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„Wenn wir die Geschäfte nicht schnell öffnen, stirbt der Handel.“ / dpa

Textilhandel im Lockdown - „Wir sind nur das Bauernopfer, um die Mobilität der Leute einzuschränken“

Der Textileinzelhandel hat erst das Wintergeschäft verpasst und jetzt droht, die Frühjahrssaison auszufallen. Das dürften viele Geschäfte nicht überleben, sagt Axel Augustin, Mitglied der Geschäftsführung beim BTE Handelsverband Textil.

Jan Schulte

Autoreninfo

Jan Schulte, Jahrgang 1994, studierte Volkswirtschaftslehre und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln und besuchte die  Kölner Journalistenschule. Er ist Mitgründer des Wirtschaftsjournalistenbüros dreimaldrei.

So erreichen Sie Jan Schulte:

Herr Augustin, seit Mitte Dezember haben die Geschäfte aufgrund der Coronapandemie geschlossen. Wie geht es dem Einzelhandel für Textilien seit der erneuten Schließung?

Über das Jahr 2020 hinweg sind die Umsätze des Textileinzelhandels fast 30 Prozent eingebrochen. Uns geht es dramatisch schlecht. Denn wir haben gerade in einer extrem wichtigen Phase geschlossen. In der Zeit vor Weihnachten und im Januar verkaufen wir normalerweise viele unserer Waren. Bis zum Ende dieser Saison sind eigentlich die Lager leer und die Kassen voll – jetzt ist es genau umgekehrt.

Können Sie durch die Umstellung auf den Onlinehandel nicht wenigstens etwas abfangen?

Damit erreichen wir im Schnitt gerade einmal einen einstelligen Prozentbereich unseres normalen Umsatzes. Im ersten Lockdown haben noch viele Unternehmen versucht, sich online besser aufzustellen. Das ist aber gar nicht so einfach. Die Fixkosten sind besonders für kleine Händler zu hoch – und wenn einzelne Marken auch von anderen Onlinehändlern angeboten wird, konkurrieren Sie mit denen direkt im Preis. Denn der bereits etablierte Onlinehandel verkauft weiterhin – da können wir nicht mithalten.

Die Bundesregierung hat Milliardenhilfen veranlasst. Wie sehr helfen die?

Das Einzige, was bisher geholfen hat, war das Kurzarbeitergeld. Sonst hätte es womöglich schon unzählige Entlassungen gegeben. Das Geld der Hilfen im Frühjahr kam bei uns gar nicht erst an, weil wir die Auflagen, um die Hilfen zu beantragen, nicht erfüllt haben. Hier im Verband kennen wir keinen einzigen Textileinzelhändler, der darüber Geld bekommen hat.

Axel Augustin
Axel Augustin / Foto: BTE

Nun könnte man argumentieren, dass wenn Sie die Auflagen nicht erfüllt haben, es Ihnen auch noch nicht schlecht genug ging.

Der erste Lockdown begann Mitte März. Um Hilfsgelder zu bekommen, mussten Unternehmen über zwei Monate hinweg mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes eingebüßt haben. Für die Monate März und April hätten das viele Einzelhändler geschafft. Die Bundesregierung hat den März aber nicht gewertet, sondern erst den April als ersten gültigen Monat akzeptiert und den Mai als zweiten hinzugezogen. Da im Mai die Maßnahmen schon wieder gelockert wurden, hatten wir in diesem Monat bereits höhere Umsätze. Wir hatten aber im März bereits die hohen Einbußen und haben dafür keine Hilfen beantragen können.

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Heidemarie Heim | Do., 11. Februar 2021 - 15:18

Denn wenn unsere Innenstädte schon vor Corona gepflastert waren von Spielhallen, Fast Food Läden und Billig-Ramsch-Ketten, die die Lücken ehemaliger Fachgeschäfte halbwegs füllten, so werden die Einkaufswilligen sich demnächst vollends in einer in dem Fall gesichert "Qualitätstextilbefreiten" kommerziellen Einöde bewegen. In meiner Kindheit und Jugend gab es mancherorts die sogenannten Fundgruben, die schon zu diesen Zeiten dadurch bekannt waren, dass der aus der Mode gefallene Textil-Ramsch von vor 2,3 Jahren das modisch aktuellste im Verkauf war. Man aber andererseits auch Fundstücke erwerben konnte wie Nylonkittel oder Omas Liebestöter im Dreierpack, nach denen man sonst die ganze Gegend umsonst absuchte;).
Die Saison ist wohl abgehakt, genau wie die kleinen Einzelhändler, die Boutiquen welche wir mit dem Papst eröffnen wollten, sowie unser die Sinne befriedigender Einkaufsbummel;(! Meine liebste
Mitjägerin dabei dreht langsam auch am Rad;) MfG

"Ich heiße Erwin Lottemann äh Lindemann - also Erwin!"

