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Andreas Voßkuhle nach der Urteilsverkündung / dpa

EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts - Voßkuhles vergiftetes Vermächtnis

Das EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ein Affront gegen den Europäischen Gerichtshof und stellt die Politik vor ein fast unlösbares Problem. Was nach gelungener Machtdemonstration des scheidenden Präsidenten Voßkuhle aussieht, könnte das Ansehen des höchsten deutschen Gerichts nachhaltig beschädigen.

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Es war ein aufgeräumtes Gespräch in lockerer Atmosphäre, als Andreas Voßkuhle im Herbst 2017 zu Gast war im Cicero-Foyergespräch in Karlsruhe, übertragen bei Phoenix. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts war charmant, schlagfertig und gewährte auch persönliche Einblicke. Etwa zu der Frage, wie es sei, zum Bundesverfassungsrichter zu werden und dann auch noch zu dessen Präsidenten. Sobald man gewählt sei und gleichzeitig wisse, dass man das Richteramt von nun an zwölf Jahre ohne Chance auf eine Wiederwahl innehabe, sagte Voßkuhle, „da durchfließt Sie so ein Gefühl von großer Freiheit“. Und dieses Gefühl bleibe bestehen bis zum Ende der Amtszeit.

Vielleicht sogar mehr denn je. Die offizielle Amtszeit Voßkuhles als BVG-Präsident und Vorsitzenden des Zweiten Senats endete Anfang Mai, und mit einem großen Gong verabschiedete sich der Präsident, indem unter seiner Leitung ein Urteil zum Anleihekauf der EZB zustande kam, das diese Praxis des EZB-Chefs Mario Draghi als verfassungswidrig einstufte. Unabhängig davon, wie man zu Draghis What-Ever-It-takes-Politik steht, war dieses Urteil ein Affront, weil sich das BVG eine andere Einschätzung erlaubte als der Europäische Gerichtshof.

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Sebastian Bauer | Mo., 18. Mai 2020 - 07:55

Zitat: „.... und beiseite gelegt. Wenn das so wäre, hätte Voßkuhle dem Bundesverfassungsgericht und dessen Renommee einen Bärendienst erwiesen.“

Wieso das? Kritik verdient in diesem Fall doch die Exekutive, die offensichtlich nur den Urteilen folgt die der Exekutive in den „Kram passen“.
In meinen Augen wäre/ist dies eine ernste konstitutionelle Krise der deutschen Demokratie.

Und, Gratismut ist es auch nicht. Jedenfalls nicht wenn sie dies daran festmachen, dass das BVG für 2015 nicht ein ähnlich „mutiges“ Urteil gefällt hat.

Wenn es den Wünschen einer Minderheit entspricht?

Es geht nicht darum, "mutige" Urteile zu fällen. Eine solche Aussage impliziert, dass die Rechtsprechung abhängig wäre von der Courage der Richter wäre - sich also nicht mehr nach dem Gesetz richtet.

Voßkuhle hat sein Urteil zu den Anlagekäufen im nachhinein relativiert - das würde jetzt für ein wenig Aufregung sorgen, die sich bald wieder legen würde. Er hat ferner behauptet, das BVG wäre in ganz wenigen Fällen zuständig, auch Entscheidungen des EuGHs zu korrigieren.

Was kommt als nächstes? Dass das Oberlandesgericht xy Urteile des BVGs korrigiert, wenn verfassungsmässige Belange der jeweiligen Landesverfassung missachtet würden?

Warum ist dies überhaupt ein respektables Gericht ??? Die Art und Weise wie die Richter ernannt werden, wie ihre Amtszeit von ihren Regierungen verlängert werden kann, und, nicht zuletzt, wie die Richter bezahlt und versorgt werden - all dies lässt kein unabhängiges Gericht vermuten das auch nur den Hauch von Respekt verdient. Eine parasitäre Pfründe-Institution ohne jede Legitimation durch Bürger.

#Gerhard Lenz
Doch, es geht auch darum, "mutige" Urteile zu fällen. Richter sind dann couragiert, wenn sie sich an das Gesetz halten und nicht den Mehrheiten in der Bevölkerung, dem Willen der Regierung oder wie hier erwünscht der EU zu Willen sind.

Voßkuhle hat übrigens nicht allein geurteilt, es war ein ganzer Senat des Bundesverfassungsgerichtes. Laßt uns dieses hohe Verfassungsorgan nicht demontieren sondern stürzen und schützen!

Sorry Herr lenz,

aber Herr Voßkuhle hat nicht behauptet (wie Sie es ausdrürckten) das Recht zu haben Urteile den EuGH zu korrigieren, sondern er (bzw. das BVerfG) HAT dieses Kontrollrecht.
Es greift das Recht das ultra vires Verfahren anzuwenden.

Das mag dem EuGH zwar nicht gefallen, aber das ist egal.

Alle EU-Institutionen haben nur die Rechte die ihnen die Länder zubilligen.
Und diese Rechte können auch jederzeit wieder genommen, oder begrenzt werden.

Die Selbstherrlichkeit mit der so manche EU-Behörde agiert ist ein reiner Wunschtraum.
Oder, deftiger ausgedrückt, eine Selbstüberhöhung und schlicht dreist.

Kurz und einfach, Herr Lenz. Ein Urteil ist richtig, wenn es der geltenden Gesetzgebung entspricht. Und es ist mutig, wenn es dies auch gegen die Meinung und den Willen einer Mehrheit des Mainstreams v.a. der politisch bestimmenden Kräfte, also der "Machthaber", tut. Wenn man die Deutschen nicht entscheiden lässt, ob sie diese Art der EU, den Teuro, Haftung für Schulden anderer.... wollen, wenn man Herrn Johnson als den Leibhaftigen darstellt, weil er mutig das RICHTIGE tut, Wenn dann noch die einzige politische Kraft, die willens ist, das mutig das RICHTIGE zu tun, von Idioten dazu getrieben wird, sich selbst zu zerfleischen, anstatt sich auf ihr ehemaliges Grundanliegen aus Luckes Zeit zu besinnen, dann freue ich mich, sagen zu können, das ist nicht mehr mein Europa und auch nicht mehr mein Deutschland.

