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Corona-Testzentrum in Dresden / picture alliance

Umgang mit Krankheiten - Die Logik des Hypochonders

Bei all den Schutzmaßnahmen und Diskussionen über Gesundheit und Sicherheit vergessen wir, wie man mit Krankheiten auf normale Weise umgehen sollte. Aus dem Gefängnis dauernder Gesundheitsbestätigung kommt man nur schwer wieder heraus, meint Psychotherapeut Holger Richter.

Autoreninfo

Dr. Holger Richter (Foto Martina Zschocke) ist leitender Psychologe des St.-Marien-Krankenhauses in Dresden.

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Vornweg, weil das heute klar sein muss: Ja, das Virus existiert. Ja, es gibt zu viele Tote und schwere Verläufe. Ja, ich bin geimpft.

Wenn ich den wunderlichen Umgang mit der neuen Krankheit sehe, fällt mir auf, dass bei einigen Menschen mit der Viruserkrankung eine zweite, psychologische Krankheit auftritt (die Spahn’sche Grippe vielleicht), die der Hypochondrie sehr ähnelt. Hypochondrische Patienten haben übertriebene Angst vor einer Krankheit und letztlich vor dem Tod – das psychisch kranke dabei sind die Abwehrmaßnahmen, das Doktor-Hopping, die dauernden Kontrollen und die Fixierung auf ein Thema. In der Behandlung von hypochondrischen Patienten leugnen wir keineswegs, dass es Krebs, HIV etc. gibt. Die Patienten überschätzen nur Wahrscheinlichkeiten und Gefährlichkeiten, weil sie die Grundgesamtheiten aus dem Auge lassen und die Welt nur bezogen auf die eine Krankheit, auf sich und die eigene Unverwundbarkeit denken.

Sie nehmen unverhältnismäßige Maßnahmen in Kauf, um nicht von dieser einen Krankheit betroffen zu werden. Das Leben wird mehr und mehr von medizinischem Denken bestimmt, es wird bei Wikipedia nachgelesen. Sie belehren uns über die neuesten Diagnosemöglichkeiten – aber sind seltsamerweise gar nicht an der Behandlung interessiert. Haben sie ein negatives Testergebnis oder einen negativen MRT-Befund, hält die Beruhigung nicht länger einen Tag vor, und dann muss wieder bestätigt werden, dass da nichts ist, oder – der schlimmere Fall – man traut den Testergebnissen nicht und spekuliert auf eine andere, schwerer zu entdeckende, tödlichere Variante oder Krankheit.

Jede Türklinke eine Gefahr

Hypochondrie-Patienten leben in der Logik, dass alles unsicher ist, alles voller Gefahr: jede Türklinke, jedes Geschäft oder Getränk. Und sie testen auf Gesundheit und nicht andersherum. Normalerweise gehen wir davon aus, dass wir gesund sind, und nur beim Auftreten von Symptomen testen wir auf Krankheit. Und wenn nichts ist, dann leben wir weiter. Auch wenn da nichts ist, könnte etwas sein, so könnte man das hypochondrische Denken zusammenfassen. Und da ja tatsächlich immer mal Krebs auftritt und auch zufällig entdeckt wird, werden all diese Fakten zur Begründung genommen, dass man immer weiter testen und sich schützen muss. Auch wenn ein Test negativ war, muss man derzeit in Quarantäne, auch wenn man geimpft ist.

In der Behandlung von Hypochondern kommt man schnell an den Punkt, dass sich die Kranken eigentlich wünschen, krank zu sein. Sie verdrängen mit der Krankheitsbeschäftigung wichtigere, aber unangenehme Themen ihres Lebens. Sie haben häufig ein tief sitzendes Schuldgefühl, das nach Bestrafung verlangt. Und so komme ich vielleicht zu dem, was hier als gesellschaftliche Meta-Krankheit gerade los ist.

