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BMI-Referent Stephan Kohn ist inzwischen beurlaubt worden / dpa

Geleaktes Papier aus dem Bundesinnenministerium - „Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts sind nicht aussagekräftig“

Stephan Kohn, Referent im Innenministerium, wirft der Regierung vor, der Lockdown sei ein Fehlalarm gewesen. Die Kollateralschäden seien größer als der Nutzen. Der Mann wurde beurlaubt. Doch renommierte Wissenschaftler geben ihm in einigen Punkten Recht.

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Matthias Schrappe ist emeritierter Professor für Innere Medizin. Von 2007 bis 2011 war er stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung im Gesundheitswesen. Zusammen mit anderen bekannten Wissenschaftlern hat er zwei Thesenpapiere veröffentlicht, in denen er den Kurs der Bundesregierung in der Coronakrise kritisiert und eine alternative Strategie zu ihrer Bewältigung vorstellt. 

Herr Schrappe, es gibt gerade viel Aufregung um das angeblich geleakte Papier eines Referenten im Bundesinnenministerium. Der Verfasser kommt zu dem Schluss, dass der Lockdown ein Fehlalarm gewesen sei. Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts rechtfertigten keine Ausgangsbeschränkungen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Das ist ein politischer Vorgang. Aus wissenschaftlicher Sicht sind da aber zumindest jedoch einige wenige Fakten durchaus zutreffend. Wir haben in unseren Thesenpapieren vom 5. April und 3. Mai 2020 zunächst darauf hingewiesen, dass die Zahlenbasis zur Beurteilung der Frage, wie fortgeschritten die Corona-Pandemie ist, auf wackeligen Füßen steht. Das Robert-Koch-Institut berichtet täglich die Ergebnisse der Tests bei erkrankten Infizierten und deren Kontaktpersonen. Diese Zahlen sind aber nicht aussagekräftig.

Warum nicht?
Wenn man mehr getestet hätte, hätte man mehr gefunden. Wenn man weniger getestet hätte, hätte man weniger gefunden. Im Übrigen überschätzen anlassbezogene Tests die Häufigkeit, weil zum Beispiel symptomlose Infizierte nur ungenügend erfasst werden. Dies gilt auch für die Zahl der Sterbefälle: Sie wird vom RKI mit rund vier Prozent angegeben, während sie in einer repräsentativen Untersuchung deutlich unter einem Prozent liegen dürften. 

Es fehlt eine Bezugsgröße?
Genau, das Mindeste, was man hätte tun müssen, wäre, die Zahlen der Infizierten auf die Zahl der täglich durchgeführten Tests zu beziehen. Es ist doch ein Unterschied, ob man 100.000 Menschen pro Tag testet oder ob man die Neuerkrankungen auf eine Million Getesteter bezieht. 

Sagen Sie.
Mit dieser Meinung stehen wir nicht allein da – wen man auch fragt, in diesem Punkt besteht Einigkeit zwischen den Wissenschaftlern und Fachexperten.   

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Christa Wallau | Do., 14. Mai 2020 - 17:47

... ist mehr als berechtigt - er ist überfällig!

Wenn der "SPIEGEL" zum Beispiel heute über den Kabarettisten herfällt, der es bei Sandra Maischberger gewagt hat, Kritik an der deutschen und ähnlich durchgeführten Corona-Politik in anderen Ländern zu üben, dann zeigt das die Fehlentwicklung in der Medienwelt exemplarisch auf.
Wie sagt doch Herr Schrappe zutreffend?
"Demokratie lebt vom Streit."
Aber dieses Prinzip des offenen Diskutierens und Streitens ist in Deutschland unter Merkel v ö l l i g aus der Mode gekommen.
Geradezu das G e g e n t e i l wird als Ideal hingestellt: Regierungskonforme Übereinstimmung.
Wenn sich die verheerenden Folgen des flächendeckenden Herunterfahrens fast aller Lebens- /Wirtschaftsbereiche zeigen werden, dann sage bitte niemand: Ja, das war leider alternativlos! Nein, man hätte auch anders, d. h. vernünftiger u. ausgewogener reagieren können.
Immerhin gab es Fachleute, die andere Wege
aufgezeigt haben, als sie die Regierung stur beschritten hat.

