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Streiten, aber fair / picture alliance

Debattenkultur - Plädoyer für einen politischen Positivismus

Wir haben verlernt zu streiten. Der Diskurs wird mit einer zerschossenen Mitte zum Trauerspiel. Es täte den Deutschen gut, von ihrem hohen Ross herabzusteigen – und sich auf die Fakten zu konzentrieren statt auf die Moral

Autoreninfo

Florian Eichel studiert Philosophie im Master-Studiengang an der Humboldt-Universität zu Berlin. 

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Junge Menschen interessieren sich nicht für Politik, sagen die einen. Die Politik interessiert sich nicht für die jungen Menschen und ihre Anliegen, sagen die anderen. Tatsache ist: Politik wird mehrheitlich von älteren Leuten gemacht und zunehmend auch für ältere Leute, denn die bilden den größten Anteil der Wähler. Mit unserer Serie „Junge Stimmen“ wollen wir darum auch jenen Gehör verschaffen, die schließlich auch unsere Zukunft sind.

Der Diskurs ist tot. Und wir haben ihn umgebracht. Spätestens, seit Bernd Lucke an der Universität Hamburg niedergebrüllt wurde und Christian Lindner dort nicht einmal mehr auftreten durfte – in einer Institution, die eine Plattform des differenzierten, gleichberechtigten Diskurses sein sollte –, muss klar geworden sein, dass Deutschland die Debatte verlernt, ja, der öffentlichen Hinrichtung preisgegeben hat.

Die Straßenkämpfe der Weimarer Republik finden heutzutage in den Kommentarspalten jedes auch nur ansatzweise kontroversen Beitrags in den Sozialen Medien statt. Statt Gewehrsalven und Molotowcocktails fliegen gegenseitige Beschimpfungen wie „Faschist” und „Kommunist” über die Köpfe der Streitenden hinweg. Es sind Begriffe, die im postideologischen Zeitalter nach 1989 deplatziert wirken. Wie konnte es dazu kommen?

Niemandsland der zerschossenen Mitte

Die AfD. Die Regierung Merkel. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben Sie unwillkürlich an eine dieser beiden Antworten gedacht – sie markieren das Niemandsland der zerschossenen politischen Mitte. Die einen machen einen plötzlichen Rechtsruck im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 für den sich immer weiter verschärfenden Ton der Debatte verantwortlich, die anderen erklären die angebliche Meinungsdiktatur der political correctness zur Wurzel allen Übels.

In beiden Fällen wird das monokausale Modell einer ideologischen Konspiration bemüht: Die jeweils politische Rechte oder Linke habe sich demnach ohne ersichtlichen Grund gegen die Agenda des gegnerischen politischen Lagers verschworen.

Die Überforderung mit überkomplexen Themen globalen Ausmaßes wie der Flüchtlingskrise oder dem Klimawandel mag der Grund sein, warum weite Teile der politischen Öffentlichkeit in den Reflex solcher unterkomplexen Deutungsmuster fallen. Resultat dieses Musters ist ein Gestus der Abgrenzung.

Die Selbstdefinition fast aller politischen Bewegungen erfolgt ex negativo. Kurz: Jeder wirft dem Gegner vor, eine Ideologie zu vertreten, und definiert den eigenen Standpunkt nur noch in Abgrenzung zum ideologischen Gegenüber. Die Krux eines solchen politischen Selbstverständnisses besteht darin, dass man derart – ganz dialektisch – selbst in die Falle der Ideologie tappt.

Ein anderer, ein Fremder

Beunruhigend muss es anmuten, dass diese Diagnose den Gedanken Carl Schmitts, dem Rechtsphilosoph des Dritten Reichs, entspricht. Für Schmitt ist die Grenzziehung zwischen Freund und Feind Axiom einer jeden politischen Ideologie: „Die eigentliche politische Unterscheidung ist die von Freund und Feind. [...] Gut und Böse im Moralischen, Schön und Häßlich im Ästhetischen, Nützlich und Schädlich im Ökonomischen.” Diese dichotomischen Kategorien von Freund und Feind müssen dabei nicht faktisch begründet sein – was zählt, ist ihr emotional-identitätsstiftendes Potential für eine ideologische Bewegung: „Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht nicht ästhetisch häßlich zu sein; er muß nicht als wirtschaftlichen Konkurrent auftreten, und es kann vielleicht sogar vorteilhaft und rentabel scheinen, mit ihm Geschäfte zu machen. Er bleibt aber ein Anderer, ein Fremder.