Leider ist es längst gängige Praxis in Deutschland geworden, dass eine gehörige Portion Muts erfordert, um Recht und Gesetz Geltung zu verschaffen. Wir sehen das an vielen Stellen: Dort wo sich Richter alleine ganzen Familienclans gegenübergestellt sehen, die sich in den Gerichtssälen und davor so gebährden, als könne ihnen keine Staatsgewalt mehr Einhalt Gebieten, oder dort wo ältere im Ruhestand befindliche Richter und Staatsrechtler nach langen Dienstjahren endlich den Mut finden, Rechtsbrüche der Regierung anzuprangern. In der Regel kommen dann diese späten Korrekturmaßnahmen viel zu spät, weil sich die Exekutive um Merkel darauf konzentriert hat, systematisch Fakten zu schaffen, angeblich alternativlose Fakten zu schaffen - vorbei an Traditionen, Gepflogenheiten, vorbei an Parlament und Volk, vorbei an Recht und Gesetz. Ja, früherer Einspruch hätte Mut, vermutlich die Karriere gekostet, der späte jedoch kostet die Zukunft und Alles.

Werter Herr Lenz,

Ihre Aussage, dass das BVerfG von sich behauptet in wenigen Fällen zuständig zu sein, um den EuGH zu korrigieren. ist schlicht falsch.

Denn jedes VerfG der EU-Länder hat dieses Recht.
Nennt sich Ultra-vires Akt.

Der Punkt ist doch dies:
Der EuGH sei seiner Kontrollaufgabe gegenüber der EZB überhaupt nicht nachgekommen, weil er die tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen des Programms gar nicht einbezogen hätte. Das sei methodisch nicht mehr vertretbar.

Dieses Fehlverhalten hat das BVerfG zum Anlass seines Urteils genommen.
Daher durfte unser BVerfG dieses Urteil fällen u. sich gegen den EuGH stellen.

Carola Schommer | Mo., 18. Mai 2020 - 08:21

Sie kritisieren das Urteil, weil es aufgrund seines Inhalts möglicherweise von der Politik ignoriert werden wird. Demzufolge habe Voßkuhle das Renommee des BVerfG beschädigt.
Zunächst einmal hat Voßkuhle nur eine Stimme im Senat, die auch nicht bei Stimmengleichheit ausschlaggebend wird. Ergibt sich keine Mehrheit, dann ist der Antrag abgelehnt bzw. ein Verfassungsverstoß eben nicht festgestellt.

Darüber hinaus zäumen Sie das Pferd von hinten auf, wenn Sie dem BVerfG Renommeeschädigung ihrer eigenen Institution attestieren, sofern die Politik das Urteil nicht angemessen berücksichtige.
Nach ihrer Argumentation müsste das BVerfG also im Sinne der Exekutive urteilen, um seinen eigenen Ruf bzw. Autorität zu wahren ? Damit wäre aber das Gewaltenteilungsprinzip aufgehoben.
Vielmehr muss doch die Politik sich nach dem Urteil richten, denn ignoriert sie es, begeht sie ihrerseits einen Verfassungsbruch. So herum ist es richtig !

Werte Frau Schommer,

meine Zustimmung ist Ihnen sicher.

Auch ich bin erstaunt über die Sichtweise des Herrn Schwennicke.

Das Urteil ist m. E. richtungweisend, gut und kam auch zum richtigen Zeitpunkt.

Daran herumzumäckeln hätte ich vom Cicero nicht erwartet.

Wilfried Nauck | Mo., 18. Mai 2020 - 08:29

Dass der Euro eine Mißgeburt ist, ist offensichtlich. Und dass die horrenden Ankäufe von Staatsanleien durch die EZB eine nur wenig verdeckte Staatsfinanzierung sind, auch. Wenn der EuGH in allem das letzte Wort hat, brauchen wir kein Verfassungsgericht und die Budjethoheit des deutschen Parlaments ist auch dahin. Im Kern geht es darum, ob die EU-Staaten noch eine Restsouveränität haben oder nicht. Als Merkel das Grundgesetz (Artikel 16a)brach , war ich schon ärgerlich über das Abducken des Bundesverfassungsgerichts. Da muss schon mal ausdiskutiert werden, ob Europa ein Europa der Vaterländer ist oder verdeckt Vereinigte Staaten von Europa mit pseudodemokratischem Anstrich.

... vor allem, wenn es an's Geld von jenen "Euro-Bürgern" geht, die mit die höchsten Ausgaben/Belastungen zu stemmen haben (Mieten/Steuern/Renteneintrittsalter...), da gelten nämlich nach wie vor gewaltige Unterschiede - mehr ist meinerseits dem Ganzen nicht zuzufügen!

Manfred Sonntag | Mo., 18. Mai 2020 - 15:36

Antwort auf von Wilfried Nauck

Bravo Herr Nauck! Erst werden Gesetze etc. in den Mitgliedsstaaten von Parlamenten, Regierungen, Gerichten etc. für die eigenen Länder beschlossen oder bewertet. Kurz danach erschallt in Brüssel eine "Lachsalve" mit dem Hinweis: Alles nur Spaß - wir haben uns schon eigenmächtig der Regelung ermächtigt (Subsidiaritätsprinzip). Beispiel: Migrationspakt, 2018 wurde mit viel TamTam vor der Unterschrift behauptet, alles sei FREIWILLIG. Ein halbes Jahr später hatte der EUGh den Pakt zu 99% in EU-Recht umgesetzt. Es fehlte nur 1% - und das ist die Freiwilligkeit. Egal ob man ihn ablehnt oder befürwortet, aber mit Demokratie hat das nicht im Entferntesten zu tun. Und unsere regierenden repräsentativen "Volksvertreter" nehmen es gar nicht mehr ernsthaft zur Kenntnis. Die Demokratie wurde postdemokratisch peu à peu der Brüsseler Demokratur zur weiteren Zerstörung übergeben. Und so ist es auch bei dem jetzigen Problem geschehen!

Walter Claassen | Mo., 18. Mai 2020 - 08:36

Schön, Herr Schwennicke, dass Sie Anekdoten aneinanderreihen. Ihren Kommentar zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes überwiegend auf der Basis von Anekdoten halte ich für unterkomplex.

