
- Migrationspolitik ist keine Sache der Kommunen
Immer mehr Kommunen wollen auf eigene Faust Flüchtlinge und Migranten aus dem überfüllten Lager Moria. holen. Damit fallen sie jedoch nicht nur dem Bundesinnenminister in den Rücken, der für Migration zuständig ist. Sie gefährden auch die Existenz der EU.
Nach einer aktuellen und repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sehen 21 Prozent der Europäer die Migration als Bedrohung für die nationale Sicherheit an. 64 Prozent der Griechen sehen das so, in Deutschland sind 24 Prozent dieser Meinung. Diese Zahl mag absolut nicht groß erscheinen. Das Thema rangiert damit aber auf Platz eins der Sorgen der europäischen Bevölkerung, gefolgt vom Klimawandel mit 17 Prozent.
Nicht nur dieser Befund macht die Dringlichkeit deutlich, dass die Europäische Union in dieser Frage endlich zu einem einheitlichen Ansatz kommen muss. Mit einigem Ach und viel Krach haben sich die Staats- und Regierungschefs beim vergangenen Gipfel auf eine gemeinsame, hunderte Milliarden Euro schwere Verschuldung für die Finanzlöcher geeinigt, die das Virus reißt. Wenn sie beim Umgang mit Migration nicht zu einer gemeinsamen Politik kommt, dann droht der Bruch an dieser Stelle in mindestens dem Maß, wie das bei den Corona-Bonds der Fall war.
Der Riss in der Asylpolitik
Deutschland hat die Europäische Union mit seiner Flüchtlingspolitik 2015 tief gespalten, und an diesem Riss hat sich seither nichts geändert. Es ist daher richtig und höchste Zeit, dass sich Bundesinnenminister Horst Seehofer bisher ebenso beharrlich wie vergeblich darum bemüht, diesen Riss mit einem gemeinsamen Konzept einer abgestimmten Asyl- und Migrationspolitik zu überwinden. Es ist deshalb falsch, wenn ihm die Kommunen aktuell in den Rücken fallen und eine kommunale Flüchtlingspolitik betreiben wollen, indem sie Migranten aus dem überfüllten Lager in Moria und anderswo direkt in ihre Gebietskörperschaften holen wollen. So menschlich nachvollziehbar dieser Reflex der Hilfe ist: Er bleibt politisch ebenso falsch wie die private Seenotrettung.