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Die Politik dreht sich um sich selbst und auf der Stelle, die beste Methode, um schnell im Morast zu versinken / dpa

Zukunft der Demokratie - Beerdigt die Parteien! Befreit die Politik!

Als politischer Bürger braucht man dem Untergangsgeheul und dem politischen Tremor des Establishments keine überhöhte Bedeutung beizumessen. Vielmehr ist es höchste Zeit, Abschied zu nehmen von den versteinerten Hülsen der alten Parteienlandschaft.

Matthias Heitmann

Autoreninfo

Matthias Heitmann ist freier Publizist und schreibt für verschiedene Medien. Kürzlich hat er das Buch „Entcoronialisiert Euch! Befreiungsschläge aus dem mentalen Lockdown“ veröffentlicht. Seine Website findet sich unter www.zeitgeisterjagd.de.

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Kürzlich gestand mir meine zwölfjährige Tochter, sie habe ein neues Anti-Lieblingsfach. Ich ahnte, was kommt. Seit kurzem steht bei ihr „Powi“, also „Politik und Wirtschaft“ auf dem Stundenplan. Auf Nachfrage äußerte sie den Verdacht, sie werde nun sicherlich dazu verdonnert, Nachrichten zu hören, was sie bis heute systematisch vermied. Auf meine Frage, was denn so schlimm sei an den Nachrichten, schaute sie mich fast entgeistert an und sagte „Na, die Nachrichten!“, um dann folgende Erklärung zu liefern: „Du hörst immer nur, wenn ein Feuer ausbricht, nie, dass es gelöscht wird. Die sagen nur, wie viele Menschen das Coronavirus haben und nie, wie viele wieder gesund werden. Es sind immer nur schlechte Nachrichten. Das macht mir Angst.“

Was soll man darauf erwidern? Selbst mir, einem eingefleischten News-Junkie, fiel nichts wirklich Adäquates ein. Warum sollte ich meine Tochter dazu animieren, sich mit zwölf schon eine Überdosis Zynismus und Frustration einzupfeifen? Nein, ich äußerte Verständnis für ihre Haltung. Mit zwölf muss man sich das nicht antun. Die Welt ist für Mädels in dem Alter auch ohne Marietta Slomka schwierig genug. Ich erklärte ihr, dass es ok sei, wenn sie sich jetzt dafür nicht interessiert. Als Erwachsene könne sie ja später Politiker wählen, die mehr Geld für medizinische Forschung bereitstellen, was dann für mehr gute Nachrichten sorgen könnte. Um diese Wahlentscheidung zu treffen zu können, sollte man dann wissen, was in der Welt vor sich gehe. Da gab sie mir wiederum Recht.

Erst Abriss, dann Neubau

Ich hoffe, ich habe ihr nicht zu viel versprochen. Es ist eine schöne Vorstellung, dass sich Politiker um derart gewichtige Fragen kümmern. Im Moment ist das nicht wirklich der Fall. Die Politik in Deutschland dreht sich um sich selbst und auf der Stelle, was die beste Methode ist, um schnell im Morast zu versinken. Manch einer mag die hier entstehende Dynamik als Indiz für die Lebendigkeit der politischen Kultur deuten. Für mich ist es eher ein Krankheitssymptom: Schnelle und unkontrollierte Bewegungen ohne Ortswechsel und Orientierung nennt man Zittern. Nur Zyniker können in dem Abriss der ohnehin seit langem morschen politischen Parteienordnung schon die Anzeichen einer Erneuerung sehen. So schnell geht das aber nicht. Wer auf einer Baustelle die Abrissbirne bedient, ist nur in den seltensten Fällen Architekt. Und dennoch ist sein Job wichtig.

