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Babys ziehen immer, besonders royale. Mit der Politik ist das schwieriger / dpa

Fliegt Bild-Chefredakteur Julian Reichelt? - „Eine Boulevardzeitung macht man mit Herz und Hirn, nicht mit Hass“

Weil er gekokst und Affären mit Volontärinnen gehabt haben soll, wackelt der Posten von „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt. Seit der „Spiegel“ die Vorwürfe öffentlich gemacht hat, muss er viel Häme ertragen. Dabei, sagt der ehemalige Politik-Chef der „Bild“, Georg Streiter, sei sein Image schon vorher beschädigt gewesen – aber aus ganz anderen Gründen.

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Georg Streiter war von 1994 bis 2001 Politikchef der Bild am Sonntag und von 2005 bis 2009 Politikchef der Bild. Von 2011 bis 2018 war er stellvertretender Sprecher der Bundesregierung. Er leitet heute eine PR-Agentur in Berlin. 

Herr Streiter, der Chefredakteur der Bild steht jetzt selbst in den Schlagzeilen. Ihm werden Machtmissbrauch, Nötigung, Drogenkonsum, Mobbing und das Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen vorgeworfen. Hat Sie die Nachricht überrascht?

Nein, gar nicht. Ich traue mir es aber nicht zu, öffentlich zu bewerten, was Gerüchte und Erzählungen sind und was die Wahrheit ist. Ich halte grundsätzlich immer alles für vorstellbar. Und ich weiß auch einiges, aber das sage ich nicht. 

Der Springer-Verlag sagt, bisher gebe es noch keine Beweise. Reichelt selbst streitet alle Vorwürfe ab. In einem sogenannten Compliance-Verfahren soll die Affäre aufgeklärt werden. Der Spiegel hat die Ermittlungen öffentlich gemacht. Wie stehen die Chancen, dass Reichelt jetzt noch unbeschädigt aus der Sache rauskommt?

Das halte ich für völlig unwahrscheinlich. Es ist ja nicht das erste Mal, dass aus dem Verlag Beschwerden über ihn kamen. Vor drei Jahren gab es einen ähnlichen Fall, der erstaunlicherweise zu seinen Gunsten entschieden wurde. Es war eine erste Warnung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der so spektakulär auf eigenen Wunsch beurlaubt wurde, nach kurzer Zeit wieder unbeschädigt in dieselbe Redaktion hineinmarschiert.

Jetzt ist unter den Medien ein Wettstreit entbrannt, wer mehr unappetitliche Details aus Reichelts Leben enthüllen kann.  Der Spiegel schreibt, es sei ein offenes Geheimnis gewesen, dass der Bild-Chef „Beruf und Bett verquickt“ habe und titelt: „Vögeln, fördern, feuern.“ Ist das noch investigativer Journalismus  – oder schon Aktivismus?

Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Jeder weiß, dass ich Julian Reichelt nicht mag – und er mag mich auch nicht. Das ist das einzige, wo wir uns einig sind. Ich habe die Geschichte im Spiegel gern gelesen und Popcorn gegessen. Aber ehrlich gesagt, hat sie sich auch nicht groß von einer Bild-Geschichte unterschieden. Vieles wussten die Autoren nur vom Hören-Sagen, man erfuhr nicht, wer es ihnen gesagt hat. Was aber nachvollziehbar ist. Als Betroffener würde ich meinen Namen auch nicht in der Zeitung lesen wollen.

Muss ein Chefredakteur, der Rügen vom Presserat ignoriert und selbst auch nicht zimperlich mit Menschen umgeht, über die sein Blatt berichtet, jetzt ertragen, dass seine Methoden auf ihn selbst zurückfallen?

Ja. Wer austeilt, muss auch einstecken können. Und das kann er zweifellos.

Wenn man selbst in der Berichterstattung die Menschenwürde anderer verachtet, neigt man dann auch dazu, bei den eigenen Mitarbeitern Grenzen zu überschreiten?

