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Fabio de Masi während einer Bundestagsdebatte im November 2019 / dpa

Fabio de Masi will nicht mehr kandidieren - „Eine solche Debattenkultur hat nichts mit Aufklärung zu tun“

Fabio de Masi, Wirtschaftspolitiker der Partei „Die Linke" aus Hamburg, wird nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Seinen Rückzug aus der Politik hat er mit einem fulminanten Brief verbunden, in der er seiner Partei elitäre Abgehobenheit vorwirft. Wir dokumentieren den Brief.

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich werde 2021 nicht erneut für den Deutschen Bundestag kandidieren.

Es war ein Privileg, seit 2014 zunächst im Europäischen Parlament und ab 2017 im Deutschen Bundestag zu wirken. Viele Menschen kämpfen in der Corona-Krise um ihre Existenz. Ich habe immer versucht, für jene Menschen Politik zu machen, die versuchen, ihre kleinen Träume zu verwirklichen und dabei anständig zu bleiben. Ich bin insbesondere den Menschen in Hamburg und in meinem Viertel in St. Pauli dankbar. Es war eine Ehre, ihnen im Parlament zu dienen. Ihr beweist jeden Tag in diesen schweren Zeiten großen Zusammenhalt und ich bin stolz auf Euch!

Es war nicht selbstverständlich, dass ich einmal dem Deutschen Bundestag angehören werde. Ich bin der Sohn einer alleinerziehenden Volkshochschullehrerin. Mein Vater arbeitete zeitweilig im Lager bei Wertkauf. Meine italienischen Großeltern besuchten nur wenige Jahre die Schule. Mein Großvater kämpfte als Partisane im Piemont für die Befreiung Italiens und musste sich dabei in dunklen Erdlöchern verstecken. Meine Großmutter trällerte ein Lied, wenn die Luft rein war und schmuggelte geheime Botschaften in einer Salami auf dem Motorrad. Mein Großvater hätte meinem deutschen Großvater im Krieg gegenüberstehen können. Er wäre unfassbar stolz, dass ich einmal dem deutschen Parlament angehörte. Alles, was ich im Leben erreicht habe, verdanke ich auch diesen Menschen.

Ich danke meinen großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich mit Leidenschaft für den Erfolg meiner Arbeit engagiert und dabei meinen Ehrgeiz ertragen haben.

Ich weiß, was ich meiner Partei und meinem Hamburger Landesverband zu verdanken habe. Ich bin stolz, dass wir gemeinsam zur letzten Bundestagswahl das beste Wahlergebnis unserer Geschichte in Hamburg erzielen konnten. Ich habe Rentnerinnen und Rentner, Lagerarbeiter, Pflegekräfte, Klein-Unternehmerinnen und viele mehr in unserer Partei kennenlernen dürfen, die sich für andere Menschen selbstlos engagieren.

Ich habe aufgrund meiner Tätigkeit interessante und beeindruckende Persönlichkeiten kennenlernen dürfen - von bekannten Ökonomen wie Jo Stiglitz bis zu meinen Freund Manoli Glezos, der während der NS-Besatzung die Nazi-Flagge von der Akropolis holte und im stolzen Alter von 97 Jahren eingeschlafen ist. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Ich bin in den letzten Wochen von vielen Personen in meinem Landesverband, die mich bei der letzten Listenaufstellung nicht unterstützt haben, aufgefordert worden, erneut zu kandidieren. Auch aus anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag haben mir Kolleginnen und Kollegen mitgeteilt, dass sie meinen Rückzug bedauern. Das weiß ich sehr zu schätzen. Besonders dankbar bin ich für die Erfahrung zuletzt insbesondere mit der FDP und den Grünen im Wirecard-Untersuchungsausschuss vertrauensvoll zusammen zu arbeiten.

Ich habe mich jedoch aus persönlichen Gründen gegen eine erneute Kandidatur entschieden. Ich habe in den letzten sieben Jahren immer an der maximalen Belastungsgrenze gearbeitet. Insbesondere mein Sohn musste daher zu häufig zurückstehen. Dies hatte auch damit zu tun, dass es lange Zeit zu wenig Personal in unserer Partei und unserer Fraktion gab, das bereit war, sich für die ökonomischen Debatten unserer Zeit zu interessieren.

Ich habe versucht, dies durch mein Engagement auszugleichen. Denn es ist gerade im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik ungleich schwerer, als linke Oppositionspartei - ohne kurzfristige Machtperspektive - ernst genommen zu werden. Ich denke, ich konnte den Beweis erbringen, dass es die LINKE auch selbst in der Hand hat, ob sie bei ökonomischen Debatten, die nun angesichts der Corona Krise das ganze Land bewegen, eine Rolle spielt.

