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Weil Krankenhäuser in Grenznähe überfüllt sind, müssen Patienten mit Krankenwagen auf andere Kliniken verteilt werden / dpa

Coronakrise in Tschechien - Keine Intensivbetten für deutsche Patienten?

Belegen deutsche Patienten in einem Krankenhaus in Tschechien wichtige Plätze für Covid-19-Patienten? Dies behauptete jedenfalls der Vize-Gesundheitsminister des Landes. Der Vorwurf läuft ins Leere. Er lenkt ab von dem Pflegenotstand, an dem Deutschland aber nicht ganz unschuldig ist.

Autoreninfo

Thomas Dudek kam 1975 im polnischen Zabrze zur Welt, wuchs jedoch in Duisburg auf. Seit seinem Studium der Geschichts­­wissen­schaft, Politik und Slawistik und einer kurzen Tätigkeit am Deutschen Polen-Institut arbei­tet er als Journalist.

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Die Tschechische Republik ist von der Corona-Pandemie so schwer betroffen wie kaum ein anderes europäisches Land. Von den 10,7 Millionen Einwohnern haben sich bisher über eine Million Menschen mit Covid-19 angesteckt. Um die 17.000 Menschen sind bisher an oder mit dem Virus gestorben. Wie dramatisch die Situation in dem Nachbarland ist, zeigen allein die am gestrigen Dienstag veröffentlichten Zahlen. Es wurden 7.663 Neuinfektionen vermeldet, 67 Verstorbene und 5.812 im Krankenhaus liegende Patienten. 81 Prozent der Intensivbetten in Tschechien waren gestern belegt.

Besonders schwer von der aktuellen Pandemie-Welle betroffen ist die an Bayern grenzende 30.000-Einwohnerstadt Eger, die zu dem Regierungsbezirk Karlsbad gehört. Allein im Januar musste das Krankenhaus von Eger 50 Intensivpatienten versorgen, wie ein Sprecher des Krankenhausträgers gegenüber der tschechischen Presse erklärte. In normalen Zeiten sind es 160 Patienten jährlich. Nicht weniger angespannt sieht die Situation auf den anderen Stationen aus.

Blockieren deutschen Patienten Intensivbetten? 

Doch ausgerechnet in dem Krankenhaus von Eger sollen Patienten aus Deutschland dringend notwendige Betten für einheimische Covid-19-Erkrankte belegen. Das behauptete am Sonntag jedenfalls der tschechische Vize-Gesundheitsminister Vladimir Černy in einem Interview mit dem Fernsehsender ČT. Von einer „relativ großen Zahl deutscher Staatsbürger“ sprach der stellvertretende Minister. Diese „sollten nach Deutschland weggeschickt werden, was aber nicht geschieht“, so Černy weiter. Es ist nicht der erste Vorwurf solcher Art. Bereits am Donnerstag vergangener Woche, als Gesundheitsminister Jan Blatný das Krankenhaus besuchte, beklagte ein Mitglied seiner Delegation die dort angeblich hohe Zahl deutscher Patienten.

In dem Fernsehinterview kritisierte Černy aber nicht nur die „relativ große Zahl“ deutscher Patienten in dem Krankenhaus von Eger. Er äußerte sich auch zu den Hilfsangeboten aus Sachsen und Bayern, tschechische Covid-19-Patienten aufzunehmen. Laut dem Gesundheitspolitiker handele es sich dabei nur eine um eine „symbolische Geste“ für zehn Patienten, die auch noch an Bedingungen geknüpft sei. Laut Černy dürfen diese nicht an der britischen Covid-19-Mutation erkrankt sei, die sich in der Region immer mehr verbreitet. Die bayerische Staatskanzlei hat das dementiert. „Unsere Hilfsangebote sind an keine Bedingungen gebunden", heißt es auf Anfragen von Cicero

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Yvonne Stange | Mi., 10. Februar 2021 - 08:47

... fällt der immer hochgelobte Vaclav Klaus in Ungnade, er gehört ja zu den Covidioten... ;-)
So schnell kann das gehen. Ansonsten läßt sich die Situation 1:1 auf Deutschland übernehmen, nur daß bei uns KEINER einen Rücktritt in Erwägung zieht trotz maximaler Böcke, die geschossen werden.
Und es ist bezeichnend, wenn es einen Krankenhaus-Tourismus in die osteuropäischen Länder gibt. Auch in Polen und Ungarn gibt es dieses Problem, wird nur nicht so skandalträchtig breitgetreten.
Die Fachkräfteabwanderung wird auch Deutschland noch bitter zu spüren bekommen, es haben noch nie so viele gut Ausgebildete unserem Land den Rücken gekehrt wie in den letzten 5 Jahren! Wer schlau ist, der geht!

