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Die Versuchung ist enorm, die Beschränkungen so schnell wie möglich zu lockern / dpa

Corona-Krise - Solidarität ist alternativlos

Gerade auch prekär lebende Minijobber und Solo-Selbstständige leiden unter der Corona-Krise. Jetzt auf Reichensteuern und Vermögensabgaben zu pochen, ist dennoch unrealistisch. Es braucht eine ganz neue Qualität gesamtgesellschaftlicher Solidarität.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Einer jener Begriffe, die in Zeiten der Corona-Pandemie eine ebenfalls pandemische Verbreitung erleben, ist der „Rettungsschirm“. Abgesehen von jenen abhängig Beschäftigten, die sich in krisenunabhängigen Arbeitsverhältnissen befinden, fordert derzeit so ziemlich jeder eine staatliche Absicherung gegen mehr oder weniger existenzbedrohende Einbußen in Folge der Krise. Dabei werden längst vergessen geglaubte Ladenhüter wie die Mehrwertsteuersenkung für die Hotellerie ebenso aufs Tapet gebracht wie erhöhtes Kurzarbeitergeld oder die Absicherung freier Kulturschaffender und Gastronomen auf der Basis zuvor erzielter Umsätze.

Einigen eloquenten und gut vernetzten Gruppen, wie z.B. Zahnärzten, ist es bereits gelungen, entsprechende Zusagen zu erhalten, andere pochen bislang vergeblich auf ihre „Systemrelevanz“. Armen Menschen, die nunmehr kaum noch noch ihre Miete zahlen können, hat man hingegen lediglich eine Stundung und einen erleichterten Zugang zu Hartz IV-Leistungen eingeräumt, wohl wissend, dass das Problem damit nur aufgeschoben ist. 

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helmut armbruster | Di., 21. April 2020 - 13:48

"gesamtgesellschaftliche Solidarität" ist ein Wischi-Waschi-Wort aus dem jeder den Honig ziehen kann, den er haben möchte.
Wichtiger und effektiver wäre es tatsächlich vorhandene Privilegien für ganze Gesellschaftsschichten abzuschaffen und sie rechtlich und versorgungstechnisch gleich zu stellen mit der Mehrheit der Gesellschaft.
Ich meine unsere 3 Millionen Beamten, Tausende von Abgeordneten und teilweise auch die öffentlich Bediensteten.
Es kann nicht sein, dass diese Privilegierten vom wirtschaftlichen Desaster der Coronakrise finanziell persönlich nichts merken, nicht um ihren Arbeitsplatz und ihre Existenz fürchten müssen. Die Krise besteht für sie nur aus Einschränkung der Bewegungsfreiheit und sonst aus nichts.
Es ist nicht Neid, der mich zu solchen Aussprüchen treibt. Es ist das Gefühl, dass es hier nicht gerecht zugeht. Und dass diese Privilegierung durch nichts zu rechtfertigen ist.

Es riecht schwer nach Beißreflex. Huibuh, der Beamte.
Ich habe eine hohe Achtung zum Beispiel vor den Polizit/innen, die einen Berg an Überstunden vor sich her schieben und häufig dort sind, wo's weh tut, vor Lehrer/innen, für die die jetzige Situation auch eine enorme Herausforderung ist - und man tue nicht so, als ob Lehrer/innen durch die Bank digital dem Neanderthal entsteigen würden! - und ja, ich habe auch Achtung vor all denen, die in den ach so verschrieenen "Amtsstuben" all die verzweifelten Anträge auf Hilfe in möglichst menschlicher Weise bearbeiten.
Die Liste ist weiterzuführen.
Und: Beamt/innen können - und werden - zwangsverpflichtet, wenn "es brennt". Ich gebe zu, manchmal "brennt es" aufgrund von Unfähigkeit von Vorgesetzten. Nicht selten ebenfalls Beamte.
Es geht mir gegen den Strich, dass in Krisen immer einer gefunden wird, dem es (unverdient) besser geht, zu gehen scheint.
Sie werden hundert Gründe finden, warum ich unrecht habe. Das ficht mich nicht an.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 22. April 2020 - 11:59

