
- „Wenn ich Bammel hätte, wäre ich hier falsch“
Die Empfehlung der Leopoldina, die Grundschulen wiederzueröffnen, stößt bei Lehrern in Berlin auf Unverständnis. Die hygienischen Zustände an den Einrichtungen waren schon vorher katastrophal. Eine Schulleiterin erklärt, warum sie trotzdem für eine Wiederaufnahme wäre.
Astrid-Maria Busse ist seit 29 Jahren Leiterin der Grundschule an der Köllnischen Heide in Berlin-Neukölln und Vorsitzende des Interessenverbands Berliner Schulleitungen (IBS).
Frau Busse, die Nationale Akademie der Wissenschaften hat empfohlen, den Schulbetrieb bald wieder hochzufahren. Sie leiten eine Grundschule im Brennpunkt Berlin-Neukölln. Was sagen Sie zu dem Vorschlag?
Im Prinzip begrüße ich den sehr, damit wieder ein bisschen mehr Normalität ins Leben kommt. Die Schulen sind ja ganz wichtige Schaltstellen in der Gesellschaft. Unsere Kinder sind ganz heiß darauf, endlich wieder in die Schule zu dürfen. Unsere Kollegen und Kolleginnen haben schon viele Briefchen bekommen. Zu Hause zu sitzen, ist in dieser Zeit sehr anstrengend. Ein paar Stunden Schule würden da schon helfen.
Viele Ihrer Kollegen widersprechen ihnen. Es grassiert die Angst vor der Schule als „Durchseuchungsort“.
Natürlich kann man nicht mit den gewohnten Klassenstärken arbeiten. Man muss da neue Wege gehen.
Wie sieht es bei Ihnen aus?
Die eine Hälfte der Klasse kommt dann vielleicht von acht bis elf. Danach werden Tische gründlich mit Seife gereinigt, und auch die Sanitärräume müssen dann gründlich von einer Firma gereinigt werden. Und dann kommt um 12 Uhr die zweite Hälfte der Klasse, auch für drei Zeitstunden. Der Vorteil der Grundschule ist, dass sehr viel Unterricht in der Hand des Klassenlehrers liegt. Es muss nicht nur Mathe und Deutsch sein.
In Berlin waren die hygienischen Bedingungen an den Schulen schon vor der Corona-Krise katastrophal. Vielerorts gibt es nicht genug Seife und Papierhandtücher und bis heute kein Desinfektionsmittel. Warum sollte das jetzt besser werden?
Schon bevor unsere Schule geschlossen wurde, hatte jede Klasse Seife, Lappen und Eimerchen und hat ständig die Tische und Klinken abgewischt. Das haben die Kollegen natürlich selbst gemacht. Aber natürlich müssen die Sanitärräume von einer Firma gereinigt werden, sonst können können wir hier nicht arbeiten. Man muss umdenken. Das war vorher wirklich katastrophal. Wir haben zum Händewaschen nicht mal warmes Wasser.