Karl Müller | Di., 19. Mai 2020 - 09:56

Antwort auf von Walter Claassen

nicht beschädigt hat, sondern auf erhebliche Defizite des EU-Konstrukts hinweist, gefällt offenkundig nicht jedem EU-Fanatiker.

Da es sich um keinen souveränen Staat handelt, eigentlich unverständlich.

Tasso Rometsch | Mo., 18. Mai 2020 - 08:43

Lieber Herr Schwennicke,
entweder haben Sie das BVerfG Urteil nicht richtig gelesen oder Sie kennen die EU Verträge nicht.
Aber vielleicht hilft Ihnen der ausführliche Kommentar von Dieter Grimm in der heutigen FAZ ein wenig weiter.

Christa Wallau | Mo., 18. Mai 2020 - 09:03

Voßkuhles "vergiftete Hinterlassenschaft" (wie Sie es nennen, lieber Herr Schwennicks) wird Merkels Regierung u. auch weitere nicht in Bedrängnis bringen. Keine Bange! Die große Bereitschaft, sich über bestehende Urteile o. Gesetze mit allerlei fadenscheinigen Begründungen hinwegzusetzen, dürfte doch jedem hinlänglich bekannt sein, ebenso wie die Vergeßlichkeit der Bevölkerung.
Nein, dieses Urteil wird (fast) nichts an der
bisherigen Politik ändern.
Was die persönlichen Motive des Richters Voßkuhle anbetrifft, zu seinem Abgang ein Urteil g e g e n den EuGH zu fällen, so ordne ich diesen Vorgang folgendermaßen ein:
Jetzt - da er für sich persönlich nichts mehr an unangenehmen Konsequenzen zu befürchten hat -
sieht er (wie unzählige andere vor ihm bereits) die
einmalige Gelegenheit, s e i n e m eigenen Urteil zu trauen u. sich dazu zu bekennen.
Es ist der allzu bekannte Mut, der sich immer erst dann einstellt, wenn man raus aus der "Schußlinie" ist. Aber dann kommt er stets zu spät!

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 18. Mai 2020 - 09:21

dann wurde es aber wieder richtig geschrieben, Renommee. ich würde auch noch ein e weglassen und einen Akzent setzen, Renommé.
Sie sagen es Herr Schwennicke, vielleicht kann ja der neue Vorsitzende des BVG den evtl. "Rechtsbruch" Merkels anmahnen?
Vosskuhle et al haben einen Akzent gesetzt, im Sinne eines Einspruchs, eines Veto.
Es bleibt nicht die Zeit, eine neue Verfassung zu schreiben, aber dieses Vetorecht gegen Frau Merkels evtl. "Alleingänge", nicht unbedingt im Namen des Höchsten, sondern evtl. in ihrem Namen, als der Höchsten, das hätte ich mir gewünscht, weil sie evtl. die Verfassung überschritt.
Zu der Überlegung kann man auch als SPD-Mitglied kommen.
Genaugenommen hätte es evtl. der Präsident nicht unterschreiben dürfen, der irgendwann noch einmal ganz neu nachdachte, als er keine Kompetenzen mehr innehatte?
Das Urteil ist ungewöhnlich, aber das Ergebnis von evtl. Grenzüberschreitung des EuGH, die zurückwirkt auf die Kompetenzen des BVG.
Der europäische Rat ist gefragt?

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 18. Mai 2020 - 09:42

Ich kenne Herrn Voßkuhle nicht persönlich. Mich hat es jedoch gestört, dass das BVG die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit (GG der BRD) zur Grenzöffnung überhaupt an den EuGH weitergeleitet hat. Der EuGH ist für unser GG nicht zuständig. Es hat sich daher ein EU-Recht, das Dublin-Abkommen, als Basis gesucht. Danach hat der EuGH geurteilt, dass Frau Merkel auf Grundlage einer Ausnahmeregelung so handeln durfte. Das war allerdings nicht die Frage an das BVG. Das BVG hat damit den EuGH schon damals in Bedrängnis gebracht, der EuGH hätte sich in dieser Frage für nicht zuständig erklären müssen.
Wir alle wissen allerdings nicht, welchem Druck Herr Voßkuhle damals – auch durch seine Richterkollegen – ausgesetzt war und ob er die Entscheidung zur Weiterleitung als Vorsitzender beeinflusst hat oder dies konnte.
Am Ende bleibt die Frage, wie weit der EuGH die EU-Gesetze und die Einhaltung von Verträgen (z. B. zum €) für die EU auslegen kann.

Werner Peters | Mo., 18. Mai 2020 - 09:49

Stimme Ihrem Kommentar voll zu. Hielt Herrn Vosskuhle bisher für einen klugen Mann und hervorragenden Richter. Wie man sich doch täuschen kann. Das Urteil hat Deutschland null komma null Nutzen gebracht, dafür aber Europa und die EZB schwer beschädigt. Und das in einem Augenblick wo wir diese EZB dringend brauchen, um das alle zu finanzieren.

Ronald Lehmann | Mo., 18. Mai 2020 - 17:17

Antwort auf von Werner Peters

Und in Ihrer Antwort liegt der Borkenkäfer der Justitia (bitte mal googeln unter Justitia).
Wenn heutzutage ein unabhängiges Urteil von Justitia von einen gerechten & weisen.... gesprochen werden kann, dann wäre....

Wenn ich heutzutage wieder erleben muss, dass politische Schauprozess salonfähig.....

... Und vergib mir meine Schuld, wie auch ich vergebe meinen Schuldigern, und führe mich nicht in Versuchung,....

Ja, wir haben noch eine weite Entwicklung vor uns

Markus Michaelis | Mo., 18. Mai 2020 - 17:43

Antwort auf von Werner Peters

Richtig ist, dass am Ende für das BVerfG, den EuGH und die Regierungen immer der Gesamtnutzen im Vordergrund steht. Die Urteile stützen sich oft auf wenigste Worte oder Zeilen in Verträgen, die immer im Widerspruch zu anderen Stellen stehen, es entscheidet die Abwägung im Sinne des Gesamtnutzens.

