Grinsender Wladimir Putin gegenüber von Angela Merkel
Augenzwinkern und wissendes Grinsen: Wladimir Putin lässt seinen Geheimdiensten freie Hand / picture alliance

Tiergartenmord - Staatsterrorismus à la Putin?

Sechs Monate nach dem Mord an einem Georgier im Berliner Tiergarten hat der Generalbundesanwalt einen neuen Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen erlassen. Er soll im Auftrag des russischen Geheimdienstes gehandelt haben. Aber kann der sich eine derart amateurhafte Operation leisten?

Autoreninfo

Mark Galeotti ist Historiker und einer der besten Kenner russischer Sicherheitspolitik. Der 55 Jahre alte Brite unterrichtet an der School of Slavonic and East European Studies am University College in London und ist Senior Research Fellow am Royal United Services Institute. Galeotti hat zahlreiche Bücher über Russland verfasst. / Foto: Signe

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Warum musste Selimchan Changoschwili sterben? Warum feuerte an einem Freitag im August 2019 mitten in Berlin ein Russe – aufgetreten unter dem Namen Vadim Sokolow, hinter dem sich jedoch wahrscheinlich der Kriminelle Vadim Krasikow verbirgt – drei Kugeln auf einen Tschetschenen mit georgischer Staatsbürgerschaft?

Die ehrliche Antwort lautet: Wir wissen es nicht genau. Doch weil die Bundesanwaltschaft im Nachhinein einräumte, was für die meisten Beobachter ohnehin offensichtlich war, dass nämlich dieser Mord alle Merkmale einer von der russischen Regierung beauftragten Tat trägt, dürfen wir zumindest einige wohlinformierte Vermutungen anstellen. Schließlich war es nie besonders glaubwürdig, dass Changoschwili einem Mordanschlag der Mafia zum Opfer gefallen ist, wie einige behaupteten. Sicherlich, es gibt kriminelle tschetschenische Gruppierungen in Deutschland. Doch die Feinde, die Changoschwili sich gemacht hatte – Feinde, die ihn zuerst aus Georgien und anschließend aus der Ukraine vertrieben –, kommen aus der Politik, nicht aus dem organisierten Verbrechen: Selimchan Changoschwili hatte zwischen 2001 und 2005 im Zweiten Tschetschenienkrieg für die Unabhängigkeit seiner Heimat gekämpft, weshalb er von Moskau als Terrorist bezeichnet wurde.

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Sebastian Niemeyer | Mi., 12. Februar 2020 - 12:00

Zitat:
"Warum sind russische Dienste in solch ungeheuerliche Aktivitäten wie die Verschleppung des estnischen Verfassungsschutzmitarbeiters Eston Kohver 2014 oder einen versuchten Staatsstreich in Montenegro 2016 verwickelt? Wie kann es sein, dass der Kreml nichts unternimmt, um seine Nachrichtendienste in die Schranken zu weisen, [...]?"

Pardon, aber zumindest die amerikanischen Dienste halten da locker mit.
Vielleicht sind sie subtiler (klüger) im Vorgehen, was Auftragsmorde und Staatstreiche angeht.
Nichtsdestotrotz ist bekannt, dass amerikanische Dienste das gleiche Spiel betreiben.
Stichwort "Angriffe im Golf von Tonkin"

Und wenn der Delinquent dann doch mal zu bekannt ist um ihn einfach so aus der Welt zu schaffen, dann wird es eben wie bei Assange gemacht:
https://www.sniemeyer.de/das-totale-versagen/

US-Amerikanische und britische Geheimdienste handeln - mit Billigung ihrer
Regierungen - nicht anders als die Russen.
Aber Putin bietet sich eben immer mal wieder als Sündenbock an, wenn man von den eigenen Fehlern ablenken will.
"Lupenreine Demokraten" sucht man in Spitzenpositionen eines Staates sowieso vergeblich.
Politik ist ein weitgehend schmutziges, knallhartes Geschäft.
Große Unterschiede bestehen allerdings darin, wie gut bzw. raffiniert es den Verantwortlicihen gelingt, beim Wühlen im Schmutz und Liquidieren von Menschen so zu agieren, daß niemand die Dreckspfoten bemerkt und kein Geruch des Todes an ihnen hängenbleibt.

Klaus Funke | Mi., 12. Februar 2020 - 12:46

Das Ganze ist wieder einmal so dämlich und destruktiv eingefädelt, dass man darauf wetten kann, bis der Putin irgendwann von den Deutschen die Schn.... voll hat, aber macht ja nicht... "das schadet meinem Vater gar nichts, wenn ich an die Hände friere, warum kauft er mir keine Handschuhe." Wir brauchen ja die Russen nicht. Wie spielen lieber Krieg mit den Amis und den Westmächten an der russischen Grenze. Mal sehen, wann der russische Bär die Geduld verliert? Dümmere Politik kann man wirklich nicht machen. Hat man denn auch das eigene Volk und dessen Wohl im Blick? Wohl kaum...

