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Miethaie zu Fischstäbchen: Die Linke setzt im Berlin-Wahlkampf auf den Chronisten der Sponti-Szene

Gerhard Seyfried über Wahlkampf - „Humor ist immer ein Wundermittel, auch im Wahlkampf“

In Berlin haben die Grünen bis 2014 noch mit Comics des bekannten Zeichners Gerhard Seyfried geworben. Doch der arbeitet heute lieber für die Linke. Warum, verrät er im Cicero-Interview. Ein Gespräch über die wundersame Macht des Hanfs, spießig gewordene Revoluzzer und die Ikonographie im Wahlkampf.

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Gerhard Seyfried ist Comic-Zeichner, Karikaturist und Schriftsteller. Er wurde international bekannt als Chronist der linksalternativen Szene in Berlin. 

Herr Seyfried, ein neues Wahlplakat der Grünen zeigt einen Familienvater, der Frau und Kinder mit einem Lastenrad spazieren fährt. Die Grünen sind dafür sehr gescholten worden. Es hieß, das Plakat propagiere alte Geschlechterrollen und obendrein einen Hang zum Konsum. Jemand twitterte: „4.000 Euro fürs Lastenrad, fast 200 für den Pullover.“ Angenommen, Sie wüssten nicht, für welche Partei das Plakat wirbt, auf wen würden Sie tippen? 

Also, dieses Plakat ist so grün, wie es nur irgend geht. Das ist eine Sonnenblume drauf. Aber es gibt auch keine andere Partei, die so etwas machen würde. Einen Sonntagsausflug ins Grüne mit Kindern, und dann auch noch mit dem Lastenrad. 

Warum? Der Klimaschutz ist doch das Thema Nr. 1. Warum sollten Sozial- oder Christdemokraten nicht auch in die Pedale treten? 

Ach, denen fällt nichts Anderes ein als langweilige Passfotos von ihren Politikern. Dieses Plakat von den Grünen ist ein Bildplakat, das erzählt eine Geschichte. Das ist ja schon mal was. 

 Der Mann strampelt, die Frau lässt sich fahren. Sind das noch die Grünen, mit denen Sie mal sympathisiert haben?

Wenn es umgekehrt wäre, gäbe es auch einen Aufschrei der Empörung: Die Frau muss die ganze Arbeit machen, und der Mann lässt sich fahren. Man kann es nie jedem Recht machen!

d
Nicht ohne mein Lastenrad: Wahlplakat für die Grünen, 2021 

 

 Sind die Grünen die hippere CDU?

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Urban Will | Fr., 25. Juni 2021 - 08:13

Hand entspannt lesen lässt.
Ehrlich, wenn auch nicht arg erhellend.
Aber lustig: ein Linker freut sich über gute Einnahmen für seine Arbeit. Und wirbt für eine Partei, deren Anhänger meist auf Stütze leben.

Liebe Frau Hildebrandt: Es ist ein Unterschied, ob man gegen etwas demonstriert – und es ist völlig ok, bspw gg eine McDonald's – Filiale zu demonstrieren – oder ob man es verbieten möchte.
Warum also solche Fragen, die darauf anspielen, eine Meinungsäußerung (Demo) sei ein Akt des Vorschreibens?

Die Grünen möchten anderen ihr Weltbild aufzwingen, sie möchten dies über Gesetze und Verbote. Sie sind sich zu fein, Menschen zu überzeugen.
Seien es Flugreisen, Autos mit Verbrennern, was auch immer.
Die grünen Sektierer halten sich für was Besseres.

Dieses Lastenfahrrad – Bildchen ist ja niedlich. Kann man ja machen.
Wenn man möchte!
Aber gemessen am eigenen Verständnis d Grünen als Weltenretter vom deutschen Boden aus ist es nicht nur ein Vorschlag. Es ist ein Gebot.

Christa Wallau | Fr., 25. Juni 2021 - 11:01

wie diese Werbeplakate für die Grünen und Linken den Wählern suggerieren wollen, daß man - wenn man sie wählt - in einem bunten "Friede-Freude-Eierkuchen-Land" aufwachen wird.
Naivität und Romantizismus vom Feinsten.
Motto: "Oh, wie schön ist Panama!"

