frauenquote-firmenvorstaende-boerse-cdu-spd
Mindestens eine Frau soll künftig in Vorständen vertreten sein / picture alliance

Frauenquote für Firmenvorstände - Nichts ist unmöglich

Union und SPD haben sich geeinigt: In den Vorständen börsennotierter Unternehmen soll künftig mindestens eine Frau vertreten sein. Das mag vielleicht vernünftig klingen, legt aber die Axt an einen Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

So erreichen Sie Hugo Müller-Vogg:

Die SPD hat allen Grund zum Jubeln: Eine Arbeitsgruppe von CDU/CSU und SPD hat sich auf eine Frauenquote in Vorständen börsennotierter Unternehmen verständigt. Dasselbe soll für paritätisch mitbestimmte Großunternehmen sowie für Unternehmen mit Bundesbeteiligung gelten, ebenso für Krankenkassen und andere staatliche Einrichtungen. Als „historisch“ feiert Familienministerin Franziska Giffey (SPD) diesen Beschluss und fügt hinzu: „Penetranz schafft Akzeptanz.“ Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), einst entschiedener Gegner einer Frauenquote in Vorständen, meint, es sei heute nicht mehr vermittelbar, dass es Vorstände gebe, in denen keine Frau vertreten sei. 

Einschränkung der Eigentümerrechte

Noch ist nichts endgültig entschieden. Aber es spricht vieles dafür, dass die Spitzen der Koalition den Kompromiss bald in einen Gesetzesvorschlag übernehmen. In Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern muss dann mindestens eine Frau dabei sein. Für die Eigentümer der betroffenen Unternehmen bedeutet das, ebenso wie die Frauenquote in den Aufsichtsräten, eine weitere Einschränkung ihrer Rechte. Bei der Besetzung der Quoten-Sitze soll das Geschlecht künftig das ausschlaggebende Kriterium sein – vor Können, Leistung und Erfahrung. Man kann auch sagen: Weil die SPD glaubt, den „Zeitgeist“ hinter sich zu haben, rückt die CDU/CSU von einem Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft ab – nämlich die Besetzung der Führungsspitze den Anteilseignern zu überlassen.

Man fragt sich schon, was die Union bewegt, dabei mitzumachen – außer der Sorge, von den Medien niedergemacht zu werden, falls sie nicht auf der von Berufsfeministinnen geschickt ausgelösten Welle surft. Jedenfalls lässt sich die CDU/CSU von den nach Sitzen und Stimmen wesentlich schwächeren Sozialdemokraten diktieren, was sie zu tun hat. Es hat ja längst Methode, dass die CDU/CSU schnell einknickt, wenn SPD und Grüne – medial kräftig unterstützt – auf eine andere Politik drängen. Atomausstieg, Mindestlohn, Rente mit 63, Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, Mietpreisbremse, Frauenquote in Aufsichtsräten: Da fragt man sich unwillkürlich, wo und wann die CDU/CSU das nächste Mal einknickt. Bei einer Vermögensteuer, bei Tempo 100 auf Autobahnen oder bei einer weiteren Verteuerung der Energie? Es drängt sich der Slogan auf: Nichts ist unmöglich – Union!

Wie reagiert Brinkhaus?

Dass Angela Merkel und CSU-Chef Markus Söder ihre ordnungspolitischen Überzeugungen an der Garderobe zum populistischen „Wie’s euch gefällt“-Theater abgegeben haben, ist bekannt. Fragt sich nur, wie sich jetzt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verhält. An ihrer Spitze steht bekanntlich mit Ralf Brinkhaus ein Wirtschaftspolitiker, der Wert darauf legt, dass er – im Gegensatz zu manchem Parteifreund – noch weiß, was Ordnungspolitik ist. Sein Amt verdankt er zudem dem Willen der Fraktion, nicht mehr alle Vorhaben aus dem Kanzleramt und dem Koalitionsausschuss abnicken zu müssen. Es wird spannend sein zu beobachten, ob der Wirtschaftsflügel der CDU/CSU in dieser Frage zur Abwechslung mal standhaft bleibt. 

Ob der SPD dieser Coup hilft, aus ihrem 15-Prozent-Tief herauszukommen? Werden die Kassiererinnen, Pflegekräfte, Sekretärinnen oder Reinigungskräfte jetzt in Freudentränen ausbrechen, weil mehr Frauen in die Unternehmensvorstände einziehen? Werden die nicht wenigen weiblichen Geringverdiener ob dieser emanzipatorischen Großtat wieder zur SPD zurückkehren? Wohl kaum. Der CDU/CSU wird dieses Wendemanöver ebenfalls wenig nutzen. Denn selbstverständlich werden die Hardcore-Feministinnen weiter auf die Grünen setzen, denen eine Drittel-Parität ohnehin nicht reicht. Mögliche schwarz-grüne Koalitionsverhandlungen nach der nächsten Bundestagswahl versprechen in jedem Fall viel Spannung. 

