Obwohl an Wochenenden schulfrei ist, drückten an ausgewählten Sonntagen rund 800 Kinder die Schul- oder besser gesagt Universitätsbänke. An der TU Chemnitz startete im größten Hörsaal das Sommersemester der Kinder-Uni, die hier seit 2008 veranstaltet wird. In der ersten Vorlesung drehte sich alles um das Reich der Pharaonen. Im Rahmen der Kinder-Uni, die auch die anderen Universitäten in Sachsen veranstalten, gibt es jeden Monat kostenfrei eine Vorlesung. Am 13. Mai geht es um den Zufall im Leben, am 24. Ju
Aus Wissenden müssen Lernende werden – auch an der Kinder-Uni / picture alliance

Pisa-Studie 2019 - Wo bleibt die Neugier?

Nach der neuen PISA-Studie stellt sich die Frage: Warum ist das Land der Dichter und Denker im internationalen Vergleich keine Leuchte. Dabei sind die Ursachen für die Bildungsferne klar. Aber wie kann dieses Problem gelöst werden?

Matthias Heitmann

Autoreninfo

Matthias Heitmann ist freier Publizist und schreibt für verschiedene Medien. Kürzlich hat er das Buch „Entcoronialisiert Euch! Befreiungsschläge aus dem mentalen Lockdown“ veröffentlicht. Seine Website findet sich unter www.zeitgeisterjagd.de.

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Seit dem Jahr 2000 wiederholt sich bei jeder Neuauflage der Pisa-Studie die immer gleiche Debatte: Fast reflexhaft entbrennen Kontroversen über Grundschule, Lehrermangel und Ausbildung, über Universitätsabschlüsse und BAfög, über „soft skills“ und die Halbwertszeit harter Fakten sowie über den Umgang mit altem Wissen. Dann wird der x-te „Bildungsaufbruch“, mehr Geld und weniger Föderalismus gefordert. Tatsächlich werden aber Bildungspolitiker nicht diejenigen sein, die die Probleme der Bildung lösen werden.

Denn wenn heute irgendetwas dazu führt, dass sich Menschen jeden Alters weniger dem Wissenwollen widmen, dann ist es die zeitgenössische Bewertung von Bildung – und zwar nicht vonseiten der sogenannten „bildungsfernen Schichten“, sondern von denen, die sie haben und verwalten. Es wird Zeit, Wissen und Neugier gegen einen Zeitgeist zu verteidigen, der eher dem Vergessen, Vereinfachen und Entschlacken von Lehrplänen und Ansprüchen das Wort redet.

Neugier kann man nicht lehren, nur vorleben

Es stimmt: Menschen müssen heute mit viel mehr und mit anderem Wissen umgehen können als ihre Vorfahren. Daher braucht es neue Techniken der Wissensaneignung. Trockenschwimmübungen machen aber genauso wenig jemanden zu einem begeisterten Schwimmer, wie Lernmethoden ohne ernsthafte Beschäftigung mit dem zu erwerbenden Wissen jemanden zu einem Wissbegierigen machen.

Immer häufiger wird heute erklärt, dass das konkret „beigebrachte“ Wissen nicht mehr so wichtig sei, da es ja angesichts der rasanten Veränderungen ohnehin bald weder wichtig noch richtig sein werde. Wichtiger sei es stattdessen, dass die Menschen sich selbst fortlaufend neues Wissen aneignen. Der Begriff des „lebenslangen Lernens“ als bildungspolitische Zielsetzung meint genau dies: Die Menschen sollten in eine permanente Lernroutine kommen und sich weniger um Inhalte, sondern um ihre Lernkompetenz kümmern.

Aus Wissenden werden Lernende

Der „Lernstoff“ erscheint aus dieser Perspektive wie eine Hantel, mit der man den Denkmuskel trainiert. Und da nicht mehr Lern- und Lehrmethoden den Inhalten angepasst werden, sondern umgekehrt Inhalte dazu da sind, um Lernkompetenz zu entwickeln, verwischt auch der qualitative Unterschied zwischen akademischer Bildung und beruflich orientierter Ausbildung. Schon jetzt erinnern Universitäten hinsichtlich Ausrichtung und Bildungsstruktur stark an die einstigen Fachhochschulen.