Ob es nun das Plakat mit dem Lastenfahrrad ist, oder ob es die bunten Wimmel-Comics von Herrn Seyfried sind - alle gaukeln den Menschen eine heile Welt vor, die es niemals gab und auch niemals geben wird, ganz sicher auch nicht in einer
Öko-Diktatur.

Nun, ja: Jedem Tierchen sein Pläsierchen.
So lange, wie das täglich gedruckte Geld seinen Wert behält ...
Anscheinend haben sehr viele Menschen nichts lieber, als wenn man ihnen etwas Schönes erzählt, etwas, das gut ausgeht, so wie Märchen für Kinder.

Gerhard Lenz | Fr., 25. Juni 2021 - 14:33

Antwort auf von Christa Wallau

hätte man im Sinne der Diversifizierung ja auch ein paar Gegendemonstranten abbilden können.

Vielleicht solche mit geschorenem Schädel, ein bestimmtes Kreuzchen auf dem Kopf eintätowiert, mit Reichskriegsflagge ausstaffiert, einen ordentlichen Baseballschläger in die Hand gedrückt...
Dazu die passenden Plakate: "Deutschland den Deutschen", "AfD", oder "Putin hilf uns".

Dann muss die AfD nicht wieder darüber jammern, dass sie nicht einmal mehr auf simplen Comics berücksichtigt wird.

Und Meuthen & co. müssen nicht androhen, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, um im Sinne des Grundgesetzes, das ja keine Verfassung ist und in Reichsdeutschland sowieso nicht zählt, Gleichbehandlung zu erfahren und auf den Bildchen gleichfalls abgebildet zu werden.

Öko-Diktatur? Nein danke. Deutschland über ALLES? Bitte sehr!

Günter Johannsen | Do., 1. Juli 2021 - 14:22

Antwort auf von Gerhard Lenz

Nicht die AfD, sondern DIE LINKE mit ihrer Ikone Karl Marx hat den Antisemitismus und Rassismus salonfähig gemacht? Genossen: immer schön bei der Wahrheit bleiben! Passagen von Karl Marx über Juden lesen sich wie Texte von hitlergetreuen Nazis: „Welches ist der weltliche Grund des Judenthums? Das praktische Bedürfnis, der Eigennutz. Welches ist der weltliche Kultus der Juden? Der Schacher.“ Marx im Brief an Engels über den Juden F. Lassalle: „Es ist mir jetzt völlig klar, dass er, wie auch seiner Kopfbildung und sein Haarwuchs beweist, von Negern abstammt, die sich dem Zug des Moses aus Ägypten anschlossen … Die Zudringlichkeit des Burschen ist auch niggerhaft.“
Politisch korrekt ist das aber nicht! Was sagt die Stiftung der Genossin Anetta Kahane dazu, die sich ja um die Sprachhygiene kümmern soll/will?

Walter Bühler | Fr., 25. Juni 2021 - 15:44

Antwort auf von Christa Wallau

Liebe Frau Wallau,
das sehe ich auch so: "Oh, wie schön ist Panama" - kindliche, naive Freude ist etwas wunderbares, und wenn diese kindliche Fröhlichkeit ein wenig in den Wahlkampf überspringt, dann ist das prima.
Auch das Familien-Plakat der Grünen könnte ein wenig von kindlicher Fröhlichkeit wiedergeben. So stellt es zu sehr den Aspekt der Sicherheit dar, die einen etwas seltsamen hierarchischen Anschein hat: Der Vater lenkt das Ganze, die Mutter hat die Kleinen sorgsam im Blick, und so sind die Kinder wohlgeschützt, etwas zu deutlich erkennbar an den vorbildlichen Helmen und Anschnallgurten. Ich finde das alles wirklich prima, dass die Familie so gezeigt wird, und ich finde es auch prima, dass vermutlich sowohl Vater Habeck wie Mutter Baerbock in solchen Familien leben.
Es fehlt halt nur ein wenig die kindliche Lebensfreude, die Sorge steht etwas zu stark im Vordergrund.