Ob die CDU/CSU es dann auch für „nicht mehr vermittelbar“ hält, dass Vorstandsbesetzungen ganz ohne Quote für Migrant*innen und Diverse von statten gehen werden? Nichts ist unmöglich.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Hans Jürgen Wienroth | So., 22. November 2020 - 11:46

Ich wäre dafür, die Frauenquote auch für MINT-Studienfächer und eine Männerquote bei z. B. Medizin, Pädagogik, Psychologie einzuführen, die heute in der Mehrheit jeweils vom anderen Geschlecht bevorzugt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bisherigen Präferenzen erst besetzt werden können, wenn die Quoten erfüllt sind. Das wäre doch ein „mutiger Schritt“ für die Gleichberechtigung.
Die Gleichstellung wird es ohnehin erst geben, wenn auch die Männer und Diverse Kinder gebären können. Das wird also noch etwas dauern.

Auch dort sollte eine Gleichberichtigung z. B. über Berufsgruppen, Dieselfahrer, SUV, Fahrradfahrer, Füssgänger ....usw. durchgeführt werden. Auch müsste eine Ausgewogenheit bzw. Gleichberechtigung von Intelligenz im BT gefordert und eingeführt werden. Plaudertaschen, von-keiner-Sachkenntnis-getrübte und sinfreihandelnde Akteure müssen durch den normalen reale denkenden Normalbürger ersetzt werden. Ein paar Nullnummern sollten schon noch im BT sitzen, um deren Anteil an der Bevölkerung zu dokumentieren. Und natürlich Andersdenkende sind unterrepräsentiert und werden zur Zeit massivst unterdrückt.
Auch sollten Esoteriker und Bombenleger gut durchmischt im BT sitzen dürfen.
Also man sieht es ist noch viel zu tun. (Satire Off)
Das Ganze ist nur noch komatös zu ertragen.

Ist es wirklich sinnvoll Entscheidungen vom Geschlecht der Bewerber abhängig zu machen? Ist Gleichberechtigung wirklich dann erreicht, wenn gleich viele weibliche und männliche Bewerber gewählt werden? Ist es dabei zu vernachlässigen dass geeignete weibliche Bewerber nicht berücksichtigt werden weil man jetzt zur Wahrung der Parität einen männlichen Bewerber braucht? Oder auch umgekehrt? Ich denke, diese Vorstellung so eine Gleichberechtigung erreichen zu können ist naiv. Gleichberechtigung setzt gleiche Chancen unabhängig vom Geschlecht voraus. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass immer gleichviel Männer und Frauen in jedem Kremium vertreten sein müssen. Das was man jetzt plant, bedeutet das Geschlecht zu einem Kriterium zu machen, welches über der Gleichberechtigung steht. Eigentlich wollte man aber doch gerade das vermeiden

Hermann Kolb | So., 22. November 2020 - 12:32

...für die zutiefst sozialistische Idee der Ergebnisgleichheit. Ein Ausbleiben derselben heisst automatisch, dass es da eine gläserne Decke, maskuline Seilschaften oder Ähnliches geben müsse, nicht etwa, dass Neigungen und Interessen der Geschlechter sich, natürlich im Durchschnitt, fundamental unterscheiden könnten.
Statt Diskriminierung zu verhindern und ausschließlich Leistungswillen, Qualifikation und Kompetenz zu fördern, wird Diskriminierung nun hochoffiziell eingeführt.
Die CDU knickt übrigens nicht ein, diese Beschreibung ist definitiv zu passiv. Sie entscheidet sich für die genannten Beispiele ganz bewusst für Emotion statt für Ratio!
Ach ja, und die FDP gefällt sich darin, sich selbst in die Versenkung zu befördern, derweil sie dringender denn je gebraucht würde in dieser ordnungspolitischen Sahara namens deutscher Bundespolitik.

gabriele bondzio | So., 22. November 2020 - 13:06

na, Herr Müller-Vogg, die Axt hat schon gewütet, mit dem ganzen Klimagetöns (erstaunt es sie nicht auch, dass man sich davon freikaufen kann).
Mit dem vorgestellten Schritt hier, ist schon das Ausästen, des/der Gefallenen eingeleitet (zumindest noch verbal). Komischerweise ist die soziale Marktwirtschaft, bei den Bürgern welche sie bräuchten, auch auf dem Absteigenden Ast.
Vielleicht, weil der politische Apparat in die eine Tasche ein paar Cent reinsteckt. Dabei gleichzeitig aus der anderen Tasche paar Euro raus zieht.

