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Monika Grütters im Kreis ihrer europäischen Kollegen / dpa

Treffen der Europäischen Kulturminister - Endlich Prinzessin

Die deutsche Politik wird feudaler – auf Söders Empfang auf Herrenchiemsee folgt die Einladung Monika Grütters ins Hohenzollern-Schloss im Berliner Lustgarten. Bei dem Treffen der Kulturminister bleiben zentrale Fragen jedoch unbeantwortet – eine vertane Chance.

Ralf Hanselle / Antje Berghäuser

Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Was waren das doch für schöne Bilder. Da standen acht europäische Kulturministerinnen und –minister in einem Innenhof des Humboldt Forums im Berliner Schloss und posierten lächelnd vor Schlüters barocken Palastfassaden. Natürlich, so stolz und verschlagen wie einst Friedrich der Große auf diesem berühmten Gemälde von Anton Graff oder auch nur so salbungsvoll wie ehedem Friedrich III. auf einem Porträt Minna Pfüllers war das noch nicht, aber man übt ja auch noch die opulenten und edlen Gesten.

Und so war das, was Monika Grütters da am vergangenen Montag zusammen mit ihren angereisten Kollegen aus Belgien, Frankreich, Kroatien, Luxemburg,  den Niederlanden, Portugal, Slowenien und Spanien aufs frisch gebohnerte Parkett des demnächst eröffnenden Hohenzollern-Schlosses am Berliner Lustgarten brachte, ein angemessener, ja ein staatstragender Beginn. Schaut man sich die Gruppenfotos auf dem Twitter-Kanal der Staatsministerin genauer an, so ist man doch überrascht über die gelungene ikonische Verschmelzung von ministerialer Aufstellung und korinthischer Säulenordnung, von barockem Spiel und demokratischer Spielerei.

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Ernst-Günther Konrad | Mi., 16. September 2020 - 13:41

Worüber will Frau Grütters denn mit den anderen inhaltlich reden? In Deutschland findet doch gerade ein Kampf der "guten" Kultur gegen die "schlechte" Kultur statt.
Wundert mich schon, dass die diesen Tagungsort gewählt haben. Immerhin ist das Schloss geschichtsträchtig und war vor seiner Zerstörung im WK II der Wohnsitz des Kaisers. Hoffentlich hingen da keine Fahnen aus der Kaiserzeit herum.
Welche deutsche Kultur soll Frau Grütters denn vertreten? Darüber reden wir ja nicht mehr.
Aha. Man hat über Geld gesprochen, sicher ein gutes Essen genossen und dann?
Gerade geht die deutsche Kultur den Bach runter, wird inhaltlich und wirtschaftlich moralin- und virusgesteuert zerstört und da treffen sich dann Kulturminister zum Plausch.
Jedenfals hatte Frau Grüttner mal einen offiziellen Auftritt und wird auf diese Weise bekannt.
Da sie von Merkels Gnaden ins Amt kam, dürfte sie auch deren THC geraucht haben und natürlich viel reden, aber nichts sagen.
Okay. Hat stattgefunden. Abhaken.

Mich nicht, Herr Konrad, die "strapazierten Nerven"!...Roth erst neulich: "Mit dem Einzug der AfD sei der Sexismus der „Retromänner“ in den Bundestag zurückgekehrt. Sexismus und Antifeminismus hätten nun eine Bühne im Bundestag – und das wirke enthemmend in die Gesellschaft hinein."...da muss man(n)der Frau schon ein wenig Luxus gönnen. Luxus tröstet bekannlich über viele Dinge hinweg oder wie Maya Angelou mal sagte:„Leben wird nicht gemessen an der Zahl von Atemzügen, die wir nehmen; sondern an den Momenten, die uns den Atem nehmen.“...ich hoffe für unsere "strapazierten Damen", dass ihnen das Prinzessin sein, nicht völlig den Atem verschlagen hat :-)

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 16. September 2020 - 14:39

Herr Hanselle. Mein Kompliment.
Ich differiere etwas von Ihrer Schelte, zumal ich lese, in Detmold geboren, arbeitet in Berlin und Wien.
Lippe Detmold hat seine eigene Fürstenfamilie, deren Kinder auch öffentliche Schulen besuchten, soweit ich weiss, also keine Gräben dort zwischen Adel und Gesellschaft.
In Wien kenne ich mich nicht aus, was den Habitus anlangt, aber für Berlin muss auch viel schief gelaufen sein, wenn etwa ein Graben zwischen den Hohenzollern und der hohen parlamentarischen Demokratie verliefe?
So sollte das nicht sein.
Die feudale Kultur ist hoffentlich mittlerweile auch Erbe der ganzen Gesellschaft.
Das Kanzleramt sieht nicht schlecht aus, das Herumlaufen dort fand ich aber anstrengend.
Die Treppen viel zu offen Richtung "bodenlose" Mitte.
Ich wünsche mir Normalität in der Bundesrepublik, auch in Bezug auf die Hinterlassenschaften des Adels.
Ich bevorzuge zwar Kathedralen und Dome, aber auch nicht mit dem Gefühl, dort nur auf Zehenspitzen herumlaufen zu dürfen.

Mir ist vage in Erinnerung, dass Berliner Taxifahrer das neue Bundeskanzleramt so nannten - wegen der Architektur, nicht weil wir dort regelmäßig ausgekocht werden.