Ein Mandat ist kein Selbstzweck. Auch die beste Finanzpolitik bringt uns nicht weiter, wenn ich zwar Respekt für meine Arbeit bekomme, aber die Partei aufgrund strategischer Fehler und Erscheinungsbild schwächelt - obwohl viele unsere Forderungen in der Bevölkerung äußert populär sind. Dann steht das eigene Engagement in keinem gesunden Verhältnis mehr zu dem, was wir real für jene Millionen Menschen erreichen, die im Unterschied zum großen Geld keine Lobby im Parlament haben.

An mich ist auch der Wunsch herangetragen worden, für den Parteivorsitz zu kandidieren und Einfluss auf die Ausrichtung der Partei zu nehmen. Dafür braucht es aber gemeinsamen Spirit. Sonst ist ein Erfolg nicht möglich. Ich möchte aber in meiner jetzigen Lebensphase meine Energie nicht in eingeübten Ritualen und Machtkämpfen verausgaben.

Ich war immer der Überzeugung, dass meine Partei auch einen Wettbewerb um die besten Köpfe braucht, die uns vertreten. Wir haben viele Talente und engagierte Mitglieder, die ihre Lebenszeit selbstlos in politisches Engagement investieren. Zu häufig ist aber der Maßstab für ein Bundestagsmandat nicht, wer über das eigene Milieu hinaus Menschen erreicht. Ich wollte nie an den Füßen voran aus dem Bundestag heraus getragen werden. Und ich vertraue darauf, auch außerhalb des Parlaments einer spannenden beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Ich möchte mein Netzwerk und meine öffentliche Rolle auch weiterhin für wichtige Themen wie etwa die Regulierung der Finanzmacht der großen Digitalkonzerne nutzen. Ich möchte dabei zeitweise auch aus meiner zweiten Wahlheimat Südafrika heraus wirken. Ein Land, mit dem mich auch persönlich viel verbindet, und dem ich gerade nach den Verwerfungen durch die Corona Krise etwas zurückgeben möchte.

Ich konnte in den sieben Jahren Akzente setzen - in der Eurokrise und der Geldpolitik, beim Thema Lobbyismus, bei Steueroasen und den Luxemburg-Leaks, beim Thema Geldwäsche, insbesondere dem Chaos bei der deutschen Financial Intelligence Unit, und den Panama Papers, bei der Debatte um den digitalen Euro und die drohende Finanzmacht von Digitalkonzernen wie Facebook, der digitalen öffentlichen Infrastruktur und der Besteuerung von Digitalkonzernen, bei der Debatte um den Investitionsstau und die Schuldenbremse, beim Cum-Ex-Steuerraub und dem Warburg-Skandal, bei der Besteuerung der Vermögen von Milliardären (Vermögensabgabe), der Aufklärung des Wirecard-Skandals und der Reform der Finanzaufsicht. Ich habe dabei versucht, durch harte Arbeit und Transparenz (wie die Veröffentlichung meiner Steuerbescheide) zu zeigen, dass es echte Überzeugungstäter in der Politik gibt.

Ich habe den politischen Meinungsstreit - gerade mit Konservativen und Liberalen - immer als eine Bereicherung empfunden. Denn Widerspruch schult die eigenen Argumente. Wir müssen lernen, respektvoll miteinander zu streiten - so wie in jedem Dorf, in jeder Familie, in jedem Sportverein und in jedem Freundeskreis.

Es gibt in verschiedenen politischen Spektren und vor allem in den sozialen Medien die Tendenz, Politik nur noch über Moral und Haltungen zu debattieren. Ich halte dies für einen Rückschritt. Werte und Moral sind das Fundament politischer Überzeugungen. Wer jedoch meint, dass alleine die „richtige Haltung“ über "richtig oder falsch" entscheidet, versucht in Wahrheit den Streit mit rationalen Argumenten zu verhindern.

Eine solche Debattenkultur hat nichts mit Aufklärung zu tun, sondern ist Ausdruck eines elitären Wahrheitsanspruchs, wie ihn die Kirche im Mittelalter bediente. Vor allem verstärkt dies aber Spaltungen in der Gesellschaft, wovon rechte Demagogen weltweit profitieren. Dies hilft Kräften wie der AfD, sich als Anwältin der kleinen Leute aufzuspielen, obwohl ihnen die Schweizer Franken zu den Ohren heraus kommen.