Gleichzeitig wird der universitäre Fächerkanon ausgedünnt. Kein Wunder: Schließlich ist das moderne Bildungskonzept nicht auf eine umfassende intellektuelle Persönlichkeitsbildung ausgerichtet, sondern auf den Erwerb von Fähigkeiten zur Sicherung ökonomischer Bedarfe. Ein umfassender humanistischer Bildungsansatz hat hier keinen Platz. Es gibt in diesem modernen Konzept keine mündigen „Wissenden“ mehr, sondern nur noch „Lernende“. 

Keiner will mehr Pauker werden 

Die Aufwertung des Lernens gegenüber dem Wissen hat Auswirkungen darauf, welche Menschen sich für den Beruf des Lehrers entscheiden und aus welchen Motiven. Wissensvermittlung ist nicht mehr das Hauptmotiv des nachwachsenden Lehrkörpers. Keiner will mehr „Pauker“ werden: Der „Mit-Lerner“ und „Lernbegleiter“ ist viel populärer. Berufswunsch Vertrauenslehrer – ob das Schülern wirklich weiterhilft, mag bezweifelt werden.

Tatsächlich waren die mich am stärksten inspirierenden Lehrer diejenigen, die mich mit Wissen überhäuft, mitgerissen und an meine Grenzen gebracht haben, anstatt sich therapeutisch um mein Wohlbefinden zu kümmern oder darum, dass ich soziale Werte vermittelt bekomme. Selbstverständlich ist einiges von dem, was ich (Abiturjahrgang 1990) in der Schule gelernt habe, heute überholt. Meiner getrübten Erinnerung zufolge war das Periodensystem lückenhafter als heute, dafür aber war Pluto noch ein Planet und Ostberlin die Hauptstadt eines zweiten deutschen Staates.

Frieden mit Schiller und Goethe 

Ansonsten empfand ich viel von dem, was ich damals lernte, auch damals schon als antiquiert, was in erster Linie an mir lag: Goethes Faust und Schillers Wallenstein, mit denen ich mich im Abitur zu duellieren hatte, waren für mich keineswegs wertvolle Wissensquellen – was sich allerdings seither verändert hat, wie ich zugestehen muss. Dies jedoch aufgrund von Impulsen aus ganz anderen Wissensbereichen: Sie halfen mir, meinen Frieden mit Goethe und Schiller zu machen.

Das ist ein Weg, wie Wissen entsteht: die Fähigkeit, einzelne Informationen nicht nur abzuspeichern, sondern miteinander in Verbindung zu setzen und Zusammenhänge zu erkennen, sodass ein vertiefendes Verstehen möglich wird. Dies zu ermöglichen und zu schulen, ist die eigentliche Bedeutung von Interdisziplinarität.

Wenn Bildung zur Ausbildung wird

Viel zu häufig wird heute Wissen auf Zahlen und Fakten reduziert, während das Verarbeiten, Einordnen und kontextuale Verstehen vernachlässigt wird. Dies ist nicht nur in den zahllosen Quizsendungen der Fall. Auch ein Blick in Lehrpläne nährt den Eindruck, dass es vielfach vor allem darum geht, Themen abhaken zu können. Informationen, Daten und Fakten sind sicherlich grundlegende Voraussetzungen für das Entwickeln von tiefgehendem Wissen und müssen vorhanden sein – aber sie sind eben nicht hinreichend: Echtes Verständnis kann sich nur entwickeln, wenn auch die Fähigkeit gestärkt wird zu konzeptualisieren, zu vergleichen und etwas kritisch zu betrachten. So können dann auch große Mengen an Informationen eingeordnet, zumindest aber besser in wichtige und unwichtige unterschieden werden. 

Wenn aber der Bildungsprozess sich eher auf das Datenmanagement als auf die Freude am Wissen konzentriert, dann verliert die Bildung ihre Rolle und auch ihren Antrieb: Sie wird zur Ausbildung, zu einer Art Training. Dass „Wandel“ heute eher als Quelle von Unsicherheit und Unverständnis gilt, hat mehr mit unserer Einstellung gegenüber dem Wissen zu tun als mit der auf uns einströmenden Mengen an Informationen. Denn in vielen Bereichen unseres Lebens dominiert gerade eben nicht der stetige und beschleunigte Wandel, sondern eher die Zähigkeit und Langlebigkeit alten oder veralteten Denkens und Wissens.

