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Viele Minderjährige tragen das Kopftuch nicht freiwillig / dpa

Integration - Kopftuchverbot für Minderjährige laut Gutachten verfassungskonform

Darf der Staat Minderjährigen das Tragen eines Kopftuchs verbieten? Laut einem neuen Gutachten wäre ein Verbot verfassungskonform. An wutentbrannten Reaktionen muslimischer Verbände und Politiker wird es in den kommenden Tagen sicherlich nicht mangeln.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Stehen das Grundgesetz und das föderale System der Zulässigkeit eines Kopftuchverbotes für Minderjährige unter 14 Jahren in öffentlichen Einrichtungen entgegen? Zu dieser Fragestellung wurde am Donnerstag in Berlin ein Gutachten präsentiert. Erstellt wurde es von Dr. Kyrill-Alexander Schwarz, der an der Universität Würzburg einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht innehat.

Auftraggeber ist die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland (BAGIV), die als säkularer, multinationaler Dachverband die Interessenvertretung und Integration von Einwanderern auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen befördern will. „Wir wollen dieses sensible Thema weder den Rechten, noch den Islamisten überlassen“, beschreibt BAGIV-Präsident Ali Ertan Toprak die Beweggründe. Es gehe auch nicht um Religionsfreiheit, sondern um die „Instrumentalisierung von Kindern für fundamentalistische Ziele“.  Aus dem Koran sei keine Verpflichtung ableitbar, dass junge Mädchen ein Kopftuch tragen sollen oder gar müssen.

Kopftuch löst Ausgrenzungsprozesse aus

Gutachter Schwarz sieht in einem einheitlichen Verbot den Lösungsweg für die verfahrene rechtliche Situation. Da die Bundesländer den Umgang mit dem Kopftuch beispielsweise für Lehrerinnen  oder Rechtsreferendarinnen unterschiedlich handhabten, drohe „ein föderaler Flickenteppich“. Ein auf Kinder bezogenes Bundesgesetz könne Bezug nehmen auf den Schutz des Kindeswohls und die im Grundgesetz verankerten Prinzipien der Toleranz, der Gleichberechtigung und der Diskriminierungsfreiheit. Das Kinder-Kopftuch stehe diesen Prinzipien entgegen, da es den Mädchen jeglichen Raum für freie, selbstbestimmte Entfaltung nehmen. Und auch das Elternrecht auf Erziehung finde seine Grenzen beim Kindeswohl.

Unter Lehrern werden diese Fragen intensiv diskutiert. Julia Wöllenstein, die an einer Gesamtschule in Kassel arbeitet, unterstützt die Forderung nach einem Kopftuchverbot vehement. Das Kopftuch in Schulklassen erschwere die Integration und löse Ausgrenzungsprozesse aus. Oftmals trügen Mädchen das Kopftuch auch nicht freiwillig, sondern würden „massiv unter Druck gesetzt“. Zum einen von fundamentalistischen Eltern, die ihnen prophezeien, „dass sie in die Hölle kommen, wenn sie kein Kopftuch tragen“. Aber es entstehe auch massiver Druck auf muslimische Mädchen, die kein Kopftuch tragen, die dann vor allem von muslimischen Jungs als „Schlampen“ gemobbt würden. Zum Kopftuch kämen andere „Eingrenzungsprozesse“ dazu, etwa die Verweigerung der Teilnahme am Schwimm- und Sportunterricht, Ausflügen und Klassenfahrten. Das erschwere den integrativen Auftrag der Schulen erheblich.

Kein Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze

Auch die Soziologin und Publizistin Necla Kelek, die unter anderem für die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes arbeitet, fordert ein Verbot des Kinder-Kopftuchs. Junge Musliminnen sollten damit in eine bestimmte Rolle gedrängt werden und ihre „Andersartigkeit“ und Abgrenzung gegenüber der von ihren Eltern abgelehnten toleranten, liberalen Gesellschaft demonstrieren. Ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung werde dadurch massiv eingeschränkt. Es gehe auch nicht um Neutralität oder das Verbot weltanschaulicher Symbole, wie etwas Anhänger mit Kreuzen oder Halbmonden. „Das Kopftuch ist etwas ganz anderes“, nämlich ein Unterdrückungsinstrument.