Walter Bühler | Mi., 10. Februar 2021 - 08:53

Der deutsche Blick auf Europa und die deutsche Europa-Politik können sich nur verbessern, wenn in den Medien häufiger, regelmäßiger und sachlicher über die reale Lage in unseren Nachbarländern berichtet werden würde, und zwar nicht nur im Bereich der Gesundheitsversorgung.

Im eigenen Interesse sollten wir unseren Blick auf unsere Nachbarländer nicht immer nur auf ein paar Bevölkerungsteile einengen lassen, die sich in Deutschland als diversitäre und partikuläre "Bewegungen" in den medialen Vordergrund schieben können.

Die wirkliche Lage der Menschen in einem anderen Land lässt sich nicht begreifen, wenn der mediale Blick ausschließlich auf die Lage der Homosexuellen oder auf die Abtreibungsbefürworter fokussiert wird und alle anderen Lebensformen der Menschen faktisch ausgeblendet werden.

Und nun: was tun wir, dass unter unseren eigenen Kinder der Pflegebereich und der medizinische Bereich, aber überhaupt auch jedes Handwerk wieder zu einem attraktiven und anerkannten Beruf wird?

Danke, Herr Bühler, für diese ausgesprochen sachliche und begründete Frage - abseits des dauerhaft empört-gekränkten, infantilen Geschnatters über die angeblich künstlich hochgepuschte Corona-Hysterie.

Wenn man liest, dass es in Deutschland zwar Intensivebetten in ausreichender Zahl gibt, es aber an Personal fehlt, zeugt das von einer ausgesprochenen Schieflage. Gleiches gilt, wenn man sich heute darüber empört, was vor der Corona-Pandemie kaum jemanden (der nicht direkt betroffen war) interessierte: den Abbau von Krankenhausbetten.

In normalen Zeiten hören sich die Rufe ganz anders an: Wir brauchen einen schmalen Staat, existieren darf nur, was sich rechnet. Das ist nun mal im Gesundheitssektor nicht der Fall. In Deutschland hegt und pflegt man den Fetisch der Schwarzen Null. Investitionen in den öffentlichen Sektor? Mangelhaft.

Gesundheitsberufe werden mies bezahlt, bringen oft erhebliche Belastungen mit sich, bieten dafür aber kaum Aufstiegschancen.

Das muss man ändern.

Walter Bühler | Mi., 10. Februar 2021 - 11:14

Antwort auf von Gerhard Lenz

für Ihre Ergänzung.

Bernhard Jasper | Mi., 10. Februar 2021 - 16:10

Antwort auf von Walter Bühler

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P.S.: In der Ökonomie geht es ja bekanntlich um Optionssteigerungen, die auch zu einer Abkoppelung der Finanzwirtschaft von der Produktion von Waren geführt hat.

Beifall klatschen? Boni verteilen? Natürlich nach streng ausgelegten Richtlinien! Ein Corona-Patient zu wenig auf Station gehabt und schon ist der Bonus weg. Und mit der Anerkennung unserer Gesellschaft, gerade was Pflegeberufe betrifft, stand es noch nie zum Besten. Alles unterhalb des Status Doktor genießt den Ruf von zwar examinierten aber besseren Bettpfannenschiebern. Und sogar untereinander galt es als Zeichen von mangelndem Berufsethos, wenn z.B. die Examinierte statt im Krankenhaus zu arbeiten etwa in ein Altenheim wechselte. Wenn sie dort aufgrund ihrer Qualifikation auf die Idee kam nach einer Weile eine angemessene Lohnerhöhung oder Angleichung zu fordern, wurde der befristete Vertrag nicht verlängert. Denn da war ja die tschechische oder polnische Kollegin, die weit entfernt solcher Ansprüche den Job machte. Und der ehemals goldene Boden des Handwerks ist inzwischen unter einem Gebirge von Bürokratie und Steuern begraben!
Habe beide Realitäten als AN&AG erlebt! MfG

gabriele bondzio | Mi., 10. Februar 2021 - 09:49

Das die Nationalität plötzlich eine Rolle spielt, kann man(n)/frau schon als irritierend empfinden. Aber es scheint wenn es eng wird, im vielzitierten-europäischen Gedankengut, ist auch Nationalismus plötzlich wider gut, um eigenes Versagen zu verschleiern.
„Viele Fachkräfte sind in den vergangenen Jahrzehnten wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten entweder dauerhaft ausgereist, ...“... ist ja auch auf DE zutreffend. Besonders bei Ärzten und Pflegepersonal.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/117604/Kein-Engpass-bei-Intensiv…
Diese Engpass, der schon vor Corona zu beobachten war, hat mit Corona eine neue Dimension angenommen.
Gleichzeitig werden Kapazitäten in Form von Krankenhäusern geschlossen. Deutschlandweit waren es 21 Kliniken. „Von 30 weiteren Krankenhäusern ist bekannt, dass die Schließung droht oder ihr Aus abgemachte Sache ist."
https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/kliniken-werden-ge…-

Ms Frei | Mi., 10. Februar 2021 - 11:16

Ohne die qualifizierten Migranten aus faktisch allen entwickelten Ländern der Erde würde unser barockes System in wenigen Tagen implodieren.
In meiner eigenen Abteilung, mittelgroße Klinik tief im Westen arbeiten noch 1.5 Ärzte die deutschsprachig sind. 2 mit erworbener Staatsangehörigkeit aus Polen.
5 weitere arabische KollegInnen. Außerdem Kosovo, Georgien,aus Rumänien. Top !