Nur ganz so plump geht es auch nicht. Darüber, was der Nutzen ist, gehen die Meinungen unter den Menschen auseinander und viele Zielkonflikte zwischen den verschiedenen Prinzipien (hier dem souveränen Staat Deutschland mit seiner Verfassung und dem sich entwickelnden, mehr Souveränität anstrebenden Europa) sind so grundlegend, dass es falsch ist, die so unter den Teppich zu kehren, als wäre alles klar.

Hier ist es besser den Konflikt herauszuarbeiten und als offene politische Frage an die Bevölkerung und die Politik zu geben. Mit dem (fernen) möglichen Ausgang, dass sich D oder die EU auflöst. Ist das entschieden, ist auch wieder klar, was Nutzen ist, und was nicht.

Albert Schultheis | Di., 19. Mai 2020 - 11:39

Antwort auf von Werner Peters

Die haben da was nicht verstanden: Nicht die EZB finanziert irgendetwas - ich und Sie finanzieren!!!

Maria Arenz | Mo., 18. Mai 2020 - 10:22

Tatsache ist aber auch, daß kein Land den EUGH zu der von ihm contra legem zur alleinigen Auslegungsmaxime der "ever closer union" (die außer eine paar Träumern in Deutschland kein anders EU-Mitglied will ) ermächtigt hat und daß sich der EUGH seit Jahren um die auch ihm obligende Verpflichtung zum "judicial self restraint" in einem Maße foutiert hat, das nur durch grobe Mißachtung der unterschiedlichen Verfassungen der Migliedsländer erklärbar ist und bekanntlich auch ein wesentlicher Grund für den Brexit war. Ein denkbar intransparent besetzter Gerichtshof kann nicht das ersetzen, was -mühsam, aber unverzichtbar- an Willen zur Gemeinsamkeit wachsen muß. Gut möglich, daß das "zu -viel -zu schnell- wollen" des EUGH einmal als ein wesentlicher Grund für das Scheitern der EU bewertet wird. Eine Union, die nur noch durch Gerichtsurteile zusammengezwungen wird, kann keinen Bestand haben. Und das ist dann auch gut so.

Gerhard Fiedler | Mo., 18. Mai 2020 - 10:42

Lieber Herr Schwennicke, was schreiben Sie denn da? Das Urteil Voßkuhles war keineswegs ein unseliges. Gewiss, jenes zur Flüchtlingspolitik, das Solo Merkels für rechtswidrig zu erklären, es aber dennoch mit dem Argument "Ausnahmezustand" zu rechtfertigen, war feiger Natur. Diesen Schaden und Ansehensverlust für unser höchstes Gericht nun wieder gutmachen zu können, war doch ein Geschenk des Himmels und zwingend nötig. Massive Kritik dazu sehe ich im Volke nicht, vielmehr das Gegenteil davon. Wenn eine deutsche Politikerin, U. v. d. Leyen, dann daran arbeitet, dieses Urteil unschädlich zu machen, handelt sie gegen deutsche Interessen. Will sie denn unser Grundgesetz und höchstes Gericht abschaffen? Unser Verfassungsgericht, es lebe hoch!

gabriele bondzio | Mo., 18. Mai 2020 - 10:43

Es fällt irgendwie doch auf, dass hohe Staatsbeamte erst am Ende ihrer Karriere aus der Deckung kommen.
Man kann den Vorgang sicher mit zweierlei Maß beurteilen, Herr Schwennicke. Meine Meinung tendiert eher in Richtung, die EU hat endlich mal einen Schuss vor den Bug gebraucht.
Auch wenn ich nicht glaube, dass die EU-Titanic, dem Eisberg noch ausweichen kann.
Verkauft wird dem Bürger und Zahlmeister ja ehe nur das Sichtbare. Was sich unter der Wasseroberfläche noch so befindet (an Schulden) und was jetzt noch dazu kommt?
Historisch betrachtet, wollten die Deutschen mehrheitlich betrachtet, nie ihre DM aufgeben.
Nur mit dem Passus „keine Schulden-Gemeinschaft mit den übrigen Ländern Europas „ war der Euro überhaupt durchzusetzen. Konvergenzkriterien, wie Vermeidung von Haushaltsdefiziten (unter 3% des Bruttoinlandsproduktes) wurden im Lauf der Jahre dauernd gebrochen. Mit oft haarsträubenden Begründungen. Wer hat da nach Vertragsregeln, Recht und Gesetz gefragt?

Olle Scholz hat neulich stolz verkündet, daß D es geschafft hat, die Schuldenlast unter 60% des BIP zu drücken.
Keine weiteren Fragen...

Werner Terhaag | Mo., 18. Mai 2020 - 10:49

Handelt es sich nicht eher um eine vergiftete Hinterlassenschaft der Regierung, die ein solches Urteil überhaupt erst möglich macht ?
... und der letzte Absatz des Artikels ist eine falsche Sichtweise weil es de facto umgekehrt ist:
Nicht das BVG erweist sich einen Bärendienst sondern die Regierung ... nämlich dann, wenn sie das Urteil "nur zur Kenntnis nimmt" und es dann in die "runde Ablage" befördert.
Wenn dieses der Fall sein sollte stelle ich mir die Frage: Wie oft will die Regierung noch am BVG und vorhandenen Gesetzen vorbei handeln ... und wie lange wird dieses noch ohne Widerspruch hingenommen ?
Auf der einen Seite werden von namhaften deutschen Politikern angebliche Verstöße gegen die Verfassungen und die Rechtsstaatlichkeit in Polen und Ungarn reklamiert ...
... auf der anderen Seite steht in D die Ignoranz von BVG-Urteilen, eigenwillige Auslegung von Gesetzen und die Mißachtung von EU-Regeln.
Wie passt das zusammen ???

Klaus Decker | Mo., 18. Mai 2020 - 10:55

Lieber Herr Schwennicke, ich möchte Ihnen zugute halten, dass Sie kein Jurist sind und die anmaßende
EuGH-Rechtsprechung nicht im Einzelnen nachverfolgt haben. Das BVerfG hat lange nicht den
Mut gehabt, dieser Rechtsprechung entgegenzutreten. Die EZB betreibt Staatsfinanzierung ohne Rücksicht auf die verträge
und hat auf diese Weise eine neue Wirtschaftsordnung etabliert. Nur durch immer neue Geldströme in bisher nicht gekannter Größenordnung lässt sich dieses System aufrechterhalten. Und der EuGH - effet utile - verweigert jede ernsthafte Prüfung der Zuständigkeitsfrage. Man kann das ja wollen, aber
bitte offen und ehrlich - die Verträge sind jederzeit
änderbar!