Wir sollten ehrlich zu uns sein. Die Thüringer Tänze, der Rumba um Bodo Ramelow, das vorzeitige Scheitern von Annegret Klins… äh, Kramp-Karrenbauer sowie die Wiederkehr der bereits vor vielen Jahren beerdigten Merkel-Widersacher Friedrich Merz und Norbert Röttgen als politische Untote ohne Hoffnungsträgeranspruch: All das taugt nicht, um einen Aufbruch zu simulieren. Genauso gut könnte man Prinz Charles als jugendlichen Thronfolger der britischen Monarchie feiern und zu seinem 72. Geburtstag einen royalen Fridays-for-Future-Umzug veranstalten. Fakt ist: In Thüringen ist die Abrissbirne am Werk. Es ist höchste Zeit, Abschied zu nehmen von den versteinerten Hülsen der alten Parteienlandschaft. So ein Abschied will wirklich verstanden und gebührend gefeiert werden. Ein Abschied ist noch lange kein Neubeginn. Er ist aber eine wichtige Vorbedingung. 

Die Angst vor den verdrossenen Wählern

Über viele Jahre hinweg schien sich die innere Mumifizierung der deutschen Politik nicht tiefgreifend auf die Machtverteilung auszuwirken. Die Verhältnisse zwischen den Parteien veränderten sich vergleichsweise wenig, was vor allem daran lag, dass diejenigen, die mit dem System nicht mehr viel anfangen konnten, von ihrem Recht auf Nichtwählen Gebrauch machten. Jahrzehntelang wurde die Politikverdrossenheit und die sinkende Wahlbeteiligung zwar öffentlich betrauert, doch eigentlich hatte man sich in diesem System ganz gut eingerichtet. Das wurde dann deutlich, als es mit der „Alternative für Deutschland“ plötzlich einer politischen Formation gelang, Wahlabstinenzler in größerer Anzahl zurück an die Wahlurnen zu locken. 

Was oberflächlich betrachtet als eine Stärkung der Demokratie hätte gefeiert werden müssen, offenbart die tatsächliche Schwäche der etablierten Parteien. Diese hatte sich daran gewöhnt, die offiziellen Repräsentanten der Republik zu stellen und dabei – von kurzen Störfeuern abgesehen – unbehelligt zu bleiben. Der plötzliche Rückfluss verdrossener Wähler hat die Arithmetik, mit der sich über Jahre Stabilität und Routine vorgaukeln ließ, unbrauchbar gemacht. Die Ereignisse rund um die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten machen deutlich, wie weit der Zerfall der alten politischen Parteien fortgeschritten ist. Ihr Rückhalt in der Bevölkerung ist mittlerweile so sehr geschrumpft, dass inhaltlich begründete Kooperationsverweigerungen der „demokratischen Parteien“ mit der AfD mittlerweile die Bildung von Mehrheiten fast unmöglich machen. Diese Sklerose betrifft nicht nur die ehemaligen Volksparteien CDU und SPD, sondern auch FDP und Bündnisgrüne. Letztere beziehen zwar ihren Wählerzuwachs im Westen zwar aus den Milieus dieser Parteien, werden aber gerade dadurch 40 Jahre nach ihrer Gründung selbst mehr und mehr zu einer Alt-West-Partei. 

Flucht aus der verwesenden Mitte

Die Stärke der Partei Die Linke in Ostdeutschland ist, wie auch das Wachstum der AfD, ein Symptom des Scheiterns der alten, vor 30 Jahren importierten westdeutschen Parteisystematik. Beide sind gewissermaßen miteinander konkurrierende Auffanglager für politische Inlandsflüchtlinge. Will man deren Zulauf verhindern, muss man die an Fluchtursachen ran, und diese liegen u.a. in dem immer penetranter werdenden Verwesungsgeruch, der aus der „politischen Mitte“ aufsteigt. Die derzeit so viel zitierte wie inhaltsleere „Hufeisentheorie“ macht den Bock zum Gärtner: Ihr zufolge wird die blühende deutsche Mittelerde völlig ohne jeden Grund von extremistischen Eindringlingen umgepflügt. Tatsächlich ist die Dynamik eine ganz andere: Die alte Mitte, in der sich sieche Angstparteien auf den Jesuslatschen herumtrampeln, lässt immer mehr Menschen die Flucht ergreifen.