Das ist die positive Seite der Migration.
Ein Hauptproblem ist gar nicht einmal der höhere Lohn -dem ja auch höhere Lebenshaltungskosten gegenüberstehen.

Nein, sowohl im Ostblock als auch im Orient herrschen massive Korruption in den Kliniken. Junge talentierte Ärzte arbeiten für wenige hundert Euro -während allein die Kinderbetreuung mehrfach teurer ist. Sie werden von Chefs ausgebeutet, die sich allerorten schmieren lassen und die "Beute" allein kassieren. Keine Ausbildung.
Die Jungen müssen also raus aus der Heimat -und hoffen später selbst an die Fleischtöpfe zu kommen..
Teufelskreislauf.

Liebe Frau Frei, 

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Ihre Cicero Online-Redaktion 

... auf migrantische Ärzte kann ich als Patient absolut nicht zustimmen! Das rechnet sich vielleicht für die Klinikleitung und die Aktionäre aber die Patienten fallen hinten runter! Vor allem die extrem mangelnde Sprachkenntnis verunsichert! Woher weiß ich denn, was der Arzt denn versteht, von dem, was ich sage?! Wenn er selber massive Probleme hat auch nur einen geraden deutschen Satz zu sprechen? NEIN! Das ist eine Zumutung! Dem letzten migrantischen Arzt mußte ich auf das Datum hinweisen, als er mir meine MRT-Bilder von der letzten (3 Jahren alten!) Kontrolle als aktuell verkaufen wollte! Aber um den Patienten geht es ja sowieso nur noch am Rande der Cashmaschine Krankenhaus.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 10. Februar 2021 - 14:28

Ein guter, ein sachlicher, ein sehr erhellender Artikel. Es ist schon merkwürdig. Aus dem Ostblock kommen Ärzte und Pflegekräfte, wenn sie denn bei uns anerkannt in ihrem Ausbildungsberuf arbeiten dürfen, weil in ihrem Land zu wenig bezahlt wird. Bei uns wandern viele inzwischen ins Ausland aus, weil sie trotz erstklassiger Ausbildung und Studium nicht angemessen bezahlt werden. Junge Deutsche suchen nicht mehr den Pflegeberuf, weil die Arbeitsbedingungen und das "verdiente" Geld nicht reicht, um Familie zu ernähren. Und in Tschechien kommen sie natürlich dorthin, wo ihr Beruf mehr einbringt. Anstatt das die Regierung dort die Menschen besser bezahlt, wird kurz vor den Wahlen gegen DE "geschossen", weil Deutsche dort in der Klinik liegen? Alles nur Wahlkampfgetöse, zumal Ihre Recherche die Aussagen widerlegt haben. Nur eines ist in Tschechien jedenfalls besser als bei uns. Dort tritt ein Gesundheitsminister zurück, wenn er Bockmist gemacht hat. Und bei uns? Jens, einfach nachmachen!!

Menzel Matthias | Mi., 10. Februar 2021 - 21:23

Das man populistisch auf andere zeigt und dann falsche Aussagen macht ist schon beschämend.
Aber ich sehe die vielen fehlenden Ärzte in Ost- und Südosteuropa als ein negatives Ergebnis dieses so „schönen“ Europas! Mal bitte in den Grenzregionen in die Krankenhäuser schauen! Ohne diese Ärzte jenseits der Grenze läuft nichts mehr bei uns. Dafür fehlen sie da. Noch schlimmer ist es in Rumänien und Bulgarien.
Wem nützt diese Arbeitnehmerfreizügigkeit? Den Menschen vor Ort wohl kaum. Nur den starke Staaten nutzt es. Auch die Konzerne lassen in Osteuropa für wenig produzieren.
Im Gegenzug ist die Zahlung von Brüssel in die Länder auch nur ein Almosen und wird von der Allgemeinheit finanziert. Also bitte nicht von Nettoempfängern reden. Den Gewinn durch AN von dort und durch Unternehmen, die da produzieren, geht aber nur an diese!
Ich denke so läuft im Prozess Europa einiges falsch. Da muss die Allgemeinheit lange zahlen, bis eine Nivellierung eintritt.