Selbst Einstein war überzeugt: "Persönlichkeiten werden nicht durch schöne Reden geformt, sondern durch Arbeit und eigne Leistung."

Aber Hauptsache Frau...

Christa Wallau | So., 22. November 2020 - 13:51

Das ist sehr schön und zutreffend ausgedrückt.

Man könnte auch sagen:
CDU/CSU sind SPD und Grüne von gestern.

Na, denn man tau!!!

Christoph Wirtz | So., 22. November 2020 - 14:06

... vernünftig: Die zugrunde liegende Annahme dieser Bevorzugung ist ja, dass Frauen in ungerechter Weise benachteiligt werden bei ihren Versuchen, solche Positionen durch Klugheit, Fleiß und gutes Netzwerken zu erreichen, so wie jeder Mann auch.

Und das bestreite ich. Dass Frauen in Vorständen nicht gemäß ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind, hat mit anderen Faktoren zu tun, z.B. persönlichen Interessen oder dem gewählten Ausbildungsweg, die dazu führen, dass nicht genügend qualifizierte Frauen für solche Führungspositionen zur Verfügung stehen.

Hier soll eine Überholspur am Wettbewerb vorbei installiert werden, aufgrund der für die Aufgabe irrelevanten Kernqualifikation "Frau", was zu einem Qualitätsverlust führen wird.

Markus Michaelis | So., 22. November 2020 - 17:05

Quoten können helfen - je nachdem. In Deutschland läuft viel Macht in den Parteien zusammen, weil darüber ein Netzwerk von Positionen besetzt wird. Um unser System der Checks&Balances nicht zu gefährden, könnte etwa eine Quote geschaffen werden für die Besetzung von Posten bei allen Firmen, Verbänden, Stiftungen, Theatern, NGOs, Sparkassen, auf die es einen staatlichen Einfluss gibt oder bei denen direkt oder indirekt Steuergelder eingesetzt werden. Da nur 1,X% der Bevölkerung in Parteien organisiert ist, sollten auch nur noch 1,X% dieser Posten an Personen mit Parteibuch vergeben werden. Das fördert Vielfalt und wirkt einer Machtkonzentration entgegen.

helmut armbruster | Mo., 23. November 2020 - 10:04

Per Gesetz oder per Quote Geschlechtergerechtigkeit herstellen zu wollen, würde nur wieder neues Unrecht erzeugen. Denn um den Quotenfrauen Platz zu machen, müssten Männer disqualifiziert werden.
Das wäre aber keine Disqualifizierung nach Qualitätsstandards, sondern auf Grund es Geschlechts.
Und das ist ungerecht und übrigens auch durch eine Reihe von neueren Gesetzen ausdrücklich verboten.
Es würde also genügen Chancengleichheit für alle herzustellen, so dass der/die tatsächlich Bessere gewinnt.

Romuald Veselic | Mo., 23. November 2020 - 13:28

Vorständen angewendet wird.
Wie wäre es mit der Frauenquote in anderen Berufen? Bergbau/Ölindustrie, Müllabfuhr, Polarforschung, Handelsmarine o. Maler/Trockenbau. Oder als Moderatorinnen für Interreligiöse Verständigung? Indem die Männer den Frauen verpflichtend die Hand geben mussten.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 23. November 2020 - 16:05

Die CDU läuft der SPD hinterher. Da werden auch die geschönten Umfrageergebnisse von 1064 befragten Personen vor dem Kanzleramt durchgeführt nichts nutzen. Welchen Prinzipien und Grundsätzen sollte die CDU/CSU auch folgen? Die haben doch keine Werte und Grundsätze mehr. Also, stimmen wir dazu, nicken wir ihr an anderer Stelle wohlwollend ab. So geht heute Politik. Die Medien sagen schon, was gebraucht und verlangt wird. Wie das Paritätsgesetz in Brandenburg und Thüringen, würde ein solcher Eingriff sicher auch bei einer entsprechenden Klage gerichtlich gekippt werden. Wenn man das will, sollte man auch klagen. Ansonsten meine Herren CEO. Kauft Euch ein Baströckchen. Übrigens: Wann werden die Beförderungen bei Beamten demnächst paritätisch abgewickelt? Da geht es "noch", zumindest nach den Buchstaben des Gesetzes, nach Eignung, Leistung und Befähigung. Mal schauen, wann Beamte die Hosen demnächst runter lassen müssen, damit man sie nachweislich paritätisch einordnen kann. DE 2020.