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Hinter der linken Kritik an Israel steckt häufig Antisemitismus / dpa

Judenhass - Der Antisemitismus und die Lebenslüge der Linken

Bis heute hält sich die Legende, ein Linker könne kein Antisemit sein, eben weil er ein Linker ist. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt, dass auch im linken politischen Spektrum schon immer Judenhass verbreitet war.

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Autoreninfo

Richard Herzinger arbeitet als Publizist in Berlin. Seine neue Website „hold these truths“ finden Sie hier: https://herzinger.org/

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Eine der hartnäckigsten identitätsstiftenden Legenden der Linken besagt, der Antisemitismus sei ausschließlich eine Erscheinungsform rechter Ideologie. Ein überzeugter Linker kann dieser Auffassung nach per definitionem kein Antisemit sein, setze er sich doch für die Emanzipation und Gleichheit aller Menschen ein. In Wahrheit ist zumindest latente Judenfeindschaft, die sich heute vor allem in einer obsessiven Verurteilung Israels Luft macht, in der sozialistischen Ideologiegeschichte strukturell angelegt.

Diese unselige Tradition geht bereits auf die Blütezeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert zurück. Die Juden fanden sich seitdem im Fadenkreuz der Ressentiments aus zwei entgegengesetzten Lagern wieder. Denn auch große Aufklärer wie Voltaire hegten heftige antijüdische Affekte – freilich aus dem umgekehrten Motiv wie die Verteidiger der alten Ordnung. Von „Rechts“ her, vonseiten der Gegenaufklärung, ging der traditionelle christliche Antijudaismus nahtlos in die Anklage über, die Juden seien als „zersetzendes“, wurzelloses Element für die Auflösung der „natürlichen“ hierarchischen Ordnung der Gesellschaft verantwortlich. Aufklärer wie Voltaire hingegen bezichtigten das Judentum, starrsinnig an einem archaischen Gottesglauben (für ihn ein „Aberglaube“) festzuhalten und damit eine Quelle des antiaufklärerischen Obskurantismus zu sein.  

„Arbeitsteilung“ in Sachen Judenfeindschaft

Es zeichnete sich so eine Art „Arbeitsteilung“ in Sachen Judenfeindschaft ab: Der Rechten galt das Judentum forthin als Urheber und Motor der verhassten aufklärerischen Moderne, der Linken hingegen ein Hort der reaktionären, den historischen Fortschritt blockierenden Antimoderne. Dabei haben die Juden ihre staatsbürgerliche Gleichstellung zweifellos dem Wirken der Aufklärung zu verdanken. Doch vielfach wurde die Judenemanzipation mit der Erwartung verbunden, nach ihrer Befreiung aus dem Getto würden sich die Juden über kurz oder lang von ihrer jahrtausendealten religiösen und kulturellen Identität verabschieden und in der egalitären Gesellschaft beziehungsweise in der Klassenfront der Ausgebeuteten und Unterdrückten aufgehen. Als dies nicht eintraf, führte das zu verstärkten Aversionen gegen die jüdische Gemeinschaft auch im „fortschrittlichen“, linken Lager,

Selbstredend waren und sind nicht alle Linken gleichermaßen für antijüdische Stereotype anfällig. Doch gerade der Glaube, die richtige „progressive“ Gesinnung immunisiere per se gegen Antisemitismus, bot und bietet diesem ein Einfallstor, sich auch im linken Spektrum (wie übrigens auch in dem der liberalen Mitte) festzusetzen.

Marx setzte das Judentum mit dem Kapital gleich

Die erste rassenantisemitische Organisation in Deutschland  – die „Antisemitenliga“ – wurde 1879 von einem Radikaldemokraten der äußersten Linken gegründet, dem Publizisten Wilhelm Marr. Der französische Frühsozialist Pierre-Joseph Proudhon hatte schon Jahre zuvor sogar die physische Ausrottung der Juden propagiert. Ein derartiger eliminatorischer Antisemitismus lag Karl Marx, dessen Briefe von antijüdischen Sottisen strotzen, zwar fern. Doch in seiner Abhandlung „Zur Judenfrage“ setzte er 1843 das Judentum mit dem Kapital gleich und schlussfolgerte, mit der Aufhebung der Kapitalherrschaft werde auch das Judentum verschwinden. Oder, wie es in der Orakelsprache seiner „Dialektik“ heißt: „Die gesellschaftliche Emanzipation des Juden ist die Emanzipation der Gesellschaft vom Judentum.“

Die Juden als nicht eindeutig historisch definierbare Gruppe – weder sind sie im Begriff des Volkes oder der Nation, noch einer Religionsgemeinschaft, und schon gar nicht einer Klasse vollständig zu fassen – standen quer zu den Rollenzuweisungen im Szenario der sozialistischen Heilsgeschichte. Ihr eigensinniger Partikularismus wurde den Juden als reaktionäre Verweigerung der Einsicht in die Gesetzmäßigkeit des historischen Fortschritts, ihr grenzüberschreitender Kosmopolitismus als Unterminierung geschlossener, „progressiver“ historischer Subjekte wie dem Nationalstaat verübelt und mit der vermeintlich entfremdenden, vereinzelnden Wirkung der Geldherrschaft in Verbindung gebracht.

