nikolas-loebel-cdu-maskenaffaere-korruption-kreisgeschaeftsstelle-mannheimer-morgen
Geschwärzte Akten: Was hatte Nikolas Löbel zu verbergen? /dpa

Hintergründe zum Fall von Nikolas Löbel - „Wenn das hier rauskommt, bist du politisch erledigt“

Wegen der Masken-Affäre musste der CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel sein Mandat niederlegen. Doch schon vorher hat es in seinem Wahlkreis Mannheim Korruptionsvorwürfe gegen ihn gegeben. In einem dreiteiligen Interview reden zwei ehemalige Parteifreunde über das „System Löbel“.

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

So erreichen Sie Antje Hildebrandt:

Chris Rihm war stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU in Mannheim und Mitglied der Fraktion im Stadtrat. Andreas Pitz gehörte dem Vorstand der CDU im Kreis Mannheim an. Beide haben die Partei verlassen, nachdem sie Ungereimtheiten in den Mietverträgen zwischen dem CDU-Bundestagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel und der CDU-Kreisgeschäftsstelle herausgefunden hatten. Sie sprechen von einer „Treibjagd“ der Partei auf sie. Chris Rihm ist jetzt bei den Grünen. Den zweiten Teil des Interviews finden Sie hier, den dritten hier.

Herr Rihm, Herr Pitz, Sie kennen Nikolas Löbel seit Jahren aus Mannheim als Kreisvorsteher der CDU-Mannheim. Hat es Sie überrascht, dass ihn die CDU-Bundestagsfraktion gezwungen hat, wegen der Maskenaffäre sein Mandat niederzulegen?

Rihm: Nein, das hat mich nicht überrascht. Die Freiwilligkeit war ja anfangs nicht vorhanden. Da bedurfte es eines gewissen Drucks. 

Pitz: Mich hat schon überrascht, dass der Verlust des Rückhalts in den eigenen Reihen in der Deutlichkeit und in der Geschwindigkeit kam. Ich hätte nicht erwartet, dass es so schnell geht. Aber mit Blick auf den Verlust des moralischen Kompasses war es zwangsläufig. 

Sie beide kann es nicht überrascht haben. Der Mannheimer Morgen hat schon 2020 über Ungereimtheiten von Nikolas Löbel im Zusammenhang mit Miet- und Untermietverhältnissen bei der CDU-Kreisgeschäftsstelle berichtet und Ihnen eine Anfrage dazu geschickt. Sie haben daraufhin Akteneinsicht beantragt. Welcher Verdacht stand denn im Raum?

Pitz: Am Anfang waren es nur Fragen. Der Mannheimer Morgen wollte wissen, ob der CDU-Kreisverband Geschäftsräume vermietet hat an die Löbel Projektmanagement GmbH. Wir dachten, wenn es wirklich so war, ist es ein bisschen schwierig. Und was uns beide gewundert hat, war, dass wir beide als Vorstandsmitglieder noch nie davon gehört hatten. 

Dabei hängt doch an der Fassade für jeden sichtbar ein Firmenschild. 

Pitz: Aber mir waren bis dahin nur Gerüchte im Sommer zu Ohren gekommen, dass er da auch wirklich eingezogen sei und dass es Probleme mit dem Mietvertrag gibt. Aber ich kannte die nur vom Hörensagen, um fünf Ecken. Wie war das bei dir, Chris?

Rihm: Ich bin erst 2019 in die Gemeinderatsfraktion gewählt worden. Es gab da schon immer mal wieder Gerüchte, dass es sogar zwei Firmen sind, die in der Geschäftsstelle sind. Insgesamt war der Herr Löbel ja an drei Firmen beteiligt. Zwei gehören ihm. Die sitzen in den Räumen der CDU, die dritte Firma ist aber nicht eingetragen im Register, da ist es schwierig, sich Informationen zu besorgen.  

g
Chris Rihm / privat 

Sind Sie denn in seinen Akten fündig geworden? 

Pitz: Wir haben nur einen kleinen Teil dessen gesehen, was uns interessiert hätte. Also nur das, was man uns gezeigt hat. Es war ein DIN-A4-Aktenordner mit Kontoauszügen und Unterlagen. Große Teile davon waren geschwärzt. 

Das klingt wie eine Szene aus einem B-Movie?

Pitz: So war es ja auch. Jemand schwärzt ja nur Sachen, wenn er etwas zu verheimlichen hat. Das hat Herr Rihm auch angesprochen: „Warum denn Datenschutz, wir sitzen doch im gleichen Vorstand?“ Und diese Schwärzungen waren obendrein noch dilettantisch gemacht. 

