/politik-corona-virus-streeck-drosten-laschet-riffreporter
Umstrittener PR-Profi: Hendrik Streeck

Politik mit dem Corona-Virus - Der Virologe, dein Freund und Helfer

Lockdown gegen Lockerungen – diese Kurse prallen in der Coronakrise aufeinander. Vertreten werden sie von den Virologen Christian Drosten und Hendrik Streeck. Obwohl dessen Heinsberg-Studie umstritten ist, hat er es zum Popstar der Virologen gebracht. Wie hat er das geschafft?

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

So erreichen Sie Antje Hildebrandt:

Wie viel politischen Einfluss haben Virologen in der Corona-Krise? Es ist eine nüchterne Frage, doch sie ist der Ausgangspunkt für einen Krimi, in dem es um Wissenschaft und Macht geht. Und im Zentrum dieses Krimis stehen zwei Männer, die die breite Öffentlichkeit ohne das Corona-Virus vermutlich nicht kennengelernt hätte: Christian Drosten und Hendrik Streeck. 

Drosten berät die Bundesregierung bei ihrem Kampf gegen die Pandemie – Streeck Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet. Lockdown gegen Lockerungen, so könnte man ihre Positionen beschreiben, Gesundheit gegen Geld. Es ist ein Wettbewerb, den sich die beiden seit dem Januar liefern. Und das Online-Portal RiffReporter hat ihn so präzise protokolliert, dass man sich den Bericht ausdrucken sollte. Es ist ein Lehrstück darüber, wie Politik in Zeiten von Corona funktioniert: „Streeck, Laschet, Storymachine. Schnelle Daten, pünktlich geliefert.“  

Umstrittene Ergebnisse, von Profis verpackt   

Zwei Virologen, zwei verschiedene Ansätze. Während Christian Drosten der Regierung strikte Maßnahmen wie Kontaktsperren und Stilllegung der Schulen empfahl, um die exponentiell steigende Kurve der Neuinfektionen abzuflachen, hat Hendrik Streeck die Gefahr des Coronavirus heruntergespielt. „Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage: „Es könnte durchaus sein, dass wir im Jahr 2020 zusammengerechnet nicht mehr Todesfälle haben werden als in jedem anderen Jahr“, hat er noch am 16. März gesagt – einen Tag, bevor das Robert-Koch-Institut die Risiko-Bewertung von „mäßig“ auf „hoch“ hochstufte. 

Inzwischen haben die Zahlen Streecks These von der „Herden-Immunität“ widerlegt, Großbritannien und die USA mussten ihren Kurs korrigieren. Trotzdem hat es der Professor von der Uni Bonn geschafft, sich als Gegenspieler von Drosten zu profilieren – als Galionsfigur des Widerstands gegen einen verlängerten Lockdown. Mit freundlicher Unterstützung der NRW-Landesregierung hat er im Landkreis Heinsberg, dem deutschen Epizentrum der Pandemie, eine Studie über die Verbreitungswege des Virus initiiert. Und es ist kein Zufall, dass er die Zwischenergebnisse – verpackt von der Medienfirma Storymachine des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Kai Diekmann  – vorgestellt hat, bevor die Ministerpräsidenten heute mit der Bundesregierung über Lockerungen verhandelten. 

Man kann die ersten Ergebnisse als Plädoyer für vorsichtige Lockerungen lesen. Heinsberg habe den kritischen Punkt überwunden. Die Todesrate sei niedriger als erwartet. Wissenschaftler haben diese Studie kritisiert. Sie sei methodisch fehlerhaft, heißt es. Den Auftraggeber hat das nicht irritiert. Armin Laschet will sich als Vorreiter für eine Exit-Strategie empfehlen – und daneben auch als neuer Bundeskanzler. Wofür so ein Virus doch gut ist. 

Den vollständigen Bericht lesen Sie hier.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Manfred Sonntag | Mi., 15. April 2020 - 18:28

Ein sehr einseitiger Bericht, Frau Hildebrandt. Wir sind alle Amateure auf diesem Gebiet. Nur die Wissenschaftler haben das nötige Fachwissen auf diesem Gebiet. Deren Ergebnisse entstehen durch Irrtum und Erfolg bei der täglichen Arbeit sowie dem Austausch mit anderen Forschern. Erst wenn etwas bewiesen ist und von anderen nachvollzogen (in Versuchsanordnungen oder Berechnungen) werden kann, darf man von einer allgemeingültigen Lösung sprechen. Bis dahin sollten die Laien sich mit einer Bewertung sehr zurückhalten, auch die "Medienschaffenden". Und noch etwas. Mit dem Wort "umstritten" aus der Gifttruhe namens "Framing" wird jetzt überall versucht, andere zu diskreditieren.

