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Wann steigen und fallen die Kurse an der Börse? / dpa

Dokumentarfilm - Wie kommt das Geld in die Welt?

Wie hängen Wirtschaftswachstum und Verschuldung zusammen? Antworten liefert der Dokumentarfilm „Oeconomia“ von Carmen Losmann. Ihre Gespräche mit Experten aus der Finanzbranche vermitteln auch Zuschauern ohne Vorwissen Grundmechanismen von Kapitalismus.

Autoreninfo

Uta Weisse war Online-Redakteurin bei Cicero. Von Schweden aus berichtete sie zuvor als freie Autorin über politische und gesellschaftliche Themen Skandinaviens.

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Kennen Sie die Knax-Comics? Mit denen bewerben die Sparkassen in Deutschland schon seit 1974 das gleichnamige Kindersparbuch, um die kleinen Kunden früh an die Sparkassen-Marke heranzuführen. Contentmarketing at its best! In der Episode „Goldrausch“ führt eine Schatzkarte die jungen Knax-Protagonisten Didi, seine Freundin Dodo und den Hund Nero zu einem Bach, in dem sie Goldnuggets schürfen. Mit den Nuggets, die ihnen zwischenzeitlich von den Bösewichten aus dem benachbarten Dorf Fetzenstein abgeluchst werden, gelingt es ihnen am Ende doch, eine Futterkrippe für die Wildtiere des Waldes zu kaufen.

Einen einfachen Goldstandard, wie die Redakteure des Sparkassenverlages dem jungen Publikum schildern, gibt es im heutigen Konzept von Geld und Kapitalmarkt natürlich nicht. Menschen würden sich nicht als Goldschürfer betätigen, um das Gold zur Bank zu bringen und dafür einen Verwahrschein zu erhalten, erklärt einer der Gesprächspartner in Carmen Losmanns TV-Dokumentation „Oeconomia“, die auf der Webseite der Bundeszentrale für Politische Bildung zu finden ist. Nein, Banken produzierten über die Vergabe von Krediten an private Haushalte oder Unternehmen Buchgeld. Und das mache ungefähr 90 Prozent unserer gesamten Geldmenge aus.

Modifiziertes Monopoly

Der Mann, der da spricht, ist Thomas Mayer, ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Mittlerweile sei er für eine Vermögensverwaltung tätig, deren Name in Losmanns Film nicht genannt wird. Solche Informationen sollen immer wieder den Eindruck erwecken, man sei etwas ganz Heißem auf der Spur.

In einem schicken gläsernen Büro mit Blick auf den Kölner Dom erzählt Mayer in die Kamera, für ihn sei Geld einfach immer da gewesen. Nach der Finanzkrise seien allerdings Dinge passiert, die er sich nicht habe erklären können. Da habe er sich Fragen gestellt, wie das Geld in unsere Welt komme.

Eine Gruppe von Mitgliedern des systemkritischen Frankfurter Arbeitskreises Wirtschaft um die Wirtschaftspublizistin Samirah Kenawi ist in einer Fußgängerzone aufgenommen, wie sie eine modifizierte Version des Gesellschaftsspiels Monopoly spielt. Bei ihrem Brettspiel ist das Geld nicht von Anfang an da und wird von der Bank zugeteilt. Vielmehr muss es erst durch Kredite, Hausbaukredite in diesem Fall, produziert werden – wie im echten Leben sozusagen.

Falsche Ideen

Die Gruppe aus Publizistin Kenawi, Ökonomen, Informatikern und dem Physiker Dag Schulze erklärt den Zuschauern immer wieder, was in dazwischen geschnittenen Gesprächen mit Bankern und Firmenvertretern zutage gefördert wird. Oder räumt mit falschen Ideen von der Funktionsweise des Kapitalmarkts auf: „Viele Leute denken, es gäbe eine feste Geldmenge, die zirkuliert“, dem sei aber nicht so, sagt Schulze. Wenn sich niemand mehr verschulde, würde uns plötzlich das Geld ausgehen. Denn Geld und damit für Investitionen aufgenommene Schulden seien notwendig für wirtschaftliches Wachstum, wird dem Publikum in einer Mindmap erläutert.

