
- Die Mode ist tot, es lebe die Mode
Mit Jean-Paul Gaultier ist einer der letzten Modeschöpfer der alten Schule von der Bühne getreten. Mit ihm ist eine ganze Epoche zu Ende gegangen. Haute Couture wird heutzutage nur noch von russischen Oligarchenfrauen und reichen Asiatinnen gekauft. Die Mode hat sich demokratisiert
Mode ist politisch. Denn Mode bildet Machtverhältnisse ab: ökonomische, kulturelle und soziale. Deshalb kündigte Mode auch immer von gesellschaftlichen Umbrüchen: Coco Chanels „kleines Schwarzes“ war nicht nur Ausdruck der Emanzipation, es war selbst emanzipatorisch; Christian Diors „New Look“ stand für die Restauration der 50er Jahre; und der Twiggy-Style der 60er symbolisierte die sexuelle Revolution und die zweite Welle des Feminismus. Mode ist auch deshalb politisch, weil sie seit Menschengedenken Distinktionsmerkmal ist. Sie markiert die Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Klassen, zu Berufsgruppen und Subkulturen. Zugleich spiegelt sie Rollenbilder von Frauen und Männern, von Mächtigen und weniger Mächtigen. Und sie gestattet einen Blick auf die sozialen Strukturen, die all das hervorbringen.
Wenn in Paris zweimal im Jahr die großen Haut Couture Schauen laufen, dann haben wir es also mit mehr zu tun als mit einer Reihe exzentrischer Inszenierungen überteurer Klamotten. Mode ist eine Sprache, in der eine Gesellschaft zu sich selber spricht. Insofern sind die Haut Couture Präsentationen immer ein Blick in einen kollektiven Spiegel. Was man dieses Jahr in diesem Spiegel sehen konnte, musste einen jedoch nachdenklich stimmen. Oder melancholisch. Je nach dem.