Danke, Herr Sonntag, besser hätte ich es auch nicht sagen können. Die "Medienschaffenden" sollten vor allem ihrer Hofberichterstattung ein Ende setzen. Gab es damals - vor fünf Wochen - nicht einmal so etwas wie Meinungsfreiheit, Meinungsvielfalt?
In spätestens zwei Jahren werden wir uns erstaunt die Augen reiben und uns fragen, wie diese weltweite sich selbst verstärkende und durch die Medien befeuerte Massenhysterie möglich war. Gemach, Gemach, möge eine nüchterne wissenschaftliche Betrachtung Raum finden in diesen vom Virus befallenen Zeiten.

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 17. April 2020 - 10:49

Antwort auf von Claudia Christoffers

täte uns vielleicht auch gut?
Was meint denn der Dalai Lama zu der Pandemie?
In aufgeheizten Zeiten nehme ich mehr und mehr Abstand von Debatte.
Hitze/Hetze so oder so, will ich nicht noch verstärken.

Charlotte Basler | Mi., 15. April 2020 - 18:44

eine Exit-Strategie empfehlen – und daneben auch als neuer Bundeskanzler. Wofür so ein kleines Virus doch gut ist."
SgF Hildebrandt, was wollen Sie denn damit ausdrücken? Das H. Laschet es schafft, sich durch das kleine ??? Virus zu profilieren? Warum und wozu sollte das gut sein? Warum schreiben Sie das Virus klein? Es zwingt einige Staaten und Gesundheitssysteme in die Knie, vernichtet Wohlstand und kostet viele Menschenleben.
Und das alles nur, damit H. Laschet sich zeigen kann?

Michaela 29 Diederichs | Mi., 15. April 2020 - 19:29

Hier haben Sie uns ein ganzes Bündel an Hausaufgaben geschickt - aber absolut lohnenswert ist die Lektüre. Talent und Verantwortungsbewusstsein scheinen einem Herrn Laschet gänzlich zu fehlen. Als Kanzler hat er sich mir damit nicht empfohlen. Da sollte die CDU noch mal tüchtig drüber nachdenken, ob er wirklich ein geeigneter Kandidat ist. Ich habe eher den Eindruck mitgenommen, dass bei "Heinsberg" einige ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Vielen Dank für das Homeschooling ;-), Frau Hildebrandt.

Dorothea Paulat | Do., 16. April 2020 - 02:17

Streek ist einer von vielen Forschern, die die Corona Pandemie anders beurteilen als das RKI und Drosten. Ein offener wissenschaftlicher Diskurs ist aber nicht erwünscht? Und schon wird so ein Forscher der nun Feldstudien in der Praxis nach streng wissenschaftlichen Vorgaben gemacht hat verrissen.Die Zahlen belegen eines. Schon zu Beginn des Lockdowns ging die Anzahl der Neuinfektionen zurück, obwohl die Maßnahmen noch gar nicht zahlenmäßig hätten sichtbar sein können, da dies die Neuinfektionen vor ein bis zwei Wochen betraf, wo noch gar keine Maßnahmen stattfanden.Auch in Schweden gehen die Zahlen der Neuinfektionen zurück, ohne die einschneidenden Maßnahmen, die die anderen Länder betreiben. Und die Zahl der Neuinfektionen sinkt weiterhin kontinuierlich.Wer nunRecht behält,das wird erst die Zukunft erweisen, aber bis dahin sollte ein reger offener Wissenschaftsdiskurs geführt werden, um die bestmögliche Strategie zu fahren, welche unser Land nicht vollends gegen die Wand fährt.

Manfred Bühring | Do., 16. April 2020 - 09:55

Ein offener Diskurs über den Virus mit all den Folgen war aber von Beginn an nicht gewollt, denn dann wären die Maßnahmen, mit denen - wie Sie richtig sagen - unser Land gegen die Wand gefahren wird, ja nicht alternativlos gewesen. In einer Demokratie kann es kein "Alternativlos" geben, aber das hat BKin Merkel bis heute nicht begriffen und damit die Bürger sediert.

Gerhard Lenz | Do., 16. April 2020 - 13:37

Antwort auf von Manfred Bühring

wie soll der aussehen? Die tägliche Politik wird eindeutig vom Virus bestimmt. Hier der Schutz von Menschenleben, dort die Angst vor dem finanziellen Abstieg, und die Folgen sozialer Isolation.

Die Pandemie erfordert Einschränkungen, da gibt es keine Wahl. Wir sind kein dünnbesiedeltes Schweden, dem einzigen europäischen Land, in dem 10 und nicht 82 Millionen Menschen in einem gleichwohl flächenmässig grossen Land versuchen, durch Herdeninfektion die Pandemie zu überstehen.

Ein Konzept, dass in Grossbritannien grandios gescheitert ist.

Es gibt keine Wahl. Die Einschränkungen aufheben, würde den Weg in ein apokalyptisches Morgen öffnen, mit vermutlich Tausenden von Toten im Wochentakt.