Wachstum durch Verschuldung

Die zweite zentrale Frage des Films, dessen Recherchen im Jahr 2012, also in den Nachwehen der Finanzkrise begonnen haben, geht diesem Zusammenhang von Verschuldung und Wachstum nach. Da wird etwa der Finanzvorstand von BMW, Nicolas Peter, gefragt, wie die Gewinne des Automobilherstellers generiert würden. Schließlich müsse ja Geld da sein, um die Autos zu bezahlen. Peter antwortet, die Gewinne würden generiert über Wirtschaftswachstum. Aber Wachstum könne ja nur über Kredite generiert werden, bohrt die Filmemacherin nach. Schließlich bringt sie den Finanzvorstand dazu, die Frage, ob Gewinne nur über Verschuldung möglich seien, mit Ja zu beantworten.

Von der privaten Verschuldung der Autokäufer geht der Film über zum Thema Staatsverschuldung. Steigende private Vermögen werden in Korrelation gestellt mit steigender weltweiter Staatsverschuldung. Wenn Wachstum ausbliebe, würde die Staatsverschuldung in manchen Ländern zu stark anwachsen, erklärt der Investmentbanker Andrew Bosomworth, der für eine Firma arbeitet, die sich auf die Anlage in Staatsanleihen spezialisiert hat. Wie lange könne das denn so weitergehen, fragt die Film-Autorin. Bosomworth sagt, wenn man die Entwicklung unseres Wirtschaftssystems mit einem Fußballspiel vergleiche, befänden wir uns in der zweiten Halbzeit, die nächste Krise sei absehbar.

Spielregeln der Kapitalmärkte

Weiter wird dem Publikum erklärt, Regierungen würden sich weltweit durch die Ausgabe von Staatsanleihen immer weiter den Spielregeln der Kapitalmärkte ausliefern. Politische Entscheidungen würden nach börsenüblichen Renditeerwartungen bewertet. Nachhaltige Politik, etwa im Bereich Umweltschutz, sei so immer weniger möglich. Das dürfte den einen oder anderen Zuschauer, der die von vornehmlich konservativen Akteuren vertretene Schwarze-Null-Politik kategorisch ablehnt, zum Nachdenken anregen.

Die Erkenntnisse, die Losmann liefert, sind nicht bahnbrechend. Aber durch ihre naive Art, Fragen zu stellen manchmal fast an die des „Sendung mit der Maus“-Moderators Christoph Biemann erinnernd, wird ein potenziell jüngeres und weniger finanzaffines Publikum bedient. Diese Zuschauer stören sich vielleicht auch weniger an nachgespielten Telefonaten mit anonymen Quellen aus der Finanzbranche, die zum Teil Zusammenhänge nüchtern erläutern, aber auch reißerisch formulieren, dass etwa Staaten dem Kapitalmarkt wehrlos ausgeliefert seien.

Kapitalismus ist zwar mitunter kompliziert zu verstehen, bringt der Film dem Publikum nahe, aber dahinter stecken immer noch Menschen und ihre Entscheidungen, wie die der Europäischen Zentralbank, die großen Einfluss darauf haben, ob Unternehmen, Aktienbesitzer Gewinne machen oder auf der anderen Seite private Haushalte, Unternehmen oder Staaten Schulden aufnehmen.

Die Dokumentation können Sie hier anschauen.

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Rob Schuberth | Di., 6. Juli 2021 - 18:59

Habe ich das überlesen, oder warum steht da nix über Giralgeld?

DAS ist eine der Unarten wie Banken dafür sorgen, dass das Verhältnis von echten Watrenwerten und rein digitalem Geld immer weiter aufgeblasen wird.

Z. Z. m. E. rd. 2.600 Billionen.

Einfach mal "Auswirkung+Giralgeld" gockeln...

Tomas Poth | Di., 6. Juli 2021 - 20:44

Vor dem Geld wie wir es heute kennen gab es schon im alten China das "Salzgeld". Salz muß dort damals wohl ein knappes Gut gewesen sein und diente als Verrechnungseinheit für den damaligen Gütertausch/Arbeitsleistung.
War halt einfacher mit Salz zu zahlen, als den Teppich zum Bäcker zu schleppen und dafür zehn Brote zu kriegen, die dann ziemlich schnell hart waren und zum tauschen für andere Güter schlecht geeignet waren (Wertverlust).