Dies ist keine deutsche oder gar thüringische Entwicklung. In ganz Europa fliehen die Menschen aus dem moderigen Mainstream und sorgen dafür, dass die einstige Mitte in sich zusammenstürzt. Der französische Präsident Emmanuel Macron stützt seine Macht nicht nur auf dem Niederprügeln protestierender Gelbwestenträger, sondern auch auf den Ruinen des alten Establishments. In Großbritannien haben die Wähler aus lauter Verdruss gegenüber den alten Apparaten gleich das gesamte Land aus der EU herauskatapultiert. Auch in Italien und Spanien kann von stabilen politischen Verhältnissen nicht die Rede sein. Der gesamte alte „Westen“ – und in dieser Hinsicht ist US-Präsident Donald Trump tatsächlich sein Anführer – sitzt auf einem Trümmerhaufen, der wohlgemerkt nicht Bombardements fremder Mächte geschuldet ist, sondern dem eigenen blinden Vertrauen darauf, dass alles immer so weitergehe wie bisher. Einzig Deutschland schien sich noch recht lange hermetisch vor dem Zerfallsvirus abriegeln zu können. Tatsächlich aber brodelt es seit längerem unter der Oberfläche der proklamierten Alternativlosigkeit, und genau dies lässt nun den Eispanzer bröckeln, der die deutsche Demokratie seit vielen Jahren tiefgefroren hatte.

Für einen gesellschaftlichen Klimawandel!

All dies mag man als Ende einer Ära betrauern – man kann es aber auch als notwendige Vorstufe eines Neubeginns interpretieren. Dies ist der wirklich spannende gesellschaftliche Klimawandel, den jeder von uns beobachten kann. Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Und genau dies ist die eigentliche Dynamik und auch die Stärke der Idee der Demokratie. Nichts ist unwiderruflich, nicht ist unumkehrbar, denn in der Demokratie entscheiden politische Mehrheiten, keine Parteien, Ethnien, Identitäten oder Glaubensbekenntnisse. Ein Bruch mit der Vergangenheit ist nur für diejenigen ein Weltuntergang, die sich die Zukunft nur als Verschlechterung der Gegenwart vorstellen können. Als politischer Bürger sollte man diesem Untergangsgeheul und dem politischen Tremor des traditionellen politischen Establishments keine überhöhte Bedeutung beimessen. Die Politik der alten Form hatte sich ohnehin lange überlebt und sich von den Wählern abgeschottet. Warum ihr nun Tränen nachweinen?

Man muss sich in dem Trauerspiel, ob nun in Thüringen oder in Berlin, auch nicht auf die eine oder andere Seite schlagen. Im Gegenteil: Wer das tut, läuft Gefahr, die Weite des Horizonts aus dem Blick zu verlieren und sich erneut von der Vergangenheit gefangen nehmen zu lassen. Es ist geradezu rückwärtsgewandt, sich solchen Parteien verbunden zu fühlen. Und nicht nur das: Es ist auch im eigentlichen Sinne unpolitisch. Denn mit dem, was politisches Denken und Handeln ausmacht, haben diese Parteien nicht nur nichts mehr zu tun, sie fürchten sich sogar davor. Demokratische Politik lebt nicht von oder für Wahlgänge, sie lebt vor allen Dingen dazwischen. Erst so werden Wahlen zu einer demokratischen Veranstaltung. Und neues politisches Leben wird auch neue politische Organisationsformen entwickeln. Ich hoffe, dass wir in dieser Hinsicht ein wenig weiter sind, wenn meine Tochter 18 wird. Bis dahin muss die Losung lauten: Beerdigt die Parteien! Die alte Politik ist tot! Lang lebe die Politik!


Eine Auswahl von Texten dieser Kolumne aus den letzten beiden Jahren hat Matthias Heitmann in seinem Buch „Schöne Aussichten. Die Welt anders sehen“ veröffentlicht (154 S., EUR 9,99). Es kann hier bestellt werden.