Die Kunst der Politik besteht darin, auch an die Lebensrealität und die Sprache jener Menschen anzuknüpfen, die um die Kontrolle über ihr Leben fürchten. Die politische Linke darf das menschliche Grundbedürfnis nach Sicherheit - in einem umfassenden Sinne - nicht vernachlässigen. Dabei sollte man weder Ressentiments schüren noch so sprechen, dass normale Menschen einen Duden brauchen. Aber auch „Maulheldentum" ersetzt keine praktischen Antworten auf konkrete Probleme. Es werden die Parteien gewählt, denen man zutraut, Existenzen in der Corona-Krise zu sichern, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu verhindern, dass Kinder aus ärmeren Stadtteilen ihr Recht auf Bildung einbüßen!

Parteien in der Tradition der Arbeiterbewegung waren immer lebensnah. Sie kannten die Lebenswirklichkeit der Menschen, die von ihrer Hände Arbeit lebten. Sie haben Grundwerte wie Solidarität durch Verankerung in der Lebenswelt der Beschäftigten verteidigt. Die Debatten der Meinungsführer in den akademischen Milieus, die Codes der digitalen Empörung und Hashtags, die häufig nur wenige Stunden überdauern und nichts kosten, sind dafür kein Ersatz.

Das Leben ist voller Widersprüche: Wir müssen mehr Kapitalismuskritik und weniger erhobenen Zeigefinger wagen. Ein Akademiker mit hohem ökologischen Bewusstsein und hohem Einkommen, der öfters eine Fernreise unternimmt, verfügt über einen höheren ökologischen Fußabdruck als eine „Umweltsau“, die sich keinen Urlaub leisten kann. Wer sich die Miete in den Innenstädten nicht mehr leisten kann, muss häufiger mit dem Auto zur Arbeit pendeln, wenn zu wenige Busse und Bahnen auf dem Land fahren.

Die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer ist eine Schande. Aber die Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen Menschen durch Krieg, unfaire Handelspolitik und Klimawandel wird auch nicht durch die Abschaffung von Grenzen beendet. Es braucht immer beides: Perspektiven in Herkunftsländern und starke Kommunen, die Geflüchteten Zukunft jenseits von Massenunterkünften im Industriegebiet bieten können.

Die Kassiererin bei Lidl oder der Wanderarbeiter in Indien, die in überfüllten Verkehrsmitteln zur Arbeit müssen, aber keinen Impfstoff erhalten, weil der Staat keine zusätzlichen Produktionskapazitäten anreizt und nicht in die Patente der Pharmakonzerne eingreift, unterliegen anderen Risiken für ihre Gesundheit als ein IT-Berater im Home-Office.

Millionen Frauen im Niedriglohnsektor brauchen Schutz vor Ausbeutung und müssen sich täglich gegen Respektlosigkeiten und Übergriffe von Männern wehren. Auch viele dieser Frauen sind selbstbewusst, aber nicht immer geübt in geschlechtsneutraler Sprache.

Bernie Sanders ist ein alter weißer Mann. Aber er hat sich ein Leben lang für anständige Löhne und eine Krankenversicherung für Millionen von Arbeiterinnen und Arbeitern in McJobs engagiert, die überwiegend von Latinos und Afroamerikanern verrichtet werden.

Identität ist wichtig im Leben. Sie darf aber nicht dazu führen, dass nur noch Unterschiede statt Gemeinsamkeiten zwischen Menschen betont werden und sich nur noch „woke“ Akademiker in Innenstädten angesprochen fühlen. Eine Politik, die nur noch an das Ego und die individuelle Betroffenheit, aber nicht mehr an die Gemeinschaft appelliert, ist auch Donald Trump nicht fremd.

Viele Menschen teilen unsere Werte. Aber wir gewinnen nichts, wenn wir weltfremd wirken oder Stress in der Gesellschaft tabuisieren, weil wir Angst haben, auf konkrete Probleme auch konkrete Antworten liefern zu müssen. Dies schließt übrigens „linken Populismus“ überhaupt nicht aus. Wir müssen populärer werden - aber mit Hand und Fuß und den richtigen Schwerpunkten.