Assoziation von Juden und Kapital

Paradoxerweise nahm die Judenfeindschaft von links noch zu, seit sich vom Ende des 19. Jahrhunderts an der Zionismus daran machte, den aus linker Sicht historischen „Defekt“ der Juden – ihre definitorische Ungreifbarkeit – zu beseitigen, indem er ihre Formierung zu einer modernen Staatsnation in Angriff nahm. Längst hatte die Linke für das Judentum nämlich das Schicksal vorgesehen, sich am sozialistischen Sanktnimmerleinstag dankbar in der erlösten, geeinten Menschheit aufzulösen.

Die Assoziation von Juden und Kapital machte die Linke anfällig für Klischees des Antisemitismus, wenn auch in der Regel nicht im rassenbiologischen Sinne, wie dies bei der extremen Rechten der Fall war. Nach der Gründung des Sowjetstaats kam der Verdacht hinzu, die Juden fungierten als wurzellose Agenten des ausländischen Klassenfeinds, denen es an Loyalität gegenüber dem sozialistischen Vaterland und der in ihm angeblich herrschenden proletarischen Klasse fehle. Die letzte von Stalin geplante große Säuberung sollte die Juden wegen ihres vermeintlich zersetzenden „Kosmopolitismus“ treffen.

Hatte die Sowjetunion der Gründung des Staates Israel dabei zunächst positiv gegenübergestanden, weil sie in ihm ein tendenziell sozialistisches und – namentlich gegen das britische Empire gerichtete – „antikolonialistisches“ Gebilde sah, so änderte sich dies rasch, als sich der jüdische Staat den westlichen Demokratien zuwandte und der aufkommende arabische Nationalismus den Kommunisten als lukrativer Alliierter gegen den „US-Imperialismus“ erschien. Als dessen Speerspitze im Nahen Osten wurde nun Israel bekämpft – was in sozialistischen Ländern heftige antisemitische Kampagnen nach sich zog.

Der unerklärte Krieg gegen Israel

Diese fielen in der DDR zwar weniger offen und drastisch aus als in der Sowjetunion und „Bruderländern“ wie den „Volksrepubliken“ Polen und Ungarn. Dafür tat sich das SED-Regime jedoch mit besonderem Eifer bei der Bekämpfung  Israels hervor – des Staats, der den Juden nach der Schoa Schutz und Zuflucht garantierte. Der Historiker Jeffrey Herf, der das Ausmaß der Beteiligung der DDR an den „unerklärten Kriegen gegen Israel“ untersucht hat, den die Sowjetunion und ihre Satelliten spätestens seit dem Sechstagekrieg 1967 gegen Israel führten, stellte fest, dass der SED-Staat darin eine über das vom Kreml geforderte Maß hinaus eine besonders eifrige Schlüsselrolle spielte.

Die Unterstützung von arabischen Regimes wie dem von Hafiz al-Assad in Syrien und Saddam Hussein im Irak sowie verschiedener palästinensischer Terrororganisationen durch die DDR umfasste logistische Hilfestellung, Ausrüstung und Ausbildung von Militär und Geheimdiensten. Zum zweiten Mal habe damit, so Herf, eine deutsche Regierung eine Politik verfolgt, „die in beträchtlichem Ausmaß Tod, Schaden und Leid über Juden brachte“. Wenn das Ergebnis dieser Politik auch nicht annähernd mit dem Holocaust vergleichbar ist – dass sie nach der Erfahrung dieses beispiellosen Menschheitsverbrechens betrieben wurde, macht sie umso ungeheuerlicher.