Markus Michaelis | Mo., 18. Mai 2020 - 14:42

Antwort auf von Klaus Decker

"Man kann das ja wollen, aber
bitte offen und ehrlich - die Verträge sind jederzeit änderbar"

Ja Herr Decker, diesen Punkt habe ich auch schon genannt und will ihn nochmal unterstreichen. Herr Schwennicke argumentiert als sei die Sache ganz klar. Aber neue Verträge oder gar ein souveränes Europa müssten den Menschen offener als Frage vorgelegt werden. Politik muss immer auch etwas führen, aber wie Juncker Schritt für Schritt bis zur Unumkehrbarkeit zu gehen hat hohe Risiken.

Dr. Roland Mock | Mo., 18. Mai 2020 - 11:03

„Christine Lagarde und Ursula von der Leyen arbeiten daran, das Urteil politisch unschädlich zu machen.“ Genau das wird der Fall sein und genau so funktioniert Politik. Die sozialistische, den Interessen der Grande Nation verpflichtete EZB-Chefin und die Spezialistin für Erziehungsurlaube, schwangere SoldatInnen und ähnliche Finanzgeschäfte machen sowieso das, was sie, und nur sie und ihre Regierungschefs, für richtig halten. Welchen Grund gibt soll es dann für die obersten Richter des Landes noch geben, nicht wenigstens ihren Mund aufzumachen und Politikern die Absurdität ihres Handelns, den systematischen Ankauf von teils schrottwertigen Anleihen- vor Augen zu führen.

Brigitte Simon | Mo., 18. Mai 2020 - 14:35

Antwort auf von Dr. Roland Mock

...lieber Herr Schwennicke, einen wenig, nicht sehr durchdacht objektiven Artikel muten Sie uns zu. Sie erwähnen das im Herbst 2017 geführte Gespräch mit Herrn
Voßkuhle. Sein gestriges "Phönixgespräch" mit Herrn Bräutigam hätte Sie aufklären können.
Zurecht korrigiert Herr Voßkuhle die Allmacht der EZB. Völlig richtig. Die Reaktion Frau Lagardes - "sie muß sich als IWF-Chefin erst in die in die EZB einarbeiten - so Lagarde. Zu vdL erübrigt sich jedes Wort. Beider Sichtweise bestätigen Herrn Voßkuhles Richtigkeit. Draghis Worte"Whatever it takes" für seine unermüdlichen Anleihkäufe werden erstmals von der Deutschen Bundesbank infrage gestellt. Die Deutsche Bundesbank ist mit 26 Prozent der größte Anteilseigner der EZB. Anleihe- käufe mittlerweile 2,6 Billionen. Es entstehen etwa für Sparvermögen deutliche Verluste. Sowie keine deutlich ausreichende demokratische Kontrolle Draghis Maßnahmen der EZB.
Leider beendet Andreas Voßkuhle seine Laufbahn als Verfassungsgerichtspräsident.

Dr.Ingo Ossendorff | Mi., 27. Mai 2020 - 12:07

Antwort auf von Dr. Roland Mock

An der richtigen Stelle klar zu machen, dass Ankauf von Schrottpapieren und unsinnige Subventionen durch die Hintertür eigentlich keinen verfassungsbe-gründeten Rückhalt in Deutschland hat, kann nur goutiert werden. Ab und zu braucht auch die Politik Leitlinien damit im Übereifer der Zweck nicht die Mittel heiligt. Die USA lassen durchaus schon mal einen ihrer 50 Staaten pleite gehen ohne dass deswegen das große ganze zusammenbricht. Kalifornien kann ein Lied davon singen, ein Staat der solange prasste, bis der Strom ausging. In Europa kommt die Troika und versucht zu retten, was noch zu retten ist. Diese wird zunehmend abgelehnt, da sie wagte Verschleuderung zu verhindern. Vielleicht sollte die Politik zum Thema Wiederaufbau auch das Thema Grundsanierung ansprechen anstatt immer nur Stütze zu geben, denn nachher kann Europa vor lauter Krücken nicht mehr laufen, bevor es endgültig zusam-menbricht. Hilfe zur Selbsthilfe, aber nicht die bodenlose, deutsche, verfas-sungswidrige Gießkanne.

Jochen Röschmann | Mo., 18. Mai 2020 - 11:32

Sehr geehrter Herr Schwennicke!
Mit dem Satz
'Die Politik der Europäischen Zentralbank ist ohne jede Frage eine durch und durch europäische Zuständigkeit' stellen Sie Ihre abweichende Auffassung dem Urteil des BVG auf der inhaltlichen Ebene entgegen, aber Sie argumentieren damit zugleich auf der Meta-Ebene.
Außerdem stellt sich die Frage, ob das Gericht die jetzt naheliegenden von Ihnen benannten Bemühungen von Lagarde und v.d.Leyen antizipierend in seine Entscheidungsfindung überhaupt hätte einbeziehen dürfen?
Da wären wir doch ganz schnell wieder bei Merkels 'Alternativlosigkeit'!

Markus Michaelis | Mo., 18. Mai 2020 - 11:33

Ich sehe das anders. Noch ist die EU kein Bundesstaat, daher ist Ihre Argumentation, dass die EZB-Entscheidung eine nur europäische Zuständigkeit sei, so nicht haltbar. Die EU ist bis jetzt ein Vertragskonstrukt zwischen souveränen Staaten, dass immer unter dem Vorbehalt steht, dass die Auswirkungen national aus dem Ruder laufen. Tausende Milliarden zu "drucken" ist keine kleine Sache. Das kann man am Ende für die EU entscheiden - gerne, wenn alle das wollen. Man sollte aber nicht so tun, als gebe es das Prolem nicht.

Den Schritt zu einer souveränen EU muss man explizit vollziehen, den Menschen das auch genau so zur Wahl stellen. Dann sollte man das BVerfG und auch das GG auch explizit auf ein Abstellgleis schieben.

