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Stiefeltritte: Proteste gegen US-Luftschläge im Irak / picture alliance

Konflikt zwischen Iran und USA - No-Go-Area für Donald Trump

In den USA wird gestritten über die Motivation Donald Trumps, den Konflikt mit dem Iran zu eskalieren. Doch es ist egal, ob ein Ablenkungsmanöver wegen des Impeachments oder Geschäftsinteressen dahinter stecken. Ein Krieg im Nahen Osten würde uns alle treffen

Autoreninfo

Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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In einem amerikanischen Film von 1997, Wag the Dog, fabrizieren Spin-Doktoren und Hollywood-Produzenten einem Krieg in einem entlegenen Land – Albanien – um davon abzulenken, dass dem US-Präsidenten wegen einer Affäre ein Impeachment-Verfahren droht. Der echte Präsident war damals Bill Clinton. Wenig später sollte Clinton tatsächlich einen Luftangriff auf den Irak anordnen, gerade als das Repräsentantenhaus über die Amtsenthebung abstimmte. Diese wurde letztlich bekanntermaßen abgewendet. Die amerikanischen Kriege im Nahen Osten aber gingen weiter.

Kein Wunder, dass direkt nach dem Drohnenangriff auf den iranischen General und Geheimdienstchef Qasem Soleimani eine heftige Debatte in den USA losbrach: Macht Trump das nur, um von den unschönen Impeachment-Schlagzeilen um seine Rolle in der Ukraine abzulenken? Weil ihm vorgeworfen wird, er habe die US-Militärhilfe mit seinem Wahlkampf verknüpft? Oder, schlimmer noch, nahm Trump etwa gar Rache für einen Tweet von Soleimani, der ihn als „Spieler“ und „Nachtclubbesitzer“ verspottete?

Trump warnte vor Kriegen von Obama und Clinton

Tatsächlich geschieht viel von dem, was Trump tut, um die Politik seines gehassten Vorgängers Barack Obama zu konterkarieren. Ursprünglich hatte Trump Obama vorgeworfen, dass dieser einen Krieg mit dem Iran anfangen werde. Denn ein Krieg sei Obamas einzige Chance, wiedergewählt zu werden. Seinen eigenen Wahlkampf bestritt dann Trump mit Warnungen vor einer kriegslüsternen Hillary Clinton, die gewiss einen weiteren Krieg im Nahen Osten vom Zaun brechen werde. Denn viele seine US-Wähler sind kriegsmüde, insbesondere, wenn wie nun schon des öfteren kein Sieg in Sicht ist. Nun aber steht Trumps eigene Wiederwahl an.

Der Anschlag traf aus Sicht der USA sicher nicht den Falschen. Die Frage ist nur, was es bringt. Suleimani soll hinter Anschlägen gegen amerikanische Einrichtungen im Irak stecken, wo der Iran beträchtlich Einfluss genommen hat, zuletzt auf die US-Botschaft in der angeblich schwer bewachten Green Zone. Es ist schon erstaunlich, dass die USA erst einen Krieg um den Irak führen, um das Land dann kampf- und strategielos dem iranischen Erzrivalen zu überlassen. Und als sei das alles nicht schon verrückt genug, Vizepräsident Mike Pence tweetete nun auch noch, der Iran stecke hinter dem Anschlag von 9/11.

Kein eindeutiger Rückhalt für die Liquidierung

Aber ist all das wirklich ein „Wag-the-Dog-Szenario“? Wenn es das ist, dann hat es nicht funktioniert. Denn während die Presse und viele US-Wähler damals parteiübergreifend hinter Clinton standen – und noch mehr hinter George W. Bush, als der nach 9/11 Truppen nach Afghanistan und in den Irak schickte – schlägt Trump nun von vielen Seiten Skepsis entgegen, selbst von führenden Neocons, die für den Krieg mit dem Iran waren, zumal der Iran Racheanschläge in der Region gegen amerikanische Einrichtungen angekündigt hatte.