Ideologisch zurechtgebogen

Die DDR-Führung störte dabei nicht im Geringsten, dass zahlreiche arabische Führer, die Israel auslöschen wollten, nie einen Hehl aus ihrer Bewunderung für Hitler und die NS-Judenvernichtung machten. Ideologisch zurechtgebogen wurde der Krieg gegen den jüdischen Staat von den Sowjets und ihren willfährigen Ostberliner Satrapen, indem man den Zionismus kurzerhand zu einer Form des „Rassismus“ und „Faschismus“ erklärte. In der aktuellen deutschen Diskussion spielt dieser noch wenig beleuchtete Teil der DDR-Geschichte kaum eine Rolle. Würde sich die Linke, und namentlich die Linkspartei, ihm ernsthaft stellen, könnte sie die Legende von der im Kern hehren „antifaschistischen“ Grundgesinnung der DDR nicht aufrechterhalten – und damit auch nicht ihr Selbstverständnis, dieses vermeintlich ehrenwerte Vermächtnis weiterzuführen.

Doch nicht nur moskautreue Kommunisten, auch große Teile der aus der Achtundsechziger-Bewegung hervorgegangenen radikale Linken machten sich das Feindbild des „Zionismus“ als dem „imperialistischen“ Stachel im Fleisch der arabischen Welt zu eigen. Sie folgten damit der arabischen nationalistischen Propaganda, laut der es sich bei Israel um einen künstlich installierten Fremdkörper inmitten des Territoriums einer gewachsenen ethnischen Gemeinschaft handele. Unter dem Deckmantel des „Antiimperialismus“ reproduzierten sie so das antisemitische Stereotyp von den Juden als einem „fremdvölkischen“ Element, das über „angestammte“ Völker herfalle, um ihnen ihre Kraft und Identität zu rauben.

Ihre Übernahme dieser Ideologie und ihre Allianz mit von eliminatorischem Judenhass angetriebenen palästinensischen „Befreiungsorganisationen“ führte deutsche Linksterroristen in den 1970er Jahren zu gezielten Angriffen auf jüdische Einrichtungen und Personen. Das gute Gewissen, mit dem sie diese Untaten verübten, bezogen sie aus besagter, bis heute fortwirkenden Legende und ihrer tautologischen Maxime: Dass ein Linker kein Antisemit sein kann, eben weil er ein Linker ist.

Dieser Text ist zuerst auf herzinger.org erschienen.

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gabriele bondzio | Mo., 25. Januar 2021 - 14:54

und Gleichheit aller Menschen ein.“...was logisch überhaupt nicht möglich ist. Da fällt immer einer (oder mehrere) unter den Tisch, so unterschiedlich wie sich das Spektrum „Mensch“ darstellt - geprägt von Vergangenheit, Wissen, Erfahrung,... und ganz besonders von ihrer religiösen und kulturellen Identität.

Aber ein große Losung macht halt was her.

für die Emanzipation und Gleichheit aller Menschen ein.."
Da können die Linken doch einfach mal Anfangen. Es gibt da eine Religion, die insbesondere Frauen eher unterdrückt. Und Linke BP die entsprechende Staaten noch hofiert.
Und ein weiteres Märchen verbreiten die Linken auch. Das mit dem Faschismus. Den gebe es nur rächts.
Aber trotzdem ein dickes Lob an dem Autor. Jetzt müsste der Artikel nur noch von denen gelesen UND verstanden werden, die es betrifft.

Es bringt uns nicht weiter den Antisemitismus im großen Bogen bis Voltaire zu ziehen. Voltaire hatte sicher erst im vorgerückten Alter von Moses Mendelssohn und der Jüdischen Aufklärung gehört. Die Judenvernichtung der Nazizeit sollte uns allen der Schock sein, der zur Neubesinnung führen sollte. Das Problem der Juden war immer, dass ihr Lebensumfeld nie ihre kulturelle Eigenständigkeit akzeptieren wollte. Daraus wurde über die Geschichte mit verschieden Fäden der historische Antisemitismus gesponnen. Die Fäden sollten 1945 alle, und für alle, endgültig abgerissen sein. Wir können nur alle zur Besinnung rufen, dass der Zivilisationsbruch alle von Links bis Rechts zu einer Neubetrachtung veranlasst. Wir haben, und hatten immer, das Alte Testament und die Zehn Gebote mit den Juden gemeinsam.

Robert Hans Stein | Di., 26. Januar 2021 - 16:06

Antwort auf von Bernhard K. Kopp

Herzinger schreibt klar und deutlich, dass Voltaire das Judentum als RELIGION verurteilt. Gleiches tat er aber auch mit dem Christentum und ! dem Islam. Es ist wohl nicht weit hergeholt zu behaupten, Voltaire war einfach konsequent antireligiös. Und konsequente Aufklärung kann m.E. nur auf dieses Ziel hinarbeiten - auch heute. Jede Religion (inklusive der Religionssubstitute), auch das Judentum, bringt unsinnige Ansichten und Verhaltensweisen hervor, wie man gerade wieder in der Corona-Krise erkennen kann. Und dass ein überzeugter Katholik wie Spahn sich einen Dreck um die Entscheidung des BVG zum Thema "Begleitetes Sterben" kümmert, im Glauben, er könne das vielleicht dank Corona vernachlässigen, zeigt, was noch zu leisten ist im Sinne der Aufklärung. Die Auffassung Herzingers zum linken Antisemitismus teile ich heute so wie schon vor Jahrzehnten, als mir sein Politisches Feuilleton im Deutschlandradio Kraft und Hoffnung gegeben hat.