Ausgewiesenes Merkmal politischer Ideologien  ist demnach der gemeinsame Feind. Nicht so sehr, was man ist, sondern was man nicht ist, wird relevant. Zunächst lässt sich nach diesem Schema die Rhetorik der extremen politischen Rechten leicht durchschauen. Alles „Fremde” wird abgelehnt, und in der Beunruhigung über den diffusen gemeinsamen Feind ein Gefühl ideologischer Zusammengehörigkeit beschworen.

Wehrhaft im offenen Diskurs

Es wäre die Aufgabe einer funktionierenden Demokratie, einer solchen Rhetorik argumentativ wehrhaft im offenen Diskurs zu begegnen. Doch statt 2015 eben jene große Debatte über die Rolle Deutschlands in der Migrationskrise zu führen, entzogen sich große Teile der politischen Linken ihrer diskursiven Pflicht. Stattdessen entwickelte sie ein eigenes Feindbild: das des reaktionären, fremdenfeindlichen Konservativen. Reziprok erfolgt seitdem ein stetes Zuspitzen der gegenseitigen Feindbilder in beiden politischen Lagern. Längst geht es nicht mehr darum, für etwas zu sein. Nicht ohne Grund beginnen politische Parolen immer häufiger mit der Negation „Gegen …”.

Eine solche Debattenkultur als Diskurskultur zu bezeichnen, gleicht dem Euphemismus, Krieg als Friedenssicherung mit Waffengewalt zu bezeichnen. So sehr haben wir uns der Idee des gleichberechtigten Diskurses entfremdet, dass politische Analysen immer mehr dahin zielen, abweichenden Meinungen durch Phänomene sozialer Segregation zu erklären; die Idee, es gebe legitime Meinungen außerhalb des eigenen ideologischen Spektrums, ist uns weitgehend abhandengekommen.

Es handelt sich um ein globales Problem

Dass es sich dabei keineswegs um ein lokales, sondern um ein globales Problem handelt, zeigt ein Blick auf den diesjährigen politischen Trend des Klimaschutzes. Was als ehrenwerte Kampagne für die Umwelt begonnen hatte, verirrte sich spätestens mit der „How dare you”-Rede Greta Thunbergs in die gleiche ideologische Falle, die auch die deutsche Politik gefangen hält. Die Feinde des Klimaschutzes sind ausgemacht (es ist originellerweise das Establishment), und die Wahrscheinlichkeit einer pragmatischen Lösung für das Problem der Erderwärmung schwindet mit jeder weiteren ideologisch-moralisierenden Attacke aus den Lagern von Klimaschützern und Klimaleugnern.

Die These eines Todes des Diskurses ließe sich anhand der politischen Ära Trumps in den USA fortführen. Gibt es einen Ausweg aus dem ideologischen Teufelskreis? Der gangbarste Weg wäre sicherlich, nicht mehr über moralische Überlegenheit zu diskutieren, sondern über konkrete Sachverhalten zu sprechen – Konkretion statt Diffamierung.

Natürlich ist jede Haltung zu einer Sachfrage kongruent zur eigenen politischen Position. Doch je realitätsnäher eine Debatte geführt wird, desto mehr tritt der Horizont ideologischer Selbststilisierung in den Hintergrund. Wenn auch kein Visionsverbot ausgesprochen werden sollte, so täte unserer politischen Kultur einnneuer Positivismus gut. Anstelle der Frage, was wir hoffen dürfen, könnten wir uns wieder fragen, was wir wissen können – und davon ausgehend tun sollten. Ohne starren Blick auf den vermeintlichen Feind.

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Manfred Sonntag | Mo., 2. Dezember 2019 - 15:23

Der Beitrag gefällt mir sehr gut. Zu dem Thema steht im neuesten Heft von Cicero (FALSCHE REFLEXE) ein sehr interessantes Zitat von Karl Marx, betreffend unsere linksgrünen kritischen Intellektuellen:" Die Kritik ist kein anatomisches Messer, sie ist eine Waffe. Ihr Gegenstand ist ihr Feind, den sie nicht widerlegen, sondern vernichten will. Ihr wesentlicher Pathos ist die Indignation* , ihre wesentliche Arbeit die Denunziation.".
(*Indignation=Unwillen, Entrüstung, Abscheu[Duden]).