Der Staat müsse einen entsprechenden Rahmen schaffen, zu dem auch gehöre, das Kopftuchverbot auf die Altersgruppe bis zum vollendeten 14. Lebensjahr und auf öffentliche Einrichtungen in staatlicher Verantwortung zu beschränken. Die Altersgrenze ergibt sich aus der gesetzlich geregelten Religionsmündigkeit von Jugendlichen. Kelek und Toprak ist bewusst, dass so ein Vorstoß kein Selbstläufer wird. Man stehe aber in Kontakt mit Politikern verschiedener Parteien, Wissenschaftlern und Verbänden und wolle „intensive Lobbyarbeit betreiben“.

Das Gutachten kommt bei den anfangs skizzierten Fragestellungen jedenfalls zu dem eindeutigen Ergebnis, dass ein Kopftuchverbot in der Kompetenz des Bundes liegt und nicht gegen Verfassungsgrundsätze verstoßen würde. An wutentbrannten Reaktionen einiger muslimischer Verbände und einiger Politiker, vor allem aus den Reihen der Grünen und der Linken, wird es in den kommenden Tagen und Wochen nicht mangeln. Es bleibt zu hoffen, dass damit eine dringend notwendige Diskussion über die Unterdrückung junger Musliminnen und den Missbrauch der Religionsfreiheit für fundamentalistische, demokratie- und menschenrechtsfeindliche Ziele an Fahrt aufnimmt.    
 

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Manfred Sonntag | Do., 5. März 2020 - 15:55

Ein prima Artikel. Ich würde ein Kopftuchverbot, wie hier geschildert, sehr begrüßen. Aber im Text klingt es ja schon an, die Linken und Grünen werden Alles, aber auch Alles tun um das zu verhindern. Natürlich werden alsbald CDU Politiker wie der Herr Günther u.a.m. der heiligen Identitätspolitik zu Hilfe eilen. Die Rechte von Frauen und Mädchen aus anderen Kulturkreisen sind den Linken und Linksliberalen egal, das haben sie die vergangenen Jahre massenweise bewiesen. Und anderen werfen sie Rassismus vor. Wie sagte doch AI WEIWEI: "Ich mag die Liberalen nicht, die nur so tun, als seien sie liberal. Aber tief drinnen haben sie die Nazi-Kultur verinnerlicht." (aus Cicero 03/ 2020). Zu dem Thema passt auch der Beitrag von Ahmad Mansour "Der Kampf gegen Extremisten braucht Demokraten". Aber wo sind denn die Demokraten bei Schwarz, Rot, Rot und Grün, wenn man die Aussage von AI WEIWEI beachtet?

Kein so ähnlicher Artikel wäre vor einem viertel bis halben Jahrhundert in der EU geschrieben worden & in keinem anderen Land auf dieser Welt wäre man auf die Idee gekommen,....

Na guck mal. Jeder weiß, wie mein Gedankengang weiter ging.

Wir Westeuropäer werden den gleichen Lebenspfad nehmen, den bereits die Indianerstämme Amerikas & andere Kulturen genommen haben.
Und so wenig wie heute Istanbul einst eine christliche Stadt war, so schnell wird euer neuer toleranter Europa-Islam sich hier verbreitet haben. Und dies soll keine Bewertung sein, denn bei diesem geschriebenen Wort denke ich an das "Vater Unser" - wie im Himmel, so auf Erden.
Und wenn es sein Wunsch ist, die ehemals christlichen Menschenkinder Europas (ein Stamm von alten Israel) in die Wüste des Vergessens zu schicken, dann sei es so.
Wie pflegten meine Großeltern zu sagen:
Wie man sich bettet, so schläft/ so lebt man.
Wir haben keinen Glauben gesät, also werden wir keinen ernten. Soviel dazu..... MfG

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 5. März 2020 - 17:07

unterschrieben, glaube aber jetzt, dass bei der für mich wahrscheinlichen Verfestigung muslimischer Glaubensvorschriften in Europa und gerade keiner Anpassung als Europäischer Islam, dass man Kinder damit schwerst belastet.
Ich möchte aber dann die Freigabe des Tragens von Glaubensbekenntnissen aller Art in den Schulen oder Ämtern und sei es in Bezug auf den Glauben an fliegende Untertassen.
Ausserdem die Unterschrift aller Beschäftigten in öffentlichen Diensten unter ein Bekenntnis zu unserem Grundgesetz und Verfassungsstaat, also auch der Trennung von Staat und Kirche and so on.
Wer das nicht möchte, kann sich ausserhalb Europas umsehen, aber Kinder?
Es geht nun mal nicht, diese evtl. Konflikte auf deren noch unmündigen Schultern auszutragen.
Bei schweren Angriffen in Schulen auf Nichtkopftuchträger Verweis von den Schulen oder hohe Geldstrafen.
Das können ja dann "Imame" bezahlen?
Für Europa gehe ich von einem stetigen Anwachsen aufgeklärter, offener Verhaltenweisen aus.
Sapere Aude

