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Tony Blair 2020 / dpa

Tony Blair über Joe Biden - „Der Populismus ist noch nicht besiegt“

Der frühere britische Premierminister Tony Blair spricht im Interview mit Cicero über die „Special Relationship“ zwischen den USA und Großbritannien, über die weltpolitischen Vorhaben von Joe Biden und über Boris Johnsons Brexitpläne.

Tessa Szyszkowitz

Autoreninfo

Tessa Szyszkowitz ist Londoner Korrespondentin des österreichischen Wochenmagazins Profil. Im September 2018 erschien „Echte Engländer – Britannien und der Brexit“. Foto: Alex Schlacher

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Tony Blair, 67, wurde 1997 als Vertreter des Dritten Weges, einer moderaten Variante der Sozialdemokratie, zum britischen Premierminister gewählt. Blair verwandelte sein Land in „Cool Britannia“ und reformierte das britische Rechtssystem; unter ihm wurde der nordirische Friedensvertrag 1998 unterzeichnet; als Proeuropäer sprach er sich für die Osterweiterung der EU aus; Blair führte britische Truppen gemeinsam mit US-Präsident George W Bush 2003 in den Irak – dieses militärische Engagement ist bis heute sehr umstritten.

Nach seinem Rücktritt 2007 wurde Blair trotzdem vom Quartett aus USA, EU, Russland und UNO zum Sondergesandten für den Nahen Osten ernannt, eine Rolle, die er bis 2015 wahrnahm. Seitdem leitet er das Tony Blair Institute for Global Change. Cicero traf ihn mit einer Gruppe von europäischen Korrespondenten nicht in seinen Büros im Londoner Bezirk Fitzrovia, sondern wegen des englischen Corona-Lockdowns auf Zoom.

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Ernst-Günther Konrad | Fr., 13. November 2020 - 08:58

Mal kein Trump oder Johnson-Bashing, sondern eine nüchterne und sachliche Analyse aus der Sicht eines ehemaligen Premier.
" Am Ende war das eine Wahl, in der es um Covid und Charakter ging." Nicht nur Mr. Blair. Da haben zwei unterschiedliche politische Lager entschieden, die fast 50:50 gegeneinander stehen.
" ...die Linke ist da in der Gefahr, ein paar Positionen einzunehmen, die abstoßend sind."
Schade, dass sie diese Positionen nicht klar benannt haben. Ich hätte gerne gehört, was Sie darunter verstehen Mr. Blair.
Wie stark Biden (Harris) sich wieder einen transatlantischen Zusammenarbeit nähern hängt nicht allein von Biden ab. Da muss eine NATO/EU auch mitspielen. Und genau da fängt das Problem an. Ob die USA weiterhin immer dann einspringt, wenn die Europäer mal wieder uneinig und keine geschlossene Meinung zu Konflikten hat, aber es Soldaten braucht wage ich zu bezweifeln. Auch linke Amerikaner haben Alltagsprobleme, die sie zuallererst bewältigt wissen wollen. Abwarten.

Weder Blair, noch die US-Demokraten, und auch die deutschen Sozialdemokraten haben nicht, oder jedenfalls nicht ausreichend begriffen, dass sie seit ca. 30 mit der Identitätspolitik für die breite Mittelschicht abstoßend geworden sind. Es gäbe keine Marine Le Pen, keine FPÖ, und auch keine AfD, wenn die Sozialdemokraten (hier auch die CDU seit asymmetrischer Mobilisierung und Atomausstieg) und die Grünen nicht die nicht-akademische Mehrheit mit ihrer Arroganz zur Verzweiflung getrieben hätten und dies auch immer noch tun. Wenn ein Teil der US-Demokraten nicht so irre wären wie es der Fall ist, dann hätte es nach Trump einen Erdrutsch geben müssen. Selbst eine Alexandria Ocasio-Cortez erscheint, wie eine Melania Trump, auf der Cover von Vanity Fair. Nix verstanden, hoffningslos.