Die Wirkungen (in den Kommentaren) auf bestimmte Cicero-Beiträge kann man inzwischen schon ohne sie zu lesen vorhersehen. Das sind alles „sprechende“ Affekte (in der Qualität oft eines „Cicero“ unwürdig). Wenn alle hier in der Tendenz die gleiche Meinung haben, werden die Meinungen zur Blase. Diese gestörte Beziehung zur (digitalen) Welt ist Sinnbild für die Auflösung und den Zerfall der Gesellschaft. Dabei ist es auch immer leichter gute Dinge zu zerstören als zu erschaffen. Bedenke, auch als Kritiker braucht man Wissen. Wissen ist jedoch eine knappe Ressource. Viele wollen von daher lediglich einen parteipolitischen Willen erregen, haben jedoch gar kein Ziel.

Schon Immanuel Kant, Philosoph, formulierte im Zeitalter der Aufklärung drei Grundfragen: Was kann ich wissen? (Erkennen) Was soll ich tun? (Handeln) Was darf ich hoffen? (Glauben).

Horst Weber | Mo., 2. Dezember 2019 - 17:41

Antwort auf von Bernhard Jasper

Streit gibt es genug - gerade unter unseren Politikern. Gerade heute hat der Hannoversche Lobbyist Weil die soeben ausgerufenen SPD-Vorsitzenden schnell mal diskreditiert, - nicht ohne Pöstchen-Aufgabe durch GroKo-Anbetung strikt weiterhin zu verhindern. Darum geht es. Wir haben keine Diskurse, nur unendlich viel Gelaber. Es geht immer nur um den Machterhalt - auch von längst abgewählten Parteien, die sich immer noch erdreisten, überall mitmischen zu können. Auch das allerdings natürlich nur virtuell, nur verbalistisch/inhaltslos. Es wird nichts wirklich bewegt (etwa in eine vernünftige Richtung), sondern nur versucht, das "Immer Weiter So" rhetorisch derart aufzumotzen, dass viele - allzu viele Bürger/innen glauben, sie sähen einen Silberstreif am Horizont, oder: Land in Sicht.-
Vor der politischen Wand, hinter der sich keine politische Hoffnung verbirgt gibt es für die Polit-Klasse ja noch "the sunny side of the street". Ein Schlaraffenland für Laberer und Karrieristen.-

Manfred Sonntag | Mo., 2. Dezember 2019 - 19:10

Antwort auf von Bernhard Jasper

Ich war Mitglied des Leserbeirates einer größeren lokalen Tageszeitung. Kritische Themen wurden genau nach diesem Muster abgebügelt. Beispiel: Migrationspakt. Ich wollte in einer großen Gesprächsrunde wissen, warum meine Zeitung bis Anfang November 2018 nichts veröffentlicht. Als Antwort erhielt ich die Mitteilung, dass ja alles freiwillig bei diesem Pakt geschehe. Inhalte würden gar keine Rolle spielen oder wären Fake News aus den sozialen Medien. Für die Journalisten war nur die Herkunft meiner Informationen interessant. Als ich dann die NZZ als Quelle nannte, war Totenstille im Raum. Diese Prozedur wiederholte mehrfach auch zu anderen Themen. Antworten habe ich bis heute nicht. Soviel zu sprechenden Affekten und Wissen als knappe Ressource.

Michaela Diederichs | Mo., 2. Dezember 2019 - 21:13

Antwort auf von Bernhard Jasper

Teilweise erheiternd zu beobachten. Wenn Herr Funke etwas schreibt, antwortet postwendend Herr Lenz. Ich persönlich habe daraus den "Lenzfunk" für mich gemacht.

Gerhard Lenz | Di., 3. Dezember 2019 - 09:51

Antwort auf von Michaela Diederichs

Auch Herr Funke liebt es, auf meine Kommentare zu antworten. Funke-Funk finde ich allerdings etwas albern.

Bernhard Jasper | Di., 3. Dezember 2019 - 10:37

Antwort auf von Michaela Diederichs

Ein diskussionsfähiger Rang hängt nicht von „Daumen hoch, oder Daumen runter“ ab. Wer so kommunizieren will, sollte nach „Facebook“ abwandern, oder einen "Follower-Club" gründen.