Bildung ist der Fressfeind des apokalyptischen Denkens

Die Zukunftsorientierung ist der Grund dafür, dass sich die humanistische Bildung schon immer als Retterin und Vermittlerin alter Kulturen, alter Denkschulen, alter Gewissheiten, alter Künste und alter Sprachen verstanden. Sie mag in Form und Inhalt konservativ erscheinen, jedoch ist tiefgehendes Verstehen ermöglichendes Wissen eine weitaus stabilere und fruchtbarere Basis für Aufbrüche in die Zukunft als die überforderte und hysterische Scheu vor Veränderung.

Aktiv betriebener Wandel braucht wissensbasierte Zuversicht und ein umfassendes Verständnis von Zusammenhängen. Ein zentraler Motor für das Entstehen eines solchen Wissens ist die menschliche Neugier. Eine Gesellschaft, die aber aus Angst vor dem Wandel den Notstand ausruft und somit Neugier, Experimentierfreude und Optimismus problematisiert, entwickelt eine gefährliche Bildungsferne. Es liegt an uns allen, wieder gieriger auf die Zukunft und auf Neues zu sein.

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Andreas Zimmermann | So., 8. Dezember 2019 - 10:59

- Bildung wird als Experimentierfeld missbraucht – erstaunlich bei dem sonst vorherrschenden Paragraphen und Vorschriftendschungel auf Bundes- und EU-Ebene wo selbst der Krümmungsgrad von Bananen geregelt ist, aber derartige Bildungsexperimente (Menschenversuche) an Kindern zulässig sind.
- Politisch inszenierte Frühsexualisierung in den Schulen – für derartiges sind Leute mal zu schönen langen Haftstrafen verurteilt worden
- Bildung ist immer noch Ländersache – kann die Ursache für Probleme sein, ist es wahrscheinlich auch, hat wahrscheinlich aber noch größeren Unsinn aus Berlin verhindert
- Vernachlässigung des Bildungs- gegenüber dem Erziehungsauftrag – selbst dem „Krampf gegen Rechts“ wird dort nun Zeit verplempert
- Inklusionsexperimente mit körperlich und geistig Behinderten oder Kindern mit anderen Auffälligkeiten und natürlich alle Probleme im Zusammenhang mit den Kindern der unkontrolliert Zugewanderten

Das ist bestimmt nicht vollständig aber mal mein Beitrag als Beobachter.

vieles einfach nur falsch, wahre Gründe für das schlechte Abschneiden deutscher Schüler sind doch längst bekannt. Nach wie vor bestimmt in Deutschland der soziale Hintergrund Bildungskarrieren - noch immer gehen zu wenige Kinder aus sog. bildungsfernen Familien auf das Gymnasium. Andere Länder haben es da besser: Meist gibt es dort ausschliesslich integrierte Schulsysteme.
Davon abgesehen: Strafbare sexuelle Frühsexualisierung? Was für ein Unsinn. Bildung als Experementierfeld? Schulen in Skandinavien sind nicht nur erfolgreicher, sondern auch pädagogisch weitaus progressiver, haben z.T. keine Noten und keine Abiturprüfungen mehr. Inklusion - in vielen Ländern selbstverständlich - und der Kampf gegen Rechts als Gründe für Mathematikschwäche? Jetzt wird es richtig peinlich. Wie wäre es mit der Aufforderung an Schulkinder, ihre Lehrer zu denunzieren, wenn sie sich kritisch über die AfD äussern? Kurz: ein ideologisch insinuierter Kommentar der völlig am Problem vorbeigeht.

Wenn Deutsch und Mathematik in der Schule wieder ihren alten Stellenwert erhielten, würden wieder die ersten Grundlagen für eigenständiges und kritisches Denken geschaffen werden. Selbst das kriegt das deutsche Bildungssystem nicht mehr hin, das - wie Sie mit Recht ausführen - stets auf Nebenkriegsschauplätzen operiert.