Antwort auf von Mia Ostermann

kann man über grundsätzliche Änderungen reden, eventuell aber nicht, wenn es sich um angemessene Bezahlung der Arbeitgeber gegenüber einer erbrachten Leistung handelt.
Ich denke mal, dass Solidarität nicht gleichbedeutend ist damit, sich selbst abzuschaffen, um es sehr überspitzt zu sagen. Aber dafür haben die entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen ihre Interessenvertreter.
Die Krise scheint mir nicht unbedingt der geeignete Zeitpunkt, Systemfragen zu diskutieren, aber sicher bieten sie Anlass. Nur, jede Krise hat ein anderes Gesicht, trifft teils andere gesellschaftliche Gruppen.
Ich halte viel von Balance.

Bernd Muhlack | Mi., 22. April 2020 - 20:11

Antwort auf von Mia Ostermann

Hallo Frau Ostermann!
Ich hatte damals eine Mitschülerin namens P. Ostertag!

Das haben Sie prima geschrieben; ich denke eine gewisse Wut heraus zu lesen?

Nein, ich bin kein Beamter, Pensionär.
In meinem Freundes-/Bekanntenkreis gibt es etliche "Beamte*" welche zeitnah in den Ruhestand wechseln.
Diese ewige Diskussion ob der Höhe von Pensionen (71,25% des letzten Einkommens) sowie der gesetzlichen Rente (48 % des "Lebenseinkommens", netto) werden niemals enden.
Bei "hart aber fair" gab es einmal eine Diskussion ob dieses Themas.
Inzwischen gibt es nur noch CORONA!
Warum auch immer.

Früher waren ja sogar "Briefträger" verbeamtet, unglaublich.
Heut zu Tage werden Zusteller zum Mindestlohn im ausgerechneten Sekundentakt durch die Straßen gehetzt!

Einer meiner Kumpels ist Polizist; KHK.
Ob eines "Arbeitsunfalles" (Schulterdurchschuss)sowie Nierentransplantation ist er
final "außer Gefecht".

CORONA sei eine Chance für eine neue Gesellschaft ist inzw. oft zu lesen.
Welch ein Unsinn!

Privilegien abschaffen wäre Solidarität.
Der Staat müsste jetzt dringend unnötige Kosten für überbordende Parlamente durch Begrenzung der Parlamente auf Bundes und Landesebene einsparen.
Auch ist es nicht einzusehen, dass Staatsbedienstete, die derzeit nicht oder weniger Arbeiten gegenüber anderen Arbeitnehmern privilegiert sind, hier bedürfte es dringender Gesetzesänderungen. Unsere Politiker sollten ein Zeichen der Solidarität setzen und freiwillig auf einen Teil ihrer Bezüge verzichten. Die zweiklassenmedizin und Krankenversicherung gehört endlich abgeschafft, das wäre Solidarisch. Aber eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, bevor sich die Privilegierten selbst beschränken. Politiker fordern immer wieder Solidarität von anderen, werfen das Geld der Steuerzahler mit beiden Händen teilweise eifach aus dem Fenster hinaus und tun dabei so, als seien sie großzügig. Jeder kann großzügig mit anderer Leute Geld sein. Der Politik mangelt es an Redlichkeit.

...um mit entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten die Privilegien der Staatskaste zu schleifen ? Eine " Kill-the-Leviathan-Party" ist noch nirgends erfunden worden. Weder die Grünen vor 30 Jahren, noch eine AfD heute, haben sich eine Reduktion von Privilegien auf ihre Fahnen geschrieben, obwohl damit sicher Wähler zu gewinnen wären.