Ich habe es nicht so mit Klamotten, bin eher ein textiler Status Quo.
Jedoch hätte ich mir eine Herren-Butikke in Wuppertal welche Erwin Lindemanns Tochter zus. mit dem Papst führte schon angetan!
Ja so eine Audienz hat es in sich, gell?
Wie das Nachbeben bei Helge "Doc" Schneider auf der Veranda!
Lachen ist einfach schön - jeder hat seinen eigenen Humor!

Nee, "Shoppen" ist nicht mein Fall. Ich bin städtisch aufgewachsen, eine Prägung die man behält. Jedoch ist "die Innenstadt als solche" nicht mehr schön; sie erwähnten es bereits.
Wenn dies das "Neue Bunte" sein soll, ist mir mein vertrautes GRAU lieber.
Ja, es gibt wahrhaftig noch schöne Altstädte, Kneipenviertel; etwa HD.
Ob C-X alles dicht und die mall/Fußi ist eh fürn Ofen!

Immerhin gibt es noch LOTTO!
Gerne auch mit Post-Service kombiniert.
Wie sonst sollte man zu einer Herren-Butikke kommen?

Schwerdonnerstag? Alaaf & Helau ihr Möhne!
mr losse de Dom in Kölle, denn do ..

Zigarettenwerbung anno dazumal: " Nanu, wer wird den in die Luft gehen, greifen Sie lieber zu HB (Amazon)."
Ich bin Einkaufsmuffel. Mag das Gedränge nicht, die teilweise Übergriffigkeit von gierigen Kunden und auch Verkäufern.
Einmal im Jahr muss ich. Meine Tocher oder mein Sohn gehen mit. Vadder in Laune halten. Nee, Einkaufen ist meist in unserer Generation noch Frauensache. Und ja, meine macht das gut. Ist immer was für mich dabei.:)
Aber mal im Ernst. Corona ist jetzt aber mal unschuldig an dem Desaster. Der Leerstand in den Innenstädten, das Sterben der Fachgeschäfte aller Art hat doch schon viel früher begonnen. Mit den Malls außerhalb der Stadt und dann mit den online Bestelldiensten aller Art. Wie für die Pandemie gemacht. Das Volk kann zu Hause bleiben, kommt ja alles mit dem Paketdienst. Da wurde einfach die Zukunft verschlafen und der Politik kein richtiger Druck gegeben, gegen Auswüchse anzugehen. Und was macht die Mittelstandsvereinigung? Genau, die kuscht, sanfte Kritik.

Christoph Kuhlmann | Do., 11. Februar 2021 - 15:52

Aber gegen den Onlinehandel kommt der stationäre Handel sowieso nur in Ausnahmefällen auf Dauer an. Eine Filiale in jedem Haushalt ist nun wirklich unschlagbar. Dazu erspart man sich den Weg in die Innenstadt mit all den Verkehrs- und Parkproblemen. Die Korona-Krise beschleunigt das ganze sicherlich. Was bleibt ist sich noch einmal in den online Abverkäufen des Einzelhandels einzudecken. Dann reicht es wieder ein par Jahre.

Die Einschläge in Form von Branchen, die finanzielle Not erleiden, kommen immer näher. Mit Aussagen wie "Die Coronakrise beschleunigt den Untergang dieser Branche" versucht man den Niedergang zu rechtfertigen. Die Regierung hofft ja bisher darauf, dass es dem überwiegenden Teil der Bevölkerung noch egal ist. Das wird sich wahrscheinlich erst ändern, wenn die Menschen bemerken, dass auch der eigene Kittel brennt. Ob der Wähler dann immer noch so leidensfähig bleibt wie jetzt, wird sich herausstellen.

Der Online-Handel florierte bereits vorher. Und er wird weiterhin zum Schrumpfen des lokalen Einzelhandels beitragen.
So wie übrigens die Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Denn dort kann man seine Riesenkarosse direkt vor der Tür parken, und findet, praktischerweise, neben dem Lebensmittel-Discounter auch noch den Billig-Schuhladen und den Kleiderladen, in dem Klamotten dank Kinderarbeit in der dritten Welt ja so billig sind.
Sowas kann man politisch regulieren, wenn man das möchte.
Dann jammert Karl-Heinz aber wieder darüber, dass es in der Nachbarstadt zwar einen XY-Markt gibt, aber die eigenen Stadtväter nichts zustande bringen, weil irgendwelche Ökos eine Wiese schützen.
Und das Einkaufserlebnis, sprich der Bummel durch die Fussgängerzone, ist ja ab und zu ganz schön, aber ständig...
Aber glücklicherweise gibt es ja den Online-Handel...
Und so tragen viele von denen, die anschließend über den Leerstand in Innenstädten meckern, selbst zur Verödung der Einkaufsstraßen bei.

