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Abstimmung abgeschlossen: Neue Schulden in Milliardenhöhe / dpa

Milliardenschulden durch Corona - Kommt ein Covi nach dem Soli?

Jetzt steht fest, dass Solidarität in der Coronakrise nicht nur heißt, Pflegekräften zu applaudieren. Die milliardenschwere staatliche Neuverschuldung wird uns auf Generationen hinaus belasten. Der Nachtragshaushalt ist notwendig – aber auch eine Debatte zur Gegenfinanzierung.

Bastian Brauns

Autoreninfo

Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Vor wenigen Monaten noch gab es diese gute Nachricht: Zumindest für 90 Prozent der heutigen Zahler sollte der seit Jahrzehnten zu zahlende Solidaritätszuschlag für die Kosten der Wiedervereinigung ab dem Jahr 2021 vollständig entfallen. Das allerdings war vor Corona. Und es war vor jenem historischen Satz der Bundeskanzlerin: „Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt“, sagte Angela Merkel in ihrer bislang einzigen Fernsehansprache zur Coronavirus-Krise. Der Traum vom Ende des „Soli“ stammt auch aus Zeiten vor jener heutigen, historischen Debatte im Bundestag, bei der die Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD sowie Grüne, Linke und FDP einer mehr als 150 Milliarden Euro hohen Neuverschuldung per Nachtragshaushalt zugestimmt haben.

Solidarität – darunter konnte man bislang vor allem ein solidarisches Verhalten verstehen, indem man sich an die viel beschworenen „Regeln“, wie etwa an die „Kontaktsperre“, die „Niesregeln“ oder den „Händewaschenknigge“ gehalten hat. Solidarität – damit konnte bislang das symbolische Klatschen in den Landtagen, im Bundestag und von den Privatbalkonen für die Helden der Coronakrise gemeint sein. Solidarität – damit konnten bislang die für die Psychologie der Wirtschaft vollmundigen Aussagen der Regierung gemeint sein, dass man alles tun werde, um Pleiten und Arbeitslosigkeiten zu verhindern.

Solidarität, das heißt seit heute auch bezahlen

Was dieses „Alles-Tun“ bedeutet, ist nun amtlich: Solidarität, das heißt seit heute auch bezahlen. Und damit ist ab sofort trotz des Schnellverfahrens im Bundestag ohne Einwände des Bundesrates auch die Debatte eröffnet, wer künftig diesen entstehenden neuen Schuldenberg auf welche Weise abzutragen haben wird. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) rechnet damit, dass die Corona-Hilfsprogramme der Regierung 122,5 Milliarden Euro kosten werden. Wegen der heftigen wirtschaftlichen Folgen erwartet er außerdem deutlich geringere Steuereinnahmen: 33,5 Milliarden Euro weniger, als bislang angenommen wurden. Weitere Milliardenprogramme sind explizit nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr höchst wahrscheinlich anzunehmen. Staatsbeteiligungen an strauchelnden Unternehmen, steigende Arbeitslosenzahlen, sinkende Einnahmen der Sozialkassen – so lauten die Zutaten der fiskalpolitischen Mixtur der Zukunft.

In diesen Tagen ist klar, dass nicht alle Maßnahmen und deren Folgen zeitgleich diskutiert werden können. Politiker und Experten geben offen zu, dass sie auf Sicht fahren, dass niemand weiß, wo und wie diese Fahrt enden wird. Insofern ist es richtig, stabilisierende Maßnahmen zu ergreifen. Doch dann muss die Debatte kommen, wer die Folgen zu tragen hat. In der Bundestagsdebatte zum Nachtragshaushalt wirkte es darum mindestens befremdlich, dass die Grünen gleich noch den zusätzlichen Vorschlag machten, die deutsche KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) solle doch gleich auch Milliarden von Euros bereitstellen, um italienische und spanische Banken zu stützen. Noch bevor geklärt ist, wer allein schon die Lasten innerhalb Deutschlands tragen soll? Noch bevor klar ist, wie auch die jetzt noch weiter wachsenden Schuldenberge der Kommunen beseitigen soll?