Unsere Gesellschaft krankt an ganz anderen Themen, denen die Regierung in den vergangenen Jahren zugesehen hat, von Migration bis Digitalisierung, dem Umgang mit der Spaltung und den Sozialen Netzwerken. Corona aber lässt die Regierenden regieren und die je eigene Agenda durchsetzen. Corona ist ein „Weltanschauungsverstärker“ (Dirk Hohnsträter in der F.A.Z.), ist eine Hypothese, die zutrifft, auch wenn sie gerade nicht zutrifft. Bereits am 24. März 2021 erklärte der sächsische Ministerpräsident „Es wird eine vierte Welle geben.“ Wie beim Hypochonder wird alles mit künftiger Angst, neuen Mutationen, Totenzahlen begründet.

Die Macht der Hypochonder

Hypochonder üben auf ihre Umgebung Macht aus. Sie sind humorlos, sie verweigern sich, wenn man ihre Logik nicht erfüllt oder nicht mitmacht. Kinder von Hypochondern müssen Tests und Reinigungsrituale über sich ergehen lassen, sie werden isoliert, dürfen keine Freunde sehen, weil der Vater fürchtet, es könnten Keime mit nach Hause gebracht werden. Sie haben gerötete Hände von Desinfektionsmitteln, sie sind traurig und wagen sich nicht mehr, etwas zu wünschen. Hypochondrie hat die Tendenz, die Maßnahmen auszuweiten. Kann man sich noch vorstellen, einander die Hand zu geben, dicht gedrängt auf einem Weihnachtsmarkt zu stehen oder ohne Masken zu feiern, wie es jetzt gerade in Florida geschieht?

Hypochonder sind den anderen böse für ihre Unbeschwertheit, ihren Genuss und ihre Freiheit. Sie sind auf mikroskopische Teilaspekte wie eine Hautrötung fixiert, auf Virusspikes und Inzidenzzahlen – und sehen gar nicht mehr, was mit dem Rest des Lebens ist. Der Film „The Aviator“ erzählt ein wenig davon. Es kommt zur Überwertigkeit von Medizin und Virologie – unter Vernachlässigung von Kunst, Kultur, Vergnügen, Seele. Romantische Begegnungen und Sexualität werden immer schwieriger. Hypochonder ziehen sich sozial zurück, die Gefahr lauert im anderen Menschen.

Gegen die mikroskopische Krankheitslogik hilft, das Ganze einmal wie aus der Ferne, vom Mars aus zu betrachten. Dann werden die Verrücktheiten offenbar: Die Menschen schneiden sich einseitig Vergnügen ab, mit der Begründung, sich sozial zu distanzieren. Gleichzeitig aber gehen sie arbeiten und treffen dort aufeinander. Je nach dem Namen eines Einzelhandelsgeschäfts darf man dort hinein oder eben auch nicht. Je nach Begründung darf man in ein Hotel. Es ist nicht mehr verständlich, warum wir nicht dieselben Maßnahmen mit dem Influenzavirus, Rota, Zika und vielen weiteren Plagen durchführen. 

Warum nur am Flughafen?

In einem Land wird beim Auftreten einer Erkrankung eine ganze Stadt hermetisch ohne Vorankündigung abgeriegelt und das Leben heruntergefahren. Das macht man vielleicht ein-, zwei-, dreimal mit, dann wird sich ein solcher Unmut regen, dass Gewalt droht. Dabei sind die Doppelstandards offensichtlich: Ein Gebiet wie Tirol wurde abgeriegelt, als es die niedrigste Inzidenz von ganz Österreich hatte und blieb es, obwohl der Anteil der bösen Mutanten im Saarland höher war. In ein ausländisches Hotel darf gefahren werden, in ein heimisches nicht. Man kann sich auf einer Strecke von 100 Metern genauso anstecken oder nicht wie bei 15 Kilometern. Wenn es Ebola wäre, dann würden auf Zugreisen Kontrollen stattfinden und nicht nur extrem strenge Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen gelten. Dann würde man auf die Gurgelstudien hören, die belegen, dass durch antiseptisches Gurgeln die Viruslast bis auf Null gedrückt werden kann. Aber Gurgeln ist nicht staatlich zu kontrollieren wie das Maskentragen.