sollte man ebenso verfahren.
Und damit erst gar kein Kampf in Schulen entsteht, muss man zuerst die Kinder schützen, dann das Recht, zu dem sie sich, mündig geworden, hoffentlich bekennen werden. Vielleicht gibt es ja doch einmal einen europäischen Islam.
Regeln kann es ja dennoch geben, damit eine Gemeinschaftlichkeit überhaupt möglich ist, also ändere ich meine Meinung in praktikabler Hinsicht, nicht unbedingt in theoretischer Hinsicht, aber wenn ich etwas aus den 2 Weltkriegen und besonders dem 3. Reich gelernt habe, dann dass Leben/Zusammenleben möglich sein muss, demgegenüber Rechthaben zurückstehen kann, sofern es sich damit nicht selbst aufgibt,
Verbindlicher Ethikunterricht für ALLE Kinder

"Gelebte Religion" ist erstmal eine Diagnose, mehr nicht. Und Religion im Übermaß der erste Schritt zumTerrorismus.
Kein Staat und keine Bevölkerung müssen einen solchen Rückfall vor die Aufklärung dulden. Wobei Deutschland besondere Schwierigkeiten zu haben scheint, es gelingt ja nicht mal das faschistische Konkordat aufzukündigen und diese Flut von Sekten als Vereine einzustufen.

aber immer noch besser als Setzen auf "Blockflötenunterricht". Am Christentum muss man in Europa am wenigsten ansetzen, wegen der Aufklärung, aber Nordirland?
Ich bin kein Fan von Sekten, bitte bedenken Sie aber, dass die christlichen Gemeinden zunächst auch als Sekten galten, in dem Film "Das unbekannte Grab" immer noch als Sekte bezeichnet werden, wenn ich das richtig verstanden habe.
Wenn, eine Unverfrorenheit sondergleichen.
Ich setze auch da nicht in erster Linie auf Verbote, sondern Aufklärung und Beobachtung.
Ich halte Europa für den tollsten Kontinent des Universums und denke manchmal, dass Lehren, es muss ja nicht gleich Missionieren sein, der Welt vielleicht dringend gebraucht wird.
Diese mich befremdende "Entwicklung" des Islam hin zu evtl. Islamismus, fiel sie nicht zusammen mit dem Rückzug europäischen Zugriffs auf die islamische Welt?
Ich bin schon auch alarmiert, aber Verbote behindern immer auch das evtl. mögliche Zusammenleben der verschiedenen Menschen hier in Europa.

Andreas Zimmermann | Do., 5. März 2020 - 17:10

Das Kopftuch ist seit einigen Jahren bei den Moslems viel mehr als nur ein Kleidungsstück es ist religiöses Symbol, Symbol für die Unterordnung der Frau und natürlich auch ein offenes Bekenntnis zum konservativen oder politischen Islam. Dass dieses auch von fortschrittlichen Moslems thematisiert wird, hält bestimmte politische Kräfte nicht davon ab, seit Jahren dieses Symbol von Unfreiheit im Namen der Freiheit der Religionsausübung und persönlicher Freiheitsrechte(!!!) unter Schutz zu stellen. Es wäre schön wenn diese ganze Sache mal vom Kopf auf die Füße gestellt werden würde und hier klar kommuniziert werden würde, was hier was ist und wo wir als demokratischer, säkularer freier Staat mit einer langen Tradition von Aufklärung aber auch blutigen auch religiösen Konflikten, hier Grenzen sehen und setzen wollen. Es wäre schön, wenn hier mal für die dringend notwendige Integration endlich ein deutliches Zeichen gesetzt werden würde. Und es sollte nicht das letzte sein!

Bernd Muhlack | Do., 5. März 2020 - 17:20

… trägt ab und an sehr schöne Kopftücher.
Insbesondere dann, wenn sie sich in Schottland, Schloss Balmoral, aufhält.
Dort weht fast immer ein raues Lüftchen.