Leidtragende sind und bleiben Kinder aus prekären Verhältnissen, deren Zugang zur Bildung mit Hindernissen übersät ist, und damit einer hochentwickelten, arbeitsteiligen Volkswirtschaft als Fachkräfte verloren gehen.

Eric Runkel | So., 8. Dezember 2019 - 11:26

Sehr gut erkannt, aber man kann ein Problem nicht mit der gleichen Weltanschauung lösen, durch die es verursacht wurde.

Sebastian Linnemann | So., 8. Dezember 2019 - 12:17

a) Es wird nicht genügend in "Bildung" investiert. Und wenn Mittel fließen, dann für neue Technik oder Gebäude. Man muss die neuen Technologien jedoch auch pädagogisch und psychologisch gewinnbringend zu nutzen wissen.

Das bringt uns zu Punkt b) die Lehrerausbildung. Hier müsste nach neuesten Erkenntnissen ausgebildet werden. Unsere Universitäten jedoch sind selbst von der mangelhaften Qualität betroffen.

c) Es wird nicht nach einem vollumfänglich ausgereiften Verstand und Charakter gefragt. Denn "Abnehmer" der Produkte der Bildungsinstitutionen ist der Arbeitsmarkt. Dieser braucht ja scheinbar (!) nur Arbeitskräfte, aber keine gereiften Geister - und mit Sicherheit keine Feingeister.

d) Bildungspolitiker sind - Achtung, Pauschalurteil - wie alle anderen Politiker nur Karrieristen ohne die mangelnde fachliche Kompetenz oder auch nur eine Ahnung, wo diese zu finden wäre.

Manfred Bühring | So., 8. Dezember 2019 - 12:46

Das im Sinne des Neoliberalismus stromlinienförmig an ökonomische "Verwertbarkeit" angepasste deutsche Bildungssystem zeigt nun Wirkung. Die ständigen "Reformen" (G8, wieder G9, "Entrümpelung" der Inhalte, ausuferndes Mitbestimmungsrecht der Eltern, faktische Abschaffung des Leistungsprinzips, fehlender Rückhalt der Ministerialbürokratie, Migration, Inklusion nur als kleine Auswahl des Chaos') haben die Lehrkräfte zermürbt. Was bleibt, ist ein zerbombtes Bildungssystem mit ausgebrannten Lehrern, bildungsunwilligen bzw. bildungsfernen Schülern und lebensfernen Absolventen. Das Chaos setzt sich dann fort an den Universitäten mit der völlig missglückten "Bologna-Reform", mit der das bewährte humboldtsche Bildungsideal an den Hochschulen zu Gunsten eines kruden Bachelor-Master-Systems abgeschafft wurde.
Und nun wundern sich die Politiker über die Ergebnisse.

Gerhard Lenz | So., 8. Dezember 2019 - 22:56

Antwort auf von Manfred Bühring

Gerade die PISA-Ergebnisse - wie übrigens auch andere Studien - zeigen, dass in Deutschland der Reformbedarf nach wie vor groß ist. Kürzere Schulzeiten, längeres integriertes Lernen sind in anderen Ländern seit Jahren normal. Oder sind deutsche Kinder langsamer, brauchen länger, müssen unbedingt nach Leistungsfähigkeit sortiert werden? Tatsächlich sind Bildungspläne längst nicht genug entrümpelt - was mit dem Widerstand konservativer Bildungsexperten zu erklären ist.
Auch das nostalgische Verklären früherer deutscher Universitätstitel wird der Bildungsrealität nicht gerecht. Die Zahl der Studienabbrecher z.B. war in der Vergangenheit wesentlich höher - früher verliessen Studenten nach zwölf Semestern ohne jeden Abschluss die Uni, heute haben sie i.d.R. mindestens einen Bachelor. Auch hier gilt: Anderswo hat sich das alles, was in Deutschland so umstritten ist, längst bewährt...

Jo Pabst | Mo., 9. Dezember 2019 - 12:26

Antwort auf von Gerhard Lenz

Wenn jemand erst nach 12 Semestern erkennt, daß er für das gewählte Fach zu dämlich ist, dann sagt das alles. Und wenn heute gilt:"heute haben sie i.d.R. mindestens einen Bachelor", wird einem dann der Abschluß nachgeworfen? Was hat er dann noch für einen Wert? Oder sind auch die Dümmsten schlagartig klug geworden? Warum hatte die deutsche Ingenieursausbildung einen so guten Ruf? Weil jeder ein Diplom bekam? Wohl eher nicht!