Sie haben mit allem Recht, liebe Frau Wallau. Ich frage mich: Was hat unsere Regierung – spez. der Gesundheitsminister – seit dem Bekanntwerden von Corona Anfang Januar unternommen? Trump und viele andere haben Einreisestopps für Chinesen verfügt, in Asien (incl. China!) wurden Temperaturkontrollen eingeführt, Masken tragen dort ohnehin viele Menschen (auch wg. schlechter Luft).
Söder folgt Mitte März dem österr. Kanzler und setzt damit die anderen MP unter Druck. Eine Diskussion und Verifizierung gab es damit aus Zeitgründen nicht mehr. Eine Woche später folgte der totale Lockdown. Treffen der Verantwortlichen: 14 tägig!
Ob Corona gefährlich ist, kann ich nicht sagen. Mich überraschen die neuen Erkenntnisse bei infizierten Kindern, täglich werden neue Gefahren berichtet.
Dazu von Regierungsseite wenig. Ich habe in kritischen Situationen anderes Vorgehen erlebt. Da hätte keiner gewagt, sich 2 Wochen Zeit zu lassen.

Die Einreisebeschränkungen, die Trump selektiv und bar jeder Logik verordnet hat (aus dem Corona-verseuchten GB durften Menschen noch lange einreisen) haben nicht verhindert, dass in den USA, Stand heute, knapp 1,5 Millionen Menschen infiziert, 86.000 gestorben sind und mehr als 30 Millionen ihren Arbeitsplatz, z. T. inkl. ihrer Krankenversicherung verloren haben. Im Vergleich dazu und vielen anderen Ländern, auch Schweden, muss das Krisenmanagement der deutschen Bundesregierung geradezu als ÜBERRAGEND bezeichnet werden.
Und wenn Sie wissen wollen, was ein "totaler Lockdown" ist, dann kann ich Ihnen u. a. nur DRINGEND empfehlen, sich über die Zustände zu informieren, die phasenweise in Norditalien herrschten: 200 m Freigang vor der eigenen Haustür, für alles andere brauchte man eine Sondergenehmigung!

Karla Vetter | Fr., 15. Mai 2020 - 17:08

Antwort auf von Kai-Oliver Hügle

Sie vergessen aber bei Ihrer Betrachtung, dass die USA 327 Millionen Einwohner hat. Die 3 europäischen Länder Spanien, Italien und GB zusammen haben ähnliche Todesraten. Dabei haben sie nur etwas mehr als die Hälfte der USA Einwohner und keine Metropolen in der Größenordnung von New York .

Nochmals Danke
Für Mut, Ehrlichkeit zu sich selbst & zu anderen & Danke für die moralische UNTERSTÜTZUNG aller derer, die in schwierigen Zeiten einen aufrechten & menschlichen Gang bewahren. Danke für die "Forscher & Aktivisten" & all jene Unterstützer, die sich in Namen der Argumente, der Logik, der Liebe zum Menschsein so weit aus dem Fenster lehnen, dass sie trotz
"Wort-Katjuschas" & andere Mittel der "BEKÄMPFUNG" der Argumente & des hinterfragen von bestimmten Schachzügen eine Stellung einnehmen & / oder eine Meinung bilden, die nicht der Obrigkeit schmeckt.
Möge Gott uns die Fähigkeit geben, unseren Blick weiter zu erhellen & dies mit den Mut der Liebe umkapseln & kraftvolle Argumente in Demut betten.
Aber ich bitte auch Gott an all die jenen zu denken, die trotz Fleißigkeit & Redlichkeit in unserer heutigen Zeit mehr wie in Bedrängnis gekommen sind. Danke (Amen)

daran, dass AfDler wie Sie gerade versuchen, Proteste zu instrumentalisieren und zu unterwandern. Sie dürfen natürlich weiterhin jedem Corona-Verharmloser Ihr ganz persönliches Verdienstkreuz verleihen - man weiss ja, aus welcher Ecke es kommt!

Michaela 29 Diederichs | Do., 14. Mai 2020 - 18:20

Die Zahlenspiele des RKI sind mehrfach von Mathematikern als wenig aussagefähig kritisiert worden. Anfangs sind natürlich alle Medien dem RKI hinterher gelaufen, aber es mehrten sich auch Zeitungen/Magazine, die andere Wissenschaftler zu Wort kommen ließen, z. B. Herrn Prof. Püschel, der viele Coronatote obduziert hat. Wir sind jetzt in einem seltsamen Schwebezustand, aus dem wir auch wirtschaftlich dringend heraus müssen. Darum sind alternative Strategien sehr wichtig. Vielen Dank für diese Interview, liebe Frau Hildebrandt.