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Tobias Schmitt | Di., 16. März 2021 - 15:54

Jeder, der sich dafür interessiert und ein wenig denken kann, versteht, dass nicht plötzlich fünf Frauen auftauchen und sich sexuelle genötigt fühlen. Auch kann man nachlesen, wie sich Herr Reichelt Feinde bei der Mainstreampresse gemacht hat. Und jetzt nutzt man mal wieder die Kraft der Vorverurteilung aus, um jemand ungemütlichen zu diskreditieren und mundtot zu machen.
Mal davon abgesehen frage ich mich immer, wie es sein kann, dass Frauen erst nach Jahren merken, dass man sie genötigt hat. Und ob es in Zeiten des woken Feminismus überhaupt jemals eine Übergriffigkeit gab. Heute reicht ja auf die Schulter klopfen schon aus, um jemanden als Sexualstraftäter zu bezeichnen - zumindest in Woken kreisen. Wie's halt gerade passt. Wer das als Anlass nimmt, im Vorfeld schon Täter- und Opferkarten zu verteilen (siehe Kachelmann, Lohfink), der macht dies aus niederen Gründen. Sexuelle Falschbeschuldigungen sind sehr häufig in Deutschland und werden medial gerne unter den Teppich gehkehrt.

Da wehrt sich wieder einer gegen die, die sich plötzlich wehren...

Sollen DIE sich doch mal nicht so anstellen - und immer gleich von wegen "sexuellen Übergriffen" rumzicken. Sollten froh sein, dass sie überhaupt arbeiten dürfen...

(Ironie Ende).

Aus diesem Kommentar spricht ausgesprochene Geringschätzigkeit für das Recht der dort beschäftigten Frauen, vor sexueller Übergrifflichkeit geschützt zu sein. Selbstverständlich alles Übertreibung, nur üble Nachrede!

Mehr noch: Alles politisch insinuiert!

Herr Reichelt ist also nur ein Opfer der Mainstreammedien? Richtiger ist wohl: Herr Reichelt ist ein ordentlicher Krawalljournalist, der schon mal über die Strenge schlägt. Und schon öfter unangenehm wegen seines verläumderischen Tones aufgefallen ist. Da müssen nur die Verkaufszahlen stimmen, nicht aber der Inhalt.

Auch das kann man übrigens nachlesen.

Gleichwohl: Dem Stammtisch gefällt es. Da ist einer, der ordentlich austeilt, die Wut des Wutbürgers in die Öffentlichkeit bringt.

... nicht nur das hat ein Geschmäckle. Auch alle die bisher dazu geschwiegen haben stellen sich in ein schlechtes Licht. Wenn es denn stimmt benutzt man es, um einen passenden Zeitpunkt zu finden. Es geht also nicht um ein fehlerhaftes Verhalten an sich sondern nur darum wann man es am besten ausschlachten kann.

Ich möchte noch anmerken, dass ich mir wünsche, dass die Presse mit solchen Themen ehrlicher und feinfühliger umgeht. Für manche Journalisten mag der erste Reflex die Verbrüderung mit den vermeintlichen Opfern sein. Dabei sollte man bedenken: Jeder kann Opfer einer solcher Anschuldigung werden. Und jeder sollte sich überlegen, ob er möchte, dass man so mit ihm umgeht. Der Schaden, der durch diese Form der Berichterstattung angerichtet wird, ist nicht mehr gut zu machen. Und sollte sich im Nachhinhein herausstellen, dass es sich nicht um sexuelle Nötigung, sondern um die Rache gekränkter Frauen gehandelt hat (wie leider so oft), wäre das eine unglaubliche, auch nicht wieder gut zu machende Ungerechtigkeit gegenüber Herrn Reichelt. Auch würde ich mir wünschen, dass die Strafen für Falschbehauptungen in diesen Fällen wesentlich härter ausfallen. Eine "Ich hab ja nichts zu verlieren"-Mentalität darf nicht entstehen.