Die Corona-Krise ist eine enorme Chance für die politische Linke, auf Angriff zu spielen und Staats- und Marktversagen im Gesundheitssystem sowie bei der kritischen Infrastruktur zu thematisieren. Die wachsende Ungleichheit, die Macht der neuen Daten- und Techkonzerne, die mächtiger sind als die größten Banken und Öl Tycoons, die extremen Anpassungskosten und wiederkehrenden Schocks durch den Klimawandel, die Aufrüstung, der Krieg und der Terror in den internationalen Beziehungen - all dies macht linke Antworten nötiger denn je. Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez haben in den USA vorgemacht, wie man dies populär und erfolgreich macht.

Ich wünsche der Linken, dass sie sich ein Stück neu erfindet und linke Politik wieder stärker mit dem Einsatz für die Interessen der sogenannten „einfachen Leute“ in Verbindung gebracht wird. Ich wünsche meiner Partei Demut gegenüber den Wählerinnen und Wählern, die wir verloren haben. Ich wünsche unseren Abgeordneten die Fähigkeit, sich auch selbst kritisch zu hinterfragen, welchen Beitrag zur Stärkung linker Politik man in der Öffentlichkeit noch leistet. Denn unser Job ist ein Privileg, das man sich jeden Tag auf Neue verdienen muss.

Ich bleibe aus tiefsten Herzen und voller Überzeugung Linker. Ich werde mich weiterhin politisch engagieren. Dies gilt auch für den Wahlkampf der Linken in Hamburg. Ich möchte auch nicht ausschließen, dass ich eines Tages wieder für ein politisches Amt kandidiere, wenn meine Partei dies wünscht und ich neue Kraft tanken konnte! Darüber hinaus werde ich dem FC Bundestag immer dann als linker Außenverteidiger erhalten bleiben, wenn der Kapitän mich aufstellt und ich mich in Berlin aufhalte.

Ich möchte mich bei politischen Kontrahenten und Weggefährten entschuldigen, denen ich vielleicht hier oder dort im Eifer des politischen Gefechts Unrecht getan oder sie persönlich verletzt habe. Ich habe die Zusammenarbeit und den Streit mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Fraktionen und meinen Austausch mit Journalistinnen und Journalisten, die sich reinknien, um dieses Land ein Stück besser zu machen, immer sehr geschätzt.

Ich wünsche Euch Glück, Gesundheit und den Mut, zu erkennen, was im Leben wirklich zählt!

Euer,

Fabio

„Sieh, dass Du Mensch bleibst. Mensch sein ist von allem die Hauptsache. Und das heißt: fest und klar und heiter sein, ja heiter, trotz alledem.“ — Rosa Luxemburg

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Bernd Muhlack | Mi., 24. Februar 2021 - 17:56

"Ich möchte aber in meiner jetzigen Lebensphase meine Energie nicht in eingeübten Ritualen und Machtkämpfen verausgaben."

"...Politik besteht nicht aus Moral und Haltung..."
frei zitiert.

Sehr gut, prima!
Ja, es gibt noch Zeitgenossen mit Rückgrat, Charakter!
Spontan fiel mir der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs ein; er trat im Mai 2020 von allen Parteiämtern zurück, legte sein BT-Direktmandat nieder - tschö mit ö!
Er sollte Wehrbeauftragter werden; er ist Oberst der Reserve, hat folglich Ahnung. Eva Högl erhielt den Posten, aus dem Hut gezaubert - wie Frau Dr. uvdL.
Herr Kahrs war ein vehementer Gegner der AfD; es gibt insoweit tolle Reden und Repliken!

Herr Fabio di Masi wird mMn den BT nicht vermissen, eher umgekehrt. Ob seiner Ausbildung, Netzwerke steht ihm die Welt offen - alles Gute!

Dieser Zeitgenosse war mir unbekannt. Ob seiner schrillen Weste dachte ich sofort ans "Michelin-Männchen"!

... und diese Scheuers, Giffeys vdL´s et Co. lächeln alles weg - sind immerdar ...

Der Mann mag persönlich toll sein, aber er bleibt ein Linker. Das Rezept der Linkspartei in der Coronakrise ist die Enteignung der Impfstoffe. Das hilft wahrscheinlich weltweit, da so billiger Impfstoffe produziert werden können, aber uns in Deutschland hilft es überhaupt nicht. Eher das Gegenteil, da Biontech und andere deutsche Hersteller dann wohl die weitere Arbeit einstellen werden. Halt klassisch linke Politik. Wegen Mietsteigung in Großstädten fällt der Linkspartei auch nur das klassische Rezept ein: Teuer Häuser kaufen und billig vermieten oder Miete staatlich festsetzen. Ersteres macht man weil man muss. Hat man Optionen, übernimmt die Stasi den Erwerb von Immobilie. Das geht dann mit Null Kosten.