Christa Wallau | Mo., 25. Januar 2021 - 15:02

kluge Leute, sondern auch jede Menge Wohlhabende, ja sogar Super-Reiche gibt, die auf Grund ihres Geldes mit der Macht in vielen Staaten in Verbindung stehen(besonders in den USA), waren sie immer auch Neidobjekte und höchst willkommene Sündenböcke - für Linke wie für Rechte.
Das ist leicht durchschaubar.

Daß die Linken sich als die besseren Menschen vorkommen und als solche (zumindest bei uns in Deutschland) auch weitgehend anerkannt sind, ist leider auch ein Faktum.
Daher muß man ihnen immer mal wieder unter die Nase reiben, wie schief sie doch gewickelt sind, auch wenn es - momentan zumindest - wenig nützt.
Herrn Herzinger danke ich deshalb ausdrücklich für diesen Artikel.

über einen solchen Beitrag ändert nichts daran, dass "Judenhass" in erster Linie bei uns ein Produkt der politischen Rechten ist.
Besonders hässlich und offen wird das, wenn QAnon, Esoteriker und stramme Nationalisten gemeinsam dieser Tage mal wieder die jüdische Verschwörung entdeckt haben, die sich angeblich hinter Corona versteckt - welches selbstverständlich nur als Vorwand für finstere Gelüste dient.

Sicher gibt es auch bei den Linken Antisemitismus - unter dem Vorwand der Solidarität mit den unterdrückten Palästinensern. Der angebliche Einsatz für die Schwachen zeigt dabei höchst perfide Züge; man spricht dem Land Israel die Existenzberechtigung ab und macht dadurch gemeinsame Sache mit jenen, die z.B. in Chemnitz ein jüdisches Restaurant bedrohen.
Anschliessend trifft man sich in der neuen Querfront zum Protest mit Verschwörungsideologen, Esoterikern, AfDlern und anderen Rechtsextremisten - zum gemeinsamen Kampf gegen die entstehende Corona-Diktatur (Zitat Gauland).

Welch Zufall! Ich lese gerade von Jan Fleischhauer "Unter Linken. Von einem, der aus Versehen konservativ wurde". Vermutlich nicht Ihr Lieblingsjournalist. Ich hätte nicht gedacht,dass man diese Thematik auf 360 Seiten ausdehnen kann. Sehr fundiert werden Charakter und Haltungen der Linken geschildert. Da spielt Antisemitismus sehr wohl eine große Rolle! Sehr lesenswert!
Übrigens: Man muss Sie schon fast bewundern, Herr Lenz, wie Sie es schaffen, in jedem Leserbrief zwanghaft die AFD unterzubringen.

... auch wenn ich das Buch nicht kenne: Es ist für jeden halbwegs objektiv urteilenden Menschen völlig unbestreitbar, daß den Linken Antisemitismus alles andere als fremd ist! Und da ist es schlicht peinlich und selbstentlarvend, darüber zu sinnieren, daß die Rechten ja nun wirklich die (...noch!) schlimmeren Buben seien!! Wird die fortgesetzte widerwärtige Diffamierung und der Juden dadurch etwa weniger schlimm?

Letzter Satz: ja... zwanghaft mutet der besagte Herr an der Stelle tatsächlich an ;-)

Robert Merle hatte es mal gut beschrieben, worum die Juden zu großen Reichtum kommen konnte.
1.) Und Sie durften bei Ihren Glauben wuchern(Zins & später Zinseszins), was Christen untersagt war.
2.) Sie waren durch die Kaufsmannschaft über Ländergrenzen hinweg sehr gut mit neusten Informationen vernetzt. Zumal "Schnelligkeit" immer Vorteile & Gewinn brachten.
3.) Jeder Jude musste einen reisenden Juden für eine Nacht ein kostenloses Quartier & Kost zur Verfügung stellen.
4.) Bildung ist in ihrer Religion ein Muss & eine Pflicht wie Ehrensache.
5.) Da diese immer nur bei den Völkern gedultet wurden, war Loyalität zur den Herrschern immer oberste Priorität, um zu überleben.
6.) Sie dürfen viele Berufe nicht ausführen. Da sie aber sehr korrekt & mathematisch begabt waren, wurden sie von der Obrigkeit gerne als Steuereintreiber angestellt.
Deshalb auch der erste große "Pogrome" bereits im zeitigen Mittelalter in der heutigen Ukraine wegen Steuerlast & Missernten. Hinzu der schwarze Tod