Georg Czech | Do., 14. Mai 2020 - 19:29

Antwort auf von Michaela 29 Di…

führen dazu, dass der Kollateralschaden der Ausgangsbeschränkungen größer ist als der Nutzen. "Es hätte schon Anfang März anderer Instrumente bedurft".
Tatsache: Die Tödlichkeit des Coronavirus ist der Quotient der Anzahl am Coronavirus Gestorbenen durch die Anzahl der Infizierten.
Man kennt aber die wahre Anzahl der Infizierten nicht (mit Sicherheit viel größer), die genaue Anzahl der Coronatoten (nicht obduziert) kennt man angeblich. Selbst wenn wir annehmen, dass wirklich alle an Corona gestorben sind, haben wir keine verlässliche Zahlen und die Tödlichkeit ist viel geringer. Laut RKI liegt sie bei 4 Prozent, laut Hr. Schrappe weit unter 1 Prozent.
Ist man jetzt ein Verschwörungstheoretiker wenn man seine Zweifel an der Vorgehensweise der Regierung hat? Ist man monatelang an der Nase rumgeführt worden und aus Karrieregründen in den Panikmodus gesetzt worden mit einem unermesslichen wirtschaftlichen Schaden?

Gregor Kühn | Do., 14. Mai 2020 - 19:32

Antwort auf von Michaela 29 Di…

Sie haben völlig recht, Frau Diederichs, wir müssen dringend aus diesem Schwebezustand heraus. Aber eine Frau Merkel, die bis heute nicht weiß, was sie bei der Grenzöffnung 2015 falsch gemacht hat, wird mitsamt ihrer Regierung nicht die Größe haben, alternative Strategien überhaupt wahrzunehmen, geschweige denn, sich ernsthaft mit diesen Alternativen zu beschäftigen und ihr bisheriges Handeln eventuell in Frage zu stellen. Und sie kann sich das erlauben, weil die Mainstreammedien in einem Ausmaß zur Hofberichtserstattung degeneriert sind, die für unser Land existentiell gefährlich wird. Es braucht unbedingt den Druck von der Strasse und da ist mir die reine Gesinnung nicht unwichtig, aber zweitrangig.
Das wissen Linke besser als konservative Liberale. Wenn nicht sehr bald das Ruder herumgeworfen wird, gehen wir notvollen Jahren entgegen.

Hubert Sieweke | Do., 14. Mai 2020 - 18:24

die ja seit 10 oder mehr Jahren jegliche kritische Äußerung gegen die Regierung unterlassen haben - es sei denn, diejenigen werden kritisiert, die vom linken Mainstream für vogelfrei erklärt wurden, also vor 3-4 Jahren noch Seehofer, die CSU, die AFD sowieso, und die bekannten Trump, Orban, Polen, Salvini und Johnson, auch Bolsonaro.
Das Szenario in Sachen Covid 19 warf bereits zu Anfang sehr viele Fragen auf, die die Politik aber nicht an sich heranließ. Politiker haben immer mehr Angst, durch Kritik oder das Vertreten anderer Meinungen - siehe Referatsleiter, siehe Palmer, siehe Lindner, trotz Liebling der Medien etc - mit haufenweiser Medienschelte lebenleben zu müssen. Die Medien schmiegen sich in Zeiten wegbrechender Leser immer enger an das Kanzleramt und machen so einen echten Diskurs unmöglich. Obwohl aus dem Westen höre ich, dass es so in der DDR gewesen sein muss. Die wenigen Publikationen, die sich noch eine deutlich offene und freie Meinung erlauben, haben Zulauf.

Manfred Sonntag | Do., 14. Mai 2020 - 18:31

Exzellent, dieses Interview. Herr Prof. Matthias Schrappes Antworten widersprechen in keiner Weise dem Dokument aus dem BMI. Das Problem liegt doch bei unserer Regierung. Es gibt Ministerien und darin arbeiten rührige und qualifizierte Mitarbeiter, wie Herr Kohn. Die Regentin und die Minister ziehen aber nur das RKI und Herrn Drosten zur Beratung hinzu. Sollten nicht die Ministeriumsmitarbeiter Vorlagen zur Entscheidungsfindung, unter Beachtung der Qualitätsstandart, für ihren Dienstherrn erstellen?
Dazu gehört natürlich auch die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Wissenschaftlern. Dann wären Entscheidungen auch begründbar und nicht "alternativlos"! Die Entscheidungsfindung in unseren Ministerien und der Regierung basiert immer mehr ohne ein qualitätsgerechtes Regelwerk. Deshalb diese "Watergate" Affäre des BMI. Das war schon im Verteidigungsministerium so. Ich denke, Herr Seehofer und ... sollten Ihren Hut nehmen. Das wäre angemessen.