Andre Möller | Mi., 24. Februar 2021 - 18:09

Es ist bezeichnend, dass nach Frau Wagenknecht nun auch Herr De Masi das Handtuch bei der Partei Die Linken hinwirft. Frau Henning-Wellsow und Frau Wissler haben da vor ihrem Großen Tag einen kleinen Stüber versetzt bekommen, den sie sich redlich verdient haben. Ebenso wie Herr Riexinger und Frau Kipping. So trennt sich die Spreu vom Weizen. Diese Partei ist jetzt eine Sekte (die ich bis 2014 noch gewählt habe - Asche auf mein Haupt!). Im September wirds das erste Mal auf Nichtwähler hinauslaufen. Es gibt keine Partei mehr, der ich meine Stimme geben möchte.

Da geht ein Politiker mit Format und Sachkenntnis. Und da bleiben zu viele traurige Gestalten bei den Linken, die noch immer an die Überlegenheit des Marxismus-Leninismus glauben, noch nicht mitbekommen haben, dass der Vietnam-Krieg zu Ende ist, und sich ausgerechnet mit einem Schurken wie Putin im Kampf gegen den ewigen Kapitalismusfeind, die USA, verbünden.
Die Linken hätten ja durchaus eine Zukunft. Nur gibt es in der Partei schlicht zu viele Chaoten, neben Unbelehrbaren, die noch immer die DDR als das bessere Deutschland verstehen.
De Masi ist auch ein anderes Kaliber als Frau Wagenknecht, die sich immer öfter im Schaulaufen in irgendwelchen Schwatzbuden gefällt - also da, wo oft auch der Stammtisch zuhause ist und in Fantastereien über die patriotisch-anti-demokratische Querfront versinkt.
Man muss einerseits Herrn De Masi zu seinem Mut beglückwünschen, ein Leben außerhalb des Politbetriebs zu führen, andererseits den Abgang eines hochqualifizierten Politikers bedauern!

André, Sie schreiben am Schluss: "Es gibt keine Partei mehr, der ich meine Stimme geben möchte.
Ja, da kann ich Ihnen zustimmen - so ergeht es mir auch. Wie sagte mir einmal mein Vater, sel.: Junge, die Politik ist eine Hure. Recht hatte er.
Ich, als Auslandsdeutscher 70, verfolge die D-Politik aus der CH seit 1973. Jedes mal wurde man enttäuscht und belogen. Deshalb: Arbeiten wir gemeinsam daran, dass sich ein Neues Deutschland entwickelt, ohne diese 709 RednerInnen die uns ca. + 1Mia. Euro p.a. an hart verdienten Steuerabgaben kosten. Wissen Sie noch, wie vom Sept. 2017 bis März 2018 Deutschlands BürgerInnen wunderbar "ohne" Regierung leben konnten? - das war ja wohltuend. Deutschland schafft sich nicht ab. Arbeiten wir gemeinsam daran. Bleiben Sie gesund. Liebe Grüsse aus der CH.
PS: Vor Frau Wagenknecht hatte ich grossen Respekt - dies nur nebenbei!

Hallo Herr Wiesner!

Sie sind als "Auslandsdeutscher 70" im September wahlberechtigt.
Auch die Auslandsdeutschen 1 - 69 sowie > 70 sind wahlberechtigt.

Nix für ungut, jedoch habe ich lachen müssen!

"Wissen Sie noch, wie vom Sept. 2017 bis März 2018 Deutschlands BürgerInnen wunderbar "ohne" Regierung leben konnten?"
Sehr gut Herr Wiesner - quasi ein Interregnum reloaded, nicht wahr?
13. Jhd?

"BürgerInnen?"
"Tun die SchweizerInnen gendern?"

Die Schweiz ist ein sehr schönes Land, ab und an bin dort.

Natürlich "Wilhelm Tell" von Schiller:
Landvogt Geßler: "Warum zwei Pfeile Tell?"
Tell: "Hätt ich des Knaben Kopf getroffen, war der Zweite schon für Dich bestimmt!"

Alles Gute in die Schweiz!

Meine Tochter lebt in London - ebenfalls wahlberechtigte Auslandsdeutsche.
Herr Wiesner, Sie und Tochtern können, dürfen wählen - müssen es jedoch nicht!

"WIR" schaffen das auch alleine .................

Wer nicht wählt hat das Recht verloren zu meckern. Schließlich kann man auch das kleinste Übel wählen. Hier gibt es genügend Auswahlmöglichkeiten.
Der Nichtwähler übersieht, dass er durch seine Nichtwahl auch die Strömung stärkt, die ihm am unsympathischen ist.

voll und ganz. Das ist mir auch bewusst! Und trotzdem...