Heidemarie Heim | Mo., 25. Januar 2021 - 16:09

Danke dem Cicero und Herrn Herzinger, die sich dieser Thematik annahmen! Denn dieser Beitrag beantwortet meine letzthin gestellte Frage im Zusammenhang hinsichtlich linker Vergangenheitsbewältigung, RAF-Terror sowie die Rolle der ehemaligen DDR und anderer Trabanten der SU ziemlich ausführlich. Interessant wären für mich aber auch die wirklichkeitsnahen Erfahrungen dazu durch unsere hier im Forum vertretenen "Ossis;)" -"Ich lieb` Euch doch alle";)! Was diese dazu zu sagen haben, bzw. deren Meinung. Und ob da eventuell die gleichen Verdrängungsprozesse stattfanden wie bei uns "Wessis";) nach dem Fall der Nationalsozialisten und bei unseren demokratischen Nachkriegsparteien.
Wie viel hat man da fern der kommunistischen, linken Propaganda-Maschinerie eigentlich mitbekommen? Wie gestaltete sich das jüdische Leben in einem auf Atheismus ausgelegten Staat?
Und lässt unsere m.E. aktuell defizitäre Diskussionskultur überhaupt noch zu, sich mit solchen Themen, Fragen auseinanderzusetzen? LG

Yvonne Stange | Mo., 25. Januar 2021 - 22:04

Antwort auf von Heidemarie Heim

Die Vergangenheit kann nicht geändert, nur reflektiert werden. JETZT haben wir die gleichen Zustände! Es werden Schulbücher für die Palästinenserkinder gedruckt, die vor Judenhaß nur so strotzen - mit deutschen Steuergeldern!! DAS ist der eigentliche Skandal, der unter den Teppich gekehrt wird!
Und ehe man hier als "Ossie" an den Pranger gestellt wird: das Thema gab es kaum. Die Opfer wurden am Rande erwähnt aber vor allem waren es Kommunisten aus vielen Ländern und Sowjetbürger, die im 3. Reich umgebracht wurden. Ja, es wurde viel Geld gezahlt an die PLO und Arafat war gern gesehen in der DDR. Die "Erlebnisse" mit Gast-Kindern waren eher unerfreulich, sie kamen und forderten. Ich erinnere mich speziell an den Satz: "Ihr werdet für alles bezahlen!" Als Kind hat mich das sehr geängstigt und ich war nie ein Freund dieser Leute. Meine Familie war immer pro Israel. Alle meine Bekannten mit jüdischen Wurzeln lebten ihren Glauben nicht. Ist allerdings nur meine persönliche Erfahrung.

Danke liebe Frau Stange, das mit den "Gastkindern" war mir z.B. schon mal unbekannt als "Wessine"! Ich weiß, diese Begriffe sind Quatsch mit Soße;) und Sie dürfen mir glauben, das ich meilenweit davon entfernt bin hier irgendwen an einen Pranger stellen zu wollen. Und was bei uns allen hier wie da unter den Teppich gekehrt wurde darüber brauchen wir glaube ich auch nicht streiten! Doch mich beschäftigt die Vergangenheit dahingehend, dass man bei bestimmten Themen gerade heute entgegen besseren Wissens scheinbar wieder geneigt ist, den Kopf in den Sand zu stecken! Mir wurde z.B. beim Focus K-Sperre angedroht, als ich in 2015! fragte, warum sich der Zentralrat der Juden so ausschließlich auf die Bedrohung von rechts fokussiert und die Augen vor dem zum Teil von Kindheit an eingeimpften islamischen Antisemitismus und Israelhass verschlossen hält und keinerlei Kritik am Vorgehen der Regierung äußert bzw. auf Probleme hinweist, die sich daraus ergeben könnten. Abgekanzelt! MfG

Romuald Veselic | Mo., 25. Januar 2021 - 16:11

die in Entebbe, Uganda, Jun1976, in der entführten Airbus Maschine des Air France Flug 139, die 77 jüdischen Reisenden von den anderen Passagieren selektierten. Nach altem SS/KZ-Manier. Als Handlanger irgendwelcher ihnen übergeordneten, weiteren Terroristen aus dem Palästina Terrorpool (PFLP). Bis heute entschuldigte sich stellvertretend keine linke Org für diese faschistische Untat.
Das erinnert mich an die Fassaden Graffitis in CSSR im August 1968 (Einmarsch der Rotarmee/UdSSR), wo man zwischen dem Roten Stern und Swastika, das Gleichheitszeichen setzte.

