weltgeist doch tot sein?

Manfred Sonntag | So., 11. Juli 2021 - 18:22

Herr Mohr, Sie sprechen bzw. schreiben mir aus dem Herzen. Orwells "1984" ist leider allgegenwärtig. Was sich hier abspielt, dass ist die Einkesselung und Inhaftierung breiter Bürgerschichten in die virtuellen Gulags der Unmündigkeit durch die woken Blockwarts der Parteien und Mainstream-Medien. Damit werden Abhängigkeiten geschaffen, welche einen selbstbewussten Ausbruch aus dieser Unfreiheit fast unmöglich machen. Es geht um nichts anderes als um Macht, um Macht über unserer Identität, unsere Gedanken, unsere Ziele und Wünsche. Ein selbstbestimmtes Leben der Bürger ist für die »Gedankenpolizei« Hochverrat.
Das hat auch nichts mit links zu tun. Das ist erzreaktionär und schützt entsprechend Nancy Frasers Ausführungen das "Doppeldenk". Es ist der Vorhang für die Machtübergabe der Politik an die postindustriellen Unternehmen. Das freieste und liberalste Staatswesen was es je auf germanischem Boden gab wurde seit 2005 schrittweise abgeschafft.

Gisela Fimiani | So., 11. Juli 2021 - 19:52

Das Elend des paternalistischen „Wohlfahrtsstaates“ besteht darin, dass dieser „verwöhnte Kinder“ hervorbringt, die von Beruf „Söhne“ und „Töchter“ werden. Wer nicht erwachsen wird, erjammert von Vater (Mutti) Staat die totale Versorgung - vor allem die Versorgung mit Wohlgefühl. Sollte das „Faulbett“ nicht nicht zur Verfügung gestellt werden, schlägt das Gejammer in Wutgeschrei um. Eltern kennen das…..

Maria Arenz | So., 11. Juli 2021 - 20:43

Europäische Hochkultur konnte sich nur entwickeln, weil es bereits im ersten Jahrtausend gelungen war, Clan und Stammeswesen den Zahn zu ziehen. Und jetzt sind wir auf dem besten Weg, das Erreichte zu zerstören. Statt Goten, Kelten , Sachsen etc. bekämpft jetzt eine geschichtsblinde, wohlstandsverwahrloste, sich selbst auf alle möglichen Opfer-Identitäten reduziernde Bagage das Fundament unserer Gesellschaft. Jedes "Opfer" ist eben zuerst einmal Bürger eines Gemeinwesens und als solcher darauf angewiesen, daß die ALLE betreffenden Aufgaben des Staates leidlich erledigt werden. Außenpolitik, Innere Sicherheit, technische Insfrastruktur, Bildung , Gesundheit, Steuern einsammlen etc. Auf dieses wahrlich nicht triviale Aufgabenpaket nun immer mehr persönliche Befindlichkeitsstörungen draufzusatteln und die Verantwortung dafür beim Staat abzuladen, macht ihn kaputt. Das Ergebnis dieser Retribalisierung kann im Gorilla-Gehege besichtigt werden: Das Recht des Stärkeren.

Ja, liebe Frau Arenz, nachdem alles aufgebaut und trefflich "eingerichtet" ist,bleibt unserer Jugend nur noch der Kampf ums neueste Smartphone. Jugendliche müssen und können nichts mehr beweisen. Eltern und Großeltern waren immer schon vorher da, waren taffer, waren ausgeflippter, tüchtiger, erfolgreicher. Haben sie deshalb so eine Wut auf den "alten weißen Mann"? Evtl. müssen sie deshalb den aufgebauten Wohlstand, die Infrastrukturen und die Sicherheit zerstören? Womöglich tut ihnen unsere Fürsorge und diese künstliche Verlängerung ihrer Kindheit nicht gut? Womöglich sollten wir damit aufhören ihre Probleme zu lösen - auch die finanziellen und materiellen. Und zwar bevor es zu spät ist.