Walter Bühler | Mi., 24. Februar 2021 - 18:21

Bei allem Verständnis für die Motive ist es dennoch schade, dass gerade sie früher als nötig das Parlament verlassen. Denn so wird die Herrschaft der dummen und ungebildeten, aber absolut loyalen "Netzwerker" aus der "Zivilgesellschaft" über die Fraktionen und Parteien noch mehr verfestigt.

"Parteien in der Tradition der Arbeiterbewegung waren immer lebensnah. Sie kannten die Lebenswirklichkeit der Menschen, die von ihrer Hände Arbeit lebten. Sie haben Grundwerte wie Solidarität durch Verankerung in der Lebenswelt der Beschäftigten verteidigt. Die Debatten der Meinungsführer in den akademischen Milieus, die Codes der digitalen Empörung und Hashtags, die häufig nur wenige Stunden überdauern und nichts kosten, sind dafür kein Ersatz."

Wie wahr, mutatis mutandis auch für andere Parteien.

Christa Wallau | Mi., 24. Februar 2021 - 18:22

einen ihrer besten Leute, so habe ich den Eindruck.
Jedenfalls erkenne ich in dem, der diesen Brief verfaßt hat, einen an machbarer Politik interessierten, ernsthaften Menschen, der sich dem Thema "menschenfreundliche" Wirtschaftspolitik verschrieben hat. Daß einem solchen Mann die Betonköpfigkeit von Alt-SEDlern oder Neu-Sozialisten, die sich bei den LINKEN in großer Zahl tummeln, nicht ins Konzept paßt, leuchtet mir ein.

Nirgendwo, in k e i n e r Partei, braucht es
egozentrische Apparatschicks, sondern dialogfähige, kluge Leute, die - um der Menschen willen, von denen sie gewählt wurden - ihre Mandate ausfüllen und argumentativ wirken.
Sie dürfen dabei durchaus streitbar sein und auch mal von der Parteilinie abweichen.
Überall gibt es viel zu wenige davon!!!
Und diejenigen, die in allen Parteien mit einigen Exemplaren vertreten sind, werden meistens noch von den Karrieristen vergrault.

Markus Michaelis | Mi., 24. Februar 2021 - 18:45

eine Linke aus vergangenen Tagen? Wenn jetzt noch das Bekenntnis dazu da wäre, dass auch das Privateigentum an Firmen viel Gutes bewirkt hat, dass auch reiche Menschen viel unverzichtbares Engagement für die Gesellschaft geleistet haben, dass viele arme Menschen und arme Staaten auch deswegen arm sind (nicht nur, aber auch), weil sie selber Fehler gemacht haben oder notwendige Schritte noch nicht gegangen sind, die andere nicht ausgleichen können, und die andere Menschen, die sich anstrengen, zum Teil auch belasten ... dann noch sieht, dass sich nicht alles um Verteilungsgerechtigkeit dreht, es gibt auch Freiheit, Glauben, Identität und andere Themen, die ihren Platz suchen ...

... wenn man sich trotzdem für Linke Positionen und entsprechende Bevölkerungsgruppen einsetzt, weil kein Mensch alles abdecken kann, aber die anderen Punkte und Positionen sieht ... dann wären wir irgendwann fast wieder bei einer wählbaren Linken - vielleicht, in 2 oder 3 Generationen?

Christa Wallau | Mi., 24. Februar 2021 - 18:57

einen ihrer besten Leute, so habe ich den Eindruck.
Jedenfalls erkenne ich in dem, der diesen Brief verfaßt hat, einen an machbarer Politik interessierten, ernsthaften Menschen, der sich dem Thema "menschenfreundliche" Wirtschaftspolitik verschrieben hat. Daß einem solchen Mann die Betonköpfigkeit von Alt-SEDlern oder Neu-Sozialisten, die sich bei den LINKEN in großer Zahl tummeln, nicht ins Konzept paßt, leuchtet mir ein.

Nirgendwo, in k e i n e r Partei, braucht es
egozentrische Apparatschicks, sondern dialogfähige, kluge Leute, die - um der Menschen willen, von denen sie gewählt wurden - ihre Mandate ausfüllen und argumentativ wirken.
Sie dürfen dabei durchaus streitbar sein und auch mal von der Parteilinie abweichen.
Überall gibt es viel zu wenige davon!!!
Und diejenigen, die in allen Parteien mit einigen Exemplaren vertreten sind, werden meistens noch von den Karrieristen vergrault.