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Romuald Veselic | So., 23. Februar 2020 - 14:45

und deren Handlangern/Büttel/Kapos, dass sie bestimmen wollen, was ich zu mögen habe, und was nicht. Moral, ist zivilisatorischer Faktor; nicht gesetzgebend. Moralvorstellung eines Hypersexuellen ist anders, als von einem Mullah. Deshalb lehne ich es ab, mich von anderen in ihrem Schubladenkonstrukt unterbringen lassen.
Gewalt ist, einem anderen eigene Ansichten aufzuzwingen, und dabei sich repressiven Methoden zu bedienen.

Tomas Poth | So., 23. Februar 2020 - 15:00

Nehme ich in meinen Wortschatz auf.
"Ein Bruch mit der Vergangenheit ist nur für diejenigen ein Weltuntergang, die sich die Zukunft nur als Verschlechterung der Gegenwart vorstellen können."
Ein richtiger Satz. Die ganze Nachkriegspolitik gehört auf den Prüfstand und nicht einbetoniert. Das müssen wir uns zutrauen.

Edgar Timm | So., 23. Februar 2020 - 15:26

Ihr Kommentar spricht mir aus der Seele angesichts des unqualifizierten Getöses der "staatstragenden" Parteien, die sich übergewichtig auf dem Esel (genannt Souverän) breit machen und ihn mit Peitschenhieben zu immer neuen Höchstleistungen anspornen.

Heidrun Schuppan | Mo., 24. Februar 2020 - 09:58

Antwort auf von Edgar Timm

nicht mehr so spurt wie erwartet, wenn die Wahlbeteiligung sinkt, dann schafft man flugs ein neues Parteifinanzierungsgesetz – ging ganz schnell, gleich nachdem man sich zu einer neuen GroKo zusammengefunden hatte. Allein dafür war es das doch wert, oder?

Christa Wallau | So., 23. Februar 2020 - 15:36

Nichts wäre mir lieber als ein Neu-Start in Deutschland, was die verkrusteten Parteistrukturen anbetrifft. Es wäre wunderbar, wenn es dazu käme, wenn über die Schwachpunkte unseres parlamentarischen Systems offen u. ehrlich nachgedacht u. es neu strukturiert würde.
ABER ich glaube nicht daran!
Nicht heute und nicht morgen.
Dazu sind die Interessen derjenigen, die das Helft des Handelns in der Hand haben, viel zu sehr mit dem alten System verknüpft.
Ein frischer, demokratischerer (= dem Volkswillen entprechenderer) Weg könnte allenfalls dann beschritten werden, wenn ein Sturm über unser Land hinweggefegt wäre und das Alte, Verkrustete
zerstört hätte. Der drohende Finanzcrash im Euro-Raum könnte ein solch vernichtender Orkan werden. Allerdings ist nicht ausgemacht, ob danach überhaupt noch die Demokraten die Oberhand behalten u. nicht andere, mafiöse Strukturen sich Bahn brechen, so wie es sie heute schon in deutschen Städten zuhauf gibt.
Insgesamt also keine guten Aussichten!

hat sich gerade in Hamburg gezeigt. Die Ergebnisse sind unschwer zu verstehen.

Eins jedenfalls ist offensichtlich. Diejenigen, die ständig behaupten, als Einzige den Volkswillen zu kennen und diesem zu entsprechen, sind mit gerade mal 5% des "Wählerwillens" beinahe aus dem Parlament geflogen. Die AfD.

Aber egal. Wir lesen hier bestimmt noch oft, dass die Deutschen ja im Grund alle nur AfD wählen möchten, sich nur nicht trauen.

Die Demokratie ist nicht perfekt, sie kann sich sogar selbst abwählen - und lässt selbst Parteien wie die AfD in ihre Parlamente. Damit zeigt sie, dass sie den Volkswillen respektiert, auch wenn dieser manchmal schwer zu begreifen oder auszuhalten ist.