Das ginge auch ohne europäische Verfassung, wie England auch ohne Verfassung flexibel sich von der Monarchie zur Republik wandeln konnte - Verfassungen würden soetwas kaum zulassen.

Aber man muss es explizit machen und die Menschen fragen - nicht durch die Hintertüre.

Heidemarie Heim | Mo., 18. Mai 2020 - 15:27

Antwort auf von Markus Michaelis

Sie sagen es, lieber Herr Michaelis! Wenn die sogenannten Zuständigkeiten derart verworren und unübersichtlich sind für die Bürger der EU besteht dringender Handlungsbedarf. Rechtsausübung, Regularien und Entscheide müssen egal wie und wo getroffen auch abseits entsprechender Fachkenntnis des Einzelnen transparent und nachvollziehbar sein und bleiben. Und wie Sie bemerken, muss man den Bürgern klar sagen wohin die Reise geht und gegebenenfalls welche bisher gewohnten nationalen Institutionen man damit preisgeben muss. Das man solches tunlichst vermied und jede Kritik am System EU sofort im Keim zu ersticken sucht, zeigt zumindest mir, das der ganze Apparat bisher dazu genutzt wurde seitens der Politik, die wechselnden Zuständigkeiten nach Gusto untereinander zu vermengen und sich je nach Interessenlage aus der Verantwortlichkeit zu stehlen. Ich bin jedenfalls nicht ohne weiteres bereit unsere bisherigen Verfassungsorgane zugunsten solch intransparenter Konstrukte zu opfern! MfG

Romuald Veselic | Mo., 18. Mai 2020 - 11:41

"Was nach gelungener Machtdemonstration des scheidenden Präsidenten Voßkuhle aussieht, könnte das Ansehen des höchsten deutschen Gerichts nachhaltig beschädigen".
Da muss ich Ihnen widersprechen. Das EZB-Urteil ist v. BVG absolut korrekt u. richtig. Dem EuGH spreche ich die Kompetenzen ab, denn EuGH u. EZB sind Komplizen in einer sehr angespannter, auch monetär-wirtschaftlichen Krise. Das Geld wird entwertet nach dem Motto: "Wir brauchen mehr Lametta."
EuGH ist von nicht gewählten Personen besetzt, die sich anmaßen, das "Recht" zu formen u. den anderen aufzuzwingen, wie es ihnen situativ passt. Es ist ein Skandal!
EuGH berücksichtigt nicht die Subsidiarität u. die lokalen Besonderheiten, wie Umgang mit Steuergeldern. EuGH ist nur Fortsetzung der politischen Interessen, die je nach Lage, neu zusammengeschustert werden.

Joachim Kiess | Mo., 18. Mai 2020 - 12:13

Ob da nicht eine übergroße Europa-Begeisterung mit Ihnen durchgegangen ist.
Für den Großteil der juristisch ausgebildeten Beobachter war dieses Urteil ja inhaltlich nicht überraschend, allenfalls überraschend insoweit, als man kaum noch erwartet hatte, dass das BVerfG der Politik in Sachen Europa überhaupt noch mal in den Arm fällt (und hier ja tatsächlich nur in einer homöopathischen Dosis, wie es kürzlich der Berichterstatter beim BVerfG nannte).
Ganz klar, die europäischen Immer-weiter-so-Politiker haben jetzt ein Problem: sie können nicht mehr über eine schleichende Inflationierung via verdeckter Geldschöpfung (durch Anleihen-Kauf) einfach alle Friktionen, die sich zwischen den Mitgliedsstaaten in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht über die Jahrzehnte aufgebaut haben, einfach aussitzen bzw. in die Zukunft verlagern. Sie müssen jetzt den schmerzhaften Prozess echter Homogenisierung einleiten, was aber doch bei Gründung der Währungsunion auch versprochen worden war...

Heidemarie Heim | Mo., 18. Mai 2020 - 12:24

Doch wen interessiert denn noch was wenn man absehen kann, das Urteile egal von wem, nicht mehr den wichtigsten Grundlagen von "checks and balances" dienen? Welche verheerende Wirkung, wenn der Bürger das Gefühl hat, das sein "oberstes Kontrollorgan" aufgrund irgend welcher politischer Interessen und Maßgaben aus
Brüssel überstimmt werden kann, bzw. "angebliche"? Unabhängigkeiten einer EZB bewusst politisch instrumentalisiert werden, Regeln außer Kraft gesetzt oder gedehnt werden zum Schaden der eigenen Bevölkerung/Wirtschaft? Und sich dann noch wundern, wenn ein ohnehin strapaziertes "Restvertrauen" in unsere Institutionen endgültig schwindet! Und natürlich gebietet es die momentan desaströste Situation seit Gründung der EU, das man erst recht keine Rücksicht mehr nehmen wird auf irgendwelche ohnehin verpönten nationalen Interessen, deren Schutz und Einhaltung primär eine Aufgabe legitimierter, eigenstaatlicher bzw. hoheitlicher Kontrollinstanzen eigentlich sein sollte! MfG

Ernst-Günther Konrad | Mo., 18. Mai 2020 - 12:53

Ich teile Ihre Meinung nicht Herr Schwennicke. Auch wenn wir nur eine provisorische Verfassung haben, ist es Aufgabe des BVG alle vorgelegten und zur Entscheidung angenommenen Klagen einzig und allein im Sinne des GG zu beurteilen. Das hat der Senat getan, bei dem Herr Voßkuhle nur einer von 8 Richtern ist und auch nur eine Stimme hat. Die Mehrheit des Senats hat das so gesehen, nicht nur Herr Voßkuhle. Ich achte das BVG, wenn ich auch nicht immer alles so sehe wie die Damen und Herren in Karlsruhe, jeder hat immer an irgendeiner Stelle eine andere Sicht, respektiere ich jede Entscheidung. Die Verweisung er Entscheidung seinerzeit bezüglich der Migrationsentscheidung an den EUGH hat Frau Merkel den A... gerettet. Hätte der 2. Senat damals selbst entschieden, bin ich mir sehr sicher, wäre genauso klar und deutlich ein Rechtsbruch festgestellt worden. So hatte der EUGH noch die Möglichkeit über EU-Recht eine Ausrede für das das unverantwortliche Handeln der Kanzlerin zu finden.