Tomas Poth | Mi., 24. Februar 2021 - 19:13

Arbeiterbewegung ... das war ein mal, lang ist es her.
Das Linkssein wird bei der Aldi-Kassiererin oder dem Lagerarbeiter eher als Befürwortung eines zerstörerischen Wettbewerbs durch die Massenmigration im Niedriglohnsektor wahrgenommen, sowie als Belastung der Solidargesellschaft. Hier wird eine "Einwanderungs-Klientel" und ihrer Helfer ohne Gegenleistung gepampert.
Sahra W. hat das erkannt. Die "internationale Solidarität" einzufordern tut sich leicht wenn man in Lounge-Sesseln sitzt.

Quirin Anders | Mi., 24. Februar 2021 - 19:36

>> Es gibt ... die Tendenz, Politik nur noch über Moral und Haltungen zu debattieren. ...
Werte und Moral sind das Fundament politischer Überzeugungen.
Wer jedoch meint, dass alleine die „richtige Haltung“ über "richtig oder falsch" entscheidet, versucht in Wahrheit den Streit mit rationalen Argumenten zu verhindern.
Eine solche Debattenkultur ... ist Ausdruck eines elitären Wahrheitsanspruchs, wie ihn die Kirche im Mittelalter bediente.
Vor allem verstärkt dies aber Spaltungen in der Gesellschaft." <<

Das sind unbestreitbar zutreffende Beobachtungen. Sie sollten von Politikern sämtlicher Parteien beachtet und befolgt werden, ebenso von allen (statt aktuell nur von wenigen der) inländischen Journalisten. Und natürlich auch von jedem anderen, der sich an politischen Diskussioen beteiligt.

M. Bernstein | Mi., 24. Februar 2021 - 19:38

Ich finde es schade, dass Menschen wie Herr de Masi den Bundestag und die Parlamente verlassen. Eigentlich sind sie Menschen, die die Parlamente bräuchten. Wer will kann sich auch das sehenswerte Interview auf jung und naiv (youtube) mit Herrn de Masi ansehen.
Aber die ruhigen, unaufgeregten, sachlichen Typen sind in der Politik selten und fühlen sich dort eben auch nicht wirklich wohl.
Ansonsten sehe auch ich die Link eher in eine woke, weltfremde Partei abgleiten, die versucht die zweitbesten Grünen zu sein. Damit gibt das Potential der abhängig Beschäftigten komplett auf zugunsten einer woken Minderheit, die mit der klassischen Linken nichts zu tun hat.

Klaus Funke | Mi., 24. Februar 2021 - 20:39

Ja, mit Glück. Denn Kipping & Co. haben dieser Partei nicht gutgetan. Tja, wenn man sich nach de Kanzlerin richtet und keinen Plan hat. Im Grunde ist es auch besser so. In der APO können sie sich regenerieren und auf ihre Wurzeln besinnen oder den Laden zusammenfalten und den Grünen übergeben. Die "alte" Basis ist sowieso bald ausgestorben. Und es gibt auch nichts mehr, was sie anbeten könnten. Die Linke ist ein Relikt der Wende, ein Fossil der DDR. Freilich hat dieses Land keine wirkliche linke Opposition, wiewohl sie eine bräuchte, aber mit dieser Linken klappt das nicht. Da kann Frau Henning-Welsow von Regierungsfähigkeit faseln. Wenn ihr die fähigen Leute von der Fahne gehen, ist es aus. Also Tschüß Linke! Selber Schuld. Selbstverursachter Untergang.

Gustav Schneider | Mi., 24. Februar 2021 - 21:04

Ich wüsste nicht, wann mich die Aussagen eines Politikers jemals so abgeholt hätten. Die Argumentation, die Klarheit, die konsequente Haltung - wirklich beeindruckend.