Gesellschaftspolitisch befindet sich die breite „Mitte“ (auch durch den gewaltigen Vortrieb der technischen (digitalen) Moderne) in einer sozialen Flugbahn, immer in einer Aufstiegs- und Abstiegsphase, gekennzeichnet auch durch Fortschritt oder Regress. Das sind zunächst die gemeinsamen Merkmale der Mitte, trotz einer Reihe von lagespezifischen Unterschieden. Die „Mitte“ hat auch seinen eigentümlichen Lebensstil. Es ist immer auch das Verhältnis oder die Beziehung zur Welt. So haben inzwischen große Teile der „Mitte“ keine Beziehung mehr zum globalisierten Handel und digitalisiertem Kapital. Merke: Es sind immer die Beziehungen in einem System, die Integration herstellen oder ausschließen (Teilhabe). Diese Vielzahl der Wirklichkeiten können wir jedoch nicht mehr fundamentalistisch auf eine Wirklichkeit (die es nicht gibt) zurückführen. Es ist immer eine Gemengelage.

Wir können also nicht mehr streiten, so der Autor. Was für einen demokratischen Diskurs unverzichtbar ist, scheitert jedoch zuweilen an der Realität des uneinsichtigen, weil unvollkommenen Menschen. Und auch der Autor tappt selbst in die eigene Falle und argumentiert voller Widersprüche. Denn ein ehrlicher, konstruktiver Streit dürfte nur unter Gleichrangigen möglich sein. Wer jedoch, wie Herr Eichel, die Linke als Schuldige für "2015" identifiziert, Klimapolitik als politische Falle nennt und Demonstrationen gegen Herrn Lucke als "Niederbrüllen" bezeichnet (wie oft wurde eigentlich Frau Merkel bei ihren Besuchen in Ostdeutschland niedergebrüllt?) bezieht Position. Gleichzeitig verweist er auf Fakten - sprechen die nicht beispielsweise in der Klimapolitik eine eindeutige Sprache? Denn: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eine eigene Wahrheit. Weiter: Die Deutschen sollten also vom hohen Ross absteigen, aber dann, so schlussfolgert Herr Eichel,

...ist der Niedergang der Debattenkultur dann doch nicht ein rein deutsches Problem, sondern ein international zu beobachtendes Versagen. Was denn nun? Natürlich muss es in einer Demokratie möglich sein, über alle Themen zu reden, die die Menschen berühren. Nur muss das in einem bestimmten Rahmen passieren. Wer das Recht auf freie Meinungsäusserung einfordert, darf dahinter nicht das Recht auf unbeschränkte Hetze verstecken. Wer über Migration diskutiert, kann nicht erwarten, dass irgendein Unsinn von gelenkter Umvolkung ernst genommen wird. Wer über die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Asylpolitik reden will, sollte nicht über Taugenichtse und Messerimporte halluzinieren. Denn: Wer sich solcher Sprache bedient, zeigt sich unwillig, ja vermutlich unfähig zum politischen Streit, er will diffamieren. Wer Klimapolitik ablehnt und tatsächlich irgendwo noch einen ernstzunehmenden oppositionellen Wissenschaftler findet, muss nicht die kleine Greta verspotten. Linke und Klimaschützer?

Mein soziologischer Versuch zu erklären, warum es zu diesen dramatischen Zuspitzungen und Ressentiments kommt, scheint letztlich vielleicht dieses Gefühl zu sein, dass es nichts bleibendes mehr gibt. Selbst Erkenntnisleistungen stoßen bei Ideologien mit niederen Instinkten an ihre Grenzen. Und selbst bei den universellen Menschenrechten (eine Emanzipationsleistung der bürgerlichen Aufklärung), scheinen die Vertreter der Vernunft in eine eigentümliche Defensive zu geraten. Dabei macht gerade die Vernunft den radikalen Unterschied aus, denn es gibt schlechte und böse Affekte, die in sich das Ressentiment tragen, die einen Zerfall in die Gesellschaft tragen wollen. Jedoch es gibt auch starke und fördernde Affekte, die so etwas wie Gemeinsamkeit produzieren. Ob bestimmte Affekte die offene Zukunft behindern oder fördern, das wäre für Politik, Medien und eigentlich für alle Bürgerinnen und Bürger eine elementare Aufgabe.

In diesem Sinne
Grüße

Das Streiten haben wir verlernt. WARUM? Nachdem R. Willemsen den BT 1 Jahr beobachtet hatte, sagte er: „Die BK hat sie alle sediert. Es gibt gar keine Opposition.
Sie hatte ja die Themen der Anderen schnell für sich okkupiert und damit ihre Partei - zu den Anderen - nach links verschoben.
Ich hörte ich sie im BT sagen: Das ist alternativlos! Ich hatte mal gelernt:
Im Parlament wird „parliert“, geredet. Um die beste Lösung gestritten.