Albert Schultheis | Mo., 18. Mai 2020 - 13:34

Was befähigt oder legitimiert ein Magazin bzw dessen leitenden Redakteur, das komplexe Urteil des BVerfG zu rügen? Das Urteil steht ganz offenbar mit zwei Füßen auf dem Boden des Grundgesetzes sowie auf den Abmachungen, die bisher die EU rudimentär konstituieren, denn nach wie vor mangelt es an einer verbindlichen EU-Verfassung sowie an einer zufriedenstellenden demokratischen Legitimation und Beauftragung der europäischen Behörden. Dort wurden ganz einfach Fakten geschaffen unter Umgehung grundlegender demokratische Richtlinien und man hat dazu nationale Parlamente umgangen, ausgeschaltet und die Bevölkerung absichtlich im Unklaren gelassen bzw getäuscht. Dabei wurden nicht nur nationale Gesetze gebrochen und Zuständigkeiten ausgehebelt, das gleiche geschah mit den ureigenen EU-Richtlinien. Gegen diese Praxis richtet sich das Urteil - Jahre zu spät. Was für ein Armutszeugnis für den Cicero, den ich sonst sehr schätze, wenn das Urteil in dieser Form zerrissen wird.

Klaus Damert | Mo., 18. Mai 2020 - 13:47

Ist das BVG nicht dafür da, das deutsche Recht zu schützen? Eigentlich sollte die Justiz doch konservativ sein, d.h. dafür sorgen, dass bestehendes Recht angewandt wird. Der EUGH dagegen will eigenes Recht konstruieren - an allen demokratischen Institutionen der beteiligten Länder vorbei. Das ist das Gegenteil von Demokratie. Damit hat die EU keine Zukunft.

Josef Olbrich | Mo., 18. Mai 2020 - 16:43

Die EU ist kein Bundesstaat und der europäische Gerichtshof vergisst manchmal bei seinen Urteilen diese Rechtsnorm, denn die EU hat nur so viele Befugnisse, wie die einzelnen Staaten ihr übertragen.
Und da in einer Demokratie die gewählten Volksvertreter ihr Hoheitsrecht in allen Geldangelegenheiten dieses Staates ausüben, haben sie auch ein Mitspracherecht wieviel Schulden der Staat schultern darf. Das ist der Grundkonsens des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Wenn das ausgehebelt werden sollte, brauchen wir in Zukunft keine Parlamente mehr in den einzelnen Staaten, die dann alle Macht der EU übertragen müssten. Sind dazu die Bürger in der EU bereit?

Lisa Werle | Mo., 18. Mai 2020 - 19:12

Nicht einverstanden mit Ihrem Kommentar, Herr Schwennicke.
Endlich einmal – wenn auch sehr spät – hat das Bundesverfassungsgericht der Selbstherrlichkeit des EuGH Grenzen gesetzt. Die EZB betreibt Staatsfinanzierung (der südlichen Staaten) und das ist verboten – oder gelten vertragliche Definitionen nun gar nicht mehr? Der EuGH prüft schon lange nicht mehr, ob etwas rechtlich begründet ist, sondern nickt nur noch ab, wenn und ob es der von Brüssel angestrebten ‚Vertiefung‘ der EU dient – auch gegen die Interessen der Mitgliedsstaaten. Höchste Zeit, dass das mal in den Fokus gerät. Außerdem waren wohl außer Herrn Voßkuhle noch ein paar andere Richter der gleichen Meinung wie er.

Dietrich Bomm | Mo., 18. Mai 2020 - 19:12

denn der Artikel im Feuilleton der FAZ heute, verfasst von Dieter Grimm, von 1987-1999 Richter des BVG, hat klar und eindeutig die Rechtslage im Verhältnis BVG und EuGH herausgearbeitet. Nun bin ich erschrocken über die „Kompetenzüberschreitung“ des EuGH. Vor diesem Hintergrund ist die Androhung von der Leyens gegen Deutschland vorzugehen eine einzige Fehlleistung einer Laiendarstellerin.

Heiner Greten | Mo., 18. Mai 2020 - 23:13

Endlich hat das BVerfG seine Aufgabe in der Richtung wahrgenommen, wie ich sie als Bürger des Landes erwarte. Gelegenheit dazu war schon vor vielen ähnlichen Klagen, die das Gericht hat vorbeigehen lassen. Aus meiner Sicht ist das Urteil spät, aber nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgt. Ein sogenanntes "vergiftetes Vermächtnis" kann ich nicht ansatzweise erkennen.

Jürgen Angerer | Mo., 18. Mai 2020 - 23:22

Sehr geehrter Herr Schwennicke

Nachdem ich den Cicero und speziell auch Ihre Beiträge stets mit Gewinn gelesen habe, nicht zuletzt weil sich die Artikel wohltuend vom Mainstream abheben, bin ich geradezu entsetzt über Ihren Beitrag zu Herrn Voßkuhle und das Urteil des BVG vom 5.5.20.
Selbst wenn Sie hier eine spontanen Emotion nicht unterdrücken konnten, bleibt doch festzustellen, dass sie von keinerlei Fachkenntnis getrübt zu sein scheint und den Kern des Problems nicht einmal berührt. Um sich über die zwischen BVG und EuGH strittigen Punkte zu informieren, empfehle ich Ihnen und den Lesern des Cicero daher den brillianten heute in der FAZ publizierten Artikel von Dieter Grimm, dem ehemaligen Verfassungsrichter. Er legt die grundlegenden und völlig unvermeidbaren Differenzen zwischen beiden Gerichten dar, die sowohl für Deutschland wie insbesondere für die Zukunft der EU von fundamentaler Bedeutung sind. Sie auf Eifersüchteleien zu reduzieren, erscheint geradezu als grotesk.