Seit Jahren vermiesen doch linksgrün geprägte Stadtverwaltungen und deren Politiker das Einkaufserlebnis.
Parkplatzverknappung. Statt fliessendem Verkehr, Rotphasen und 2te Fahrspur für Fahrräder.
Dafür soll man in überfüllten oder nicht pünktlich fahrenden ÖPNV als vollbepackter Esel nach Hause fahren. Der Einzelhandel soll aufhören zu jammern. Machen doch seit einem Jahrzehnt diesen Selbstmord ohne Widerspruch mit. Corona legt diesen Wahnsinn nur offen zu Tage. Dann lieber Grüne Wiese, ohne Parkgebühr oder Bestellung.
Kann sich die linksgrüne Gemeinde ja demnächst von einem Che trallala zur Dönerbude und Lattecafe in den toten, aber autofreien Innenstädten ihr grandioses Konzept betrachten.
Und Wetten. Ist dann auch nicht gut.
Die Spinnen die Grünen.

Bettina Jung | Do., 11. Februar 2021 - 15:59

eingekauft werden kann, dann wird das Bargeld obsolet. Sicherlich, der Lebensmittelmarkt kann noch Bargeld einnehmen, aber die großen Ausgaben (Bekleidung, Schuhe, Elektro, Juwelier) sind schon mal ausgeschlossen. Ein kleiner Schritt für die Menschheit aber ein großer für die Weltbank.
Gehört zwar nicht hierher: Mein Büro befindet sich gegenüber eines Impfzentrums (Schulgebäude) davor steht ein Zelt. Jetzt 15:57Uhr stehen bei Minus 7 Grad alte 9 alte Menschen in Schlange vor dem Gebäude. Einer alten Dame wurde soeben ein Holzstuhl bereit gestellt. Ich kann gar nicht soviel essen.....Pfui diese Pharisäer in Berlin und Brüssel

Johan Odeson | Do., 11. Februar 2021 - 17:28

Denkt diese Bundeskanzlerin mit Ihrem völlig indifferenten Lockdown Ansatz, eigentlich daran, dass dieses nicht nur den stationären Handel mit seinen tausenden Arbeitsplätzen hier trifft, sondern insbesondere auch die hunderttausende Arbeitsplätze in den Herstellungsländern? Dabei handelt es sich meistens um Entwicklungsländer oder Low-Income Länder - ohne oder mit schwachem Sozialsystem. Massenentlassungen werden unausweichlich sein, denn wo Ware nicht verkauft werden kann, braucht auch keine produziert zu werden. Stattdessen beschäftigt sich das Kabinet , die EU und Heerscharen von Regierungsseits gesponserten selbsternannten Zivilgesellschaftern damit, wie Unternehmen in ihren weit verzweigten Lieferketten Menschenrechte unter Androhung von Strafe und Haftung garantieren sollen. Das muss man sich mal klar machen. Die verantwortlichen Lockdown -Politiker killen hundetausende von Arbeitsplätzen weltweit und setzen die Menschen dort dem Hungertod aus, aber Unternehmen sollen haften.

Yvonne Stange | Fr., 12. Februar 2021 - 17:27

Antwort auf von Johan Odeson

... die Textilien werden in den Herstellerländern doch sowieso und ausschließlich nur durch Kinder hergestellt, damit die Deutschen billig einkaufen können (soweit so schlicht - gedacht und geäußert). Also tut Merkel doch etwas für den Abbau der Kinderarbeit, also etwas Gutes, alles andere ist nur üble Nachrede. Meine Schwiegertochter in spe ist Filialleiterin in einer Textilkette, sie schreibt seit Herbst Bewerbungen über Bewerbungen, denn sie ist sich sicher, ihren Job zu verlieren....

Arsen Lupie | Do., 11. Februar 2021 - 17:46

Das gilt aus meiner bescheidenen westlichen "weltoffenen" Sicht wohl ebenso auch für sogenannte orientalisch "Gerupftes-Hühnchen-Frisuren-Look"-Läden, "Löcher-in-den-Hosen"-Mode oder "Orientalische Bars"...

Stattdessen staune man doch darüber, dass bereits 2018 über 200 Milliarden Euro aus Schlandistan als Sparguthaben ins Ausland floss, nicht ?

Bernhard Marquardt | Do., 11. Februar 2021 - 22:06

Die Kanzlerin wollte eigentlich eine Lockdown-Verlängerung bis 14.März. Nach etwas holprigem ersten Anlauf wird das aber über die gesenkte Inzidenzzahl auf 35 dann doch klappen. 14.März ….. da war doch was ??? Exakt, die Landtagswahlen in Baden-Württemberg. Am 10. März werden dann Lockerungen ab dem 15. in Aussicht gestellt, um das gefügige Wahlvolk günstig zu stimmen. Für die CDU in BW und den neuen Vorsitzenden Laschet, für dessen Reputation das Wahlergebnis in BW äußerst wichtig ist. Also dreht seine Schutzheilige Angela mit festem Blick auf die BW-Wahl an den Bedingungen für Lockerungsmaßnahmen. Alles andere ist Show für's Publikum. Abertausende Geschäfte, Hotels und Gaststätten, die verantwortungsbewusst sämtliche Schutzmaßnahmen ergriffen haben, gehen unter. Aber die paar Stimmen insolventer Verlierer zählen bei der eisernen Kanzlerin nicht, sondern die eigene Machterhaltung.
Übrigens: es gibt statistisch keine Übersterblichkeit bei unter 80jährigen