Ein Außerirdischer würde womöglich denken: Diese Menschen wollen es sich schwer machen, sie fühlen sich für etwas schuldig. Einem Außerirdischen würde auch auffallen, wie einige wenige mit der psychologischen Krankheitslogik Macht über andere ausüben; wie sie Kritiker diffamieren und Freiheit ohne demokratische Institutionen einschränken, wie immer beim Menschen im Namen des Guten. Er würde womöglich die narzisstische Größenphantasie bemerken, um mit immer mehr oder den diesmal hoffentlich richtigen Maßnahmen den Tod zu verhindern.

Wie beim Hypochonder dient die Corona-Angst zu allem: zur Begründung von Erschöpfung, zur Verweigerung von Reisefreiheit, zum Klimaschutz, für Staatsausgaben. Alles einfach loszulassen macht solche Angst, es würde ein gigantisches Fehlereingeständnis sein – und die anderen Themen würden uns wieder plagen. Und bei alledem ist es so seltsam, dass das, was die Heilung beschleunigt, verzögert wird, stattdessen das Leben noch mehr auf Krankheiten und die reine Diagnostik fixiert wird. Repräsentative Studien fehlen nach wie vor.

Anhand der Bergamo-Toten klang es erst einmal logisch zu „testen, testen, testen“. Es werden Tests vor jedem Friseur-, Theater- oder Kinobesuch, vor jedem Arbeitsantritt gefordert. Nun sollen wir generell nach Reisen getestet werden – egal, ob wir die Krankheit schon durchgemacht, Symptome haben, geimpft sind oder ob es überhaupt ein Inzidenzgebiet war.

Die hypochondrische Logik

Nicht nur die Kosten werden explodieren und die Nasenschleimhäute leiden – die hypochondrische Logik wird sich so immer weiter verfestigen, und mit jeder entdeckten Krankheit (oder falsch positivem Test) wird das bestätigt: Sicherheit – aber nur bis morgen. Bis wir alle, und zwar jeden Tag (da wir zur Arbeit oder zum Einkauf wollen) einen Negativ-Test machen müssen. Und zwar für Corona, Schweinegrippe, Noro, Streptokokken, um nur einige zu nennen – und endgültig Gefangene des hypochondrischen Grundgesetzes sind: Zu beweisen, dass wir gesund sind.

Dieser Teil von Corona ist eine psychische Krankheit. Normal ist ein Negativ-Nachweis, wenn man sich krank fühlt. Normal wäre es, alles zur Vorbeugung zu tun, Risikogruppen zu schützen – und ansonsten mit einem gewissen Krankheits- und Todesrisiko zu leben: Bergsteiger, Krankenschwestern, Autofahrer und Fernreisende in Malariagebiete machen es uns vor.

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Ekkehard Windrich | Mo., 29. März 2021 - 17:32

Da ich ein paar Jahre in Dresden gelebt habe und mir das dortige Idiom noch in den Ohren nachklingt, möchte ich Herrn Richter von Herzen danken: Zum ersten Mal, seit es Corona gibt, musste ich bei einem Artikel zu diesem Thema schallend lachen.

Tut gut.

Dieses Thema ist schon überreif wie die bisherige Verfahrensweise durch die handelnten Eliten.
Ja, Herr Richter, ich habe mich bereits voriges Jahr gefragt:

"vorsätzlich oder fahrlässig"?