Es waren DEUTSCHE Links-Terroristen (Ernst Wilfried Böse, Brigitte Kuhlmann), die etwa 30 Jahre nach dem Ende des NS_Systems wieder Juden selektierten. Es war mit Dieter Kunzelmann ein - bis heute verharmlosend als 'Aktivist' titulierter - Polit-Verbrecher, der die Deutschen vom 'Juden-Knax befreien' wollte (wörtliches Zitat). Kunzelmann war einer der Organisatoren und Hintermännern des Brandanschlags auf das Jüdische Gemeidehaus Westberlin (9.11. 1969). Wahrscheinlich war er auch für den Anschlags auf das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde München (13.02.1970; 7 Tote) mitverantworlich.
Einige Jahre später saß dieser Herr im (West-) Berliner Abgeordneten-Haus -> für die 'ALTERNATIVE LISTE'. Man kann alles bei Wolfgang Kraushaar, Jeffrey Herf und (kürzer) bei Götz Aly nachlesen. Ein Beitrag gegen den Antisemitismus wäre es, wenn Gruene und West-Linke ihre eigene Vergangenheit und Verantwortung so intensiv aufarbeiten würden - wie sie dies von anderen Leuten ständig einfordern!

Markus Michaelis | Mo., 25. Januar 2021 - 16:23

Ich denke der Antisemitismus ist nur einer von vielen Widersprüchen, in denen alle leben. Die Linken haben etwa auch den Widerspruch, dass sie immer mit den Schwachen, Zurückgebliebenen sein müssen, dass so aber offensichtlich keine Gesellschaft funktioniert. Wenn Linke an der Macht sind, müssen auch dort die Starken und Durchsetzungsfähigen an den Schaltstellen sitzen. Mann hat den Punkt, dass man Extreme verhindert, wie leistungslose Spekulationsmilliardäre, aber selbst das kann man der Funktionalität geopfert nicht 100% einhalten.

So geht es im Prinzip allen, wobei die Linken das zusätzliche Problem haben zu den Gruppen zu gehören, die keine pragmatische Selbstdefinition haben, wie vielleicht Konservative, sondern (oft) eine des aboluten Heils für alle Menschen. Das knirscht natürlich gewaltig mit eben der Widersprüchlichkeit der Welt, der Menschen, der Dinge an sich.

helmut armbruster | Mo., 25. Januar 2021 - 17:13

so lautet jedenfalls eine der Definitionen von Hass.
Wer also Juden hasst möchte ihnen auch schaden?
Ich bezweifle ob alles, was da mit Judenhass betitelt wird, wirklich Hass ist.
Es könnte auch einfach nur Antipathie sein und diese kann jeder gegen jedermann empfinden, selbst innerhalb der eigenen Familie.
Vielleicht sollten wir also vorsichtiger mit dem Wort Hass umgehen. Denn es muss nicht immer gleich Hass sein.

Judenhaß.
Diesen wohlfeilen Unterschied haben sie zurecht angesprochen.
Daß die Linke (bis hin zur RAF ?) nicht besser sei als die Rechte, paßt der AfD-Gemeinde ins Konzept. Doch dazu muß die Wahrheit zurecht gebogen werden. Gewalttätigkeit gegen Leib und Leben als Ausfluss des Hasses, ist nun mal den Symphatisnten der Nazis eigen(Beispiele gibts genug).
Antisemitismus als Gegnerschaft gegen den Staat Israel und seiner Politik ist das Resultat einer Einheit von Staat und Religion. So wie - egal ob richtig oder falsch inhaltlich gefaßt, definiert - Kapital und Judentum, also im politischen aber nicht rassistischem Sinne. Marx, selbst jüdischer Geburt, und nachfolgend lebende + agierende Linke, Politiker wie Intellektuelle, urteilten politisch.)
Inhaltlich auf den Artikel einzugehen sprengt den Kommentarrahmen.
Nur eins: bei den Progromen früher + zuletzt, haben sich haßfreie, auf materiellen Vorteil bedachte (Gut-)Bürgerliche am "Reichtum jüdischer" Mitbürger
vergriffen.