Ulrich Mende | Fr., 13. November 2020 - 09:05

war laut der Blair-Biographie von Tom Bower "Tony Blair - The Tragedy of Power" massgeblich für die Masseneinwanderung von 2,3 Millionen Menschen nach GB verantwortlich. Er hat dabei seine Beamten und MInister angewiesen, über das Thema "Einwanderung" zu schweigen. Nicht einmal ein "We will make it" gab es.

Gerhard Lenz | Fr., 13. November 2020 - 10:24

Antwort auf von Ulrich Mende

you've got it completely wrong, Mr. Mende.

War ja ein netter Versuch, die Migration mal wieder ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen.

Darum ging es aber überhaupt nicht in dem von Ihnen genannten Buch.

Blairs Tragik wird vielmehr in der unkritischen Akzeptanz der US-Positionen im Vorfeld des Irankrieges deutlich. Dies hat Blairs durchaus erfolgreiche, dreimalige Zeit als Premierminister stark getrübt.

Daneben beäugt Bower kritisch Blairs Nachregierungszeit, in der sich der ehemalige PM nicht zu schade war, sich mit zwielichtigen Diktatoren und Autokraten einzulassen.

Gerhard Lenz | Fr., 13. November 2020 - 11:20

Antwort auf von Gerhard Lenz

selbstverständlich war es der Irakkrieg

Fritz Elvers | Fr., 13. November 2020 - 15:03

Antwort auf von Gerhard Lenz

dass Blair dazu nicht befragt wurde. Vielleicht aus Höflichkeit?

Petra Horn | Sa., 14. November 2020 - 17:45

Antwort auf von Fritz Elvers

oder wohl eher Angst vor diesem heiklen Thema.
Die "Mächtigen" im Land, in undemokatischen Ländern heißen sie "Machthaber" haben die Medien auf ihrer Seite. Nur so ist es möglich, solche Pläne durchzuführen ohne einen mindestens lauten Unmut oder gar einen Aufstand auf der Straße oder besser noch an der Wahlurne zu provozieren.
Von Blair dürften einige gelernt haben, wie es geht. Was in der modernen Wiege der Demokratie funktioniert, funktioniert auch im Rest des Westens.

Stefan Wenzel | Fr., 13. November 2020 - 22:12

Antwort auf von Gerhard Lenz

Dr Irakkrieg hat Blairs Zeit "getrübt"? Es war ein Angriffskrieg mit 100.000en Toten, ich meine: ein Kriegsverbrechen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 13. November 2020 - 11:48

Antwort auf von Ulrich Mende

dass das Wort Einwanderung mindestens in dem Buch fällt, den Rezensionen bei Amazon nach zu beurteilen und sehe da auch keinen Widerspruch zu Debatten über ein Einwanderungsgesetz bei der SPD.
Wie Blair auf die Idee kam, die Bevölkerungszahl Englands noch zu erhöhen (Bevölkerungsdichte jetzt bei 429 pro qkm) ist mir ein Rätsel.
in einer Rezension heisst es über Blair "messianic personality"(Kleio v. 3.Mai 2016).
Wie auch immer, deutlich wird mir, dass der Zusammenhang evtl. nicht zuerst bei Merkel auftaucht.
Krieg als moralische Anstalt, als Gottesurteil?
Das ist nicht mein Gott!
Das ist auch nicht mein Mensch...
Sicher war 9/11 ein kriegerischer Angriff auf die USA und wenn er etwa legitimiert worden wäre von Staaten des Nahen Ostens ein Beleg für geradezu unterirdische politische Einschätzungen, jedoch in sich ein Terrorakt.
Darauf mit moralischem Krieg zu antworten...
Ich war zunächst auch entsetzt über diese Eskalation, fand dann aber Schröders Haltung besser als "Nahost-Inferno"