Sehr geehrter Herr Lenz,
was mich ungemein stört ist, dass, wenn schon solche Studien betrieben werden, diese Studie deckt sich in den Ergebnissen auf der Diamont Prizess, hinterher dem Wissenschaftler oder Landesvater irgendeine niedere Motivation unterstellt wird.Nun, Herr Drosten und das RKI würden schön dastehen, wenn sich ihre Horrorszenarien nicht bewahrheiten würden.Wie gesagt, ich möchte nicht in der Haut der NR stecken, aber ein wenig mehr Selbstreglektion um ggfs. den Kurs anzupassen und auch mal Fehler einzugestehen, dass vermisse ich leider bei den Entscheidungsträgern.

Sohal Popal | Do., 16. April 2020 - 20:54

Antwort auf von Manfred Bühring

Gebe Ihnen vollkommen Recht, Frau Paulat und Herr Bühring. Ein offener und transparenter Diskurs scheint gemieden zu werden. Wieso? Weil wir sonst die Beschränkung unserer Freiheitsrechte nicht alternativlos hinnehmen würden.
Wer eine andere Meinung hat als der Status quo wird direkt angegriffen. Da kann man noch so fundiert recherchiert und argumentiert werden.
Das RKI und die WHO ist auch schließlich nicht unabhängig und muss finanziert werden. Diese werden dafür jedoch nicht kritisiert, Herr Dr. Streeck hingegen schon??? Sehr geehrte Autorin, sehr schwacher, undifferenzierter Artikel. P.S. Der Dr. Drosten ist übrigens auch der, der bei der Vogelgrippe schon sehr fehlerhafte Modellrechnungen zur Grundlage seiner Bewertungen gemacht hat. Recherchieren Sie selbst.

Manfred Wolke | Do., 16. April 2020 - 12:48

Ein wirklich enttäuschender Beitrag im Cicero. Oberflächlich, polarisierend, unpassend.

Als würde "Geld" nicht Existenzen hunderttausender Menschen bedeuten. Als würde Streeck nicht abwägend zwischen "Geld" und "Gesundheit" unterwegs sein.

Das geht besser, lieber Cicero, das haben sie zu oft bewiesen.

Sonia Hesters | Do., 16. April 2020 - 13:38

Zitat aus dem Artikel: "Lockdown gegen Lockerungen, so könnte man ihre Positionen beschreiben, Gesundheit gegen Geld".

Tut mir leid, aber so einfach liegen die Dinge nicht.

Roland Völkel | Do., 16. April 2020 - 19:24

Antwort auf von Sonia Hesters

Frau Hesters!
Vor ca. 2 Wochen habe ich mal den ARD-Weltspiegel gesehen. Nach dem Bericht über Israel sagte doch die Moderatorin: "Genau darüber sprechen wir auch in unserer neuen Podcast-Folge: "Freiheit versus Gesundheit" - was ist wichtiger".
Ich habe extra zurückgespult, ob ich da richtig gehört habe?
Die Fragestellung ist so etwas von pietätlos! Dies überhaupt als Frage zu stellen: "Menschenleben gegen Freiheitsrechte"
Geschmacklos und Effekthascherei.
Salute

I. Bühler | Do., 16. April 2020 - 15:54

Sie schreiben, dass die Öffentlichkeit Streeck und Drosten ohne den Corona-Virus nicht kennen würde. Nun gut, Sie schränken es auf die "breite" Öffentlichkeit ein. Doch gerade Drosten hat sich schon vor gut 11 Jahren einen Namen gemacht, und zwar im Schweingegrippe-Desaster. Davon haben allerdings nur kritische Geister Kenntnis erhalten, nachdem arte die Reportage "Profiteure der Angst" ausgestrahlt hat. Dass Streeck zu dem Zeitpunkt noch nicht Leiter eines exponierten Instituts war, um seine Sicht auf Virologie öffentlich zu machen, ist ihm wohl nicht vorzuwerfen.

Dr. Kai Wonneberger | Do., 16. April 2020 - 17:00

Liebe Frau Hildebrandt,
man kann sicherlich nicht behaupten, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Sachen Covid-19 die Argumente hinsichtlich Lockdown oder Exit ausreichend lange und ausführlich diskutiert worden sind. Wir befinden uns in einem Dilemma. Vielleicht ist Ihnen aber geläufig, dass die diskursive und kontroverse Auseinandersetzung wesentlicher Bestanteil des naturwissenschaftlichen Betriebs ist. Im Gefolge einer offenen argumentativen Auseinandersetzung sind nachher dann hoffentlich Alle schlauer, und wir treffen die besten Entscheidungen. Von daher verstehe ich das Framing Ihrer Kollegen gegebüber Herrn Prof. Streeck nicht. Soll hier der Diskurs etwa durch Diskreditierung eines Teilnehmers beendet oder beeinflusst werden? Und wenn ja, warum?
MfG

Dr. Rudolf Winter | Do., 16. April 2020 - 21:12

Liebe Frau Hildebrandt,
Herr Dr. Streeck machte es ganz einfach. Er handelte und hat Ergebnisse. Herr Dr. Drosten spricht nur von Möglichkeiten. Also faktenbasiertes Wissen gegen blindes Vertrauen in Rechenmodelle. Ich bin für Fakten.