Helmut Bachmann | Mo., 25. Januar 2021 - 17:56

Erstaunlicherweise glauben Linke von sich grundsätzlich gut zu sein in Abgrenzung zu den bösen Rechten. Kann man selbst im Forum hier immer wieder bestaunen und am besten ignorieren. Eine weitere große Lüge betrifft das Verhältnis zu Hass und Gewalt. Trotz Bolschewiki, trotz Stalin, trotz Mauer und Schießbefehl, trotz Antifa: die intelektuelle Reife vieler Linker für die Demokratie muss ebenso bestritten werden, wie bei vielen Rechten.

Tomas Poth | Mo., 25. Januar 2021 - 18:00

Das Judentum scheint eine Art Stachel (Verzeihung für diesen Ausdruck) in der Menschheitsgeschichte zu sein. Sowohl aus dem Christentum als auch dem Islam kommen viele Angriffe auf die Angehörigen dieses/r Volkes/Religion.
Egal wo sie leben sie sehen sich als ein Volk in der Diaspora, obwohl mittlerweile mehr Juden in Israel leben als außerhalb.
Die die außerhalb Israels leben sehen sich eher als Juden als in der Nationalität des Landes in dem sie Leben.
Politisch wurden sie sowohl von den Kommunisten als auch von den Nationalsozialisten instrumentalisiert, um sie als die Bösen/Schlechten zu benutzen.
Mit dem Zionismus Entstand eine Bewegung heim ins Land der Urahnen zwecks Gründung eines eigenen Staates (Nie wieder - gejagte sein)
Wir haben es hier mit vielschichtigen Konfliktlinien zu tun.
Man stelle sich vor die Polen pochen auf den Teile von MeckPom als Besitz, weil es mal vor 1000 Jahren Slawisch besiedelt war und von Boleslaw III beherrscht wurde.

Bernd Muhlack | Mo., 25. Januar 2021 - 19:49

fragte meine Mutter (damals 8J jung) in 1942 ihre Mutter, meine Oma.
Sie gingen zusammen in die Schule, waren allerbeste Freundinnen.
"Die Rahel? Ich weiß es nicht ..."
Wissen? Eher nicht - Vermutungen!
Und die Vernichtungslager Auschwitz, Majdanek, Treblinka sowie Sobibor wagte sich niemand in bösesten Alpträumen vorzustellen!

Ich zitiere oft Karl Lagerfeld, leider wird das meist "zensiert". Bekanntlich war er ein bekennender AfD-Gegner (eine Schande für D!) jedoch sagte er auch: "Ein Land welches 6 Mio Juden ermordet hat sollte sich nicht Mio von Judenhassern ins Land holen!"
q.e.d.

Man mache sich bitte ob palästinensischer Schulbücher, deren Inhalt kundig!
"Tod den Juden - Werft sie ins Meer" etc.

Und am al-Quds-Tag darf man am Brandenburger Tor problemlos israelische Flaggen abfackeln und Allahu akbar schreien!

Rahel überlebte - als Einzige!
Sie konnte sogar das Textilgeschäft der Familie übernehmen!

Aktueller Antisemitismus?
Man frage Rahel - wie Muttern 86 J
Mazel tov!

Fritz Elvers | Mo., 25. Januar 2021 - 20:51

Was soll eigentlich diese immer wieder auftauchende Diskussion bezwecken? Der deutsche Faschismus und seine ausländischen Handlanger haben ca. 6 Mill. Juden systematisch und qualvoll umgebracht und ausgeraubt. Der größte Raubmord aller Zeiten. Mitgetragen von einer feigen Generalität und beschwiegen von der überwiegenden Mehrheit des deutschen Volkes.
Linke Kritik an Israel ist etwas anderes. Sie kann nicht als Entschuldigung oder zur Relativierung dieses geisteskranken Menschheitsverbrechens dienen!

Wolfgang Z. Keller | Mo., 25. Januar 2021 - 22:23

Mein Problem ist, dass ich bis heute keine mich überzeugende Begründung dafür gehört oder gelesen habe, warum vor gut 70 Jahren eine Kolonialmacht hergehen und einem - weder am 2. Weltkrieg noch am Holocaust auch nur im Geringsten beteiligten - Volk/Staat/Gebiet erhebliche Teile wegdeklarieren und einem anderen zuteilen konnte, das ganze auch noch "völkerrechtlich" abgenickt.

Zurecht wird Chinas diesbezügliche Politik gegenüber den Uiguren und Tibetern verurteilt, und, auch wenn sich jetzt ungeheuer aufgeregt werden sollte: hatte da nicht dieser ansonsten unsägliche Ahmadinedschad Recht, wenn er sagte "Wenn schon Deutschland für den Holocaust verantwortlich war, hätte man den Juden Mecklenburg-Vorpommern zuteilen müssen!" (Von mir aus auch jedes andere Bundesland, incl. Bayern!) Huhuuu, da schäumte es aber auf allen Kanälen.
Nun denn, die Palästinenser sind halt die Indianer von heute und Juden haben vor 2000 Jahren schon mal dort gelebt: wenn DAS die Argumente sein sollen, ich danke!