@Klaus Funke, meinen Sie mit "dämlich und destruktiv" jetzt eigentlich den russischen Staatsterrorismus, der überall auf der Welt wahlweise Dissidenten vergiftet, erschießt oder mal eben fremdes Staatsgebiet überfällt und sich aneignet?

Die Vorgehensweise ist aber schon ein paar Jahrhunderte alt: wenn man wirtschaftlich nichts gewuppt bekommt, muss man eben Krieg spielen, um davon abzulenken.......

Ihr Reden ist derart Klischee-beladen, das ich darauf eigentlich nicht antworten will. Man ist versessen auf Krieg. Jawohl. Aber nicht von russischer Seite. Was machen Sie Schlauberger denn, wenn aus den derzeitigen Provokations -Manövern ein echter heißer Krieg wird? Haben Sie einen sicheren Bunker? Die Wahrheit: Die russischen Rohstoffe locken. Das ist schon seit 220 Jahre so. Indes, nichts gelernt und immer wieder aufs M... gekriegt. Wird auch diesmal so. Das Tragichste und Dümmste - Deutschland ist wieder dabei. Auch dank solcher dummen Reden wie Sie sie führen. Wann hat Russland gegen welchen Staat Krieg geführt?? Krim - das ist urrussisches Gebiet und nix anderes. Mal nachlesen. Vergiftungen? Veräter werden überall bestraft. Und was ist mit den amerikanischen Drohnenmorden? Und vom Stand russischer Wissenschaft und Wirtschaft wissen Sie so gut wie gar nichts. Russland wurde immer unterschätzt. Das ist der Dauerfehler des Westens.

welches Provokationsmanöver, und wo?
Können Sie mir einige Beispiele nennen, wo in Russland US/MI6-Agenten jemanden mit Nowitschok vergifteten? Mir ist nicht bekannt, dass man Edward Snowden Polonium in seine Soljanka hineinkippte.

Stefan Bosel | Do., 13. Februar 2020 - 16:45

Antwort auf von Juliana Keppelen

Alles Wessis - im Russenhass und Vorurteil aufgewachsen und erzogen. Ich kenne (glücklicherweise) Wladimir Putin persönlich. Hab ihn zwei Mal getroffen, in Dresden und in Moskau. Hab ihm einen Roman über Sergej Rachmaninow geschenkt. Der Mann ist gebildet, hat Kultur und Manieren und den absoluten Überblick. Aus meiner Sicht der derzeit beste und verlässlichste Politiker der Welt. Wir sollten froh sein, dass des ihn gibt. Ohne ihn hätten wir womöglich schon den 3. WK am Halse. Der Mann hat eine Engelsgeduld mit den Provokationen der USA und der Impotenz des Westens. Nach ihm kann es ganz schnell zu Auseinandersetzungen, muss nur ein Hardliner in Moskau an die Macht kommen. Viele Kommentare hier sind regelrecht Mainstream-verseucht. Fahrt mal nach Russland und redet mit den Leuten...

Die internationalen Sanktionen gegen Rußland - incl. Deutschland - müssen zu-mindest gelockert werden. Ansonsten reibt sich China die Hände. Im Machtkampf gegen China benötigt der Westen Putin.
Doch das begreift Merkel nicht, oder will sie die grausame Realität nicht sehen? Nach mir die Sintflut denkt sie. Doch diese haben wir bereits in Deutschland.
Ihre zahlreichen Treffen mit dem chinesischen Präsident Xi Jinping in demonstrativer Freundlichkeit. Ihr erneutes Treffen September 2020 incl. "EU-Kommissarin vdL., provanter kann der Affront gegen Putin und Trump nicht sein.
Trump wurde noch nie von Merkel eingeladen. Mögen es persönliche Animositäten Beider sein, müssen diese ad acta gelegt werden.
Es geht um uns. Um ein vereintes Europa mit dem wiedererstarkten Amerika.
Denn China mit seiner Seidenstraße versucht der westlichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein Ende zu bereiten.
Alles was Europa ausmacht, gerät damit in Gefahr. Doch Europa ist tief zerstritten.