Romuald Veselic | Do., 25. Februar 2021 - 05:50

Kommunisten, die nach Machtergreifung, ein System NewDDR einrichten werden, mit repressiven und normativen Staatsapparat, indem das Individuum zum Klassenfeind abgestempelt wird.
Fabio de Masi ist einer der wenigen Ausnahmen in der DemagogInnen Partei, wie man aus seiner Erklärung zum politischen Rückzug erfährt.
Wenn ich die Visagen von Riexinger und Kipping sehe, werde ich an Unsympathenpaar Erich und Margot H erinnert. Das reicht mir schon. Dummheit für die Ewigkeit.
Wie gut dass die Linken in Bayern nichts zu posten haben. Sich von Linken nicht linken lassen, kann nicht verkehrt sein.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 25. Februar 2021 - 09:28

"Ich bremse auch für Linke":)
Alles Gute für Sie, Herr de Masi.
Alexandria Ocasio-Cortez wünsche ich mir irgendwann als UNO-Generalsekretärin.
Begeistern durch Engagement und Liebe zu den Menschen als Mensch.
Dann ziehe ich sofort "meine Stacheln" ein...
Ich freue mich auch sehr über die Komentare hier!
Herr de Masi sollte ein bisschen zu den Grünen schauen.
Die versuchen immer, Leben und Politik annähernd auszubalancieren, bleiben aber am Ball.
Aber das will Herr de Masi ja auch.

Ernst-Günther Konrad | Do., 25. Februar 2021 - 09:49

"Ein Mandat ist kein Selbstzweck." Das schreibt ein offenkundig bodenständiger vom Leben und der Familie geprägter LINKER heute. Ich bin tief beeindruckt von seinem Statement. Der redet nicht nur, der hat auch was zu sagen. So unterschiedlich kann auch bei den Linken das politische Selbstverständnis empfunden werden. Ich wünsche dem Mann alles Gute, dessen Namen ich bislang nicht kannte. Vielleicht hat er die "Flucht" aus einem möglicherweise zu erwartenden Shitstorm dazu mit veranlaßt, sein Amt aufzugeben. Ein Linker mit einer solchen dezidierten und differenzierten Meinung will und kann nicht lange unentdeckt in den eigenen Reihen bleiben. Wie in allen Parteien inzwischen werden Realisten und quer denkende Menschen nicht lange geduldet. Offenbar ist er eine Größe in Hamburg. Nach Sarah Wagenknecht nun der zweite Linke Politiker, der sich mit der mangelnden Diskursfähigkeit der Politik nicht seiner menschlich geprägten Grundhaltung berauben lassen will. Chapeau, Herr de Masi.

Brigitte Simon | Do., 25. Februar 2021 - 12:06

Sie zeigen seltenen Charakter lieber Herr di Masi.
Oft sagten wir "er ist in der falschen Partei".Aber
in welche Partei? In der gegenwärtigen Parteien-landschaft finden Sie keine. Es sei denn,eine
Partei namens "di Masi Partei. Zweie Kreuze sind
Ihnen gewiß.

Seit geraumer Zeit hörten wir, Sie wollen der
Politik Adieu sagen und sich mehr Ihrer Familie widmen. Eine schöne Zukunft liegt vor Ihnen.
Und diese wünschen wir von Herzen.
MfG Brigitte Simon

P.S.: Abschließend doch noch etwas Politisches.
Sie hätten als Einziger Licht in den Wirecard
Skandal bringen können. Ihr Weggang er-
freut und erleichtert die Merkel GmbH.
Was für ein Lob für Sie.

Robert Friedrich | Do., 25. Februar 2021 - 15:06

Wenn der Applaus für Herrn de Masi abgeebbt ist geht es in allen Parteien wie gehabt weiter. Keiner hat Interesse an Veränderung, keine Einsicht in fehlerhafte Entwicklungen, weiter so weil es bequem ist. Lieber wird das Geld mit vollen Händen in Milliardenhöhe verteilt, der Bürger begrüßt diese noble Politik. Er ahnt doch noch nicht die ihn später vorgelegt Rechnungshöhe wenn erst der Freudentaumel der Ernüchterung weicht. Vielleicht hätte Herr de Masi bleiben sollen, es gäbe viel zutun, besonders nach Corona.

Dirk Weller | Do., 25. Februar 2021 - 15:35

Fabio de Masi und Sahra Wagenknecht an der Spitz e der Linken !!
Das wäre klasse.
Auf jeden Fall ein wunderbarer Text, dessen Inhalt man eigentlich nur Zustimmen kann.

Wolfgang Jäger | Do., 25. Februar 2021 - 18:23

Ich fürchte, de Masis Schreiben ist ein Eingeständnis, dass er möglicherweise in der falschen Partei ist. Die einzige Konsequenz müsste sein, die demnächst von Wissler und Hennig-Wellsow geleitete Partei zu verlassen. Glaubt man seinen Worten, dann dürfte er an einer DRR 2.0 kein Interesse haben. Dennoch: Er bleibt ein durch und durch linker Politiker. Vielleicht sollte er sich mal mit Frau Esken zum Kaffee treffen.