Chance zur umfassenden Steuerreform

Zur Ehrlichkeit und Transparenz in der Coronakrise – wie es die Regierung nicht müde wird zu betonen – gehört so bald wie möglich auch ein Konzept zur Finanzierung der Covid19-Pandemie-Not-Finanzierung. Und das muss dann konkreter sein, als nur die schönen Worte von „Solidarität“, „Herausfordung“ oder „Kraftakt“ in der Dauerschleife zu wiederholen. Womöglich wird es für dieses Konzept auch einen eigenen Namen geben. Dem gerade erst abgeschafften Solidaritätszuschlag könnte ein auf Jahrzehnte hinaus zu zahlender „Covid-aritätszuschlag“ folgen. Spätestens dann, wenn die Ansteckungszahlen sinken.

Diskutiert wird derzeit aber zumindest vonseiten der SPD und einiger Wirtschaftswissenschaftler, dass man die 2021 geplante Abschaffung des „Solis“ bereits auf diesen Sommer vorziehen könnte. Um die Binnennachfrage zu stärken, ist das auch ein durchaus nachvollziehbarer Gedanke. Doch die Abschlussrechnung der Pandemie wird unweigerlich kommen. Längst schon werden Forderungen laut, wonach „die Reichen“ dieses Landes ganz besonders finanzielle Solidarität leisten sollten. Ob nun Reichensteuer, Vermögenssteuer, Mehrwertsteuer, CO2-Steuer – das Instrumentarium zur Gegenfinanzierung wäre vielfältig und womöglich ist einiges davon sogar notwendig.

Aber die politische Herausforderung wird dann darin bestehen, das ohnehin unliebsame Thema der Steuergesetzgebung endlich grundsätzlich anzugehen. Wenn am Ende eine Steuerreform herauskommt, die auch die insgesamte Abgabenlast aller Bürger im Blick hat, könnte dies den sozialen Frieden im Land sichern. Und dann wäre die Allgemeinheit womöglich auch bereit für einen wohl unausweichlichen „Covi“ nach dem „Soli“.

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Tomas Poth | Mi., 25. März 2020 - 18:01

ganz einfach, so wie schon beim Soli. Alle werden dafür Arbeitsleistung erbringen müssen auf die dann eine Steuer erhoben wird. Wer Schulden macht/hat muss sie abarbeiten, war schon immer so.
Die Linken haben natürlich eine bessere Lösung sie enteignen dafür "das Kapital".

die ja eigentlich nicht trappst oder trampelt, zur "Fantasie" ist eine halbe Verschwörergeschichte schon wert. Schillers RÄUBER als kleine Robin HOODs waren natürlich noch "Sturm und Drang" ...

... Von den "Finanzkrisen" lässt sich immerhin e i n e s lernen: Mit der Abschaffung einer überforderten Währung (etwa des EURO) und Umstellung auf eine NEUE ließe sich mit einem FED-Strich dermaßen schnell "enteignen", dass LINKE und GRÜNE gleichzeitig mit "bargeldlos" belohnt würden.

Wer weiß, ob die Krone des Virus CORONA nicht auch solche "Nebenwirkungen" verführerisch macht?

Der deutsche Knetezahler wird bankrott gehen.

ER oder "sie" (Die DEUTSCHEN) waren schon lange so dämlich, "alles zu glauben".

Freitags fürs Klima und danach SPIEGEL und ZEIT lutschen.

Zahlefrauen und Söhnemänner wird das GROSSOBJEKT EU= EUROPA eher weniger schützen als Magnus Enzensberger vorausschaute.

Ein "kleiner Bürgerkrieg" ist auch nicht schlimmer als eine Weltrevolution.

Freiheit ist so viel wert, wie Köpfe rollen, dachten schon die JAKOBINER.

Und Karl MARX machte dann das PROLETARIAT zum Heilsbringer der Arbeiterklasse.

IN ZEITEN der Pandemie bekommt mit einmal Genosse SPAHN Gesetzesrechte, die ihm nicht zustehen.

Wenn alle vervirt sind, wäre CAMUS durchaus lesenswert wieder.

Echt spannender als der Besuch von SARTRE beim Bader zu Meinhof.

Von Pest zu Pestalozzi, ist für Virologen ein MUSS . Von Kommunismus zu von oben nach unten stimmt das Verteilen nicht, rotgrünes Kindergewäsch!