Wochen nach ihrem „alternativlos“ haben einige Professoren aus der CDU die ALTERNATIVE für DE gegründet. Seit dem ist richtig Leben im Parlament und es werden Anfragen gestellt, die es früher nie gegeben hätte.
Nach der Wahl 2017, in der 1. Sitzung des BT, rief Cem Özdemir:
„Wir müssen die AfD bekämpfen.
ER kennt den Auftrag einer Opposition nicht: Die Regierung kontrollieren + nicht Mitbewerber vernichten.
Die großen Medien scheinen auch „sediert“,denn sie loben alles von AM und Gefolge. Und die Anderen sind rechts. Wer will da noch streiten?

gerhard hellriegel | Mo., 2. Dezember 2019 - 16:41

So sehr ich mit dem tenor einverstanden bin, es stört mich doch:
"Politik wird mehrheitlich von älteren Leuten gemacht und zunehmend auch für ältere Leute."
Aber das eigentliche problem ist doch, dass die politik hinter der bevölkerung herläuft statt zu führen. Im grundgesetz artikel 38.1 steht jedenfalls etwas anderes.
"überkomplexen Themen globalen Ausmaßes ". Also, ist schon "komplex" das unwort des jahrzehnts, jetzt muss es auch noch "überkomplex" werden. Das problem ist aber lediglich, dass den leuten der überblick fehlt. Beispiel energiewende: wer hat eigentlich jemals den leuten erklärt, was primärenergie ist und was dann beim kunden ankommt? Niemand. Warum nicht? Weil dann sofort offensichtlich wird, dass ohne den einsatz von atomkraft die klimaziele nicht zu erreichen sind. Es geht also nicht um "komplex", sondern um einen weißen elefanten im raum. Und jetzt raten Sie einmal, warum weder die grünen noch die spd und schon gar nicht die cdu das klarmachen wollen. Gemeinwohl?

Michaela Diederichs | Mo., 2. Dezember 2019 - 21:28

Antwort auf von gerhard hellriegel

Ist nicht vielleicht die Agenda 2030 der „Elefant im Raum“? Es sind Ziele, die der DNA der Grünen entsprungen sein könnten. Sie sind zwar nur Soft Law, werden aber gerade in DE verbissener als in anderen Ländern verfolgt - Schweden mal ausgenommen. Vielleicht wirkt unsere Kanzlerin seit 2015 auch deshalb so besonders ergrünt. Am 25.9.2015 wurde die Resolution verabschiedet. Die MSM sind seither wie ausgewechselt und die Politiker auch. Es ist, als sprächen wir unterschiedliche Sprachen.

Aber der Artikel ist schon besonders gut!!!

gerhard hellriegel | Di., 3. Dezember 2019 - 14:10

Antwort auf von Michaela Diederichs

Tja, die einen stecken den Kopf in den Sand, die anderen folgen dem moralischen Gesetz in sich, das ihnen sagt, was geht und was nicht. Grüße von St. Florian.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 2. Dezember 2019 - 16:45

wenn Sie ihn auch noch via Yuotube in Rezomanier ins Netz gestellt hätten. Alles was Sie da schreiben entspricht meinem Verständnis im persönlichen Umgang mit anderen Meinungen. Ich wäre sehr dafür, dass alles was in den sozialen Medien steht, missachtet wird und man wieder zum persönlichen Gespräch, von Angesicht zu Angesicht zurück kehren würde. Dazu gehört auch den Respekt zu haben, anderen Meinungen zu zuhören, sich damit inhaltlich auseinander zu setzen, bei Unklarheiten nachzufragen, nicht selber alles für sich böswillig interpretieren. Gerade die Medien wären in der Pflicht, Wissenschaft und Fiktion klar und deutlich zu trennen und alle denkbaren Sichtweisen wertneutral darzustellen. Doch auch die Medien haben genauso versagt, wie die Politik, die uns im Bundestag genau das vormacht, was Sie zurecht kritisieren. Man kann für Umweltschutz sein, ohne Grünwähler zu sein. Man kann differenziert die Migrationspolitik kritisieren, ohne Ausländerfeind also extrem rechts zu sein.