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Tonicek Schwamberger | Fr., 26. März 2021 - 14:50

. . . ich habe mir sofort, als der Name mit dem Begriff "Maskenaffaire" in der Öffentlichkeit auftauchte, mir mal diese Seite etwas näher angesehen: https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolas_L%C3%B6bel
Da habe ich schon genügend zu lesen bekommen und mich gefragt, wie kann so etwas in einem MehrParteien-Rechtsstaat vorkommen? Ist man nur noch von Betrügern umgeben; jeder versucht an allen möglichen Ecken und Enden sich vom großen Kuchen etwas abzuschneiden und jedem das Meiste selbstverständlich.-
Ich bin sehr enttäuscht, nicht nur von der Politik, nei auch von mir, wie ich jemals so blauäugig und naiv denken konnte . . . ?

Enka Hein | Fr., 26. März 2021 - 16:38

Antwort auf von Tonicek Schwamberger

...dazu kann der ein oder andere gelernte Jurist hier im Forum mehr zu sagen.
Aber eins fällt auf. Wieder so ein endlos studierter Studienabbrecher und dann irgendwas an FernUni. In der SPD (z.B.Kühnert) und bei den Grünen (für die alle auf zu zählen fehlen mir die Zeichen)laufen ja nur solche „Karrieren“ rum.
Im Leben nichts auf die Reihe gekriegt. Der Rentenbescheid geht auf die Rückseite einer Briefmarke. Im BT sitzen und nebenbei noch mehrere Firmen gründen.
Jeder normale AN braucht für einen Nebenjob die Genehmigung seines AG.
Es ist zwingend eine Begrenzung von Max 2 Legislaturperioden einzuführen. Denn dann würden sich nur solche Leute aufstellen, die einen Job haben der einen ernährt und in den den er nachher wieder zurück kann. Und natürlich eine Quote (is ja voll hip) für Beamte. Von denen gibt’s im BT auch genug.
Aber grundsätzlich läuft es immer mehr unrund.
Und jetzt warte ich auf den Frühling. Der kriegt dann im 2ren Satz die Kurve zur ...
Wetten?

Walter Bühler | Fr., 26. März 2021 - 19:13

Antwort auf von Enka Hein

.. bestenfalls Mittelmaß produziert. Es ist überfällig, dass vor Kandidaturen für öffentliche Ämter eine Art Test oder Prüfung durchgeführt werden muss. Die Erklärungen, die jetzt in der CDU/CSU umlaufen, könnten dafür als Muster dienen. Dann kann auch das Theater um die fälligen Rücktritte seltener werden.

Aber etwas muss geschehen, dass dieses dumme und käufliche Mittelmaß bei den Abgeordneten der Parteien reduziert wird, und zwar auch bei den Parteien, bei denen die sogenannten Investigativ-Journalisten in Deutschland vor der Wahl ihre Augen gnädig verschließen. Wer suchen würde, würde dort auch was finden.

Roland Völkel | Sa., 27. März 2021 - 19:51

Antwort auf von Enka Hein

Frau Hein, aber der alternative muss sich wahrscheinlich noch sammeln und die Textbausteine sortieren? Muss ja alles Stimmig sein.
Eventuell noch ein paar Abbiegespuren (immer nach rechts bitte) einbauen um ja nicht das Ziel zu verpassen. Das Ziel ist wohl jedem hier bekannt (es gibt ja nur EINS !), man muss es aber schön verpacken.
Auf Sicht fahren.
Salute

Charlotte Basler | Fr., 26. März 2021 - 14:57

Also an der Fassade der CDU-Centrale hängt für jeden sichtbar ein Firmenschild?
Aber, die beiden Vorstände haben dieses nie gesehen?
Gibt es einen Mietvertrag? Wer ist autorisiert diesen für die CDU zu unterzeichnen? Gibt es entsprechend abgetrennte Büroräume? Wer hat die Miethöhe festgelegt? Was ist die Aufgabe dieser Vorstände in der Partei?

Firmenschilder, deren Sinn es ist, Aufmerksamkeit für die Firma zu wecken, kann man nur dann "übersehen", wenn man sie nicht sehen will bzw. bewusst wegsieht. Mit dem Eingeständnis, man habe Löbel "eine Brücke bauen" wollen, wurde deutlich: Statt ihrer Verantwortung für ihre Partei nachzukommen, haben die damaligen Vorstandsmitglieder primär versucht, Mauscheleien zu kaschieren. Jetzt, wo das nicht mehr gelingen kann, distanzieren sich die "feinen Herren". Wie sagen Seefahrer so lautmalerisch: "Als erste verlassen die Ratten das sinkende Schiff."

Und solchen Leuten bietet der Cicero eine dreiteilige Plattform!?