Ihre Kritik teile ich.
Verwundert bin ich aber darüber das gestern meine 2 Komm. in der Rundablage der Red. landeten...schade.
Hätte vom Cicero erwartet kritikfähiger zu sein.
Oder bestimmte das die von mir kritisierte Autorin?

Petra Führmann | Do., 18. März 2021 - 11:20

Antwort auf von Rob Schuberth

würde ich ausgehen, denn meine Kommentare zu Artikeln von Frau Hildebrandt kommen grundsätzlich nicht. Mir genügt es aber, wenn denn denn die Autorin sie liest.

Romuald Veselic | Di., 16. März 2021 - 16:10

"Ich hätte mir gewünscht, dass er (Reichelt) wegen seiner journalistischen Fehlleistungen abgesetzt wird und nicht wegen solcher Geschichten."

So sollten Nägel mit Köpfen gemacht werden. Nicht nur auf dem journalistischen Ebene.
Mich wundert, dass gefakte sinnlose Realityshows produziert werden, wenn man einen medialen Multi, wie es die Bild Zeitung ist, alles von dieser Realitysorte übersteigern kann. Solche Dokus überbieten alles, was Jungle Camp & Co je dramatisch zusammenbringen kann.

PS Das mit den Realityshows ist nur meine Vermutung, denn mir reicht die gemeine Dummheit im Alltag, ohne mir das noch freiwillig per Glotze zumuten lassen.

Reinhardt O. Cornelius-Hahn | Di., 16. März 2021 - 16:53

Die BILD Zeitung? Ich war neun Jahre alt. Jeden Tag 40 Kunden. Nachmittags stand ich am Bahnhof (damals gab es in Krefeld-Oppum noch einen Bahnhof), um die letzten Blätter zu verkaufen und rief: Russenpanzer vor Budapest! Ich habe die BILD als Kind schon verstanden. Das Geheimnis dieser Zeitung, sie arbeitet Fakten ästhetisch ab, anders als der SPIEGEL, FAZ, S die auf der logisch., ethisch. u. polit. "Schiene" Nachrichten erstellten. BILD war und ist immer konkret und klar gewesen, auch wenn DRECK und ELEND beschrieben wurden.
Böll drückte die BILD zuerst mit "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" in die ideologische Ecke. Die POS / EOS Gymnasium in der DDR, sie spuckten auf das kapitalistische System. Die SED feierte RAF LINKE jubelten bis Moskau. Die Mauerzähltage, die Einheit, die Offenheit, auch das Nackedei, sie waren in der BRD die Freiheit. Im Osten (auch) das Hassobjekt der linken Intellektuellen. Der SPIEGEL? - die Angepasstheit!
J. R.? - ein letzter ehrlicher Journalist

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 16. März 2021 - 16:58

Frau Hildebrandt.
Ich kenne die Bildzeitung nur ab und zu von ihrer ersten Seite, hatte mir aber früher mal die englische Presse angesehen.
Ich kann also irren, aber in der Tat, man sollte nicht für die Bild verantwortlich zeichnen, wenn man keine Ahnung vom Boulevard hat.
Hoffentlich passen die neuen US-amerikanischen Mitbesitzer zu Bild.
Hätte man sich nicht mit Engländern zusammentun können?
Wenn die US-Amerikaner nicht passen sollten, dürfte die Bildzeitung eingehen.
Wenn der Herr Reichelt nicht wiederkommen sollte, wie wäre es mit einer Frau an der Spitze der Bild oder sagen wir einer Doppelspitze?