ähnliche Punkte, wie Sie lieber Herr Konrad, hier anführen. Eigentlich bräuchte ich meinen "Senf" nicht mehr dazu tun!
Eins vieleicht doch: Da dieses "Problem" (Diskurs) Global auftritt, gibt es für mich nur eine Erkärung: Die (a-) sozialen Netzwerke. Da kann JEDER anonym (Nickname), ungeniert, ohne Skrupel oder Hemmungen usw. über EINEN herziehen.
Dies wird dann "Ungefiltert" veröffentlicht.
Daher halte ich mich davon fern, auch in Zukunft! Bin dann gerne ein "Außenseiter".
Aber ein Zufriedener.
Salute

Eins meiner Lebensmottos heißt: Gift ist Medizin & Medizin ist Gift, die Dosis ist das Entscheidende, in welcher Richtung der Pegel ausschlägt. Für mich persönlich sind die sozialen Medien ein Labsal für "Gedankengänge" & für die wenige verfügbare Zeit erquickend. Selbst ein Herr Lenz gehört dazu, nur dann nicht, wenn jeder 4.Kommentar von Ihm ist & zum Schmunzeln, wenn man wie oben liest: "Konkretion statt Diffamierung" ;-) . Auf jeden Fall sollten wir alle mal wieder lernen, uns nicht zu wichtig zu nehmen. Deshalb ist auch trotz ihrer "besonderen Weltanschauung" S. Wagenknecht eine sehr beliebte Politikerin, obwohl die meisten ihren Inhalt nicht vollständig teilen. Ich gebe Ihnen natürlich Recht, dass eine persönliche Auseinandersetzung immer "Tiefer" ist als die sozialen Medien. Andererseits kann man bei diesen viel mehr & effektiver wie hier im Cicero über den "Tellerrand" schauen. Zumal ich ein Mensch bin, der immer gerne fragt & nach neuen Antworten sucht. Ganz liebe Grüße. R.L.

Lieber Herr Nimmerklug. Ich sehe eigentlich keinen großen Widerspruch. Ich bin dann ein Gegner sozialer Medien, wenn sie dazu dienen, andere verächtlich zu machen, persönlich anzugreifen, ihnen zu drohen oder sie bloß zu stellen oder Hetze, egal aus welcher Richtung zu betreiben. Bei anständigem Umgang in sachlicher Auseinandersetzung habe ich auch mit diesen Medien kein Problem. Nur, genau das passiert in vielen Fällen eben nicht mehr. Vielleicht sollten die anständigen User allen, egal welcher politischen Gesinnung entgegen treten, die ein sicherlich in Teilbereichen nützliches Medium missbrauchen. Ich nutzt ausser WhatssApp für Familie und Skatfreunden keine Medien dieser Art. Insofern ist es egal, was da ggfls. über mich steht. Was ich nicht weis, macht mich nicht heiss, sagt das Sprichwort. Und ja, auch ein Herr Lenz gehört dazu, ob man ihn immer so mag oder nicht. Auch er darf und muss seine Meinung sagen können, auch wenn er selten inhaltlich argumentiert, eher stänkert.

Heidemarie Heim | Mo., 2. Dezember 2019 - 16:48

Alles gut beschrieben und vor allem aus der Sicht beider Seiten der Versuch, den Ursachen dieses inzwischen sehr fortgeschrittenen Verfalls der hiesigen wie auch andernorts gepflegten Gesprächs-/Debattenkultur auf den Grund zu gehen. Ein ausgesprochen negatives Phänomen, das wahrscheinlich auch der Schnelllebigkeit sowie des digitalen Fortschritts geschuldet ist. Denn Denunziation oder schnelles ideologisches ab-/ ausgrenzen ist so viel Zeit sparender als mühsames argumentieren, zuhören und eventuelle Gemeinsamkeiten zu finden. Es erinnert mich auch immer an den Schlägertyp, der unabhängig seiner eigenen intellektuellen Fähigkeiten zuschlägt sollten ihm die Argumente ausgehen oder Widerrede zuteil werden. Solcher Art Hoheit erlangt man natürlich in größerem Stil
mit entsprechendem Rückhalt der eigenen Truppen, die man entsprechend instruiert einsetzt gegen den ausgemachten Gegner,der weder hässlicher noch fremd sein muss. Es genügt heute tatsächlich anderer Meinung zu sein. MfG

Stefan Jurisch | Mo., 2. Dezember 2019 - 16:54

Das kann man besser meiner Meinung nach kaum noch zum Ausdruck bringen. Meinen tiefsten Respekt.

Kompliment zu diesem Artikel! Unsere Verantwortlichen (ob in Politik oder ÖR) merken offensichtlich garnicht, wie sich die Lage immer mehr zuspitzt ...
Angefangen haben es "Linke", die nicht einsehen wollten (und wollen!), dass es auch Menschen gibt, die "konservative" Gedanken haben, aber nicht in die eigene "Glaubensrichtung" passen ... und sowas spricht von Demokratie!