Gerhard Lenz | Mo., 9. Dezember 2019 - 13:15

Antwort auf von Jo Pabst

in Deutschland? Wohl kaum. Auch andere Länder haben Ingenieure ausgebildet, in durchaus kürzeren Studiengängen.
Die Tatsache, dass jemand nach 12 Semestern seine Prüfung nicht geschafft hat, kann man so und so beurteilen: Entweder der Student war dem Fach nicht gewachsen, oder der Studiengang war für Berufseinsteiger falsch konzipiert. Oder er hat schlicht eine Prüfung nicht bestanden, aber sechs (oder noch mehr Jahre) schlicht verplempert, obwohl er vorher Klausuren, Hausarbeiten, Zwischenprüfungen bestanden hat - und steht jetzt mit NICHTS da.
Es kann aber niemals im Interesse einer Bildungspolitik liegen, Studienabbrecher zu produzieren, nur weil man meint, man müsste die Messlatte besonders hoch hängen. Ich wiederhole: Der Rest der Welt macht es schon lange anders, nur die Deutschen wissen es scheinbar besser?
Die Länder, die die meisten Nobelpreisträger hervorbringen, haben alle einen drei- oder vierjährigen Bachelor.

Herr Lenz, Jo Pabst spricht hier lediglich von einem sehr guten Ruf der deutschen Ingenieursausbildung und nicht von der weltbesten!
Und ich kann Ihnen versichern, dass die Ingenieursausbildung in Deutschland sicher ganz vorne im weltweiten Ranking steht. Die Messlatten, um das Diplom zu erreichen, waren schon zu meiner Studienzeit (Mitte der 90er) ziemlich hoch und ja, es ist teilweise gnadenlos ausgesiebt worden. In der Regel waren dann diese Studenten ihrem Fach schlicht und einfach nicht gewachsen. Dass jemand wegen einer nicht bestandenen Prüfung letztlich um seinen Abschluss gebracht wurde, dürfte eher die Ausnahme gewesen sein. Ich habe das zumindest in meinem Umfeld so nicht erlebt.

Dennis Staudmann | So., 8. Dezember 2019 - 14:33

nennen, überhaupt wollen, dass die breite Masse über einen hohen Bildungsstand verfügt? So kann man unbequemen Fragen aus dem Weg gehen, auf die man keine Antwort weiss. Ein Paradebeispiel ist die Tatsache, dass die Geschichte der DDR kaum oder gar nicht mehr gelehrt wird. Wäre das anders, müsste man evtl. Fragen beantworten, welche Partei für Diktatur, Menschenrechtsverletzungen, Mauertote etc. verantwortlich ist und ob es diese Partei heute noch gibt. Ausserdem könnten Schüler auf die Idee kommen, dass das Bild vom Ideal einer linken Gesellschaft, welches gern heute gezeichnet wird, trügerisch ist. Linkspartei, Grüne, SPD und eine heftig nach links gerückte CDU haben sicher kein Interesse daran, dass das geschieht. Dass die "politische Bildung" teilweise höchste Priorität geniesst an den staatlichen Schulen, offenbarte 2018 die Berliner Bildungssenatorin Scheeres. Auf den letzten Platz im Pisa-Vergleich angesprochen, antwortete sie, ihr käme vor allem auf die politische Bildung an.

nennen, selbst über Bildung verfügen? Ich habe da meine Zweifel, wenn man sich so diverse Figuren anschaut. Viele von denen (vor allem aus dem links-grün-roten Spektrum) haben ja noch nicht einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung. Und wenn sie jemals eine Universität abgeschlossen haben, dann primär in Orchideenfächer, wo es nur aufs Labern ankommt. Wie können solche Personen einschätzen, was Bildung bedeutet?