war die Vorgängerin von Reichelt.
Döpfners Wunschkandidatin. Sie ist so links und abgehoben, wie es nur geht, und hat folgerichtig die Bild-Zeitung weiter nach unten gewirtschaftet.
Die Vorgänge um Reichelt sind eine Kampagne, was denn sonst?
Seine Feindschaft gegenüber Merkel ist klar, und das war der Startschuß nach einer Möglichkeit zu suchen, Reichelt loszuwerden. Bei Spiegel ist die Gates Foudation beteiligt. Diese wiederum steht hinter Biontech Phizer. Merkel hat Gates mit ihrer Impfzwang Politik Milliarden Gewinn beschert. Was sagt uns das, wenn Merkel von Linken und dem Großkapitalismus gnadenlos unterstützt werden? Sie bedient den Großkapitalismus, zerstört die kleinen Unternehmen gnadenlos und ist eine radikale Linke, die mit den radikalsten Ausgangs- und Freiheitsbeschränkungen, die es je in Deutschland gab, Honnecker und seine SED noch übertrumpft.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 18. März 2021 - 09:27

Antwort auf von Petra Horn

und könnte in vielen Fällen nur mutmaßen, also auch mächtig daneben liegen.
Bei Ihnen scheint alles sonnenklar, deshalb möchte ich zumindest sagen, dass ich anders getippt hatte.
Bill Gates würde ich niemals mit Merkel vergleichen.
Ich schätze ihn.
Biontech ist in der jetzigen Situation NOCH Marktführer, was bleibt Merkel anderes übrig, als die Firma reich zu machen?
Curavec hingegen braucht und braucht und...hat geschäftlich mit Musk zutun?
Frau Koch hatte mir sehr gut gefallen, und keinesfalls als Merkel Zugeneigte, eigenständig im Denken eher.
Vielleicht als Persönlichkeit zu milde für die Bild und etwas zu "kultiviert"?
Herrn Reichelt habe ich nun wieder als Frau Merkel sehr zugeneigt empfunden.
Was sagt uns das?
Es benötigt wohl sehr viel Recherche und Übersicht, um einzelne Leute wirklich beurteilen zu können.
Das kann ich persönlich nicht leisten und ich habe begriffen, dass ich mich entsprechend etwas zurückhalten muss.
Ich sage aber gerne, wen ich mag, halt Gates und Koch.

Reinhardt O. Cornelius-Hahn | Di., 16. März 2021 - 17:19

Seit 2014 /15 etwa werden (dito auch) Alte gegen Junge, Frauen gegen Männer, Enkel gegen Omas und Opas, Linke gegen Rechte, Kinder gegen Eltern, Schwarze gegen Weiße und nicht NUR ARME gegen REICHE gehetzt. Deutschland ist eine Gift- und Hassküche geworden. Urheber sind vor allem die digitalen MEDIEN (Film, TV und Games), die sich satt im Geld suhlen und die verängstigten Printmedien, die am digitalen Abgrund stehen und linke Kleinparteien. Die Rettung soll die rot-links-grüne Weltbeschauung sein, in der eine neue Einigkeit herrscht (man spricht von 92% Reporter u. Journalisten). Man ist dabei die Kiste an die Wand zu fahren oder anders gesagt, den Großtanker Deutschland auf die Sandbank zu setzen oder gegen den Eisberg zu knallen. Ich weiß aus der Zeit der SBZ, Ostzone, DDR, nur 2,5% sind die Gewinner. Mehr gab es nicht. Sozialismus, eben das Ziel, ist eine arme Gesellschaft, die krank und faul ist. Banale politische Hebel? Neof., R-Extremismus. Rassenhass? Wer will denn sowas?

Fritz Elvers | Di., 16. März 2021 - 17:25

Was soll daran verwerflich sein? Unappetitlich ist nur die Bild-Zeitung selbst, in jeder Hinsicht.

Komisch, ich lese immer Kardinal Döpfner und bringe es irgendwie nicht zusammen. Da fällt mir ein, die Dunkeldeutschen kennen die Bild ja erst seit 30 Jahren, ob das irgendwelche positiven Auswirkungen hat oder hatte?