Zwar stellten sich das Wall Street Journal und Fox News, die den Republikanern nahestehen, hinter Trump. Die Washington Post aber schrieb, Soleimani sei zwar ein Gegner gewesen, dessen Tod von Israelis und Saudis bejubelt werde, aber damit würden die USA nun nur noch mehr in den konfliktreichen Nahen Osten verwickelt. Bereits jetzt haben die USA mehr als 4.000 Soldaten nach Kuweit geschickt. Die New York Times forderte den Kongress auf, weitere Militärschläge des Präsidenten zu stoppen, denn dieser habe so ohne dessen Zustimmung einen Krieg initiiert. Dass Trump nun 52 Ziele im Iran bombardieren wolle – darunter wertvolle Kulturerbe-Stätten – sei ein Kriegsverbrechen.

Die Lobbyisten hinter der Anti-Iran-Agenda

Warum 52 Ziele? Eines für jede der 52 Geiseln, die das frischgebackene islamistische Revolutionsregime des Iran bei der Botschaftsbesetzung von 1979 genommen hat. Das war eine Niederlage, die Jimmy Carter damals die Präsidentschaft gekostet hatte und die Amerika bis heute schmerzt. Aber der Konflikt mit dem Iran fing bereits 1953 an, als die CIA unter Allen Dulles – der Architekt der Kubakrise – den demokratisch gewählten Präsidenten Mohammad Mossadegh gestürzt und den amerikafreundlichen Schah installiert hatte. Mossadegh hatte zuvor die Ölanlagen von des Konzerns British Petroleum verstaatlicht.

Und auch beim aktuellen Schlag gegen den Iran stecken durchaus Lobbyinteressen dahinter. Die New York Times legte im September 2019 ausführlich dar, wie Druck auf Trump aufgebaut wurde. Initiator war sein damaliger Berater Steve Bannon, einer der Köpfe der neurechten alt.Right-Bewegung. Es war Bannon, der Trump dazu brachte, John Bolton zu engagieren, ein führender Neocon, der schon George W. Bush gedrängt hatte, das Regime im Iran zu stürzen. Bolton hatte auch vorgeschlagen, dass Israel den Iran bombardieren solle.

Die Versuche militärischen Eingreifens scheiterten

Bei Israels Präsidenten Benjamin Netanjahu rannte Bolton offene Türen ein. Netanjahu ließ ohnehin keine Gelegenheit aus, in den USA Stimmung gegen den Iran zu machen, unterstützt von Saudi-Arabien und den Golfstaaten. Er hatte bereits 2012 einen Angriff auf den Iran erwogen, praktisch hinter dem Rücken der Obama-Regierung. Aber Netanjahus Berater aus den Reihen der Militärs und des Mossad hatten abgeraten: Zu unsicher, zu gefährlich. Und Obama setzte ohnehin lieber auf Verhandeln. Netanjahu begann dann, den Republikaner Mitt Romney bei der Wahl gegen Obama zu unterstützen; freilich erfolglos. Der Angriff wurde letztlich – laut Times – abgeblasen, weil Obamas früherer Stabschef Rahm Emanuel den Israelis den Marsch geblasen hatte.

Stattdessen hatten die USA und die EU mit den Iranern einen Vertrag geschlossen, der das Land davon abhalten sollte, Atombomben zu entwickeln. Trump allerdings, unterstützt von Bannon, stieg aus dem Irandeal wieder aus und suchte die Eskalation. Nachdem Bolton bei Trump anfing, begann eine Serie von militärischen Nadelstichen gegen iranische Schiffe, begleitet von israelischen Angriffen auf vom Iran kontrollierter Ziele in Syrien, im Irak und im Libanon, die vorerst in dem Schlag auf Soleimani gipfelte. Aber das dürfte nicht der letzte Schlag sein.

Ein kaum zu gewinnender Krieg für Öl

Denn es geht auch weiterhin um Öl und um Geschäfte. Erst im November hatte der Iran angekündigt, ein riesiges Ölfeld sei gefunden worden. Und, wie immer in der amerikanischen Politik seit der letzten Wahl, muss man sich fragen, ob und wie Trump persönlich profitieren würde. Immerhin verhandelt er mit Irans Gegnern – den Emiraten und Saudi-Arabien – um Hotelneubauten in deren Hauptstädten. Bei Breitbart, der Plattform der rechten Trump-Unterstützer im Internet, ist die Stimmung gemischt. Viele Kommentatoren wollen gegenüber den Iranern die Muskeln spielen lassen und erinnern an die 52 Geiseln, andere warnen davor, dass es gefährlich für die USA sei, israelische Interessen zum Maßstab zu machen.