Führt dieser Volkswillen jedoch nicht zu den gewünschten politischen Erfolgen, werden AfDler, wie man sieht, zunehmend unwillig, diesen Volkswillen zu respektieren. Dann wünscht man sämliche Parteien zum Teufel.
Bis eines Tages dann doch - hoffentlich - die eigene Partei ganz vorne liegt.

Hans Schäfer | Mo., 24. Februar 2020 - 11:21

Antwort auf von Gerhard Lenz

nicht den Mut sinken lassen. Es hat wieder nicht geklappt. Sie bleibt tatsächlich auch in Hamburg trotz der historischenNiederlage von 0,8 % in der Bürgerschaft.

Ihre Schreibererei hat trotzdem gefruchtet. 94,02% haben die AfD nicht gewählt. Glückwunsch, Juuhuuu und Hellau.

die Hamburger haben sich die Lenzschen Kommentare durchgelesen und waren nun überzeugt dem müssen wir helfen, sonst steigt sein Blutdruck bis zum Herzkasper. Am Aschermittwoch ist alles vorbei ... tara ta tatam ...

Heidemarie Heim | So., 23. Februar 2020 - 16:26

Köstlich! Und äußerst schmerzhaft wenn den Anhängern der Hufeisentheorie dasselbige auf die Füße fällt.;-)
Danke Papa Heitmann! Hab` mich prächtig amüsiert;)))! Alles Gute! MfG

W.D. Hohe | So., 23. Februar 2020 - 16:35

nichts wesentliches hinzuzufügen

Manfred Bühring | So., 23. Februar 2020 - 17:26

Konstituierend für die Akzeptanz einer repräsentativen parlamentarischen Demokratie ist die Möglichkeit der Wähler, eine Regierung abwählen zu können.
Dieser here Grundsatz wird durch Große Koaltitionen ad absurdum geführt, was dann zu Politikverdrossenheit und im worst case zur Radikalisierung der Wähler führt.
Diese Abwählbarkeit hat uns das anglo-amerikanische Mehrheitswahlrecht voraus, denn Abwahl ist der Normalfall, wenn die Regierung den Wählerwillen nicht erfüllt hat.
Bei uns "gibt's auf die Fresse" (Andrea Nahles) und dann knickt man wieder ein. Das führt dann zu dem Ist-Zustand, der als Chaos definiert wird.

Ernst-Günther Konrad | So., 23. Februar 2020 - 17:30

" Die Politik der alten Form hatte sich ohnehin lange überlebt und sich von den Wählern abgeschottet." Da haben Sie so was von Recht.
Einige hier im Forum schrieben schon vor Monaten, dass sich der Parteienstaat, so wie wir ihn kennen aufgelöst gehört und weg muss. Genau aus dem Grund, den Sie hier in Ihrem tollen Artikel beschreiben. Die Parteien haben sich alle und letztlich auch die AFD würde das eines Tages genauso tun, den Staat zur Beute gemacht. Wir brauchen zwar ein wie immer geartetes Rahmengerüst - eigene Verfassung vom deutschen Volk gegeben, aber eben kein Grundgesetz unter dem Druck von Siegermächten formuliert für unser Land. Vieles könnte ja von diesem Grundgesetz übernommen werden, aber die vielen Unzulänglichkeiten könnten in einer Verfassung entsprechend dem heutigen GG verbessert/verändert/klarer formuliert festgeschrieben werden. Dies erfordert wirklich freie Wahlen einzelner Vertreter in eine Nationalversammlung aus jeder Region seinen Vertreter bestehend.

Hans Page | So., 23. Februar 2020 - 17:37

war immer die Möglichkeit des Umsturzes der bestehenden politischen Verhältnisse durch freie und geheime Abstimmungen/Wahlen. Und genau gegen diesen wirklichen Umsturz wehren sich die Parteien des Establishments massiv und wären offensichtlich sogar bereit das System das den Machtwechsel herbeiführen könnte zu manipulieren um eben den zu verhindern. Dazu werden politische Gegner diffamiert, wichtige Institutionen durch Personalpolitik auf Linie gebracht und Wahlen durch Erpressung/Druck unwirksam gemacht. All das liesse sich durch eine kleine aber strategische Strukturreform korrigieren: Begrenzung der Legislaturperioden des Kanzlers auf zwei Amtszeiten und vielleicht Direktwahl des Bundespräsidenten oder Bestätigung des BP durch Volksabstimmung. Dann gäbe es vielleicht wieder wirkliche Gewaltenteilung in diesem Lande.