Diese endlosen Debatten sind nicht zielführend!
Wenn ein Gericht letztinstanzlich urteilt, dann ist eben Ende Gelände, Basta!

Wir sind in hier D (!?), folglich gelten "deutsche, europäische" Maßstäbe.
Das hat überhaupt nichts mit Rassismus oder Islamophobie zu tun.
Eine Schule, eine Uni kann nur im gesetzlichen Rahmen funktionieren.
Okay, ein Kopftuch ist keine Niqab oder Burka.
Soweit mir bekannt, gibt es keine religiösen sondern tribale, soziokulturelle Hintergründe.

Ob des Klimawandels sitzt dann Lisa im Spaghettiträgerleibchen und kurzen Hosen neben der Aysche im Niqab!
Und alle Jungs mit Baseball-Cap, natürlich Schirm hinten!
Und Josef-Adolf trägt eine weiße Spitzhaube mit zwei Augenlöchern: "Mein Vater ist beim Clan!"

In UK gibt es "Schuluniformen", warum auch nicht?

Auch Toleranz hat Grenzen, basiert auf do ut des!

Heidrun Schuppan | Fr., 6. März 2020 - 10:42

Antwort auf von Bernd Muhlack

Kopftücher, welche locker bis sehr locker gebunden sind. Wenn ich Mädchen sehe, die ein islamisches Kopftuch tragen, so ist dieses sehr eng an den Kopf gebunden – es darf kein Härchen zu sehen sein. Und das schränkt schon mal die Bewegungsfreiheit ein – aufpassen, dass das Tuch nicht verrutscht.

Nun ja, es gibt eigentlich keine islamischen Kopftücher, sondern "der Inhalt, das zu Verhüllende" ist islamischen Glaubens; es gibt ja auch keine christlichen Hüte oder buddhistische Schals.
Sie haben ob der "Festigkeit" der Wicklung jedoch absolut Recht.
Stationärer KH-Aufenthalt in 2017.
Eine "Schnupperschülerin"; sie will Krankenschwester (blödes Wort) werden.
Sie war komplett und stramm verpackt, nur das sehr schöne Gesicht war sichtbar, wie bei den Nonnen.
"Wie alt sind Sie?" "Aus Aleppo. Oh, sorry, aber die erste Frage ist sonst immer, wo kommen Sie her; ich bin 17."

Sie hat tatsächlich eine Ausbildung zur "Pflegefachkraft" aufgenommen.
Viel Erfolg Yonca!

Frau Schuppan, erinnern Sie sich noch an Indira Gandhi bzw. Benazir Bhutto?
Sie beherrschten ebenfalls die Kunst des Kopftuchbindens!
Leider wurden beide erschossen.

Kopftuch ist nicht gleich Kopftuch. Bei der Queen ist es ein lockeres Tuch gegen englisches Shit-Wetter, habe ich vor 50 Jahren im Cabrio auch getragen. Hier geht es um ein islamisches Fanal. Das iranische Kopftuch ,streng gebunden mit einem Band das die Haare rückstandslos nach hinten hält. Mein Kopftuch oder auch das von Oma musste nicht mit der Kalaschnikow durchgesetzt werden wie das die Religionspolizei im Iran praktiziert. Auch wäre die Familie nicht in Verruf geraten wenn ich es abgelegt hätte.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 7. März 2020 - 14:11

Antwort auf von Bernd Muhlack

bei allem Respekt, sie sieht für mich damit aus wie eine UrUrUrgroßmutter, obwohl ich die praktischen Gründe beim Reiten nicht beiseite wischen möchte. Auf keinen Fall sollte sich Herzogin Kate zu sehr an Queen Elizabett der II. orientieren und wenn sie sie noch so liebt und respektiert.
Was tragen denn andere ReiterInnen?
Ich fand Kopftücher immer furchtbar, ausser wenn man sie bei Feldarbeit nach hinten bindet, erinnere ich richtig Kopfschmuck der russischen "Völker"?
In Wüstenregionen tragen Männer auch Kopfschutz, verständlicherweise.
Wenn es sich dahin modern weiterentwickeln könnte...

helmut armbruster | Do., 5. März 2020 - 17:25

und sie tun es. Selbst ausländische Politikerinnen, die zu Besuch im Iran sind, tragen - wie gefordert - das Kopftuch.
Wir sollten diese Praxis einfach umdrehen. Also jeder Person, die Kopftuch tragen möchte, klar machen, dass das hier nicht geht.
Rechtsgrundlage ist Gewohnheitsrecht. Aus und fertig.