Um die von Herrn Kohn verfasste Analyse des Corona-Krisenmanagement zu beurteilen, muss man wissen, dass Herr Kohn diese in seiner Eigenschaft als Referent im Bereich Referat KM4 – Schutz Kritischer Infrastrukturen Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat erstellte. Laut Aufgabenbeschreibung des Referats geht dessen Zuständigkeit über die bloße Betrachtung einer gesundheitlichen Gefahr der Bevölkerung hinaus. Denn das KM4 muss die gesamte Infrastruktur im Blick haben, weil diese für die Funktionsfähigkeit des Landes wichtig ist. Die von anderen Behörden/Dienststellen in der Corona-Krise veranlassten Maßnahmen, waren/sind also bezüglich der Auswirkungen auf die gesamte Infrastruktur und damit auf die Funktionsfähigkeit des Landes zu prüfen. Herr Kohn hat also nichts anderes als seine Arbeit gemacht. Der Analyse ist auch zu entnehmen, dass diese als Arbeitsgrundlage (Dienstgebrauch) dienen sollte. Ich habe die Analyse gelesen und kann viele Positionen nachvollziehen.

Gerhard Lenz | Fr., 15. Mai 2020 - 08:29

Antwort auf von Angela Bösener

Offensichtlich fühlte sich Herr Kohn dazu berufen, die Öffentlichkeit aufzuklären, ohne einen Auftrag dazu zu haben. Angeblich ist sein Papier schlampig und voller Fehler. Seine Auswahl von Fachleuten war auf ausgewiesene Corona-Verharmloser begrenzt, die teilweise noch immer hanebüchene Aussagen machen. Aber natürlich wird das Papier von rechten Populisten und sonstigen Corona-Ignoranten gefeiert! Und aus dem Querulanten, der jüngst noch SPD-Vorsitzender werden wollte und 2015 eine AfD-nahe, inhumane Migrationspolitik forderte, wird ein tapferer Widerständler!

Gottfried Meier | Fr., 15. Mai 2020 - 09:51

Antwort auf von Gerhard Lenz

Dieser Herr Kohn war ein Einzelkämpfer. Da kann man Fehler durchaus zugestehen, sofern die Grundtendenz stimmt. Ich kann das nicht beurteilen, weil ich kein Fachmann bin. Beurteilen kann ich aber Fehleinschätzungen des RKI, das über viele
fachkundige Wissenschaftler verfügt. So wurde viel zu spät die Gefährlichkeit erkannt. Zuerst wurde die Gefahr als niedrig berwertet und erst Anfang März wurde die Gefahr auf mäßig hochgestuft, als die Pandemie sich schon voll ausbreitete. Nach einer früheren Aussage des RKI böten Masken keinen Schutz. Auch die Zahl der prognostizierten Toten war pure Panikmache. Es wird Zeit, dass alle aus ihren Schützengräben rauskommen und sachlich über die Situation diskutieren. Nach einer Einschätzung der WHO wird nämlich das Coronavirus dauerhaft bleiben und irgendwie müssen wir uns damit arrangieren. Irgendwann müssen wir auch wieder zur Normalität zurückfinden!

Hans Schäfer | Fr., 15. Mai 2020 - 14:05

Antwort auf von Gerhard Lenz

<<Offensichtlich fühlte sich Herr Kohn dazu berufen, die Öffentlichkeit aufzuklären, ohne einen Auftrag dazu zu haben.>>
Da hat er etwas mit Ihnen gemeinsam.