... sind doch selber schuld! Aus welchen Grund bitte, sollen "die Kinder es einmal besser haben als wir"? Da geht es doch schon los! Uns fehlt es doch an nichts - materiell gesehen. Was ich habe und erreicht habe, ist aus eigener Kraft erarbeitet, mit Mühe und Anstrengung. Ich habe nichts geschenkt bekommen. Ich habe mich angestrengt. Wieso sollte die Jugend dies nicht müssen? Aber - auch eigene Erfahrungen aus der Berufsschule - haben gezeigt, daß die Jugend dazu gar nicht mehr in der Lage ist. Traurig aber wahr. Verhätschelte Schneeflöckchen, wohin man schaut...

Christa Wallau | So., 11. Juli 2021 - 21:50

... verlangt j e d e r in Deutschland - ob Bürger unseres Landes oder nicht- vom Staat absoluten Respekt u. Neutralität für sich als Person, und andererseits kommt er wehleidig angekrochen u. beschwert sich beim Staat, dass ihm in persönlichsten Angelegenheiten nicht genügend beigestanden wird.
Der selbstständige, pflicht- u. verantwortungsbewusste Bürger, der von seinem Staat im Grunde nur innere u. äußere Sicherheit, funktionierende Verwaltung u. Grundversorgung sowie
ein gutes Bildungswesen erwartet, aber ansonsten sein Schicksal s e l b s t in die Hand nimmt, steht nicht länger im Fokus des Interesses sowie der allgemeinen öffentlichen Hochachtung - im Gegenteil: Diverse Minderheiten mit ihren zum Teil unverschämten Forderungen bestimmen den Diskurs.
Das kann sich auf Dauer kein Staat der Welt leisten!
Dieser Zustand untergräbt nämlich das Engagement und die Leistungsbereitschaft der „Normalbürger“, auf die sich jedes Gemeinwesen einzig u. allein stützen kann.

Werner Baumschlager | Mo., 12. Juli 2021 - 01:03

In Österreich hat das früher "Ständestaat" geheißen, wurde von den Rechten betrieben und war der Vorläufer des Dritten Reiches.

Brigitte Simon | Mo., 12. Juli 2021 - 01:52

Zerstörend rast die Identitäspolitik über unser Land Richtung links. Sie attackiert die Werte unserer ehemals freien, aufgeklärten Gesellschaft, greift mit dem Furor der Ideologie, die Festungen der Wissenschaft und Kultur und der liberalen Pressefreiheit in unserer Heimat an.

Es geht um Deutschland. Die Medien sollten di-
verser werden.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 12. Juli 2021 - 08:52

Ich persönliche rege mich über diesen ganzen Unsinn nicht mehr auf. Warum auch? Ich mache das nicht mit, werde mich nicht irgendeiner gendergerechten Sprachregelung unterwerfen und betrachte diesen ganzen Hype als das, was es eigentlich ist. Ein linksindoktriniertes Thema, dass davon ablenken soll, was eigentlich im Staat alles wirklich passiert. Ich kenne lesbische und schwule Menschen, die das mehrheitlich so alle nicht wollen. Sie fordern zurecht akzeptiert zu werden, für bestimmte Lebensbereiche Rechtsgleichheit und ansonsten wollen sie in Ruhe und Frieden leben und tragen ihre sexuelle Präferenz nicht wie eine Monstranz vor sich her. Gender wird sich verwachsen und frisst sich am Ende selber auf. Wenn die selbst arbeitende Bevölkerung nicht mit macht, war es das. Man sieht es ja daran, wie sich die einzelnen "Geschlechter" untereinander inzwischen widersprechen und bekämpfen. Vom Stöckchen, zum Hölzchen, zum Zahnstocher, zum Holzspan. Holzspäne fliegen beim ersten Wind weg.

Christoph Kuhlmann | Mo., 12. Juli 2021 - 09:48

Linke Stiftungen streuen massenweise Promotionsstipendien unter gleichdenkende Studenten, die dann Themen bearbeiten, die von linksliberalen Medien kolportiert werden. Solange Konservative meinen dieses System ignorieren zu können wird es so bleiben. Zudem gibt es jede Menge Medienwissenschaften wo Leute ohne jeden historischen Background ausgebbildet werden, die dann ein völlig weltfremdes Menschenbild propagieren. Jede Gruppe sieht schlecht aus wenn Sie am Ideal gemessen wird.