Das größte Problem ist die Stellung der Abgeordneten (AG). Von derzeit 709 AG sind nur 299 direkt vom Volk gewählt. 410 sind über Listen, die von den Parteien gefertigt wurden, in den BT gekommen. Um eine Chance zu haben, muss man möglichst einen vorderen L-Platz belegen. Dadurch befinden sich AG im Zwiespalt zu Art 38 GG, der „ALLEINE“ ihre Stellung gesetzlich regelt. Danach, sind Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes, an Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. De facto unterliegen sie aber auch einen „GESETZLICH“ nicht normierten Fraktionszwang, die Partei gib das Abstimmungsverhalten vor, wer nicht spurt fliegt
Die Anzahl der Sitze im BT sind dazu noch gesetzlich begrenzt. Das bedeutet, AfD ist ein Konkurrent. Die muss klein gehalten werden. Dazu sind „ALLE MITTEL“ recht. Für mich bedeutet dass, die Demokratie-Feindlichkeit der AfD ist vorgeschoben.
Dies hat man sich aber selbst solange eingeredet (Autosuggestion), dass man es glaubt.

Manfred Sonntag | So., 23. Februar 2020 - 18:45

Ein sehr hoffnungsvoller Artikel von Herrn Heitmann! Prima! Es kann nur besser werden. Da haben die Ostdeutschen etwas in Gang gebracht, was sonst noch Jahre auf dem Kompost langsam verrotten würde. Wir sind zwar auch jetzt wieder eine verspätete Nation, aber der Abstand ist nicht bedenklich.

Ich finde den Artikel auch gut, da er sehr dem entspricht was ich denke. Er ist aber kein pro-AFD Artikel. Hinzu kommt, dass es keine Neuanfänge in der Realität gibt. Ein Neuanfang ist nur eine Kursänderung. Die brauchen wir und der Einbruch von Union und SPD wird dafür sorgen. Am wahrscheinlichsten ist zur Zeit schwarz - grün, was die Garantie für eine AFD- Opposition ist und zu einer ewigen Regierungskoalition führen wird. Stand heute würde ich das dann als Regierung der Bonner Parteien bezeichnen. Nur in Ostdeutschland gibt es die im Artikel bezeichnete Chance, wobei die 1930er Jahre nicht unsere Zukunft sein sollten. Ist auch nicht wahrscheinlich, weil der Nationalstaat nicht mehr möglich ist.

Gisela Fimiani | So., 23. Februar 2020 - 19:48

Ich stimme Ihnen gänzlich zu, Herr Heitmann. Die Zukunft ist offen und von uns Demokraten hängt es ab, was wir daraus machen. Die Parteien bejammern in ihrer hysterischen Panikmache vor allem sich selbst und ihre Furcht vor dem selbstständigen, selbstdenkenden Bürger, der seine Souveränität gegenüber der Politik einfordert. Allerdings sind die Widerstände, auf die der politische Bürger trifft, wenn er den aufrichtigen und kritischen Diskurs einfordert. Die Beharrungsmacht des Parteiestablishments ist groß und wird beharrliche mediale und andere Kräfte gestützt. Die Verengung der politischen Freiheit, die durch Bedrohung und Ächtung immer weiter eingeschränkt wird, verwehrt dem politischen Bürger seine demokratischen Rechte auf eine subtile, aber brutal effektive Weise. Insofern ist eine zügige Arbeit der „Abrissbirne“ zu erhoffen. Danach mag über Staub und Moder der ersehnte Duft der Freiheit wieder zu erschnüffeln sein.