Etwas ganz anderes ist der bierernste Infantilismus, der sich von der gruselig ausgemalten Apokalypse nährt.

Markus Michaelis | Fr., 25. Juni 2021 - 11:14

vielen Dank an Herrn Seyfried, auch solche politischen Beiträge sind wichtig - es braucht unbedingt politische Vielfalt. Das Problem für mich, warum diese Sichtweisen nicht gestaltungsfähig an der Regierung sind, drückt sich vielleicht in dem "Sozial, Gerecht, Frieden, für Alle" aus. Es negiert symbolisch, dass eine Gesellschaft auch aus Ziel-, Werte- und Anschauungskonflikten besteht. Andere Ansichten werden mit Fassungslosigkeit betrachtet, die Politik des Machbaren wird schwierig. Ich würde statt "machbar" auch "menschlich" sagen, weil die Menschen nunmal bunt und widersprüchlich sind. Dies gilt in einer bunter und vielfältiger gewordenen Einwanderungsgesellschaft mehr als früher.

Das ist für mich auch das Hauptproblem der Grünen. Ja, sie denken von sich "revolutionär", sind aber inzwischen mehr im etablierten Wohlstandsbügertum verankert - was für mich ok ist. Problematisch ist auch hier die Vielfalt der Menschen nicht zu sehen, es fehlen daher Politikansätze (Abgrenzungen) dafür.

Karl-Heinz Weiß | Fr., 25. Juni 2021 - 12:04

Ein guter Blick in die Zukunft: die endlosen Diskussionen in XXX-L-Arbeitskreisen nerven sogar langsam bekennende Linke.

Andre Möller | Fr., 25. Juni 2021 - 13:00

mit dem könnte man sich sicher gut unterhalten, ohne dass man gleich belehrt oder missioniert wird. Auch wenn mir die Linkspartei mal so gar nicht behagt. Unabhängige Köpfe sind selten geworden.

Bernd Muhlack | Fr., 25. Juni 2021 - 17:01

Vorab nur soviel:

ein sehr schöner, amüsanter Artikel!
& ein megaschrilles Wahlplakat!

#AllesIstDrin
ein echter Zukunftsplan

Dat is doch dat Alice vorne im Kabuff vom Rädsche!

Ich habe das Bild vergrößert und in der Tat mMn eine ziemliche Ähnlichkeit mit Frau Dr. Alice Weidel!
Und der Dr. Habeck tut sie strampeln!

So einfach könnte die deutsche Realität sein ...

Schönes Wochenende!

Walter Bühler | Fr., 25. Juni 2021 - 23:37

Antwort auf von Bernd Muhlack

Irgendwie sieht es wirklich so aus!

Kann aber doch nicht sein?!

Tonicek Schwamberger | Fr., 25. Juni 2021 - 17:24

Herr Seyfried ist ein interessanter Typ. Endlich mal ein etwas anderes Interview, welches man gerne liest und sich nicht langweilt.-
Daß Herr Seyfried für die "falsche" Partei jetzt Plakate malt, ist eine andere Sache - aber von irgendetwas muß auch ein Karikaturist leben!
Ich finde ihn gut und toll - solche Leute braucht das Land . . . !

Rob Schuberth | Fr., 25. Juni 2021 - 19:54

...ist selber schuld.

Dem ist im Grunde auch nicht mehr zu helfen.

Offenbar kapiert es der Deutsche Michl /Wähler erst wenn er das Tal der Tränen durchschritten hat.

Na dann, auf auf.

Lasst die Grünen ordentlich versuchen diesem Michl sein Autofahren zu vermiesen.
Billige Urlaubsflüge für ihn zu teuer machen.
Strom zum Luxus und heizen im Winter ebenfalls.

Dann, dann erst hat's sich ausgegrünt.

GUT SO!

Fritz Elvers | Fr., 25. Juni 2021 - 20:07

Mehr als ein Lastenrad für Mutter + 2xKind ist auch nicht mehr drin. Italien mit Käfer oder FKK mit Trabi muss auch nicht unbedingt sein, dafür muss man nicht die Schöpfung opfern. Aber die Mutter könnte ja auch mal strampeln, dafür gibt es Gangschaltungen.