Walter Bühler | Di., 26. Januar 2021 - 08:56

Herr Herzinger selbst ist wohl kein Linker. Aber das heißt noch lange nicht, dass es heute keine linken Juden mehr gibt, so wie es in Europa ja auch noch einige Linke gibt.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als es noch keinen Staat Israel gab, waren jedoch sehr viele Juden an führenden Stellen der linken Parteien aktiv. Auch die Gründergeneration in Israel gehörte großenteils zur Linken.

Wäre dies möglich gewesen, wenn linke Parteien in genau der gleicher Weise antisemitisch gewesen wären wie rechte Parteien? Das kann ich nicht glauben.

Der biologische Rassismus, der in Deutschland bis zum bitteren Ende der Massenvernichtung kultiviert worden ist, war keine linke Erfindung.

Der erste Massaker/Pogrom an Juden wurde in Andalusien/Granada - Anno 1066, auf dem Herrschaftsgebiet der Ziriden/Al-Andalus verübt. Nach heutigen Kriterien: Genozid. 1500 jüdische Familien wurde niedergemetzelt.
Ein altes antisemitisches Gedicht von Abu Ishaq, das 1066 in Granada dazu geschrieben wurde:
"Betrachtet es nicht als einen Glaubensbruch, sie (?) zu töten, der Glaubensbruch wäre, sie weitermachen zu lassen.
Sie haben unser Abkommen mit ihnen gebrochen, wie könnt ihr gegen die Übertreter schuldig sein?
Wie können sie sich auf einen Vertrag berufen, wenn wir im Schatten stehen und sie hervorragen?
Jetzt sind wir erniedrigt, stehen unter ihnen, als ob wir die Falschen wären und sie die Wahren!“
Was für ein "Fantasiegedicht" u. blumige Rechtfertigung für Massenmord... Nun, ich gehe davon aus, dass Abu Ishaq kein Nazi Prophet war.

... aber 1066 hat man die Politik auch noch nicht in "Rechte" und "Linke" eingeteilt, wie es der Artikel voraussetzt.

Der von religiösem Fanatismus getragene Mordaufruf von Abu Ishaq richtet sich - wie leider viel zu oft - gegen Andersgläubige. Die Nazis haben sich mehr auf eine moderne "wissenschaftliche" biologische Rassenlehre berufen, die im frühen 20. Jahrhundert aus dem Darwinismus entstanden ist. Damit wurde die Ausrottung von Menschenrassen begründet.

Danke Hr. Veselic, wieder etwas dazugelernt.
Das erste Judenpogrom auf heutigen deutschen Boden fand 1096 anläßlich des ersten Kreuzzuges (Volks- und Armenzug)ins Heilige Land unter Anregung/Führung von Pabst Urban II im Rheinland statt.
Wird jemals Frieden zwischen den Glaubensrichtungen einkehren, wenn jede glaubt im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein?
Heutiger Zeit sind die Christen die weltweit meist verfolgte Glaubensgruppe. Laut Opendoors 309 Mio. Schwerpunktmäßig in 50 Ländern der Erde, und wen wundert´s, es sind überwiegend die muslimischen Länder, aber auch Indien und China gehören dazu.

Ernst-Günther Konrad | Di., 26. Januar 2021 - 10:56

Mal mehr mal weniger, mal politisch begründet, mal wegen der Glaubensunterschiede, mal wegen deren "Reichtum", mal wegen deren Landzuweisung 1948. Er dauert seit über 2000 Jahre an und wird sich auch nicht von selbst auslöschen. Mir ist egal, ob linker-rechter, islamistischer Antisemitismus. Es geht um den Mensch ganz persönlich, der "nur" wegen seines Glaubens abgelehnt wird und weil man mannigfach irgendwelche teils berechtigte und teils völlig irrwitzige Stigmata mit ihnen verbindet. Herrn Herzinger ist es hervorragend gelungen, den Antisemitusmus der braunen Ideologen nicht zu relativieren, aber dennoch glasklar aufzuzeigen, dass auch LINKE in Teilbereichen antisemitisch sind. Wer sich dafür einsetzt, dass Menschen aus antijüdischen Staaten hier in DE integriert werden sollen, was selten funktioniert und sich bei antiisraelischen Sanktionen der Staatengemeinschaften und Demos gegen Israel "tot" stellt, ist nicht besser wie die braunen Dumpfbacken, er lebt es nur anders aus.