H. Stellbrink | Mo., 12. Juli 2021 - 10:19

Die Identitätspolitik der Linken ist reaktionär. Sie rekonstruiert ethnische und kulturelle Abgrenzungen und Vorurteile, Geschlechtertrennungen und teilt die Gesellschaft in immer kleinere Einheiten ein, die sich zur eigenen Aufwertung den Opferstatus zuschreiben dürfen. Dieser ist zur sozialen Währung geworden und sichert Aufmerksamkeit und Zugang zu den Pfründen. Mitglieder dieser Gruppen sind nicht mehr in der Lage, das Verbindende über diese Grenzen hinweg zu erkennen und bei gemeinsamen Interessen miteinander wirkungsvoll zu kooperieren.
Die chauvinistische kategorische Zuweisung eines unterschiedlichen Werts für verschiedene gesellschaftliche Gruppen ist ein gemeinsames Merkmal von Rassismus, Antisemitismuns und ideologischem und religiösem Fanatismus und schafft die Grundlage für Feindseligkeit und Gewalt.

Romuald Veselic | Mo., 12. Juli 2021 - 17:03

und an vielen öffentlichen/nichtöffentlichen Bauten/Plätzen gehisst wurden - wochenlang, dann ist das keine Solidarität mit LGBTIQ-Minderheiten/Community, sondern ist daraus ein einseitiges, aggressives Politikum geworden.
Es wird allerdings noch partiell betrieben, denn an diversen religiösen Stätten werden diese 7-Farbflaggen nicht als Zeichen gehisst. Was ich besonders vermisse, wieso werden dazu religiöse Repräsentanten nicht befragt? Wie Airman Mazyek, der sich zu allem und jedem äußert.
Ich vermisse die Flaggen der Heterocommunity als Ausgleich.
Und: Ich will von LGBTIQ nicht behelligt werden, weil dies in keinem Bezug zu mir steht. Ebenso, wie ich Altmongolisch sprechen nicht lernen werde oder den Schnaps schwarzbrennen.
Den Minderheiten steht frei, eigene Medien, TV-Programme errichten, damit sie sich in ihrem Element total ausleben können. Es ist mein verbrieftes Recht, nichts damit zu tun haben oder davon etwas wissen wollen.
PS Schwarzfahrer aller Länder vereinigt euch!

Bernd Muhlack | Mo., 12. Juli 2021 - 17:44

Werter Herr Mohr, ein mMn guter Artikel.

Gleichwohl vorweg zwei Anmerkungen:
es dürfte wohl "Studierendenfutter" heißen und die Pflegestufe 3 gibt es nicht mehr - es gibt jetzt
5 Pflegegrade.
(und Raider heißt jetzt TWIX!)
Egal.

"immer neuer Opfergruppen, deren Ansprüche, nicht diskriminiert zu werden, immer mehr die mediale Öffentlichkeit bestimmen."
Und wieder fällt mir Asterix ein!
Methusalix schreit ab und an, dass auch er ein Recht darauf habe, (bei dörflichen Schlägereien) geschlagen zu werden: "Ich will dass man mich schlägt!"
Das ist quasi eine umgekehrte Diskriminierung, oder?

Dieses LGBTQ-Gedöns hat eine enorme mediale Aufmerksamkeit, Hype.
Ich habe dazu meine (auch hier) bekannte Meinung.

"denen ein ganzes Heer von Gleichstellungsbeauftragen, Gender-Spezialisten und Gesinnungs-Kontrolleuren auf dem Fuße folgt.
... etc"
Werter Herr Mohr: ?

Wir studieren alle Dingeskirchen und dann ab zum Staat!
Mindestens 30 Tage Urlaub und pipapo.
Wer das zahlen wird?

äh, Andere?