
- Weg mit dem Schuldenbremser
Hinter dem Koalitions-Streit zwischen CDU und SPD um den bisherigen Vorsitzenden der Wirtschaftsweisen Lars Feld steckt mehr als eine Personalie: Es geht um den Umgang der Parteien mit unabhängigen Beratungsgremien der Bundesregierung. Vor allem aber geht es um die unklare Haltung zur Schuldenbremse.
Einen derartigen Streit zwischen SPD und CDU hat es wohl noch nie gegeben, wenn es um die Besetzung eines der fünf Posten für den Rat der Wirtschaftsweisen ging, also den „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“. Was sich aber nun wenige Monate vor der Bundestagswahl in der Großen Koalition abspielt um die Abberufung des langjährigen Vorsitzenden Lars Feld, das erinnert in Zügen an eine Debatte in den USA aus dem vergangenen Jahr. Dort stritten Republikaner und Demokraten nach dem Tod der Bundesrichterin Ruth Bader Ginsburg kurz vor der Präsidentschaftswahl um die Neubesetzung ihrer Stelle am Supreme Court.
Der Vergleich mag schräg wirken; Lars Feld ist kein Bundesrichter, sondern Ökonom und quicklebendig. Doch beide Auseinandersetzungen haben etwas gemeinsam: Die streitenden Parteien beeinflussen eine Institution, beziehungsweise ein Gremium, dessen Unabhängigkeit sonst stets betont und eingefordert wird. Bei der Auswahl der Wirtschaftsweisen geht es eben um sehr viel mehr als nur um eine Personalie und um Sachverstand. Es geht um die langfristige Ausrichtung von Politik, und in der Causa Lars Feld um den Einfluss auf höchstinstanzliche Bewertungen der künftigen deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Kurz: um die Deutungshoheit, in deren Zentrum insbesondere die noch ungeklärte künftige Haltung zur Schuldenbremse steht.