Bernd Muhlack | Di., 16. März 2021 - 17:47

Dieser olle - wie immer - wunderschöne Gag mit Iris Berben und Diether Krebs:
Er, der Chef, sitzt im Büro und ruft die Sekretärin (Berben).
Er hält einen Bleistift hoch und sagt:
"Frau Weber, wenn Sie mir sagen, was das ist, dürfen Sie mit mit schlafen!"
"Äh, eine Orange?!"
"Jaaaa, das lass ich grad noch so gelte, rischtisch!"

Ich komme mit meinen Kolleginnen sehr gut aus, ab und an ein Schulterklopfen: "Prima gemacht!" Was ich jedoch hasse, sind diese "Küsschen-rechts-links-Geschichten - wie bei Honecker!
Das ist nichts für mich, außerdem ist das zu viel Nähe im Job, mMn.

Es ist ja nicht so, dass sämtliche männliche Wesen diese "Jäger-und-Sammler-Mentalität" aufweisen.
Das ist wie bei anderem Fehlverhalten, etwa der oft zitierte Rassismus.
"Die" sind eben so und fühlen sich auch noch toll (gar alternativlos?)

Dieser Herr Reichelt sowie die BILD sind mir völlig egal; ich brauche beides nicht.

19. April 2005: WIR SIND PAPST!
Eine Sonderausgabe - die hatte ich sogar gekauft!

sorry

Ingo Kampf | Mi., 17. März 2021 - 08:57

Antwort auf von Bernd Muhlack

Titelzeile Anfang Okt. 1963:
GOTT HAT MIT GEBOHRT !

(Zu den eingeschlossenen Bergarbeitern in Lengede (Niedersachen) die durch eine parallele Bohrung mit der sog. Labuschbombe aus dem Schacht geholt wurden)

Lisa Werle | Di., 16. März 2021 - 17:54

Dass Sie, Frau Hildebrandt, ausgerechnet Jan Böhmermann zitieren, um eine (evtl. berechtigte) Kritik an Reichelt zu untermauern, ist so richtig schräg. In meinen Augen ist Böhmermann stets mehr im Bereich Hass und Hetze zu finden – als in der Sparte Herz und Hirn. Und wenn es heißt, es sollte keine Vorverurteilungen geben – den Tenor haben Sie und Herr Streiter in diesem Interview doch nicht so ganz getroffen.

Dr.Andreas Oltmann | Di., 16. März 2021 - 17:55

In meinen Augen überhaupt kein „ erstklassiges Interview“. Kenne Bild nur von der ersten Seite, wenn ich beim Bäcker Brötchen hole. Natürlich sind die Schlagzeilen laut und krass und reißerisch, ich denke das gehört zu BILD. Niemand muss es lesen, jeder kann es lesen.
Ich habe meine Zweifel, dass jemand der Reichelt nicht mag, wie er selbst sagt, ein fairer Interviewpartner sein kann. Und der stellvertretender Regierungssprecher bei Merkel war. Frau Hildebrandt trifft fast immer ihre Auswahl so, dass sich beide Gesprächspartner prinzipiell einig sind. Viel Neues kommt dabei nicht heraus, sondern einseitige Vorverurteilung einer Person, die beiden unliebsam ist, ohne die Vorwürfe beweisen zu können.
Gilt die Unschuldsvermutung noch? Nein, nach dieser Lektüre nicht, sondern der Mainstream wird bedient, aber keine Fakten auf den Tisch gelegt. Guter Journalismus bedeutet, dass ein Journalist sich nie mit einer Sache gemein macht...

Ines Schulte | Di., 16. März 2021 - 19:33

Antwort auf von Dr.Andreas Oltmann

Der fairste Interviewpartner wäre der Angeschuldigte selbst, sowie auch seine vermeintlichen Opfer. Standen diese Personen nicht zu Verfügung?

Karl-Heinz Weiß | Di., 16. März 2021 - 18:11

Das Geschäftsmodell der BILD-Zeitung ist seit Jahrzehnten unverändert, genau wie der Boulevard in Großbritannien. Es erscheint mir deshalb grotesk, wenn ein amerikanischer Investor nun angeblich auf die Einhaltung von Complianceregeln pocht. Das ist ähnlich glaubhaft, als würde sich Donald Trump für seriösen Journalismus einsetzen.

setzte darum auf Twitter, weil er die Medien für unfähig hielt, seriös Bericht zu erstatten.