Hans Jürgen Wienroth | Mi., 25. März 2020 - 19:19

Die Covid19-Pandemie-Notfinanzierung ist noch lange nicht zu Ende, lieber Herr Brauns, sie hat noch nicht einmal richtig begonnen. Die heute genehmigten 156 Mrd. € reichen bei weitem nicht aus. Auch die von den Herren Altmeier und Scholz genannten 550 Mrd. € werden nicht ausreichen, die vielen Wünsche und Notwendigkeiten zu erfüllen. Da sind die Soli-Milliarden, welche die EZB gerade für uns investiert, noch nicht eingerechnet, auch nicht die Milliarden für die Energiewende.
CO2-Steuer, Covid-aritätszuschlag, „Reichensteuer“ (Hausbesitz?), „Vermögenssteuer“ (Eigentum an Produktionsanlagen?), all das wird nicht ausreichen, unsere Schulden in diesem Jahrhundert abzutragen. Da spielt auch die Work-Live-Balance, sowie eine „differenzierte“ Haltung zur Leistungsbereitschaft eine Rolle. Auch hohe Steuern führen eher zur Ausnutzung der sozialen „Hängematte“, das können die wahren Leistungsträger nicht ausgleichen. Sie werden es auch nicht wollen, wenn man ihnen vorher alles nimmt.

gerhard hellriegel | Mi., 25. März 2020 - 19:38

... sie hätten ihn denn. Wie wollen Sie denn die großen kapitalvermögen besteuern? Wie die finanzwirtschaft? Wie amazon, google, microsoft, apple? Was wollen Sie gegen steuerhinterziehung, steuervermeidung in all ihren (legalen und illegalen) spielarten machen? Wo sich doch die staaten in kapitalkonkurrenz befinden. Es geht um standortvorteile, fragen Sie boris. Haben die fonds nicht erst jüngst in davos klar gemacht, dass sie staatliche reaktionen in ihre kalkulation mit einbeziehen werden? Leider, leider bleibt ihnen nichts anderes übrig. Stimmt sogar.
Also: weiter wie bisher: leistung muss sich wieder lohnen. Wie sind fest in ihrer hand. Sie glauben doch nicht im ernst, dass sich irgendetwas ändert?

Susanne Dorn | Mi., 25. März 2020 - 22:43

…sind nicht Folge der Corona-Krise sondern schon lange vorherzusehen gewesen. Der blinde Aktionismus der Regierung, 150 Mrd. Steuergelder dafür einzusetzen, dass Firmen diese Krise überstehen, ist illusorisch. Es werden weltweite Lieferketten unterbrochen und die Firmen die angeblich jetzt unterstützt werden sollen, müssen Produktionen mangels Materialzulieferung weitgehend einstellen.

Eine Pleitewelle mittelständischer Unternehmen wird zuerst erfolgen. Dann stürzen die Zombieunternehmen, danach die Banken usw. usw. Ein Dominoeffekt, der durch nichts mehr aufzuhalten sein wird.

Ich werde immer sehr hellhörig, wenn die Regierung Steuergelder in dieser Größenordnung in die Hand nimmt, um ihr katastrophales politisches Versagen zu kaschieren. In Kürze wird sie den CRASH der Corona-Pandemie zuzuschieben.

Wie ich schon in einem früheren Kommentar erwähnte, hat die Bundesregierung schon 2013 eine Risikoanalyse ausgearbeitet

Dr. Roland Mock | Mi., 25. März 2020 - 23:17

Wenn eines sicher ist: Ich bin wieder bei denen die Zahlen. War nie anders.

Ingrid Dietz | Do., 26. März 2020 - 19:22

Antwort auf von Dr. Roland Mock

Gott-sei-Dank werden immer mehr RentnerInnen steuerpflichtig !

Somit klingelt die Kasse OHNE das neue "kreative" Steuern erfunden werden müssen !

Susanne Dorn | Do., 26. März 2020 - 10:11

(Drucksache 17/12051 03. 01. 2013 Bundesregierung) „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ und hätte zum jetzigen Zeitpunkt auf diese Pandemie vorbereitet sein müssen. Geschehen ist nichts.

Jährlich sterben 25.000 Menschen in diesem Land an einer Grippe, 40.000 Menschen an Krankenhauskeimen. Wo ist hier die Vorsorge? Es gibt sie nicht.