Manfred Sonntag | Fr., 15. Mai 2020 - 14:50

Antwort auf von Gerhard Lenz

Herr Lenz, bitte lesen Sie das Dokument durch und urteilen danach. Das Problem liegt nicht an Herrn Kohn, sondern an der unprofessionellen Arbeitsweise unserer Regentin und Herrn Seehofer. Hier wird der Überbringer der schlechten Nachricht denunziert, aber die Verursacher der hinterwäldlerischen Arbeitsweise können weiterhin ihren schnöden Tagesgeschäften frönen. Zur Entscheidungsfindung werden nicht etwa von Fachleuten erstellte qualifizierte Checklisten verwendet, wie auch in der Industrie üblich, sondern nur der Lieblingsvirologe und der vom Bertelsmann Club empfohlenen RKI Chef eingeladen. Wo bleibt hier die immer beschworene Vielfalt (z.B.: der Fachrichtungen)? Beschämend für ein entwickeltes Industrieland wie Deutschland! Wenn ich mir selbst keine Alternativen darstellen lasse, muss natürlich jede Entscheidung "alternativlos" sein. Aber das kennen wir ja schon aus den letzten Jahren.

Jutta Mühl | Fr., 15. Mai 2020 - 12:25

Antwort auf von Angela Bösener

Auch ich habe diese Analyse in der Kurzform von 83 Seiten gelesen und kann darin nichts Unsachliches, emotional Überbewertetes oder grundlegend Falsches erkennen. Herr Kohn hat nicht nur verantwortungsvoll seine Arbeit getan, er hat dies darüber hinaus nicht ohne jegliche ernsthaften Hintergrund getan. Die Zeit wird zeigen, wie es weiter geht. Eine inhaltliche Auseinandersetzung zu den angesprochenen Fehlern gibt es leider bisher nicht. Das BMI beurlaubt diesen mann wegen angeblicher Formfehler. Zum Inhalt keinerlei Verlautbarung !

Darf man Ihren wissenschaftlichen Hintergrund erfahren, der es Ihnen ermöglicht, dieses Dokument auf seine Faktizität hin zu beurteilen?

Wie kann man eigentlich einem Dokument den möglichen Hintergrund (Hintergedanken?) seines Autors ansehen?

Marianne Bernstein | Do., 14. Mai 2020 - 18:32

die Pandemie nicht als komplexes Problem zu betrachten sondern nur Virologen entscheiden zu lassen.
Es ist ein Armutszeugnis sonders gleichen, wenn die Kanzlerin auf die Frage danach wie die Kosten zu tragen sind "stand heute" sagt und dann eigentlich gar nichts. Alles Aspekte des Lebens sind von der Pandemie betroffen, die Entscheidung muss deshalb auch unter Einbeziehung aller Aspekte politisch getroffen werden. Was machen eigentlich die Wirtschaftsweisen in ihrer Weisheit? Aber die Kanzlerin schiebt die Verantwortung auf den Gesundheitsminister und dieser auf das RKI. So wird das nichts.
Der Referent hat wenigstens verstanden wie man hätte vorgehen müssen. Dass er dafür gemassregelt wird zeigt wieder in welchen desolaten Zustand sich die Regierung befindet und wie einsam gravierende Entscheidungen getroffen wurden und werden.

...von Erich Honecker könnte darin gelegen haben, dass er vergessen hatte "Stand heute" hinzuzufügen, als er seinen unvergessenen Satz sprach: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen."

Hubert Sieweke | Fr., 15. Mai 2020 - 15:42

Antwort auf von Ines Schulte

aber Walter Ulbricht gesagt (auf sächsisch...).

Ines Schulte | Sa., 16. Mai 2020 - 21:55

Antwort auf von Hubert Sieweke

Herr Sieweke! Danke für die Korrektur!

Bernhard Weber | Fr., 15. Mai 2020 - 22:10

Antwort auf von Ines Schulte

Dieser Satz ist nicht aus dem Munde Erich Honeckers gekommen. Er stammt von Walter Ulbricht. Honecker war da noch zu jung.

Norbert Löhn | Mo., 18. Mai 2020 - 15:16

Antwort auf von Ines Schulte

Als Zeitzeuge, der den Bau des sog. "antifaschistischen Schutzwall" live vor Ort erlebte, eine Richtigstellung.
Die Vertuschung und Lüge über die wahren Absichten des SED-Regimes (sog. DDR) am 13. August 1961 die Mauer in Berlin zu bauen hat nicht Honecker sondern Genosse Ulbricht vorher zu Täuschung öffentlich verkündet.

Urban Will | Do., 14. Mai 2020 - 18:59

mit guten Ratschlägen am Ende, die man den Tonangebenden in Politik und Leitmedien an die Tür nageln sollte, zusammen mit anderen Thesen, die Herr Schrappe vertritt.