Klaus Peitzmeier | So., 8. Dezember 2019 - 16:59

"Warum ist das Land der Dichter und Denker im internationalen Vergleich keine Leuchte? Und warum will keiner "Pauker" werden?"
Weil man die Förderschulen abgeschafft u dadurch das Niveau runtergezogen hat. Weil integrationsunwillige Schüler nach belieben stören u die Lehrer mit übelsten Ausdrücken beleidigen dürfen. Was Renate Künast an Ausdrücken wie "Fotze", "Stück Scheiße" usw. entgegenschlug, müssen Lehrerinnen jeden Tag ertragen. Leider reicht die Fantasie der SPD u. GRÜNEN noch nicht so weit zu erkennen, daß ihre "Reform"-Pädagogik daran Schuld ist. Wer keine Lust zum Lernen hat, sollte möglichst schnell an die Arbeit gebracht werden. Wenn`s im Hirn schon nicht läuft, haben die Störer vielleicht handwerkliches Geschick oder aktivieren durch den Ernst des Arbeitslebens Gehirnzellen, die diese Jugendlichen auf den rechten Pfad bringen. Diese ganze Wohlfühl-Kuschel-Wunschpädagogik, die einfach die Realität nicht zur Kenntnis nehmen will, zerstört unser Gemeinwesen von Grund auf.

Tomas Poth | So., 8. Dezember 2019 - 19:45

Sind Kinder und Jugendliche überhaupt noch hungrig auf Bildung?
Sind sie der damit verbundenen Anstrengung gegenüber aufgeschlossen?
Wird ihnen heute überhaupt noch etwas abverlangt oder kann man Leistungsabschlüsse schon über E-Bay Kleinanzeigen bekommen?

Alice Friedrich | Mo., 9. Dezember 2019 - 08:38

"Moderne" Lehrpläne sind heute Spiralcurricula, d.h. man geht davon aus, dass jeder Lerninhalt in entsprechend vereinfachter Form in jedem Lebensalter vermittelt werden kann und deshalb auch entsprechend in jeder Altersstufe behandelt wird.
Wenn ich aber in der Grundschule das Thema "Wüste" durchnehme, haben die Kinder zu der Zeit überhaupt noch kein gefestigtes Bild der Welt, wo sie dieses Wissen einordnen können. Afrika liegt für sie gleich nebenan oder Tausende Kilometer entfernt. Auch für den Begriff Km haben sie noch keine Erfahrungswerte, die Vorstellungen von Ort und Zeit bilden sich erst in den Grundschuljahren aus.
Ein älteres Bildungsverständnis geht so vor, dass Wissen konzentrisch von der Erfahrungswelt des Kindes ausgeht, in Geografie z.B. aus der Nähe in die Ferne. Das hat den Vorteil, dass neu erworbenes Wissen immer in schon gefestigtem verankert werden kann und nicht beziehungslos bleibt. Auch darüber wäre wieder nachzudenken.

Alfred Zielinski | Mo., 9. Dezember 2019 - 09:59

Im Sozialismus braucht es keine Neugier, diese würde nur das System gefährden!

Bernhard Jasper | Mo., 9. Dezember 2019 - 11:10

Antwort auf von Alfred Zielinski

Es sind immer wieder die wirren und diffusen Erwartungen, die an die Schule gerichtet werden. Systematisiert, müsste es auf einen Vertrag hinauslaufen, der alles mit festgelegten Verpflichtungen regelt. Es würde auf eine Rationalität der Techniken der Bildungsvermittlung und Wissenskontrolle gegründete Pädagogik hinauslaufen. „Bildung“ ist jedoch mehrdimensional.

Es beginnt jedoch immer mit dem „Lernen“, da kann ich etwas aktiv erfahren. Man wird dann in der Sache klug. Entwicklungspychologisch fängt das früh an. Für das Kind kann der Esstisch mit Tischdecke auch zur Höhle werden, denn es kann auch ein magischer Ort sein, wo man zum Höhlenforscher wird. Und aus derartigen magischen Erfahrungen kann Wissenschaft werden. Und das heimliche Lesen unter der Bettdecke mit Taschenlampe, kann einen Aufenthalt in einer Welt bedeuten, woraus eine Kreativität entsteht, die viel später einmal zu Erfindungen führt.

Gerhard Lenz | Mo., 9. Dezember 2019 - 11:55

Antwort auf von Alfred Zielinski

was ist nur aus Dir geworden, dass hier solche Kommentare erscheinen. Zuweilen hat man das Gefühl, man wäre bei der digitalen Hauspostille irgendwelcher rechter Sektierer gelandet.