Susanne Dorn | Mo., 24. Februar 2020 - 00:27

…Demokratie und endlich eine Verfassung, vom Souverän bestätigt, die der heutigen Zeit angepasst wird - das Grundgesetz weist gravierende Mängel auf, die dem Kulturmarxismus, der Parteienherrschaft und der Verschwendungssucht Tür und Tor öffnen - wären ein erster wichtiger Schritt, dem Souverän wieder die Macht zu übertragen.

Diese Verfassung könnte wichtige Punkte enthalten, wie:
Direkte Demokratie (Vorbild Schweiz), Mindestqualifikationen für Politiker, Direktwahl und Amtszeitbegrenzung von Kanzler, des Bundespräsidenten, des Bundestagspräsidenten, des Vorsitzenden des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts, Direktwahl der Listenkandidaten in Ländern und Kommunen, Neuregelung von Diäten und Pensionen für Politiker, Haftungsregeln für Politiker, Abschaffung überflüssiger Gesetze, deutliche Verringerung der Staatsquote, Steuersystemreform, zurück von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft, Reform von Gesundheits-und Rentensystem, völlige Umkehr

Kann ich alles unterschreiben ... bis auf die direkte Demokratie durch Volksentscheide. Das Wesen einer repräsentativen Demokratie liegt ja in der Machtübertragung für eine definierte Zeit mit der Möglichkeit der Abwahl bei NIchterfüllung der Versprechen. Und genau diese Abwahlmöglichkeit ist durch unsere lähmende Parteienoligarchie nicht mehr gegeben.

Volksentscheide sollten themenbegrenzt sein. Nicht alles muss vom Volk entschieden werden. Aber wesentliche Grundgesetzänderungen und ein bestimmter Themenbereich - der noch festgeklegt werden müsste - da wäre das Volk zu fragen. Nur Volksentscheide sind kontraproduktiv. Wenn ihre sonstigen Vorschläge eingearbeitet werden, kommen auch wieder Leute in Entscheidungspositionen, denen man vertrauen kann. Das Volk muss nur die Möglichkeit haben, die Notbremse ziehen zu können, wenn eine Regierung egal welcher Farbe versucht, eben genau den Souverän auszutricksen, den Staat sich zur Beute zu machen. Da wäre in einer noch zu erstellenden Verfassung entsprechende Fallstricke einzubauen. Im GG wurde z.B. vergessen, was demjenigen droht, wenn er gegen das GG verstößt. Und genau das gehört u.a.in GG geregelt. Frau Merkel kann genau deshalb nie belangt werden, weil die Missachtung des GG keine Konsequenzen.. Davon sind wir leider weit entfernt. Auch Staatsanwälte müssen wie Richter unabhängig sein

Susanne Dorn | Mo., 24. Februar 2020 - 00:30

der Energiewende, ebenso der Migrations- und Einwanderungspolitik usw. usw.

Ohne eine, uns laut Grundgesetz zustehende Verfassung, wird dieser Staat weiterhin Beute der Parteien sein. Nichts wird sich ändern…

Sie sprechen mir aus der Seele, Frau Dorn. Ihre berechtigte Forderungsliste allein bezeugt bereits unsere Schein-Demokratie. Es gäbe viel zu tun. Demokraten sollten sich von zu erwartenden, vehementen Widerständen nicht schrecken lassen. Schließlich haben alle Parteifunktionäre viel zu verlieren. Manche von ihnen gar den Job, ohne Anschlussverwendung. Die Neuordnung der Demokratie ist viel zu lange überfällig. Nur diese kann dafür Sorgen dem Bürger die politische (Denk-) Freiheit zurückzugeben und ihn wieder als wirklichen Souverän zu etablieren.

Markus Michaelis | Mo., 24. Februar 2020 - 00:59

Ich denke auch, die Parteien werden sich ändern (schneller als die letzten Jahrzehnte), manche vielleicht auch verschwinden. Aber ich sehe das mahr als Symptom. Was sich ändern wird ist die bürgerliche Mitte. Man wird europäischer und weltoffener, aber Europa und die Welt ticken anders und bunter als die deutsche bürgerliche Mitte - das ist eine Quelle von Verschiebungen. Außerden wird es in den nächsten 10-20 Jahren größere demografische Verschiebungen geben. Dazu natürlich noch die Veränderungen durch Technik und Zeitläufe, die es immer gibt. Ich denke, dass die "Mitte" in 20 Jahren deutlich verschieden sein wird von der "Mitte" heute.