Walter Bühler | Di., 16. März 2021 - 18:36

… in welchen Punkten sich die individuelle Moral und die berufliche Auffassung von Moral der drei Journalisten – Georg Streiter, Mathias Döpfner und Julian Reichelt – nun tatsächlich unterscheiden? Wer ist nun Sexist, wer nicht? Ich kann keinen großen Unterschied erkennen.

Ich bin kein Leser der BILD-Zeitung. Da die Zeitungsläden aussterben, kriege ich auch nicht mehr ihre Schlagzeilen mit. Aber in meinem Langzeitgedächtnis tauchen immer wieder Titelblätter mit klaren Spuren von weiblicher Nacktheit auf, die kaum von einem Klosterbruder oder von einem zart-empathischen Feministen stammen dürften. Daher glaube ich nicht, dass männliche Journalisten, die für BILD arbeiten, sanfte Feministen sein können. Alle drei Namen, die in diesem Interview auftauchen, dürften daher kaum als Gutachter in moralischen Fragen taugen.

Vielleicht sollte man eine weibliche Journalistin dazu befragen. Es muss ja keine Feministin sein.

Michael Sauer | Di., 16. März 2021 - 19:17

J.R. war zu kritisch mit der engen Freundin der Altverlegerin umgegangen. Dabei war er geradezu tollkühn und furchtlos. Genau gesagt war er der einzigen und letzte, der Frau Dr. Merkel all ihre Fehlleistungen vorhielt und das auch noch gut belegt, wenn auch allerdings pointiert und hart, wie es eine Boulevardzeitung muss. Ich habe mich jeden Tag beim Lesen gefragt, wann er gestürzt wird. Nachdem sein Vorgänger mit dem Talibanbart (Kai Diekmann) die Auflage der Zeitung mit seinem Jubelperserkurs dramatisch einbrechen ließ, war unter J.R. im Gesamtgeschäft (Print und Online) eine gewisse Konsolidierung zu bemerken. Deshalb durfte er wahrscheinlich auch so lange mit der Majestätsbeleidigung fortfahren. Jetzt bleibt mir neben dem Cicero natürlich nur noch die NZZ, wer weiß wie lange noch?

So ist es immer volle Kante gegen Merkel , das konnte nicht lange gut gehen. Immerhin werden hier missliebige Journalisten nicht erschossen, sondern werden nur gesellschaftlich erledigt. Vielleicht kommt Kai Dieckmann zurück, der hatte während der Flüchtlingskrise " Refugees welcome" Buttons drücken lassen.

Auf den Zusammenhang wollte ich auch hinweisen. Von wegen "Frauen können nicht netzwerken"! Gibt aber keinen Grund, sich darüber aufzuregen- such is life und es gibt Zeiten, da wird es eben für manche"sucher". Man zeige mir zudem einen größeren Laden, in dem es keine grauen Eminenzen zuarbeitende "Instanzen" gibt, die "auf Vorrat" Belastendes über Unbequeme (z. B Reisekosten-Schummeleien und andere Grenzgängereien) sammeln. Und in unseren fortschrittlchen Zeiten kommen halt die Übergriffigkeiten gegenüber Frauen als potentielle Munition dazu. Schön blöd, wer sein Verhalten darauf immer noch nicht einzurichten weiß. Es gibt schließlich unendlich viele Mütter, die schöne Töchter haben, es müssen ja nicht die eigenen Mitarbeiterinnen sein.