15 km Radius aber ohne Kontrolle von China über F.a.Main nach Dresden oder die sogenannten schwedischen Neufacharbeiter, die von dort nach D. ohne Kontrollen einreisen konnten & dadurch Hotspot in den Unterkünften entstanden sind.
Ach ja, herrlich. Mein Mundwasser Odol nehme ich schon Jahre.
Des weiteren die Ungereimtheiten bei der Reglung der einzelnen Läden durch die Eliten. Während bei Wressmann Batterien & Kerzen angedeckt sind, kann man bei den armen Lebensmittelnketten vom Fahrrad über Schallplatte bis zum PC alles kaufen.
Der Deutsche ist ja aber immer noch im Kopf Kriegsgefangener & zum braven Dieterich Heßling erzogen, den die jüngere Generation nicht einmal kennt.
Da kann man auch nichts erwarten. Und so wie Dossier von allen "Wichtigen" angefertigt wurde, so wurde das geistige Niveau out

Hanno Woitek | Mo., 29. März 2021 - 17:42

seitdem es die Psychologie und ihren Berufsstand, geprägt durch und von Freud gibt, gibt es erst wirklich echte Psychopaten. Die Psychologen. was wieder bewiesen wurde. Vielen Dank Herr Richter

Rob Schuberth | Mo., 29. März 2021 - 19:11

Die reale Gefahr eine Corona-Infektion mit der Angst von Hypochondern, die ja ständig Angst vor allen möglichen Arten von Erkrankungen haben, finde ich schon komisch und auch unpassend.

Aber vermutl. soll dieser Artikel ja erheiternd sein.

Dann hätte er sein Ziel erreicht.

Gegen Ende wird's deutlich.

Ein kurzer Satz nur, dennoch ausgesprochen deutlich: "Normal wäre es, alles zur Vorbeugung zu tun, Risikogruppen zu schützen – und ansonsten mit einem gewissen Krankheits- und Todesrisiko zu leben."

Auch vorher findet man durchaus Zweifelhaftes: Man soll es also mit dem Testen nicht übertreiben. Dabei kann man nicht mal sicher ausschliessen, dass beispielsweise Geimpfte noch immer ansteckend sein können.

Zusammengefasst möchte Herr Richter wohl schlicht ein wenig Corona-Pandemie, und mehr "Normalität". Allerdings wäre es mir neu, dass die Psychologie neuerdings entscheidet, was "normal" ist. Und sie tut das sicher nicht im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

Gleichwohl firmiert Herr Richter hier als Psychologe, und bezieht Stellung, indem er Verbindungen zur Hypchondrie herstellt. Auch wenn er anfangs klarstellt, dass er den schwerwiegenden Charakter von Corona nicht abstreitet.

Denn sonst hätte sein Schriftstück ziemliche Schlagseite.

Die reale Gefahr einer Corona-Infekion ist für viele Menschen extrem gering. In einem absoluten "Hochrisikogebiet" mit Inzidenz 300 (doppelter Bundesschnitt) infizieren sich pro Woche 0,3% der Bevölkerung, die persönliche Chance, angesteckt zu werden, beträgt dann also etwa 1% im Monat. (0,01; 1:100).

Für Menschen unter 40 (mit einer CFR von 0,016%) liegt die Chance bei, im nächsten Monat an Corona zu sterben, somit bei ca. 1:625.000. Und dabei ist noch keine Dunkelziffer und keine Vorerkrankung berücksichtigt, die tatsächliche Gefahr eines gesunden jungen Menschen dürfte weit unter 1:2.000.000 liegen.

An Corona verstarben im Jahr 2020 ganze 200 Personen unter 40, dagegen verstarben über 14.000 Personen der gleichen Altersgruppe an irgendwas anderem. Diese Risiken finden medial und in der Wahrnehmung überhaupt nicht statt, der Fokus liegt ausschliesslich auf Corona mit einer völligen überbewerteten Gefahr. Und das ist halt eine Kerndefinition von Hypochondrie.