Ronald Lehmann | Mi., 7. Juli 2021 - 22:52

Antwort auf von Tomas Poth

Und erst wenn es kein Geld mehr geben wird, sondern nur noch Plastikgeld alla Chipkarte, werden die Menschen merken, dass die nächst höhere Versklavung der Menschheit eingetreten ist. Denn dann ist ein jeder ABSOLUT nur noch eine Marionette des Staatsimperium.
Was die meisten nicht wissen, ist der Fakt, daß in der christlichen Welt der Zins & vor allem Zinseszins als "Wucherer" zählte. Und das Finanzgenie Müller erklärte damals bei Jauch: Hätte Jesus 1 Pfennig mit 5% Zinsen angelegt, so wären aus dem Pfennig Wertmäßig mehrere Erdplaneten in Gold kumuliert worden. Und deshalb befinden wir uns in der Endphase von Monopol. Es gibt mehr Geld als Waren & jede Macht inklusiv die EU spielen in diesen Pool ganz fleißig mit. Es ist nicht die Frage ob, sondern die Frage Wann?!
Und ein jeder sollte bedenken, die Macht ist wie ein Netzwerk auf einer Bühne. Sie begeifern sich, sie prügeln sich verbal & rasseln mit den Säbeln (Show). Zum richtigen Zeitpunkt halten diese zusammen wie Pech & Schwefel

helmut armbruster | Mi., 7. Juli 2021 - 07:16

Was ein Gläubiger als Zahlung akzeptiert ist Geld, denn es annulliert die Schuld. Und das kann alles Mögliche sein, es kommt nur darauf an, ob es der Gläubiger als Zahlung akzeptiert.
Leider gibt es eine wichtige Ausnahme. Steuern und Steuerschulden kann man nur mit dem offiziellen Zahlungsmittel bezahlen.
Die Macht über das offizielle Zahlungsmittel hat die Notenbank. Und die Macht über die Notenbank hat allzu oft die Politik und damit der Staat.
Die meisten Notenbanken folgen den Vorgaben ihrer Regierungen. Und genau das bringt Unordnung in unser Geldsystem. Wenn die Notenbank dem Staat Kredit gibt und dafür als Sicherheit alte Staatsschulden akzeptiert, dann ist vielleicht der aktuellen Geldnot des Staates geholfen, aber das Vertrauen in die offizielle Währung wird dadurch geschwächt.
Im Extremfall kann der Vertrauensverlust so weit gehen, dass offizielles Geld nicht mehr als normales Zahlungsmittel akzeptiert wird, siehe Hyperinflation in D in 1923.

Walter Bühler | Mi., 7. Juli 2021 - 10:19

Ein Schulbuchkapitel oder ein Comic wie Knax bieten - wie jede didaktische Simplifizierung - eine Hinführung von Kindern mit beschränktem Wissenshintergrund zu einem neuen Gegenstand.

Eine moderne Doku im ÖRR ist fast das gleiche. Sie behandelt die Zuschauer als unwissende Kinder. Wie in der "Sendung mit der Maus" wird ihnen die Welt erklärt. Während man bei Pädagogen noch hoffen darf, dass die Belehrung auf der Basis einer fachlichen Bildung erfolgt, findet man im ÖRR-Doku-Filmgeschäft aber nur fachfremde Autoren und Regisseure, die den "dummen" Zuschauer belehren.

Frau Losmanns "Doku" wäre nicht entstanden, wenn sie nicht der ideologischen Linie von ZDF und 3SAT entsprochen hätte. Sie muss daher die Lehre von der unbegrenzten Vermehrbarkeit der Geldmenge vertreten, wie sie gegenwärtig im finanzpolitischen Main-Stream praktiziert wird, eingelullt in modische Wortwolken von Nachhaltigkeit und grüner Wachstumskritik.

Sind wir Bürger wirklich so dumm, wie das ZDF glaubt?

Tja, manchmal möchte man diese Dummheit schon glauben, besonders dann wenn man erkennt daß das Selbstständige Denken nicht sehr ausgeprägt ist und mit dem Mainstream treibend gelebt wird. Was manche wiederum für schlau halten.
Aber die Beispiele unserer Geschichte, WK I, WK II und DDR 1.0 zeigen das es dann doch äußerst schlecht für das Volk war.