Dabei kommt eines kaum noch zur Sprache: Das iranische Regime, das Frauen unterdrückt, Schwule umbringen lässt und bei der iranischen, demokratiesehnsüchtigen Jugend schwer unbeliebt ist, ist tatsächlich nicht verteidigenswert. Allerdings haben die Amerikaner in Ländern wie Kuweit, Afghanistan, Irak oder Syrien, wo sie sich militärisch engagiert haben, nichts vorzuweisen, was die Rechte von Frauen und religiöse Minderheiten, vor allem Christen betrifft, oder überhaupt irgendwelche nennenswerte Erfolge erzielt. Stattdessen wurden eine Million Zivilisten allein im Irak getötet. Ein solchen Krieg nun von einem immer wieder irrlichternden, rachsüchtigen Twitter-Präsidenten zu überlassen wird nicht gut ausgehen. Für niemanden, weder die Iraner, die Amerikaner und auch nicht für die Europäer in der mittelbaren Nachbarschaft.

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Manfre Westphal | So., 5. Januar 2020 - 19:14

Dieser Artikel ist für mich keine Analyse , sondern
incl. des Fotos, Meinung und sollte als solche auch
gekennzeichnet werden.

Christoph Kuhlmann | So., 5. Januar 2020 - 19:23

Welchen Grund hätten die USA den Weltmarkt für iranisches Öl zu öffnen, indem sie das Mullah Regime stürzen? Der Ölpreis würde sinken und die Ölproduktion in den USA schaden nehmen. Warum erwähnt der Autor dieses Artikels nur die iranischen Nadelstiche und nicht die Untaten des Iran, der längst einen asymmetrischen Krieg gegen die USA und ihre Verbündeten führt? Genauso wie die USA einen Wirtschaftskrieg gegen den Iran. Es ist dieser Terrorkrieg auf den die USA nach dem Abschuss einer amerikanischen Drohne und dem Anschlag auf die saudi-arabische Ölraffinerie eine Antwort gegeben haben, nachdem ein aufgeputschter Mob die US-Botschaft stürmte und den Namen des Anführers der Al-Kuds Brigaden rief der im Anschluss daran von den USA getötet wurde. Eine Geiselnahme des amerikanischen Botschaftspersonals in Bagdad hätte Trump ebenso wenig überlebt wie einst Carter die Geiselnahme in Teheran. Trump will keinen Krieg, aber wenn er mit dem Rücken an der Wand steht beißt er.

Wohl kaum. Trumps eigentliches Motiv für die Kündigung des Atomabkommens und die zunehmend aggressive Einstellung gegenüber den Iran - der bei weitem kein Unschuldsknabe ist - dürfte völlig anders geartet sein. Trump geht es darum, möglichst ALLES, was sein Vorgänger Obama geschafft hat, rückgängig zu machen. Das geht von der Krankenversicherung über den Klimaschutz bis eben jetzt zu den Beziehungen mit dem Iran. Wobei natürlich die iranischen Ölquellen gleichfalls verlockend wirken.
Nein, Trump hat zu keiner Zeit mit dem Rücken zur Wand gestanden. Es sind Trumps pathologisches Ego und sein Narzissmus, die für Konflikte überall auf der Welt gut sind.

Hallo Herr Lenz,
Ihre wohltemparierten Worte vergaßen Obamas "Rote Linien". Seine Angst vor Assad ließen Obama immer mehr "Rote Linien" ziehen. Die weitere Entwicklung
Syriens vergaß er.

was man nicht annehmen muss, ändert das nichts an Trumps Motivation. Der ist ein getriebener, nur auf Triebbefriedigung und Eigenlob getrimmter Narzist. Und entsprechend zwanghaft ist sein Umgang mit Obamas politischem Erbe, das es zu zerstören gilt, "come what may."

Karla Vetter | So., 5. Januar 2020 - 20:04

das übliche Trumpbashing und "Krieg für Öl "-Märchen. Die USA ist inzwischen Öl -Selbstversorger .