Bernhard Jasper | Mo., 9. Dezember 2019 - 15:26

Antwort auf von Gerhard Lenz

Herr Lenz, leider sind bestimmte digitale Medien ja nicht mehr dazu da, dass man sie benutzt, sondern dass man von ihnen benutzt wird. Damit muss man sich wohl abfinden. Was einem da in den Kommentaren jedoch so aufgedrängt wird, zeigt doch auch, wie es in unserem Land um das Bildungsniveau bestellt ist. Bildung bedeutet ja auch Persönlichkeitsbildung.

Seitdem diese Plattform von AfD-Sympasisanten und den „Wutbürgern“ schrill okkupiert wurde, besteht hier dieses „bilden“. Und leider (was ich allerdings nicht verstehe), erscheint diese „Bildung“ als die digitale innere und äußere Gestalt des „Cicero“ (Erscheinungsbild)- ein beliebiger Meinungsautomat.

Detlef Beck | Mo., 9. Dezember 2019 - 18:52

Antwort auf von Alfred Zielinski

In der DDR war Neugier sogar verboten und der Gebrauch von Fragewörtern (warum, weshalb, etc.) führte automatisch zu brenzlichen Verhören durch SED-Sekretär, Stasi-Verhörspezialisten,.... Hier liegt möglicherweise eine Ursache für die Ahnungslosigkeit der friedlichen Revolutionäre.
Ich nutze die mir 1990 geschenkte Möglichkeit neugierig sein zu dürfen und frage mal so vor mich hin: Läuft gerade eine Radikalisierung des Kapitalismus und wenn ja, wann begann sie? Darf man Globalisierung auch als Schaffung optimaler Bedingungen für die Maximierung des Profits im Weltmaßstab definieren oder hört man da schon auf Demokrat zu sein?

Gisela Fimiani | Mo., 9. Dezember 2019 - 10:41

Fertigkeit ersetzt Fähigkeit. Kritisches Selbst-Denken bleibt auf der Strecke, wenn Bildung nur noch Ausbildung ist. Was „bildet“ sich dann im Inneren? Welcher Geist wird daraus hervorgehen? Es wird ein vom Zweifel befreiter, opportunistischer, beschränkter und beschränkender Geist sein.

Als ich noch in der "Volksrepublik Polen" Aufnahmeprüfungen für die Uni bestehen musste (hatte übrigens keine Extra-Punkte für die "richtige" Abstammung),
war die erste Frage, die mir bei der Prüfung im Fach Geschichte gestellt wurde: "Was können Sie mir über den Pakt Ribbentrop-Molotow sagen?" Über diesen Pakt, im Volksmund "die Vierte Teilung Polens" genannt, durfte auf keinem Gymasium, geschweige denn auf einer Grundschuleunterrichtet werden. Der Dozent, der mir die Frage stellte, hat nicht nur theoretisch seine Stelle risikiert, denn ich hätte in anzeigen können... Aber: unsere damaligen "Lehrkräfte" an der Uni (und nicht nur dort) scherten sich einen Dreck um die offizielle "Parteilinie" und junge Menschen, die wissbegierig waren nicht darum, was in den "offizielen" Schulbüchern steht (außer vielleicht Mathe und Physik). Es gab kein Internet. Die Informationen musste man sich "besorgen", wie vieles ander auch... Was ich damit sagen will? Nicht viel, außer: es gab mal eine Zeit..

Eine fiktive Geschichte aus Klasse 10 a

Lehrer: Im Zuge des Konjunkturpaketes digitale Schule, wollten wir heute eigentlich mit einem neuen Thema beginnen. Ich habe für die digitale Tafel, die neue Whiteboard, etwas vorbereitet. Unser zuständiger Service-Techniker hat sich jedoch heute leider krank gemeldet. Wer kann vielleicht mit der Technik umgehen? Ich brauche einen Freiwilligen, wer kommt nach vorne? David, ja bitte komm. Kannst Du damit umgehen? Heureka, es funktioniert. Woher hast Du diese Kenntnisse? David nur lapidar: Die neue PlayStation ist in der Bibliothek und im Menü so ähnlich.
(Ironie aus)