Quirin Anders | Mi., 31. März 2021 - 14:58

Antwort auf von Dom Hamann

Kleine Ergänzung zu den Todeszahlen, mit denen manche - auch in diesem Forum - gerne winken; nein, nicht "argumentieren", denn "Argument" sind sie keines:
Denn die Angabe, wie viele Menschen "an ODER MIT" Covid-19 gestorben seien, ist nichtssagend, auf Panikmache angelegt und per se unseriös: Es hat keinen Erkenntniswert, dass Menschen, die z.B. an Alter, Krebs, Schlaganfall, Herzinfarkt oder anderem Organversagen gestorben sind, auch weitere Risiken (etwa Covid-19) in sich trugen, die aber nicht todesursächlich waren.

Im Übrigen kann nicht oft genug erinnert werden:
1. Ein gutes Immunsystem ist die beste Vorsorge gegen Erkrankungen infolge einer Infizierung mit Viren o. Bakterien.
2. Neben gesunder Ernährung und reichlich Bewegung an der frischen Luft (!) stärken nicht zuletzt Ausgeglichenheit, Gelassenheit und Zufriedenheit das Immunsystem.
3. Daher ist auch Lachen hilfreich. So ist es doppelt erfreulich, dass der Artikel trotz des ernsten Inhalts amüsant geschrieben ist.

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 29. März 2021 - 19:35

Danke für die gute Analyse des Hypochonders Deutschland. Da bricht in einer fernen Stadt eine Krankheit aus, man erzählt uns, es sterben viele Menschen daran. Für uns ist das kein Risiko, wir lassen die Grenzen auf. Dann gibt es die ersten Kranken, die ersten Toten. In der EU - mit zusammengesparten, überlasteten Krankenhäusern - bricht die Panik der Verantwortlichen aus. Es werden Horrorszenarien ausgemalt und das Land zum Hypochonder. Sofortmaßnahmen: Masken, Isolation (wie in der fernen Stadt) für das ganze Land. Keine Diskussionen, alles alternativlos!
Im Zuge dieser Panik werden Maßnahmen umgesetzt, die mit einer Pandemie nichts zu tun haben, gerade als käme das Virus gelegen. Jeder der sich dagegen auflehnt, wird zum Aussätzigen. Die Maßnahmen: Immer noch untauglich. Wir beziehen FFP2-Masken aus Asien, die zu 75% untauglich sind (Dräger) und wundern uns, dass die Epidemie weiter geht. Wir hoffen auf das Impfen, auf einen neuen Lockdown, immer noch alles alternativlos.

Claudia Biegler | Mo., 29. März 2021 - 20:35

Sehr geehrter Herr Richter,
danke für diesen tollen, amüsanten und wahrhaftigen Text. Wir testen und testen und testen um zu beweisen, dass wir gesund sind. Wir hören nicht mehr auf unser Körpergefühl und müssen uns und unseren Gesundheitszustand ständig beweisen. Schon Kinder und Jugendliche werden in die Pflicht genommen sich zu testen. Auch ihnen nehmen wir ein gesundes Körperbewusstsein. Was für eine - wirklich - kranke Gesellschaft, in der das Desinfektionsmittel das neue Heilmittel ist. Meine Nichten haben auch schon geschädigte Hände und sie tun mir so leid.

Markus Michaelis | Di., 30. März 2021 - 01:10

Es scheint mir allerdings nicht so klar, dass hier die verrückten Hypochonder, dort die Normalen sind. Alles geht wild durcheinander - wie eigentlich immer im Leben. Es scheint eher ein Wunder, dass es oft gelingt große Gesellschaften irgendwie auf eine Linie zu bringen. Das Verrückte bei dem Ganzen scheint mir, dass die Regierung, viele Medien und Teile der Gesellschaft zu lange (nicht nur bei Corona) sich einem Glauben hingegeben haben, dass es für alles eine Wahrheit und geeignete Fakten gäbe, so dass die Entscheidungen eigentlich klar seien. Dadurch hat etwas die unbefangene Handhabung von Corona (und anderem) gelitten, weil immer erst zu prüfen ist, ob beteiligte Personen auch dem Team "Wahrheit und Fakten" angehören.