Norbert Heyer | Mo., 24. Februar 2020 - 07:05

Die Altparteien haben keine Antworten auf die Fragen und Probleme der Jetztzeit. Trotzdem werden sie weiter wursteln und Koalitionen schmieden, die vor kurzer Zeit noch unmöglich waren. Sie haben sich entschlossen, eine Wagenburg zu errichten, um sich die bröckelnde Macht so lange wie möglich zu sichern. Die Kanzlerin hat schrittweise sämtliche Schaltstellen der Macht mit ihren Gefolgsleuten besetzt. Da scheint sogar ein Parteiverbot der Aussätzigen möglich. Aber dann wird ein Ereignis von existenzbedrohender Macht - EU-Krise, Finanzkollaps, Wirtschaftskrise, Unruhen - unser ganzes austariertes System hinwegfegen. Dann werden alle grün-roten Wahnsinnsträume Makulatur, dann gilt wieder der berühmte Satz von Brecht, dann geht es ans Eingemachte. Glaubt jemand im Ernst, dass eine solche Krise mit dem zur Verfügung stehenden Personal gemeistert werden kann? Eher werden doch die bekannten Fehlentscheidungen mit aller Wucht
Deutschland und auch Europa nachhaltig schweren Schaden zufügen.

gabriele bondzio | Mo., 24. Februar 2020 - 09:58

Die sachliche Analyse von Vorfällen ist so gut wie gestorben. Es lebe die Hysterie und das Verstecken hinter Moral-Bekenntnissen. Am Besten kommen die durch die Zeit, welche „Haltung“ demonstrieren. Sollte dies nicht der Fall sein, wird durch hohen Druck (gerne wirtschaftl. Art) nachgebessert, sollte Derjenige im öffentlichen Lichte stehen.
Die Ausgangslage haben wir Partein zu verdanken, die sich lange in der komfortablen Ruhezone, ohne großartige Belästigung vom Souverän, eingerichtet hatten. Dazu kam eine katastrophale-ungeordnete Migration, die viele aufgerichtete Tabus und Voraussagen Lügen strafte.
Ja, man kann von „versteinerten Hülsen der alten Parteienlandschaft“ reden, ohne zu übertreiben, Herr Heitmann. Das Wähler „aus lauter Verdruss“ Handlungsbedarf gesehen haben. Weil ein „Zerfallsvirus“ umgeht.Das jetzt Tauwetter kommt für eine eingefrorene Demokratie, so eine Art Frühling. Ist eher nicht zu erwarten. Bevor man nicht dem Souverän gestattet (Volksentscheid) mitzuregieren

Tom Krüger | Mo., 24. Februar 2020 - 13:10

Ein erfrischender Artkel mit einer Prise Humor. ich muß dem Autor recht geben in Allem was er schreibt. Ich habe es aber schon Ende der Neunziger für die Zukunft vorrausgesagt auch in Hinsicht der galoppierenden Alterung. Aber wie so oft, wurde ich in akademischen linken und liberalen Kreisen ausgelacht. Unvorstellbar das das Parteiensystem so wie wir es kennen zerfällt ,für viele damals. Und genau das tritt ein. Danke

Michael Andreas | Mo., 24. Februar 2020 - 17:07

"Die Ereignisse rund um die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten machen deutlich, wie weit der Zerfall der alten politischen Parteien fortgeschritten ist...In ganz Europa fliehen die Menschen aus dem moderigen Mainstream und sorgen dafür, dass die einstige Mitte in sich zusammenstürzt. " Man muss noch genauer hinsehen. In Hamburg haben die "alten" politischen Parteien über 80% der Wählerstimmen erreicht.