Gerhard Schwedes | Do., 5. März 2020 - 17:44

Sinngemäß gibt es das BVG-Urteil, das Lehrerinnen ihr Kopftüchlein zu tragen erlaubt, falls es nicht den Schulfrieden stört. Wenn ich Lehrer wäre, würde ich das Gleiche Recht für mich in Anspruch nehmen wie die orthodoxen Musliminnen. Ich würde dann ein großes hölzernes Kreuz um den Hals tragen. Einen atheistischen Kollegen würde ich darum bitten, mit einem Schild mit der Aufschrift "gottlos" in die Schule zu kommen, einen anderen, mit dem Schild Agnostiker aufzutreten, ganz nach dem Prinzip "Gleiches Recht für alle". Wenn jeder wie einen Bauchladen seine Religiosität vor sich hertrüge, wie es viele Musliminnen tun, haben wir endlich das Optimum einer Multi-Kulti-Gesellschaft erreicht, in der sich nach der Vorstellung der Grünen und Linken alle so behaglich fühlen und jeder vom anderen lernt. Mal sehen, wie lange sich eine solche Verrücktheit durchhalten lässt. Es wird allerhöchste Zeit, dass der Staat wenigstens in öffentlichen Institutionen auf säkulares Verhalten besteht.

Markus Michaelis | Do., 5. März 2020 - 17:56

Ich glaube nicht, dass die Überschrift gut ist. Die Gesellschaft scheint mir zunehmend politische Klärungen von der Verfassung zu erwarten - was das Gericht vielleicht auch zu sehr annimmt. Das hebelt die Verfassung und die demokratisch-politische Willensbildung eher aus.

Ein Kopftuchverbot sollte verfassungskonform sein, genauso wie ein Kopftuchgebot und die meisten anderen Dinge - das sollte der Verfassung alles egal sein. Wenn das Gericht mal inhaltliche Dinge sagt, sollte es eher Minderheiten schützen (wenn es notwendig scheint). Ein Kopftuchverbot scheint eine Mehrheitsforderung: das Gericht muss insbesondere nicht der Mehrheit auf die Sprünge helfen, wenn die unfähig ist ihre politischen Interessen zu vertreten. Oder sind Kopftuchgegner jetzt die zu schützende Minderheit?

Die Gesellschaft zerfällt in mehr Gruppen, die untereinander das Vertrauen verlieren. Die Verfassung kann da nur einen Teil beitragen und sollte nicht überstrapaziert werden, will man sie nicht beschädigen.

Benno Pluder | Do., 5. März 2020 - 19:43

wirklich einmal ein Sieg der Vernunft und der Rechtsstaatlichkeit durchsetzen?

aus Philosophie und teleologischer Spekulation entsprang und diese, nach einigen Entwicklungen der Theologie zum Besseren in der Auslegung, weiterführte, hoffe ich auf gute Wege, möchte aber betonen, dass m.E. niemand gottlos ist.
Ich erwarte von den Muslimen eine Historisierung spezifisch hier in Europa mittlerweile, aneckender Formulierungen.
Europa ist auf dem Weg eines spekulativen Säkularismus, wer islamistisch auffällt, sollte sich über friedliche Ablehnung nicht wundern, auch nicht darüber, dass Europa derzeit über den Islam debattiert.
In den islamischen Ländern darf man sich schon über Duldung des Christentums, wenn überhaupt, freuen?
Europa hat m.E. eine besondere Fürsorge für verfolgte Christen, ohne dass man die gleich einladen müßte, ich könnte mir denken, dass Christentum in allen anders religiös ausgerichteten Ländern mit ein bisschen guten Willen auf beiden Seiten gelebt werden kann.
Es müssen ja nicht die Glocken läuten, ist das nicht spezifisch europäisch?

