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Neues Geschlecht, neues Glück? Die Grünen haben es sich mit ihrem Gesetzentwurf zu leicht gemacht / dpa

Streit ums Transsexuellengesetz - „Das ist reiner Aktivismus, der uns Transmenschen schadet“

FDP und Grüne wollten das 40 Jahre alte Transsexuellengesetz reformieren. Künftig sollte jeder Bürger sein Geschlecht selbst bestimmen können. Im Bundestag sind sie damit gescheitert. Zum Glück, sagt der Transmann Till Amelung. Die Forderungen gingen an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei.

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Till Amelung ist Genderwissenschaftler und Autor. Er kam als Frau zur Welt. Seit 2011 lebt er als Mann. 

Herr Amelung, bis zur Ihrer Geschlechtsumwandlung 2011 waren Sie noch eine Frau. Wann haben Sie erkannt, dass Sie sich in Ihrem Körper als Frau nicht wohlfühlen? 

Ich würde eher von einer Geschlechtsangleichung sprechen.  Ein Gefühl von Anderssein, dies aber nicht in Worte fassen können, hat mich von Kindheit an begleitet. Erst gegen Ende der Pubertät, also ab dem 19. Lebensjahr, fand ich Begriffe dafür und konnte mich damit auseinandersetzen. Mit 22 hatte ich dann mein Coming-out, das war 2006.

Der Entwurf der Grünen für ein Gesetz zur geschlechtlichen Selbstbestimmung, der gerade im Bundestag abgelehnt wurde, sah vor, dass Jugendliche schon mit vollendetem 14. Lebensjahr entscheiden sollten, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen. Ist das nicht viel zu früh?

Ich selbst hätte es mit 14 nicht entscheiden können. Es gibt aber andere, die können das. Bei dem Gesetzentwurf ging es um eine Änderung des Namens und des Geschlechts in der Geburtsurkunde – ohne Einwilligung der Eltern. Man kann natürlich sagen, das sei nur ein Stück Papier. Aber ich hätte es für falsch gehalten, wenn die Einwilligung der Erziehungsberechtigten weggefallen wäre.

FDP und Grüne wollen das Transsexuellengesetz reformieren, weil es Betroffene angeblich diskriminiere. Teilen Sie diese Kritik?

Als ich mich dem Verfahren unterzogen habe, war es noch Voraussetzung, dass man einwilligte, sich unfruchtbar zu machen. Diese Koppelung griff sehr weit in die Autonomie der Menschen ein. Ich konnte verstehen, dass einige dagegen geklagt haben. Ich selbst hätte operative Eingriffe aber so oder so gewollt.

Dafür brauchten Sie zwei psychologisches Gutachten. Es gibt Betroffene, die berichten, sie hätten die Fragen mitunter als übergriffig empfunden.

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Karl-Heinz Weiß | Fr., 4. Juni 2021 - 14:56

Ein für mich aufschlussreiches Interview mit jemanden, dem es um die Sache und nicht um irgendeine queere Ideologie geht.
Nach deren Ansatz müsste man konsequenterweise gleich viele Haftplätze in Männer-und Frauengefängnissen fordern-alle Geschlechterunterschiede beruhen ja auf reiner Einbildung.

Markus Michaelis | Fr., 4. Juni 2021 - 15:03

darauf läuft es für mich hinaus, wenn man viele Geschlechter zulässt und sein Geschlecht frei wählen kann. Das kann man sicher machen, aber bisher war für die überwiegende Zahl der Menschen das Geschlecht ein wichtiger Faktor für ihre Rolle, Identität, Gesellschaftsbild. Damit sind gesellschaftliche Zuteilungen, Aufmerksamkeit, Erziehung etc. verbunden und genau das ist selbstverständlich in einem bestimmten Sinn diskriminierend, für alle, die nicht in dieses Schema passen. Aber wird es besser, wenn wir das Geschlecht abschaffen? Auch Familie, Glaube, Eine Menschheit, Betonung von Solidarität und Menschlichkeit, Wohlstand, Bildung, Rechtsstaat sind wie grundsätzlich alles Konstrukte, die manchen Menschen taugen, andere werden in dem heute weit definierten Sinn dadurch diskriminiert (auch wenn meist die Aufmerksamkeit und Differenzierung fehlt, um das zu erkennen). Natürlich dürfen auch neue Gruppen mit neuen Werten an die Macht kommen - aber wird etwas besser dadurch?