Brigitte Simon | Do., 13. Februar 2020 - 13:57

Antwort auf von Brigitte Simon

Es gibt genügend Länder wie China, Ägypten, Saudi Arabien ... Die bestialischen Diktaturen dieser Länder sind uns bekannt, wir leiden mit der Bevölkerung. Nur an Putin müssen wir uns nicht "aufhängen". Andere Diktaturen müßen beim Namen benannt werden.
Diese Diktaturen werden von Merkels Regierung hofiert, mit Pomp und rotem Teppich empfangen. Ich denke an Ägyptens Schreckensdiktator Präsident Abdel Fattah al-Sisi. Kurz nach seiner Wahl wurde er von Merkel eingeladen. Roter Teppich, eskortierende Bundeswehr, Eintrag in das Gästebuch im Beisein des wohlwollenden BP Gauck.
In Ägypten herrschen Diskrimminierung, Mord und Totschlag: Für Christen wird das Leben immer gefährlicher und tödlicher unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi. Wurde dies von Merkel angesprochen? 1-2 Sätze Merkels für die Menschenrechte- mit dem Präsidenten abgesprochen - vor laufender Kameras und Presse, erbärmlich Wirtschaft first!

China? Folter, Morde, Verschleppungen. Wo ist Merkel? In China bei Xi Jinping

Tomas Poth | Mi., 12. Februar 2020 - 13:56

Die Ausschaltung ungelittener Personen die versuchen sich einem Zugriff zu entziehen.
Eine Methode der Großmächte ob Ost oder West. Man zeigt mit dem Finger auf die jeweils Bösen anderen.
Man muß es aufzeigen und anprangern, obwohl es keine Verbesserung bewirkt.
Für Russland bleibt zu hoffen dass es gelingt mehr und mehr zu einer liberalen Demokratie zu finden. Wenn die Mehrheit der Russen es denn überhaupt will? Bei der ganzen Historie dieses Riesenreiches seit der letzten Jahrhunderte habe ich da einige Zweifel.

Gregor P. Pawlak | Mi., 12. Februar 2020 - 15:32

Antwort auf von Tomas Poth

Ihre Zweifel sind mehr als angebracht, Herr Poth. Ob der "da oben" Zar, erster Sekretär, oder eben "Präsident" heißt, ist den Russen wurscht. Mit Macht können sie etwas anfangen, Demokratie ist immer noch ein Fremdwort.

Juliana Keppelen | Mi., 12. Februar 2020 - 16:54

Antwort auf von Tomas Poth

schauen sie sich Russland auf dem Globus an. Informieren sie sich wieviele Ethnien, Religionen und Lebensweisen dort existieren hinzu kommen die klimatischen Bedingungen von fast subtropisch bis zu den Polargebieten und die Zeitzonen, glauben sie so ein Riesenreich läßt sich so regieren wie unser Schrebergärtchen mit den 16 Erbsenbeetchen? Wir sollten froh sein, dass Russland seinen eigenen Weg gefunden hat wie es dieses Riesenreich verwalten und regieren will und wir sollten endlich aufhören mit diesem verlogenen "Demokratie-Gedöns" mit dem wir so gerne andere zwangsbeglücken wollen.

Toms Poth | Mi., 12. Februar 2020 - 18:56

Antwort auf von Juliana Keppelen

Werte Dame, das haben sie hoffentlich nicht aus meinen Worten gelesen.

Juliana Keppelen | Do., 13. Februar 2020 - 11:18

Antwort auf von Toms Poth

muss mich auch entschuldigen.
Diesen Beitrag hätte ich unter alle Berichte über Russland, Putin usw. schreiben können. Aber sie müssen zugeben, dass dieses "Liberale-Demokratie-Gedöns" das wir so gerne anderen Ländern angedeihen lassen wollen, wenns sein muss auch mit einer breiten Blutspur, in keinem Land der Welt fuktioniert, übrigens auch bei uns nicht wie man gerade hautnah erleben kann.

Alexander Mazurek | Mi., 12. Februar 2020 - 14:45

… im Staatsterrorismus durch "extrajudicial killings" (außerrechtliche Tötungen) u.a. mit Hilfe von Drohnen sind doch die USA des Friedensnobelpreisträgers Barack Hussein Obama, oder? Wie damals jeder tote Vietnamese ein Vietcong war, ist heute jedes Ziel ein Terrorist. Darüber hinaus geben die USA seit Jahrzehnten jährlich mehr als 10* soviel für die Rüstung und "nation bombing" aus wie Russland, lt. SIPRI gab 2018 gar Frankreich mehr aus für die Rüstung als die böhsen Russen. Nietzsche hatte durchaus Recht: "Staaten sind die kältesten aller kalten Ungeheuer und kalt lügen sie auch. Und auch diese Lüge kriecht aus ihrem Maul: Ich, der Staat, bin das Volk."