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Essentiell für gutes Kartoffelpüree: Die richtige Sorte / dpa

Mehr als nur ein Sattmacher - Wie Kartoffelpüree zur Delikatesse wird

Kartoffelpüree fungiert gemeinhin als „Sättigungsbeilage“. Dabei kann man daraus auch wahre Köstlichkeiten fabrizieren, weiß Rainer Balcerowiak zu berichten.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Bei einer kleinen Durchsicht der an dieser Stelle von mir veröffentlichten Rezeptideen (soll ja vielleicht mal ein Buch draus werden) ist mir aufgefallen, dass als Beilage oftmals ziemlich lapidar von Kartoffelpüree die Rede ist. Höchste Zeit also für ein demütiges „Mea culpa", für eine zerknirschte Entschuldigung bei allen guten Kartoffeln dieser Welt und allen Köchinnen und Köchen, die sich seit Urzeiten hingebungsvoll und manchmal auch kreativ dieser Speise widmen. Und vor allem beim leider 2018 verstorbenen französischen Sternekoch Joël Robuchon, der es 1982 wagte, Kartoffelpüree in seinem Pariser Gourmet-Restaurant „Jamin“ auf die Karte zu setzen – und damit für Begeisterungsstürme sorgte.

Auf die Sorte kommt es an

Nun geht es in dieser kleinen Kolumne wahrlich nicht darum, das Lob der Sterneköche und der Gourmet-Gastronomie zu singen. Doch auch für die heimische Zubereitung schmackhafter Speisen kann man einige Anregungen der großen Meister durchaus mit Gewinn zur Kenntnis nehmen. Wie zum Beispiel die, für Püree nicht die normalerweise empfohlenen mehlig kochenden Sorten zu verwenden, sondern würzig-nussige, festkochende Varietäten, wie etwas „La Ratte“ oder auch „Linda“.

Die kocht man je nach Größe circa 25-30 Minuten, schält sie dann und presst die Masse durch eine Kartoffelpresse in einen heißen Topf. Auf kleiner Flamme fünf Minuten ständig rühren, damit sie ordentlich Wasser verliert, aber keinesfalls bräunen oder gar anbrennen lassen. Jetzt werden kalte Butterwürfel eingerührt, bis sie sich vollkommen aufgelöst und mit der Kartoffelmasse vermischt haben. Zu guter Letzt schließlich noch heiße, aber keinesfalls kochende Milch dazu gießen und verrühren.

Hände weg von der Muskatnuss!

Gewürzt wird ausschließlich mit Salz (am besten Fleur de Sel) und frisch gemahlenem weißen Pfeffer. Aber nicht – wie oft vorgeschlagen – mit Muskatnuss, denn das würde den wunderbaren Eigengeschmack der würzigen Kartoffeln ziemlich übertönen. Achtung, dringender Warnhinweis der Geschmackspolizei: Kartoffelmasse niemals maschinell pürieren, denn nach dieser Tortur erinnert sie geschmacklich und in ihrer Konsistenz stark an Tapetenkleister!

Schon jetzt haben wir ein Kartoffelpüree, das sich sozusagen auf Sterne-Niveau bewegt, das man bedenkenlos nicht nur als Beilage, sondern auch als großartige Vorspeise servieren kann.

Aber aus eigener Erfahrung kann ich noch zwei erweiterte Varianten auf den Esstisch packen. Bei der einen wird geschälter, frischer Knollensellerie gedämpft (nicht gekocht, da verliert er zu viel Geschmack!), bis er weich ist. Dann ebenfalls durch die Kartoffelpresse und im Verhältnis eins zu drei mit dem Kartoffelpüree vermengen.

Aber bitte mit Maronen  

Die zweite Variante ist mein persönlicher All-Time-Favorite als Beilage für Wildgerichte. Das Püree dafür diesmal ohne Milch zubereiten, damit es fester wird. Als Zutat wird Maronenmus hinzugefügt. Am besten aus vorgekochten, aber ungesüßten Maronen, sonst wird der Arbeitsaufwand zu groß. Die Maronen gibt es eingeschweißt in einigermaßen gut sortierten Supermärkten.Und bitte Finger weg von der Dosenware!

Die Maronen in Milch erhitzen, anschließend sämig pürieren und im Verhältnis eins zu vier in das Püree einarbeiten. Aus der erkalteten Masse formt man flache Plätzchen, die dann vor dem Servieren mit wenig Öl in einer beschichteten Pfanne oder auf Backpapier im Ofen durcherhitzt und leicht auf beiden Seiten angebraten werden. Unbedingt probieren, denn Kartoffel-Maronen-Plätzchen sind ein kleines kulinarisches Erweckungserlebnis.

Und wenn Ihnen das alles zu viel ist, dann machen Sie halt weiterhin Kartoffelpüree aus der Tüte. Sie werden schon sehen, was sie davon haben.    