Streit, Diskussion, Offenheit.
Wo sind sie nur geblieben.

Über die Gefährlichkeit von Covid 19 mag ich mir kein Urteil bilden, da kenne ich mich zu wenig aus. Aber einen gesunden Menschenverstand habe ich.
Und wie ich schon einmal schrieb: in meinem engen Umfeld: 8 Infizierte, darunter 3 Kinder. Bei den Erwachsenen nur geringe, bei den Kindern gar keine Symptome. Nur ein offiziell positiv Registrierter.
Ich bin mir sicher, die Dunkelziffer ist hoch, all die offiziellen Zahlen daher wenig aussagekräftig, der shutdown übertrieben.
Die Angst vor Covid 19 verfliegt, hoffentlich geht das nicht nach hinten los. Aber ich verstehe es.

Unsere Obrigkeit wirkt überfordert und in die Enge getrieben.
Jetzt suchen sie volksverdummende Hintertürchen, um da wieder herauszukommen.
Jeden Tag ein Häppchen mehr Freiheit.
Himmelschreiend.

Werner Peters | Do., 14. Mai 2020 - 19:00

Mutig von Cicero, das Thema aufzugreifen. Andere MSM halten sich hier seltsam zurück (FAZ, SZ). Warum Herr Seehofer den Referenten kalt gestellt hat, wird er sicher noch ausführlich begründen, die Chose wegen dem offiziellen Briefkopf wird da wohl nicht reichen, Herr Minister.

Bernd Windisch | Fr., 15. Mai 2020 - 08:38

Antwort auf von Werner Peters

Diese Beobachtung kann ich nicht teilen. In der FAZ kann man von führenden Kommentatoren lesen, dass es sich bei den Lockdown Kritikern um eine Ansammlung aus Rechten, Linken, Bürgerlichen, Verschwörungstheoretikern und Wutbürgern teilweise mit einem Brett vorm Kopf handelt. Von Zurückhaltung keine Spur! Diese Kampfrhetorik erinnert fatal an das Framing in der Flüchtlingskrise. Die Medien sind weiten Teilen hysterisch und üben so unverhältnismäßig starken Druck auf die Getriebenen (Politiker) aus

Klaus Funke | Do., 14. Mai 2020 - 19:39

Aber das bleibt einer solitäre Erscheinung, die Mehrheit der Medien (die früher eine ganz andere Rolle spielten, als es den real existierenden Sozialismus noch gab und man Demokratie vorleben wollte) singen im Spiegel-Chor. Hat Frau Merkel fein hingekriegt. Drum regiert sie immer noch. Weil die Medien versagen. Schön auch, dass Corona es jetzt an den Tag bringt. Ach, was das kleine Virus alles vermag. Warum keine Kritik an der Regierungspolitik? Machen die ad hoc keine Fehler? Oder ist es für den warmen A... besser, wenn man die Regierung lobt? Dass der ORR im BMI jetzt mal die Hosen runter ließ, war erhellend und notwendig. Die Reaktion darauf - ein Spiegelbild unserer gelenkten Demokratie. Doch Gemach. Wenn die Wirtschaftskrise erst voll durchschlägt, die Steuern immer weniger werden, werden noch mehr aufwachen. Ja, ein Fehlalarm. Und alle machen mit. Und nun wisse Merkel & Co. nicht wie sie da wieder rauskommen sollen, ohne Gesichtsverlust. Dank an Corona. Vielleicht hilft´s doch.

Ob Patienten, die mit Atemnot - wie ein Ertrinkender - mit Tracheotomie u.
künstlichem Koma gegen diese "kleine Viren" anzukämpfen haben u. ggf. mit
Gesundheitsschäden diesen tückischen Angriff des Virus hoffentlich überstehen danach auch das "kleine Virus" so verharmlosen werden?

Klaus Damert | Do., 14. Mai 2020 - 19:54

Der Chef des RKI hat sich sehr zeitig als Fehlbesetzung selbst entlarvt, als er meinte, er hätte sich so etwas nie vorstellen können. Allerdings ist es Aufgabe des Instituts, sich das nicht nur vorzustellen, sondern eine Strategie zu entwickeln, wie im Falle einer Pandemie vorzugehen ist. Es gehen wohl letztlich viele Opfer auf seine Kappe - die, die nicht am Virus, sondern wegen der falschen und panischen Politik gestorben sind und noch sterben werden. Von der Vernichtung von wirtschaftlichen Existenzen ganz zu schweigen. Aber in der Merkel-Ära hat noch nie einer Verantwortung übernehmen müssen, es ist zum Verzweifeln. Trotzdem riesige Zustimmung - warum eigentlich? Und wofür?