Bernhard Marquardt | Di., 19. Mai 2020 - 08:49

EuGH vs. BVerfG - ein Kompetenzstreit zwischen zwei rechtsstaatlich fragwürdigen Instanzen.
Von jedem Mitgliedsland der EU wird ein Richter zum EuGH entsandt. Dabei wird bei der Auswahl seitens der jeweiligen Regierung sicherlich sorgsam darauf geachtet, dass „ihr/e Richter/in“ die Interessen des eigenen Landes bei Gericht tatkräftig unterstützt. Auch gegen die Interessen andere Mitgliedsländer. Am Beispiel: Nach dem Wegfall des zweitgrößten Geldgebers England sieht sich das Häuflein der Geber einer Übermacht der Empfänger gegenüber, die nunmehr mit ihrer demokratischen Mehrheit und eben auch mit Hilfe ihrer Richter am EuGH darüber bestimmen, wie viel die Geber zu zahlen haben. Nach den Grundsätzen der EU ist Rechtsstaatlichkeit nur gewährleistet mit unabhängigen Richtern und Staatsanwälten. Die Richter des EuGH erfüllen diesen Anspruch nicht. In Wahrheit handelt es sich um juristische Lobbyisten des jeweiligen Landes. Deshalb ist eine enge Kompetenz-Begrenzung des EuGH zwingend.

Bernhard Marquardt | Di., 19. Mai 2020 - 08:53

EuGH vs. BVerfG - ein Kompetenzstreit zwischen zwei rechtsstaatlich fragwürdigen Instanzen.
In Deutschland entscheiden Regierungen und Parteigremien über die Besetzung aller wesentlichen Positionen im Justizwesen einschl. des BVerfG und kontrollieren so die Justiz. Nicht anders herum, wie es in einem demokratischen Rechtsstaat vorgesehen ist. Insofern sind die Richter am BVerfG keineswegs unabhängig gemäß Artikel 97(1) GG. Am 30.09.2009 forderte die Europäische Versammlung des Europarates in der einstimmig gefassten Resolution Nr.1685/2009 Deutschland auf, ein System der Selbstverwaltung der Justiz einzuführen und die Möglichkeit abzuschaffen, dass Justizminister der Staatsanwaltschaft Anweisungen zu einzelnen Fällen geben. Die Bundesrepublik ist bis dato dieser Aufforderung nicht gefolgt. Ohne Konsequenzen seitens der EU-Kommission wie bei anderen Staaten. Wer entscheidet über deren Maßnahmen? Quod licet Jovi non licet bovi? Man darf dem Kompetenzstreit mit Spannung entgegensehen.

Bernhard Derks | Di., 19. Mai 2020 - 09:16

Kein Affront, dessen Inhalt beleidigen Charakter hätte.
Wohl eher ein Klatsch auf den Hinterkopf, um daran zu erinnern, daß Deutschland eine Verfassung hat, die immer noch gilt.
Herr Schwennicke, ich bin von Ihnen eine differenziertere Darstellung gewohnt:
"... das diese Praxis des EZB-Chefs Mario Draghi als verfassungswidrig einstufte."
Die Praxis von Draghi ist nicht verfassungswidrig. Das würde bedeuten, daß auch andere Mitgliedsländer Probleme hätten.
Genauer gesagt ist die "Praxis" _mit unserer Verfassung_ nicht vereinbar. Und es wurde Zeit, sich mal bitteschön daran zu erinnern, daß Deutschland keine euopäische Unterwerfung im Sinn haben sollte...

Albert Schultheis | Di., 19. Mai 2020 - 10:17

Und zwar durch das jahrelange Gewährenlassen dieser Regierung bei ihrem stetigen Prozess des Umgehens des Parlaments, der Verheimlichung von Informationen dem Volk gegenüber und dem fortgesetzten Rechtsbruch, durch die fortgesetzte Duldung der klammheimlichen Verschiebung von deutschen Souveränitätsrechten hin zu demokratisch nicht legitimierten Gremien der EU, durch die Duldung der rechtsbrüchigen Gelddruckgewohnheiten Draghis, etc. Insofern war dieses Urteil lediglich ein verspäteter, aber nutzloser Versuch, Dinge geradezurücken, die man hat verderben lassen, ein falscher, kleinlicher Versuch, sich reinzuwaschen vor dem Urteil der Grschichte.

Michael Sachs | Di., 19. Mai 2020 - 14:07

Aus meiner Sicht war es doch vorhersehbar daß das BVG irgendwann mit dem EUGH in einen Verfassungsstreit gerät, das hat mit dem Abschied von Voßkuhle meiner Meinung nach erst mal nichts zu tun, im Gegenteil die gesamte Politik von Merkel ist doch gegen die Verfassung gerichtet, die Verfassung ist Merkel selbst, es interessiert sie überhaupt nicht was die Verfassung oder das Grundgesetz sagt, spätestens seit der unbeschränkten Migration die ja nicht mal zu Coronazeiten zurück gefahren wurde, wie lange glaubt denn die Regierung das sie der Verfassung u. den Gesetzen noch auf der Nase herumtanzen kann, es wird sich doch im Prinzip kaum mehr an irgendein Gesetz gehalten, ich erinnere an Kimmrich der verfassungsmäßig gewählt wurde u. von Frau Merkel aus Afrika per Befehl abgesetzt wurde u. alle haben sich dem unterworfen wie in der DDR, das ein Herr Lindner das mitträgt u. nicht aufsteht ist eine demokratische Schande u. nicht wieder gut zu machen.

Andreas Berlin | Di., 19. Mai 2020 - 14:39

Schade, Herr Schwennicke, dass Sie als seriöser Journalist ein mutiges Vorgehen diskreditieren! Buhlen Sie gerade um die Millionen, die die Bundesregierung den Medien zur Gewährleistung einer "sachgerechten Berichterstattung" in Aussicht stellt? Staatsknete für Staatsmeinung? Zunächst die EWG und dann die EG zeichnete sich durch eine sinnvolle Zusammenarbeit zum Nutzen der Mitgliedsländer aus. Was, Herr Schwennicke, ist davon in den vergangenen 10 Jahren noch wiederzuerkennen? Die Geldschwemme der EZB bringt keine Lösung für auch nur ein einziges Problem, sondern schafft unzählige Neue. Und das Handeln ist zudem unzulässig. Das hat übrigens nicht Herr Voßkuhle so eingeschätzt, sondern das höchstrichterliche Gremium, welches für den Schutz des deutschen Grundgesetzes zuständig ist. Das zumindest sollte Ihnen etwas wert sein, auch wenn Sie persönlich vielleicht anders entschieden hätten. Und diese Überzeugung können Sie frei äußern - Dank unseres Grundgesetzes!