Ellen wolff | Fr., 13. November 2020 - 09:21

„ Und wir müssen uns mit den Modernisierern im Nahen Osten zusammen tun, jenen die sagen: Unsere Zukunft ist die religiöse Toleranz.“ Ja, da stimme ich voll zu. Wir müssen uns in Europa aber auch konsequent mit den säkularen aufgeklärten Muslimen zusammen tun und die radikalen konsequent in ihre Schranken verweisen. Und wir brauchen endlich Gesetze, die es ermöglichen, Gefährder aller Art in dauerhafte Sicherungsverwahrung zu nehmen. Es gibt Menschen, die ihr Recht auf Freiheit dadurch verwirkt haben, indem Sie anderen das Recht auf ein Leben in Freiheit , (dazu gehört auch die Meinungsfreiheit) durch Worte und Taten absprechen. Schon die Androhung jemanden zu ermorden sollte erst mal in die Klapse führen, dann würden sich auch wieder mehr Menschen trauen, sich gegen Mord-Drohungen zu wehren. Es gibt leider viele Beispiele dafür, dass sich Menschen aus Angst um ihr Leben oder um das ihrer Angehörigen zurück nehmen und schweigen. Das ist unter den gegebenen Umständen verständlich.

I Have Dream: Europäische Gemeinschaft (EG) ...
Die Zukunft Europas könnte wieder einen Namen haben: "Die fünftgrößte Wirtschaft in der EU ist kein Land, sondern die Gruppe der Visegrád-Länder ... Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei – ... rund 64 Millionen Einwohner ... sie ist die inzwischen am dynamischsten wachsende Region in Europa."
Das macht Hoffnung! Können diese doch die Dominanz dieser selbsternannten EU-Moral-Elite brechen und die Vision Europäische Gemeinschaft (EG) vom linksdominierten Kopf wieder auf die freiheitlich-demokratischen Füße stellen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 13. November 2020 - 10:06

in die Politik der letzten Jahrzehnte.
Ich wollte mich schon aufregen darüber, dass der Syrienkrieg möglich war, während Blair Sondergesandter war.
Ausgewachsen hat sich das dann erst später? DENNOCH
Wer ist das jetzt?
Ich mag solche Benennungen nicht, Institute For Global Change.
Besser wäre Developments.
Die Sicht auf den Populismus aller möglichen Richtungen ist mir zu flach.
Zunächst zeigte er sich evtl. bei der Linken, im Sinne von Avanti Populo, dann als Faschismus bei den Rechten, jetzt evtl. als humanistische/religiöse Aufladung bei den Konservativen?
Es geht meist um die Verbreiterung eher spezieller Interessen in die Masse hinein, durchaus aber als eine Verselbständigung von der Masse/Demokratie?
Die gesellschafts-politischen, rechtsstaatlichen und werteorientierten Prozesse innerhalb von Demokratien, aber auch anderen "Herrschafts"formen können das in Schach halten.
Calling England first? Natürlich! Das Commonwealth ver-bindet etliche Staaten (54), like the USA before:)

Clara Schwarze | Fr., 13. November 2020 - 20:14

Blair verkörpert leider in der Realität alle Gründe, warum Trump überhaupt so groß geworden ist. Aus dem Ruder geratener Finanzkapitalismus, völlig unkritische Haltung zur Einwanderung und Irak-Krieg.
Und da gibt es auch - auch zu diesem Interview - ein verbindendes Element. Diese post-Kalter-Krieges-Eliten eint alle eine Fixierung auf Wirtschaft als Allheilmittel und maßlose Selbstüberschätzung.
Die Ideen hier zeigen das auch. Jetzt soll schon wieder mal so eben schnell der Nahe Osten umgestaltet werden.
Darum - das Interview ist viel zu unkritisch.

Manfred Galler | Sa., 14. November 2020 - 12:55

Warum veröffentlichen Sie meinen Kommentar nicht?
Er war sachlich richtig und nicht beleidigend!
Können Sie keine andere Meinung gelten lassen ?
Ich dachte beim Cicero wäre der Meinungskorridor breiter, schade.