Marc Schulze-Niestroy | Fr., 26. März 2021 - 16:39

Ich finde das alles nicht sonderlich überzeugend. Wenn sein Firmenschild da hing, muss man schon blind wie ein Maulwurf, nicht zu erkennen, dass da Partei und Privates zusammenwirken. Und warum haben die Herren ihm noch eine Brücke gebaut, nachdem klar war, dass er ja „politisch erledigt“ ist und rechtswidriges Verhalten vorlag. Mir scheint, die beiden wollen ihren früheren Korpsgeist unvergessen machen und sich als Saubermänner absetzen.

Bernd Muhlack | Fr., 26. März 2021 - 17:09

"Dann richt ich ein Konto ein, die CDU zahlt bestimmt was ein ... lustig, lustig tralalalala ..."
?
HALT -brrrr!
Auch hier gilt, greift die Unschuldsvermutung!
BT-Präs Dr. Schäuble hatte dies dezidiert vor der Aussprache in dieser Woche nochmals erwähnt.

Wenn wir tatsächlich so weit gekommen sind, dass keinerlei Recht und Ordnung mehr geachtet wird, können wir den Laden stante pede dicht machen!

Ja, "warten" wir die Ermittlungsergebnisse ab, sowie ein etwaiges Urteil.
Unmoralisches Verhalten als solches ist nicht strafbar.
Das erinnert an die damaligen römischen Tribune: man hat eine gewisse Zeit sich hinreichend zu bereichern; so viel wie möglich.

In der Tat ist das ein Mietvertrag sui generis, eigener Art => zahl ich heut nicht, vielleicht morgen?
Damit fällt zugleich ein Kündigungsgrund (Zahlungsverzug) weg!

Solches Verhalten ist mMn parteiunabhängig.
Es sind jeweils die charakterlosen Protagonisten selbst, welche nur auf den eigenen Vorteil bedacht sind, oder?
Me, myself an I!

Zustimmung, Herr Muhlack. Alles andere liefe auf eine Vorverurteilung hinaus.
Und noch etwas: Unternehmensbeteiligungen und Kapitalerträge müsse von Abgeordneten nicht offenbart werden. Von dieser Festlegung profitieren viele, man schaue sich bspw. nur einmal den Unternehmensbereich der sogenannten Erneuerbaren Energien an und recherchiere einmal, wer von den Abgeordneten direkt oder indirekt – u. a. über Familienangehörige – an solchen Unternehmen beteiligt ist. Ist es nicht auch Korruption, wenn ein Abgeordneter für den eigenen Vorteil den Finger im Parlament hebt? Bevor jemand einen anderen verurteilt, gilt: „Zieh erst den Balken aus deinem Auge; darnach siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst! (Lukas 6:41)

Rob Schuberth | Fr., 26. März 2021 - 19:42

Das wird wohl noch nicht der letzte Unionspolitiker sein, der sich bereichert hat.

Corona ist - wie in vielen anderen Bereichen auch - hier nur das Brennglas das die Gier dieser Leute entblößt.

Gut so.

Ich bin für:
- Begrenzung auf 2 Amtszeiten (aller öffentl. Ämter)
- Vollkommene Offenlegung ALLER Nebenverdienste ab dem 1. Euro.

Und in den B-Tag darf nur noch gewählt werden wer mind. 3 Jahre gearbeitet hat (soz.vers. pflichtig, oder als SB).

Dieses Prinzip: Kreißsaal - Hörsaal - Plenarsaal muss endlich beendet werden.

Dr.Andreas Oltmann | Fr., 26. März 2021 - 20:37

Ich frage mich, warum die beiden Herren jetzt im Cicero interviewt werden: im Oktober 2020sind sie beide von ihren politischen Ämtern zurückgetreten, also vor 6 Monaten. Prof pitz ist Sozialrichter, promovierter Jurist, der nach seiner eig. Aussage etliche Jahre „vor sich hingerichtet hat“ s. Video Hochschule Mannheim. Hätte er nicht mehr unternehmen müssen, als auszutreten? Nach 6 Mo. sich als Aufklärer und wir haben’s ja schon immer gewusst darzustellen, hat ein Geschmäckle.
Keinesfalls will ich Löbel in Schutz nehmen, aber Journalisten sollten eigentlich doch selbst recherchieren, und zweifelhaftes Verhalten nicht durch Dritte erläutern zu lassen.
Ich brauche von dem Interview nicht noch 2
weitere Folgen.

Mirco Weiß | Sa., 27. März 2021 - 10:22

Wann veröffentlichen Sie Ihren Beitrag, den Sie gestern mit "Mit welchen Tricks es Löbel schaffte, trotz der Korruptionsvorwürfe wieder als Direktkandidat der CDU für die Bundestagswahl 2021 nominiert zu werden." anteaserten?

Here we go: https://www.cicero.de/innenpolitik/korruption-cdu-nikolas-loebel-maskenaffaere-bundestag-nominierungsparteitag-jens-spahn

Mit besten Grüßen

Ihr Marcus Tullius Cicero