Liebe Frau Sehrt-Irrek,
ich las nochmals Ihren Kommentar durch. Wie wäre dieser ausgefallen, hätten Sie
vorher den Artikel "Sprache der Diskrimierung" von Frau Necla Kelek bereits gelesen?
Mir jedenfalls blieb der Atem stecken. Doch entscheiden Sie selbst. Bin gespannt ja,
sogar sehr gespannt auf Ihre Analyse.
MfG Brigitte Simon

Um meines Seelenheiles willen lese ich Artikel mit mir besonders abstrus vorkommenden Überschriften nicht, auch nicht, wenn darin eine hochangesehene Autorin kritisch berichtet.
Sie haben den Artikel gelesen, was also hätte ich nicht schreiben dürfen, bzw. muss ich schon so fragen?
Bin offen für Kritik.
Fehler können einem immer passieren.
Ich halte mich hingegen gerne in Ländern auf, deren Kultur und Sprache ich liebe.
"und als ich die deutsche Sprache vernahm, da ward mir seltsam zumute..."Heinrich Heine
Meist finde ich irgendwann alle Sprachen schön.
Beim Türkischen ist es noch nicht so weit, ebensowenig beim Schweizerdeutsch.
Im Türkischen stören mich die vielen Üs, im Schweizerischen die Aussprache, die auf mich sehr angestrengt wirkt.
Meine besondere Liebe gilt dem Englischen.

benutze dann die Wörter umschrieben.
Nehmen wir das Wort selbst, Saeculum, Zeitalter, wird benutzt im Sinne von Verweltlichung.
Nun, das ist Christus als Gottes Sohn schon in personam?
Nietzsche war mehr theologischer Denker und damit Glaubender als philosophischer Geist.
Ich weiss nicht wie die Israeliten die zu Jesu Zeiten wohl häufig benutze Wendung von Gottes Sohn meinten,
jedenfalls wirkte Christus auf manche Zeitgenossen als genealogischer Gott, in die Welt kommen...
Ich glaube, dass Nietzsches theologisches Konzept das des Gottes in der Zeit ist, vlt. hat er es sogar von Goethes Religionskonzept.
Demnach meint mein Konzept die grundsätzliche Akzeptanz von Weltlichkeit, aber im Sinne einer teleologischen und dann "übergeordnet" einer "Re"-ligion, die die Zeiten begleitet, strukturiert und ihnen aufhilft, nach vorne gerichtet in der auch Bezogenheit auf ein Morgen, als Sinn, Geist und Perspektive von Leben.
Evtl. nehmen die Grünen daher ihre Kraft für quasi religiöse Klimapolitik?

Gisela Fimiani | Do., 5. März 2020 - 19:48

Wird unser säkularer „Rechtsstaat“ den Mut aufbringen, zu sich selbst zu stehen?

Ernst-Günther Konrad | Fr., 6. März 2020 - 08:47

Den muss man aber aushalten. Natürlich kann man das Thema aus der jeweiligen Sicht so oder so sehen, Nur, wir leben hier im Geltungsbereich des GG. BAGIV ( warum eigentlich nicht die Regierung?) hat ein Gutachten erstellen lassen, dass ein Kopftuchverbot bis 14 Jahre als grundgesetzlich vereinbar ansieht. Also Frau Familienministerin, los geht's, ein Gesetz machen lassen, abstimmen und durchbringen. Wer dagegen ist, soll es sagen, ggfls. beim BVerfG später klagen.
Ach, ich vergaß, in der Regierung ist ja SPD mit linken Gedanken, da gibt's wohl keinen Gesetzesentwurf ohne Hauen und Stechen. Also wird so passieren, wie es seit Jahren läuft. Es wird vieleicht geredet, wenig gesagt und schon gar nicht gehandelt. Und wie es den betroffenen Kindern geht? Denen sagt die CDU dann, wir würden ja gern, die SPD/Linke/Grüne wollen nicht und mit den Stimmen der AFD/FDP geht das nicht.
Die AFD ist böse. Wir haben da einen Unvereinbarkeitsbeschluss, wisst ihr Kinder. Alles eben nicht so einfach.

Tomas Poth | Fr., 6. März 2020 - 11:56

In öffentlichen und staatlichen Einrichtungen, sollte sich jeder "neutral" machen aus Respekt vor allen anderen, vor unserer Rechtsordnung die garantiert dass wir friedlich nebeneinander her leben können.
Wer auf Teufel kommt raus auf eine exzessive Auslegung seiner Religionsfreiheit prozessiert um sich gegen alle anderen durchzusetzen stört den Frieden im Land.

Bernhard Weber | Mo., 9. März 2020 - 20:11

Das Kopftuchverbot, wie hier geschildert, ist außerordentlich zu begrüßen.