Corona ist sicher auch oft die Angst um die Gesundheit, aber ich sehe einen Gutteil auch als eine Facette des allgemeinen Kampfes um Deutungshoheiten bei allen möglichen gesellschaftlichen/ideologischen Themen.

Jens Böhme | Di., 30. März 2021 - 06:05

Auch die Logik wurde im bisherigen Corona-Jahr beerdigt. Das Masketragen soll andere schützen, aber nicht einen selbst. Seitdem getestet und geimpft wird, hat sich seltsamerweise das Masketragen verselbständigt. Dass die Hysterie und das Starren auf Zahlen mittlerweile hypochondrische Merkmale angenommen hat, macht den Umgang mit Leben und natürlichem Tod nicht einfacher. Kleiner Hinweis zum Virenstarren: es muss nicht gleich mit Ebola verglichen werden, es reicht die Auseinandersetzung mit HP-Viren (Humane Papillomviren).

Yvonne Stange | Di., 30. März 2021 - 11:25

Antwort auf von Jens Böhme

....ich habe in dieser Zeit schweres Asthma bekommen. Es war auf einmal da und wurde sofort diagnostiziert. Ich habe das Gefühl unter der dicht schließenden Maske zu ersticken. Auf meine Frage nach einer Maskenbefreiung hat mich mein Hausarzt fast aus der Praxis geworfen. Er hat sich bei der "Begründung" mehrfach selbst widersprochen. Die Maske schützt ja erstmal mich, dann wieder nur andere.... ohne Kommentar. Das ich darunter KEINE Luft bekomme, war für ihn völlig nebensächlich. Mein Fazit: ich meide ihn zukünftig, wie auch Läden und den öffentlichen Raum wo man nur mit Maske gehen darf. Irre ist das alles.

Ernst-Günther Konrad | Di., 30. März 2021 - 09:08

Das wird mein Wort des Jahres 2021 und ab sofort in meinen Wortschatz integriert.
Hört sich jedenfalls besser an als Covid19 und die ganzen anderen Mutationsnamen, wie z.B. englische Mutation oder brasilianische Mutation usw. Klingt irgendwie auch rassistisch, oder?
Ich habe mich sehr aufgehoben in dem Artikel gefühlt, der teils in humoristischer Weise den derzeitigen Hype rund um Corona trefflich beschreibt.
Mir stellt sich nur eine Frage: Wer ist derzeit der Hypochonder? Die Regierung, ihre Anhänger, die Pharma und die vielen "Experten" in Talkshows und Podcasts? Oder sind es am Ende alle diejenigen, die denn Unsinn nicht mitmachen wollen die "wahren" Hypochonder, weil sie doch vehement und unbeirrbar an die Würde und Freiheit des Menschen glauben und dies einfordern?
War aber nur eine rhetorische Frage, denn das Ergebnis steht für mich schon lange fest.

Inge Meier | Di., 30. März 2021 - 11:42

Zero Covid wird es ebensowenig geben wie zero Grippe, oder auch zero Infektionskrankheiten generell. Vorsicht und auch Schutz sind geboten aus Rücksicht auf andere aber auch sich selbst. Allerdings eine Welt der totalen Sicherheit,
wo alles nur noch um die Infektionsvermeidung kreist, ist vermutlich auch nicht wirklich lebenswert.

Wolfgang Borchardt | Di., 30. März 2021 - 12:44

... wie verbreitet diese hypochondrischen Verhaltensweisen sind und zugenommen haben. Gradmesser ist die Anzahl von Menschen, die - weder vorgeschrieben noch sinnvoll - im Freien und trotz weiter Abstände eine Maske tragen. Da ist Angst. Dumm nur: Je mehr man sich einpackt, desto fauler wird das eigene Immunsystem, und dem schlichten Selbstvertrauen ist auch nicht mehr aufzuhelfen.