Abschaffung der Privilegien & die vielen Sondergesetze & Ausnahmen. Und um so mehr der Staat "Solidarität, Gleichberechtigung & Gerechtigkeit auf die Fahnen schreibt & Erlässe er vor nimmt, um so mehr geht es nach hinten los. Mein Herz schlägt für die soziale Marktwirtschaft. Mein einziger Wunsch wäre, dass ab einer bestimmten Größe sich mit Steuererleichterung das Unternehmen sich (wie in der Natur die Zelle) spaltet & 2 unabhängige Unternehmen entstehen (Keine Vetternwirtschaft oder Mafiastrukturen durch richtige effiziente Rahmenbedingungen). Dadurch würde es zu keiner Zentralisation der Macht kommen. Aber ich weiß. Die Wirtschaft würde diese Entwicklung mehr wie bisher dagewesenes mit alle verfügbaren Mitteln bekämpfen.
Und ich gebe selbst unseren Regierungssprecher recht, dass auch in der AFD es genügend "Parasiten" gibt, die zu ihren Wohle & zu ihren Zielen diese neue Partei unterwandert haben & sich als falsche Pharisäer im Lichte präsentieren & googeln.
Logic, eine Erfindung.

Hans Jürgen Wienroth | Di., 21. April 2020 - 14:06

Wollen wir „Alten“ unseren Kindern, Enkeln und Urenkeln eine Welt voller Schulden hinterlassen, um unser Leben möglicherweise wenige Jahre (sicher kann das niemand sagen) zu verlängern? Wollen wir die nächsten Jahre dafür in Einsamkeit verbringen? Was für ein Leben ist das dann? Das ist eine Debatte, die geführt werden müsste.
Stattdessen entscheidet der (allmächtige?) Staat für uns, unsere Repräsentanten, die wie es Herr Lammert mir einmal schrieb, dass „soziale Gleichgewicht“ für uns im Blick behalten müssen. Ist das unser Verständnis von Demokratie, dass andere für uns entscheiden? Der Sozialstaat soll alles richten, uns ein gutes Leben schenken, aber die Freiheit nicht einschränken?
Wie in der Flüchtlingskriese findet das Geldausgeben kein Maß. Die Pandemieschutzmaßnahmen werden gleich für die nächsten Jahrzehnte geplant. So werden z. B. verbindliche Abnahmemengen für Schutzmasken bestellt, bei denen niemand weiß, ob die Menge zu wenig, zu viel oder gerade richtig ist.

Tonicek Schwamberger | Di., 21. April 2020 - 15:21

. . . Ihrem Artikel stimme ich im Großen und Ganzen zu.- Was mich aber sehr umtreibt, und das vor allem nach dem Artikel von Herrn Prof. Dr. Welsch: https://www.cicero.de/kultur/leben-zeiten-corona-kapitalismus-globalisi… ist, was macht man, wenn es zu einer solchen, in dem Artikel anklingenden Währungsreform kommt und kommen muß?
Diese Worte: " dass Eingriffe in das Währungssystem werden erfolgen müssen – bis hin zu einer Währungsreform. . . " beunruhigen mich zutiefst, zumal es hier ja um exorbitante Summen in Billionen-Höhe geht. Ich wüßte nicht, was ich machen sollte, käme eine solche hier erwähnte Währungsreform und die ganzen Ersparnisse der Menschen sind plötzlich weg?
Und darauf kann mir auch keiner eine Antwort geben.

Norbert Heyer | Di., 21. April 2020 - 18:30

Wir haben Corona, das ist unbestritten. Streit gibt es nur, wie damit umzugehen ist. Nachdem jahrelang die „schwarze Null“ die vorgetragene Monstranz unserer Politik war, wird durch die Krise (fast) alles komplett heruntergefahren. Gleichzeitig werden Milliarden-Hilfen zugesagt, die bis jetzt schon über 50% des jährlichen Bundeshaushalt ausmachen. Da muss man schon sehr naiv sein wenn man glaubt, dieser Kelch geht an uns folgenlos vorbei. Es wird keine „Reichensteuer“ geben, mehr bringt es, der Mittelschicht die Rechnung zu präsentieren. Das Barvermögen der Bürger ist auch dazu angetan, das Vater Staat hier einmal zulangt, mit Zinsabschreibung, Bargeldabschaffung, Währungsreform, Zwangshypotheken auf Hausbesitz(früher mal als Lastenausgleich bekannt), Mehrwertsteuer-Erhöhung, Grundsteuer-Reform und für das Wohl der Tiere wollten wir doch auch mehr für Fleisch bezahlen. Dann zeigt sich im Hintergrund auch noch die demnächst anfallende CO2-Steuer mit den jährlichen Steigerungsraten.