Kartoffelpüree

Zutaten für vier Personen:

800 Gr. festkochende, würzige Kartoffeln ( z.B. „La Ratte“ oder „Linda“)
100 Gr. gesalzene, kalte Butter
20 cl  Vollmilch

Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle

Kartoffel-Sellerie-Püree

Ein Drittel der Kartoffeln durch Sellerie ersetzen

Kartoffel-Maronen-Plätzchen

Ein Viertel der Kartoffeln durch vorgekochte Maronen ersetzen
    
 

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Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 29. August 2020 - 13:50

Ihren Artikel schickt der Himmel!
Ich habe nämlich momentan keine Lust auf Politik.
Wenn ich Glück habe, gibt es die Tour de France, den Giro d´Italia und die Spanienrundfahrt und wenn die Fahrer Glück haben, dazu passendes Wetter.
Wieder "lecker" zu lesen, aber m.E. werden Kartoffelpüree und Spinat überhaupt erst schmackhaft und bekömmlich mit Muskatnuss!

Bernd Muhlack | So., 30. August 2020 - 23:05

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

Hallo Frau Sehrt-Irrek!

Heißt diese Rundfahrt nicht "Vuelta á Espana"?
Ich hätte wahrhaftig nicht gedacht, dass Sie eine Freundin des professionellen Radsports sind - so ist das Leben!
Ständige Veränderungen und Überraschungen - pantha rei.

Aus meiner Sicht ist der Laden seit Lance Armstrong passé und unser "ULLE" tut mir nur noch leid - vergleiche Boris Becker.
Der Vettels Basti?
Jo mei, er fahrt hoit mit im Kreis herum.
20 mios im Johr?
Warum netta?

Tacheles!

Kartoffelpürree ist wirklich etwas Feines, so man es denn selbst macht.
Wie fast immer, rekurriere ich auf Oma Miechens Künste.
Sie hatte einen sehr massiven hölzernen "Stampfer", quasi ein Baseball-Schläger light.
Damals gab es noch umme Ecke ein "Gemüsegeschäft", Oma war täglich dort: 06:30!
"Tach Herr Knopp!" - "Hallo Frau Guenther!"

Zum genialen "Oma-Pürree" ne Pluns (Blutwurst) und Röstzwiebeln; perfekt!

"Wie heißt dat Reh mit Vornamen? - Kartoffelpü!"
Diether Krebs, Sketchup.

Bratkartoffeln sind auch klasse!

Karla Vetter | Sa., 29. August 2020 - 18:43

Den ultimativ besten Kartoffelgeschmack erreicht man wenn man die Kartoffeln nicht in Wasser kocht. In etwa gleich große Kartoffeln werden bei 180-200 Grad im Backofen (auf einem mit Backpapier ausgelegten Backblech)gegart. Die gekochten Kartoffeln werden in der Mitte durchgeschnitten und mit Schale (diese bleibt in der Presse unten hängen und kann leicht entfernt werden)gepresst. Weiterverarbeitung wie von Ihnen empfohlen. Reichlich Butter verwenden. Dies ist nicht gerade eine Fastenspeise aber unglaublich lecker, da der Kartoffelgeschmack durch das Ofengaren besonders heraus kommt.

Manfred Westphal | Sa., 29. August 2020 - 21:02

Müssen das nicht 400gr Butter sein, um das beste Ergebnis zu erzielen?
Und....als Zugabe passen auch Süsskartoffeln, Möhrchen oder Petersilienwurzeln m.E. sehr gut.

Brigitte Simon | So., 30. August 2020 - 08:36

Antwort auf von Manfred Westphal

..haben Sie recht, lieber Herr Westphal, dazu trinken wir die sahnigste Sahne.
Einfach probieren! Ein fetter Traum!
MfG

gabriele bondzio | Sa., 29. August 2020 - 21:26

Das lieben wir alle, selbst zubereitet, ein wahrer Gaumenschmaus.
Gab es übrigens heute Mittag. Meine Enkelkinder, die gerade zu Besuch sind mögen es auch. Dazu Igelwiener (selbsterfundener Name) Wiener kreuzweise einschneiden und in Butter anbraten.
Aber das mit den Maronen werde ich auch probieren. Kartoffel-Sellerie-Püree klingt auch nicht schlecht.

Brigitte Simon | So., 30. August 2020 - 09:55

Antwort auf von gabriele bondzio

Wir waren bei unseren eingeborenen römischen Freunden zum Essen einge-
laden. Es sollte eine Überraschung werden. Mit einem Rezept aus dem Koch-
buch der Römer: Aus der "Kochkunst Apicius Artemis":
Man nehme Sellerie, in Ermangelung der damals noch unbekannten Kartoffel, koche den Sellerie in Wasser mit etwas Natron, lasse ihn abtropfen.
Hacke ihn sehr fein. Dann stampfe im Mörser Pfeffer, Liebstöckel, Origanum
und Zwiebeln unter Zufügen von Wein, liquamen und Öl. Bringe diese Mischung
in einem tiefen Topf (pultarius) zum Kochen und mische sie mit dem Sellerie,
nach modernem Geschmack mit der Kartoffel. Finito!
Dieses Püree überstand unsere enge Freundschaft.

Das klingt ja auch fantastisch, Frau Simon. Obwohl sich bei Sellerie die Geister scheiden. Aber da er zu Mutters Küche gehörte, habe ich da keine Probleme. Ist ja meist die Gewöhnung von Kindheit an. Die Gerichte werden meist so weitergekocht. Ich kann sowohl auf die italienische (Vorfahren mütterlicherseits)wie auch auf ungarisch (väterlicherseits) Küche zurückgreifen. Alles was scharf ist findet meinen besonderen Beifall, da ich schon als Kleinkind, ohne mit der Wimper zu zucken, Pepperoni pur gegessen habe.