Tomas Poth | Mo., 2. Dezember 2019 - 17:11

Kam er denn je Zustande oder wurde er je wirklich gewollt!!
Der Euro, die immer tiefere EU, die Bankenunion, die CO2-Klima-Hypothese, Stop der Asylerschleichung und Stop der Alimentierungs-Migration durch harte Außengrenzen und vieles mehr sind sakrosankte Heiligtümer (Pariser Klimaabkommen, Resettlement and Relocation Abkommen, Migrationspakt) die nicht in Zweifel gezogen werden dürfen.
Deshalb erleben wir doch die Ab- und Ausgrenzungen, weil nicht sein kann was nicht sein darf. Es ist die Angst in den Altparteien auf alternative Positionen einzugehen. Und warum sollen sich alternative Positionen zurücknehmen, dann hätten sie sich nicht zu entwickeln brauchen!

Bernd Muhlack | Mo., 2. Dezember 2019 - 17:16

Herr Eichel, ein sehr lesenswerter Artikel. Etliche Sätze, welche zitierenswert wären.
Etwa:
"Zunächst lässt sich nach diesem Schema die Rhetorik der extremen politischen Rechten leicht durchschauen. Alles „Fremde” wird abgelehnt, und in der Beunruhigung über den diffusen gemeinsamen Feind ein Gefühl ideologischer Zusammengehörigkeit beschworen." - Ende

Genau das ist doch der Knackpunkt, nicht wahr?
Es wird eben nicht "Alles Fremde" pauschal abgelehnt, sondern hinterfragt, kritisch betrachtet. Sie haben das trefflicher Weise auf die "extreme Rechte" eingeschränkt; diese Differenzierungen sind UNS jedoch leider abhanden gekommen!

"Handspiel!!!" - "Die spielen doch alle Hand; man sollte alle vom Platz stellen!"
Sich beruhigend, merkt man dann, dass man bei einem Handballspiel zu kuckt, nicht Fußball!
"Nix für ungut, aber HÄNDE wird man ja wohl noch sagen dürfen, oder?" (na klar, war das Hände!)
Zitat: "Ohne starren Blick auf den vermeintlichen Feind."
AAA+++ & Alles GUTE Herr Eichel!

Heiner Hannappel | Mo., 2. Dezember 2019 - 18:13

Die Hauptthemen, die die Befindlichkeit der Deutschen aufzeigen, heißen doch: Maroder Euro, deshalb auf den Spareinlagen und Altersvorsorgen keine Zinsen, wegen der EZB Negativzins Politik zur Rettung der Refinanzierungen der überschuldeten Staaten Immobilienspekulationen mit steigenden Mieten, wegen der verkorksten Energiepolitik Merkels steigende Strompreise, wegen der immer noch offenen Grenzen 2,2 Millionen zu alimentierende Flüchtlinge. Kosten 50-60 Milliarden Euro pro Jahr.Wegen der Untätigkeit und Flickschusterei der Kanzlerin in 14 Jahren unsichere Renten und Sozialsysteme.Einem konservativen Menschen sträuben sich angesichts dieser irrsinnigen politischen Weichenstellungen, die unsere Zukunft verbauen die Haare.All das wird von links der Mitte inklusive der ruinösen Klimapolitik befürwortet, aber von Konservativ denkenden Menschen abgelehnt. Es geht also nicht um links oder rechts, sondern um Vernunft und die ist eher rechts der Mitte angesiedelt. Links regiert Ideologie!

Christoph Kuhlmann | Mo., 2. Dezember 2019 - 18:45

Ich finde es ja unwissenschaftlich überhaupt Prognosen anzugeben und kausale Zusammenhänge zu behaupten, basierend auf der Tatsache, dass es seit der letzten kleinen Eiszeit immer wärmer wird. Ich will da nichts in Abrede stellen, aber es wäre keine Hyperkomplexität wenn sich zutreffende Prognosen über die Korrelation von Klimaerwärmung und "Treibhausgasen" treffen ließen. Andererseits ist mir Autoindustrie mit SuVs und anderen PS Monstern, die allzu offensichtlich an das (tierische) Unterbewusstsein des menschen appellieren ungefähr so gleichgültig wie das Klima. Über die linke Debattenkultur mache ich mir mir schon lange keine Illusionen mehr. Eine andere habe ich nur bei älteren Professoren kennen gelernt.