Kai-Oliver Hügle | So., 5. Januar 2020 - 23:07

Antwort auf von Karla Vetter

Vielleicht möchten Sie sich Trump im Original ansehen? Hier geht es zwar um Syrien, aber er redet vom Mittleren Osten. Ist für Trump wahrscheinlich alles dasselbe. Macht ja nichts. Skippen Sie einfach auf Minute 0:45.

https://youtu.be/V6lf6wgQAnw

Kai-Oliver Hügle | So., 5. Januar 2020 - 23:16

Antwort auf von Karla Vetter

Hier (ab Minute 0:18):

https://youtu.be/U10p3Tn9V5Y

Wird es NOCH deutlicher:

“We’re keeping the oil. We have the oil. The oil is secure. We left troops behind only for the oil.”

Karla Vetter | Di., 7. Januar 2020 - 18:07

Antwort auf von Kai-Oliver Hügle

dass man bei Kriegshandlungen sich Bodenschätze und Güter aneignen möchte ist nicht neu. Das haben die Amis nicht erfunden.(Im Koran gibt es eigens zu diesem Thema die 8.Sure " Die Kriegsbeute")Neu allerdings sind die typischen monokausalen Erklärungen.

Kai-Oliver Hügle | Di., 7. Januar 2020 - 21:27

Antwort auf von Karla Vetter

Darf ich Ihre Einlassung so verstehen, dass Sie sich von Ihrem ersten Beitrag (vom 5.1.), in dem Sie von "'Krieg-für-Öl' Märchen" sprachen, distanzieren und sich nun darauf verlegen, dass die Amerikaner diese Form der Ausbeutung nicht erfunden haben und fälschlicherweise unterstellen, Schweitzer habe "das Öl" als einziges Motiv für die Nahost-Politik Trumps bezeichnet?

Kai-Oliver Hügle | Mi., 8. Januar 2020 - 13:49

Antwort auf von Karla Vetter

Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie sich von ihrem ursprünglichen Beitrag distanzieren, indem Sie darauf hinweisen, dass nicht die Amerikaner (sondern die Muslime?) diese Form der Ausbeutung erfunden haben.
Ferner unterstellen Sie (wem eigentlich?), "das Öl" zum alleinigen Motiv von Trumps Nahostpolitik erklärt zu haben.
Abgesehen davon: Wie kann eine Erklärung gleichzeitig "typisch" und "neu" sein?

Thomas Mank | So., 5. Januar 2020 - 23:31

Antwort auf von Karla Vetter

Es geht, wenn schon und im Sinne des Artikels, nicht um Versorgung, sondern um Profit.

Romuald Veselic | So., 5. Januar 2020 - 21:39

ein Drehbuch für ein Film Anno 1997, als kryptische Deutung, auf die USA-Vorgehen gegen einen Massenmörder im Mittleren Osten zu offenbaren.
Was ist, wenn es um Tötung eines Tyrannen geht? Dann machten die GI-s alles richtig.
Die D-Lamento-Memmen sollten die ersten sein, denn Krieg zu verhindern, denn nirgends soviel CO2 und Mikrostaub entsteht, wie in einem Krieg.
Warum erst beim 1953 rückwärts Schluss zu machen, im Wer-War-Mehr-Böse-oder Schlechter? Wieso wird auch das nicht erwähnt, was im Jahr 1258 die mongolischen Horden in Persien und Bagdad Kalifat angerichtet hatten?
Dass sie komplettes Bewässerungssystem zw. Euphrat u. Tigris zerstörten, was zuvor seit 1000 Jahren fabelhaft funktionierte? Es war eine ökologische Katastrophe, die urbares Land zur Wüste verwandelte. Bis heute. Abgesehen von 100000-den Zivilisten, die ermordet wurden? Dagegen waren die Kreuzritter im Heiligen Land, nur Flöhe am Saum des Kalifen Kaftans.

Auch ich vermute, dass es nicht um eine sachliche Analyse der Iran Agenda geht, sondern zuvorderst um die jeweilige Agenda derer, die sich „wissend“ zu Wort melden. Schade....