Was Sie so pauschal in die Schublade der "Diskriminierung" packen, hat sowohl nach meiner unmassgeblichen Einschätzung als auch nach jener des Gesetzgebers, die im AGG nachlesbar ist, in den meisten Fällen rein gar nichts zu tun.
Auch wenn ich meine, Ihrem Kerngedanken folgen zu können: Definieren Sie bitte "Diskriminierung", ehe Sie dieses Wort so grenzenlos ausufernd verwenden.

in dem heute üblichen weiten Sinn. Das heißt nicht, dass ich eine so weite Verwendung gut finde, denn es macht den politischen Diskurs nicht einfacher, wenn nicht versucht wird wirkliche Gegensätze (oder Gemeinsamkeiten) herauszuarbeiten, sondern versucht wird Begriffe, die gerade "gut laufen" möglichst auf die eigenen Anliegen anzuwenden. Da können die eigenen Anliegen alle vaterländisch, christlich oder so sein (und die der Gegner nicht), oder jetzt sind eben die eigenen Anliegen immer demokratisch, gegen Diskriminierung etc. - das scheint dann fast schon beliebig austauschbar.

@BKopp Wie gesagt, glaube ich weniger, dass es im Moment um mehr Toleranz für neue Werte geht, es scheint mir mehr um weniger Toleranz für alte Werte zu gehen. Gewinnen kann man solche Diskussionen aber kaum, weil jeder darin frei ist Begriffe und Werte für sich zu definieren und es mit seinen Beispielen zu begründen. Man sollte sich nur auch dagegen verwehren, dass andere für "Die Menschheit" sprechen.

Man kann nicht einfach behaupten, dass die Erde eine Scheibe ist, oder dass Geschlecht ein soziales und rechtliches Konstrukt sei, das man nach Belieben ändern könnte. Es ist nicht bekannt, dass Menschen, die sehr intensiv fühlten, oder zu fühlen glaubten, dass sie ein anderes Geschlecht wären, und eine hormonelle und chirurgische Geschlechtsumwandlung ( vorzugsweise auf anderer Leute Kosten ) machen ließen, damit wirklich glücklicher werden konnten. Indizien sprechen eher dafür, dass das Gegenteil der Fall ist. Mir scheint, dass schon die mit subtiler medizinischer Gewalt ( an der Natur ) vorgenommene Geschlechtsumwandlung sehr fragwürdig ist. Eine Änderung per einfacher Willenserklärung beim Amt, ab 14 Jahren, ist Absurdistan.

Hans Meiser | Fr., 4. Juni 2021 - 15:48

Ein interessantes Interview mit einem reflektieren Gesprächspartner.
Leider wird es mit: „ Der Widerstand der Rechten rührt ja daher, dass ihre Lebensmodelle darauf fußen, dass der weibliche Körper in der Verfügungsgewalt des Patriarchats bleiben soll. “
vollständig zerstört.
Warum bloß erliegt Jeder dieser dämlichen Versuchung, um jeden Preis politische korrekt zu tun (!)?
Damit ist Herr Amelung für mich nicht mehr ernst zu nehmen!

Enka Hein | Fr., 4. Juni 2021 - 17:11

Antwort auf von Hans Meiser

...genau dieser Satz ließ das Ganze mal wieder ad absurdum führen.
Ich habe ihn aus einem rechten Mund noch nie gehört.
Eher zuzuordnen ist er dem Islam und anderen Religionen in denen Frauen nur sls Beiwerk vorkommen.
Selbst die katholische Kirche bekommt Schnappatmung bei Frauen als Priester. Also sitzen die wahren Rechten eher in den Moscheen und Kirchen rum.
Aber das auch eine FDP bei so einem Gesetz die Vorderhufe drin hat. Ish es noch Guido geschuldet?

Romuald Veselic | Fr., 4. Juni 2021 - 16:36

an Transistor Radios meiner Eltern. Darf ich mich als Transaffin betrachten?

Dioden, Schottky-Dioden und P-FETs verwenden, um Ihre Stromkreise vor umgekehrten Spannungs- / Stromanschlüssen zu schützen.

W.D. Hohe | Fr., 4. Juni 2021 - 17:09

Derdiedas Mensch/Frau/Mann
Spart Geschlechtsrecherche,Idenfizierungszeit
und Grammatikstunden.
Dieser Gesellchaft mangelt es an sinnvollem Sein oder an Sinn*en insgesamt.
Ändert sich spätestens wenn es für die EZB
keine selbst bewerteten, von Experten Staatsanleihen benannte, Fantasie-Anleihen mehr zu kaufen gibt.