gabriele bondzio | Di., 3. Dezember 2019 - 11:50

der politischen Linken ihrer diskursiven Pflicht.“...was nicht nur auf 2015, dem Jahr der Massen-Migration beschränkt werden kann. Und auch nicht auf politische Linke. Der Jubel-Chor fand sich im gesamten, politisch-links-grünen Spektrum, mit überschlagend-positiven Ansagen. Der größte Teil, das hat die Zeit eindeutig gezeigt, hat sich in Luft aufgelöst. Und die damaligen Kritiker bestätigt. Statt der Wahrheit ins Gesicht zu schauen, wird jedoch weiter gegen sie, im schlimmsten Jargon opportuniert. Wie wollen Sie, Herr Eichel, mit Leuten sachlich-argumentativ reden, die überhaupt keinen Wert auf Sachlichkeit und begründete Argumentation legen. Sondern denen die Ideologie die Worte in den Mund legt?

Gisela Fimiani | Di., 3. Dezember 2019 - 20:55

... „was können wir wissen“... Daran scheiden sich wohl die Geister. Was bedeutet „Wissen“, „sicheres Wissen“? Ich erlaube mir Karl Popper zu zitieren: „Unser bestes Wissen ist das Wissen der Wissenschaft, bei weitem unser bestes Wissen; und dennoch ist auch das wissenschaftliche Wissen nur Vermutungswissen.“ Demut ist von Nöten. Statt dessen sind jene Laster, für die besonders auch die Intellektuellen, oder solche, die sich dafür halten, anfällig sind, verbreitet: Arroganz, Rechthaberei, Besserwissen, Eitelkeit, Einbildung, Ehrgeiz, Feigheit. Eine Atmosphäre, in der der Zweifel, vor allem auch der Selbst-Zweifel erstickt ist, kann den sachlichen Diskurs nicht hervorbringen. Demut und Selbstkritik schützen vor Ideologie und Hysterie.

Markus Michaelis | Mi., 4. Dezember 2019 - 02:04

"Alles „Fremde” wird abgelehnt, und in der Beunruhigung über den diffusen gemeinsamen Feind ein Gefühl ideologischer Zusammengehörigkeit beschworen."

Der Artikel hat recht: die Lager haben sich ideologisch eingegraben und eine extreme Haltung gegenüber dem Fremden ist Unsinn.

Im Artikel schwingt allerdings zwischen den Zeilen das Weltbild einer universellen Sicht mit, die offen diskursiv zwischen allen Menschen 'ertastet' wird. Das bezweifle ich aber. War es nicht gerade dieser universelle Standpunkt, der 2015 zu einer globalen Offenheit geführt hat - um dann festzustellen, dass Menschen doch sehr verschiedene Weltbilder haben können.

Der Mensch lebt von Werten, Freuden, Vorlieben, Gewohnheiten - die sind in extrem weitem Maße beliebig. Aber eben nicht miteinander kompatibel und für den einzelnen Menschen nur begrenzt austauschbar - was auch gut ist. Es würde glaube ich alle Menschen sehr verstören, wenn man nicht wüsste wie Familie und Freunde morgen die Welt sehen.

Norbert Heyer | Mi., 4. Dezember 2019 - 08:30

Wir leben in Zeiten, wo nur die Aussage akzeptabel erscheint, die sich im Rahmen des politisch-korrekten Korridors bewegt. Als die ersten ankommenden Migranten mit Jubel und Teddybären begrüßt wurden, konnten sich die Kritiker dieser Politik zurücknehmen. Jeglicher Einwand - Einwanderung ohne jede Kontrolle, Aufgabe von Grenzschutz, Alimentierung weit über den Standard anderer EU-Staaten, Kriminalität - wurden sofort reflexartig als „rechts“ oder „Nazi“ diffamiert. Es fand keinerlei faire und ergebnisoffene Diskussion statt und damit wurde die Spaltung der Gesellschaft ganz bewusst eingeleitet. Das gleiche Schema gilt beim Euro, Klimawandel und CO2. Jetzt scheinen auch die ehemaligen Volksparteien festzustellen, dass ein Fortgang dieser Entwicklung ihr politisches Ende einläutet. Demokratie ohne Meinungsvielfalt und Toleranz gegenüber Andersdenkenden ist nämlich keine mehr. Ich fürchte aber, dass wir keine Persönlichkeiten mehr haben, die den Weg zurück zu einem fairen Umgang weisen.