Alexander Mazurek | Do., 14. Mai 2020 - 20:09

… auch CICERO in Metamorphose traut sich nun, darüber zu berichten - zur Sicherheit ergebnisoffen, "always stay on the bright side of life" oder darwinistisch "Anpassung (Unterwerfung) [unter den Zeitgeist] sichert das Überleben" …

Gisela Fimiani | Do., 14. Mai 2020 - 20:23

„............und haben im Kern keine unabhängige Position bezogen, wie es für den wissenschaftlichen Diskurs notwendig wäre.“ Eine wichtige Aussage, die die Unabdingbarkeit des wissenschaftlichen Diskurses betont, ohne die es keine ernsthafte und ernst zu nehmende Wissenschaft und keine ebensolchen Wissenschaftler geben kann. Der letzte Abschnitt des Interviews fasst auch das mediale Versagen ins Auge. Medien recherchieren nicht mehr und blenden nicht genehme Untersuchungen und Meinungen aus, oder, schlimmer noch, verreißen solche. Wobei nicht genehm überwiegend „regierungskritisch“ bedeutet. Besagter Referatsleiter hat intern Mut zur Kritik bewiesen und seine Strafe folgte auf dem Fuße. Das ist der wirkliche Skandal, dem der Cicero nachgehen und wozu er eine „unabhängige Position“ beziehen könnte. Die Reaktionen auf das BVG Urteil zu EZB und EUGH treten mehr als nur die „politische Kultur“ mit Füßen. Einem Beitrag dazu sehe ich mit Interesse entgegen.

Martina Moritz | Do., 14. Mai 2020 - 20:24

Dem Abschlusssatz des Interviews ist wenig hinzuzufügen. Genau das ist der Aspekt, um welchen es geht. Und ich denke, das dies auch gut so ist, weil er untermalt, dass in unserem Land die Demokratie lebt und ein konstruktiver Umgang mit dem Virus sowie der aktuellen Lage möglich ist.

Schröder | Do., 14. Mai 2020 - 21:14

Wegen solcher Beiträge lese ich den CICERO und bezahle dafür.?

Manfred Wolke | Do., 14. Mai 2020 - 22:11

... und Shame on FAZ, SPIEGEL, Sueddeutsche und Co.

Mehr und mehr Menschen im Umfeld verstehen, was hier von Regierung und Leitmedien gemacht wird.

Es geht um Vertuschung von Inkompetenz bei Regierung und Behörden, Angst (der Leitmedien vor Regierungs-blacklisting), praktische Übernahme der Leitmedien durch eine politische Farbgebung, Lemminge-Verhalten, Gefallen an restriktiven Maßnahmen und Agendasetting und Kanzlerkandidatenpostionierung.

Gut, dass es das Internet gibt!

Walter Müller | Fr., 15. Mai 2020 - 04:39

Lob für den Mut vom Cicero für das Nachhaken im Fall Kohn und für das sehr differenzierte Interview mit M. Schrappe. Was wäre passiert, wenn sich Kohn gegenüber dem BMI komplett loyal verhalten hätte? Würden wir heute über den Inhalt seiner Thesen diskutieren? Vermutlich nicht.
Natürlich ist es verständlich, wenn eine ohnehin unsichere und bis kurz vor der Corona-Krise stark angeschlagene Regierung versucht, ihr Handeln im besten Licht erscheinen zu lassen: Wir haben nach bestem Wissen alles zum Wohle des Landes getan und müssen dies unbedingt weiter tun. Jeder Zweifel, jede Störung wird als Sabotage der Rettung betrachtet und bekämpft. Das gehört zum 1x1 der Machtsicherung. In einer Demokratie ist es Aufgabe von Opposition und Presse, Regierungshandeln ständig kritisch zu hinterfragen, Fehler aufzudecken und die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Es ist irritierend, dass wir in Deutschland mit diesem Check and Balances System derzeit ein Problem haben. Wo ist die Opposition?

Ein Beamter ist kein unabhängiger Abgeordneter und auch kein unabhängiger Journalist. Er unterliegt der hierarchischen und rechtlichen Ordnung seines Dienstherrn. Wer meint, dass diese Rechtsordnung nicht wichtig sei unterliegt m.E. einem Irrtum.