H. Stellbruch | Di., 16. März 2021 - 20:07

Was immer man Herr Reichelt vorwerfen mag: Er hat BILD zu einer regierungskritischen Stimme gemacht, in einer Zeit, in der die Medien ansonsten speichelleckerische Hofterichterstattung betreiben. BILD hat recherchiert, während andere DPA-Meldungen abschreiben. BILD hat auch da Ross und Reiter genannt, wo andere mit Rücksicht darauf, nicht "den Falschen in die Hände zu spielen" lieber die Wahrheit verschweigen.
Ich war früher immer ein BILD-Verächter. Viele Medien wie ZEIT und Spiegel sind mittlerweile aber so unerträglich linientreu, dass Cicero, NZZ und sogar die BILD Quellen sind, in denen man über regierungsamtliche Verlautbarungen und Beschwichtigungspresse hinaus etwas über Deutschland erfahren kann.

Ich kann Ihnen nur zustimmen. Es geht mir genauso. Reichelt ist zu kritisch gewesen. Jetzt wird er mit billigen, aber durchschaubaren Mitteln diskreditiert. Konnten ihm wohl keine Kinderpornos unterschrieben.

Zufälle gibt's, unmittelbar nach der seit Jahren stärksten Kritik an der Kaiserin , wird der Kritiker als Sexist diffamiert. Gelernt ist gelernt, im Ostblock wurden die Kritiker direkt in die Psychiatrie abtransportiert. Man müsste das Andersen- Märchen umschreiben; dem Kind wird Mund zugehalten, der Kaiser darf weiter nackt wandeln.

Hanno Woitek | Mi., 17. März 2021 - 09:26

muss man doch eigentlich nicht mehr schreiben oder sagen. Und der Chef sich als Verbreiter von Lügen und Geschichten qualifiziert. Fragen muss man sich vielmehr wieviele Dummköpfe es gibt, die diese Journalisten Jauche immer noch lesen.
Das macht nur deutlich, dass auch bei uns wohl Trumps möglich wären.

Werner Peters | Mi., 17. März 2021 - 09:50

Über BILD kann man viel sagen. Über den Rauswurf von Reichelt nicht. Döpfner hat ihn fallen gelassen. Warum wissen alle.

Albert Schultheis | Mi., 17. März 2021 - 09:51

Ich bin zugegebenermaßen kein Dauerkunde der Bildzeitung! Aber ihre frivolen Exzesse waren für mich immer eine Art Politbarometer, dass in Deutschland noch so etwas wie bürgerliche Freiheiten herrschten! Immerhin gab es die Freiheit, die 50 Pfennig für dieses Blatt zu sparen. Während mir die Exzesse der invektiven Relotiuspresse von Spiegel über Süddeutsche bis ZEIT, von Ard bis Zdf eher einen kalten, kaustischen Schauer bereiteten! Zumal mir nicht gewährt wird, die Zwangsgebühr für Letztere für qualitativ Besseres einzusetzen!

Jost Bender | Do., 18. März 2021 - 16:55

Es hat schon einen gewissen 'arrière-goût': einen schalen Nach- oder Beigeschmack, wenn hier ein Journalist just in dem Augenblick, in dem sein früherer Rivale & Nachfolger 'geschasst' wird, von Frau Hildebrandt dazu eingeladen wird, an einer Jahrzehnte alten Rivalität anzuknüpfen, und vom Bekenntnis seiner persönlichen Aversion gegen diesen Nachfolger ausgehend das aktuelle Geschehen zu bewerten: Das nennt man gemeinhin: Eine Einladung zum Nachtreten. Das ist nicht nur im Fußball ein Foul, (das dort allerdings ausnahmslos mit Platzverweis geahndet wird).
Ich gehöre zu den vielen Cicero-Lesern, die nie zur Bild-Clientel gehörten, in den letzten Jahren aber dennoch wahrnahmen, dass mitunter relevante Informationen z.T. nur in der Bild zu finden waren (z.B. z.d. 'Stuttgart-Riots', u.v.a.m.)
Das Selbstverständnis eines Regierungssprechers sollte sich v.d. eines Z-Redakteurs unterscheiden. Persönl. Animositäten interessieren mich nicht. Einen Beleg für 'Hass' bleibt der Artikel schuldig.