Geschehen ist auch in anderen Politikfeldern nichts! Ein ebenso erbärmliches Bild gibt die EU in der jetzigen Situation ab.

Ich frage mich täglich, was diese Regierung mit der, inzwischen unerträglichen Propaganda noch alles verschleiern will!

Der Plan geht unweigerlich in Richtung Kulturmarxismus! Und der bedeutet: Unterwerfung, Verarmung, Genozid. Wie in der Vergangenheit auch.

Schon wieder eine falsche Referenz. Schon wieder werden Pflegenotstand und Pandemie gegeneinander ausgespielt.

Natürlich hat der wirtschafts-liberale Kurs der Regierung Folgen für das Gesundheitssystem.
Aber so mancher Aktionär, auch Kleinanleger, jubelt natürlich über Einsparungen im Gesundheitssektor, die dann - in welcher Form auch immer - dem Privatsektor und, subsequent, dem Börsenkurs zugute kommen.

Es gibt Gründe, Kritik zu üben. Ultrarechte Propagandafeldzüge sind jedoch höchstens beim eigenen Anhang beliebt. Ansonsten sind sie höchst entbehrlich.

Werte Frau Dorn,

bezugnehmend auf die jährlichen Sterbefälle aufgrund von Grippe u. Co. kann ich mir gut vorstellen, dass das billigend in kauf genommen wird. nat. wird das so nie öffentlich zugegeben.
Denn die Gegenrechnung ist ja an eingesparter Rente, Behandlungskosten u. weniger Pflegekosten ebenfalls recht beträchtlich.

Ich wollte nicht zynisch klingen. Mir gingen nur die reinen Zahlen durch den Kopf.

Werner Peters | Do., 26. März 2020 - 10:47

Das wird niemals funktionieren, dass wir - und die anderen Länder - diese gigantischen Milliarden gar Billionen per Kredite mit Zinsen zurückzahlen. Völlig illusorisch. Machen wir uns nichts vor: Diese Summen müsen von der EZB zinslos kommen, also gedruckt werden, und stehen dann meinetwegen an Forderungen der EZB an die Länder in den Büchern. Aus diesen werden sie irgendwann verschwinden, aber nicht durch Rückzahlung. Die Target-Salden Problematik lässt grüßen.

helmut armbruster | Do., 26. März 2020 - 13:53

da könnte unser Finanzminister doch mal anklopfen und fragen ob er seine 150 Milliarden von der EZB erstattet bekommt.
Aber er wird nicht anklopfen, weil er weiß, dass die EZB Milliarden nicht für Deutschland bestimmt sind.
Andere, angeblich schwächere Mitglieder werden diese EZB Gelder erhalten, nicht wir.
Wir müssen für unsere 150 Milliarden selber aufkommen während Italien u. Spanien u. andere von der EZB Hilfe erhalten. Denn schließlich sind wir ein starkes Land mit schwarzer Null und soliden Finanzen.
Das jedenfalls haben wir jahrelang selbst in alle Welt hinaus posaunt. Und die anderen nehmen uns gerne beim Wort.
Unsere Rolle ist, dass wir haften dürfen für das, was andere erhalten, ohne selbst etwas zu erhalten.
(Es kann sein, dass ich mich mit dieser Analyse geirrt habe, weil mir vermutlich einige Fakten und Informationen fehlen. Ich lasse mich gerne korrigieren, von jedem der es besser weiß).

Rob Schuberth | Do., 26. März 2020 - 19:12

Jetzt wäre es doch an der Zeitz, dass man sich innerhalb der EU einig würde endlich die "Großen" richtig zu besteuern.
Würden diese Konzerne die Steuern zahlen die sie eigtl. (ohne Steuersparmodelle auch einiger EU-Länder zu benutzen (also uns Alle auszunutzen), dann würden schon einige Mrd. zusammenkommen.

Und wenn dann auch diese Cum-Cum u. Cum-Ex Steuerbetrügereien (u. auch gleich deren Ausweichbetrügereien) endlich unmöglich gemacht würden, wären weitere Mrd gesichert.

Außerdem muss man einräumen, dass viele der Betriebe, die jetzt gerettet werden sollen, im Grunde nie überlebensfähig waren.

Es wird also zu lange überfälligen Marktbereinigungen kommen..das ist auch gut so.