Er kann für die Aktenlage remonstrieren, das wars dann.

Ein Beamter und insbesondere eine Abteilung im BMI hat aber einen Auftrag - einen raison d'etre - und diesem sollte er gefälligst nachkommen. Dazu muss ein leitender Beamter nicht tagtäglich explizit aufgefordert werden. Herr Kohn hat das getan, was sein Auftrag war und er hat es getan, gemäß "der hierarchischen und rechtlichen Ordnung seines Dienstherrn". Deshalb hat er sich auch - aus gutem Grund - direkt an seinen Dienstherrn gewandt -- und übrigens nicht an die Öffentlichkeit, was allgemein unterstellt wird.

gerhard hellriegel | Fr., 15. Mai 2020 - 07:13

Ich stimme herrn schrappe zu, wenn er beanstandet, dass wir die lage hätten besser erfassen können. Ob das allerdings zu anderen maßnahmen geführt hätte, wissen weder er noch ich. Was allerdings obduktion hätte bringen sollen? Was die unterscheidung zwischen an oder mit corona gestorben hätte bringen sollen? Was die unterscheidung zwischen risikogruppen und anderen hätte bringen sollen? Wir wissen doch heute noch nicht, welch weitere schäden durch eine infektion im organismus auftreten. Auch nicht bei denen, die es scheinbar problemlos überstehen. Da unterscheide mal schön. --- Schlussendlich geht es darum, die krankenhäuser nicht über zu belasten. Die schuldfrage ist für die notwendigen maßnahmen bedeutungslos. Oder würden Sie vor ein brennendes haus stehen, darauf hinweisen, dass eine brennende zigarette daran schuld sei, deshalb die feuerwehr nicht rufen, ja sie sogar an ihrer arbeit hindern?

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 15. Mai 2020 - 10:00

Klugerweise hält sich Prof. Schrappe aus den politischen Entscheidungen heraus.
Frau Hildebrandt nennt viel unter- bzw. beigeordnete Zusammenhänge.
Eine promovierte Physikerin samt einem Mediziner im Bundeskanzleramt hätten die notwendig breiteren Vorgehensweisen , wenn nicht in die Wege leiten, Gesundheit ist ja Ländersache, dann doch initiieren und empfehlen müssen.
Wozu gab es denn Telefonkonferenzen?
Die Opposition kann Druck machen, aber die Kanzlerin entscheidet.
Die Leopoldina kann beraten, die Kanzlerin entscheidet.
Beginnt jetzt wieder, was ich schon von früher meine zu kennen, alle waren schuld, dass unsere schuldlose Kanzlerin nicht die allerbesten Entscheidungen traf?
Das dreht doch alles auf den Kopf.
Dabei machen nur die wenigsten Vorwürfe, fast allen geht es um ein jetzt zu verbesserndes Vorgehen.
Ein Vorschlag zur Güte - Achtung Sarkasmus - wir führen Frau Merkel einer politischen Quarantäe zu, bis alle Kundigen, die sich auch einigen werden, die Krise überwunden haben?

Jürgen Keil | Fr., 15. Mai 2020 - 10:18

Danke, für den aus meiner Sicht recht sachlich und vorsichtig gefassten Beitrag. Ich hatte am 22.4.20 zu einem Artikel von Sebastian Brauns und am 11.5.20 in einem Kommentar zu einem Beitrag von Herrn Schwennicke geschrieben: „Wenn man wenig weiß, muss Vorsicht walten. Dies lies mich zu Beginn der Coronakrise Ihren (Frau Merkel) Maßnahmen zustimmen. Ich beneide Sie nicht für Ihren Job.“ Also ich muss einen bestimmten Herrn enttäuschen, ich bin weder ein „Corona- Verharmloser, noch -Leugner“. Es ist mir, wie auch im Interview beschrieben, wichtig, und das gilt auch für andere Wissenschaftsbereiche (z. Bsp. Klima), dass andere, und auch kritische Meinungen gehört und zur Wahrheitsfindung sachlich bewertet werden. Herr Seehofer soll bei seine Antrittsrede seine Mitarbeiter zu kritischer, durchaus auch konträrer Meinungsäußerung aufgefordert haben. Damit ist für mich das Agieren Herrn Kohns akzeptabel.