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Alte Kulturtechnik neu erlernt: Händewaschen/ dpa

Wie Corona unser Verhalten prägt - Lebenslanges Lernen und Händewaschen

Seit Corona nimmt der Fürsorgeanspruch des Staates weiter zu: Händewaschen hier, Abstand halten da. Stefan aus dem Siepen erkundet diesmal das ganze Ausmaß einer teils rührenden öffentlichen Fürsorge.

Stefan aus dem Siepen

Autoreninfo

Stefan aus dem Siepen ist Diplomat und Schriftsteller. Von ihm erschien zuletzt im Verlag zu Klampen „Wie man schlecht schreibt. Die Kunst des stilistischen Missgriffs“. (Foto: © Susanne Schleyer / autorenarchiv.de)

So erreichen Sie Stefan aus dem Siepen:

Neulich, während des „harten Lockdowns“, auf dem Flughafen in Paris. Es herrscht geisterhafte Leere, so gut wie alle Flüge sind gestrichen, die Geschäfte mit Gittern verbarrikadiert, „duty-free“ verschwunden, nur einige versprengte Gestalten, die Unentwegten des Fliegens, gehen hier und da durch die Hallen. Plötzlich ertönt eine Stimme über Lautsprecher, die surreale Stille durchbrechend: „Bitte lassen Sie Ihre Gepäckstücke nicht unbeaufsichtigt!“, auf Französisch, Englisch und Chinesisch.

Ich schließe im Gehen die Augen, ein Gefühl der Geborgenheit durchrieselt mich: Es gibt Dinge, auf die man sich verlassen kann! Die mahnenden Hinweise, die unser Leben wie ein Grundgeräusch begleiten, rituell und beschwörend, sie enden nie. Selbst wenn es nur einen einzigen Menschen gäbe, der sie hören könnte, oder nicht einmal einen einzigen: Die Fürsorge ginge weiter. Schon Seneca wusste: Satis est unus, satis est nullus.

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Ernst-Günther Konrad | So., 14. Februar 2021 - 13:49

Herrlich der Artikel. Er spiegelt auch ein stückweit tatsächlich die Lebensunfähigkeit der Generationen wieder. Je jünger die Menschen, desto unfähiger werden sie. Da wächst die Kartoffel beim Discounter in der Auslage und Strom kommt aus der Dose. Es gibt durchaus sinnvolle Erinnerungen an unsere Vergeßlichkeit und unseren Leichtsinn beim Koffer am Bahnhof und in der Flughalle. Auch das Abstand halten an der Bahnkante mag die verträumten Wandler vor dem Windzug durchfahrender Züge retten. Aber Händewaschen nach dem Toilettengang, ob mit oder ohne Corona? Haben die Menschen keine Erziehung mit Hinführung zur eigenständigen Reinlichkeit erhalten? Muss man Menschen sagen, wie man sich Hände wäscht? Vorsicht Radarkontrolle lesen wir fast überall. Der Staat mahnt, warnt, lenkt. Der trottelige Bürger braucht selbst nichts mehr zu machen. Produktbeschreibung in den USA zu einer Waschmaschine: " Bitte nicht den Kopf während des Schleudervorganges in die Maschine stecken."
Och, wirklich?

desto unfähiger werden sie. Da spricht die geballte Altersweisheit.

Die allerdings, was ich selbst schon beobachtet habe, sogar das Kaffeewasser anbrennen lässt. Aber was soll das! Ist ja eine andere Generation. Die hat schliesslich "Mutti", die sich um solche belanglosen Dinge kümmert.

Die so mancher der "Unfähigen" übrigens aus dem FF beherrscht.

Und während "Mutti" kocht, putzt und den Betrieb am Laufen hält, sitzt der von der Schöpfung "Gekrönte" am PC, lässt die Welt an seinem höheren Wissen teilhaben und macht große Politik.

Zumindest digital. Sonst hören ihm wahrscheinlich keiner mehr zu. Ausser Mutti höchstens. Und die hat keine Wahl.

Aber dafür darf sie am Sonntag auch mal eine halbe Stunde die Familienkutsche über die leere Landstrasse fahren.

Wenn keine "unfähigen" Jungen unterwegs sind.

Die alten weis(s)en Männer passen schon auf.

Die wissen es nämlich besser. Alles Selbsterkenntnis. Oder halt, gesunder Menschenverstand.

Versteht sich doch von selbst.

Maja Schneider | So., 14. Februar 2021 - 18:57

Langsam wird er immer unerträglicher, diese ständigen Ermahnungen an die Menschen durch einen Staat, der meint unmündige Kinder vor sich zu haben und auch noch vorgibt, es gut mit ihnen zu meinen. Die Gefahr ist eher, und das zeigt sich gerade jetzt durch diese Dauerfürsorge-Propaganda, dass die Menschen mehrheitlich tatsächlich das eigene Denken weitgehend einstellen und gar nicht mehr merken, was mit ihnen geschieht, wenn sie weiter ihrer Grundrechte und Lebensfreude beraubt , unkritisch, fügsam und immer nach dem starken Staat rufend, vor sich hinleben. Das Erwachen wird bitter.