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Annegret Kramp-Karrenbauer prüft die CDU / picture alliance

Frauen-Union - „Was nutzen tolle Frauen, wenn sie nicht gewählt werden?“

Die Frauen-Union fordert, die CDU soll alle Listen paritätisch mit Frauen besetzen. Doch die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will eine Abstimmung über die Quote auf dem Parteitag in Leipzig vermeiden. Was nach Revolution aussah, wird nun zum Rückzieher

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Sylvia Pantel aus Düsseldorf sitzt seit 2013 für die CDU im Bundestag. Sie ist Sprecherin des konservativen Berliner Kreises in der Union und gilt als Befürworterin einer Frauen-Quote in der CDU. 

Frau Pantel, der Frauen-Anteil der CDU sinkt. Aktuell liegt er nur noch bei 26,3 Prozent. Warum haben es die Frauen in Ihrer Partei so schwer?
Weil es immer noch häufig die Doppelbelastung von Frauen gibt und weil in der CDU weniger Frauen als Parteimitglieder vorhanden sind. Um in Mandate wie Bundestag oder Landtag zu kommen, sollten sie auch gewisse Erfahrungen haben, ob in den Bezirksvertretungen oder in den Kommunalparlamenten oder im Landtag. Man muss die Frauen erstmal motivieren sich mehr für Politik zu interessieren – und sie dann davon überzeugen, ein Mandat anzunehmen. Einfach ist es nicht, da wir ja wissen , dass Frauen bereits häufig mehrfach belastet sind.

Das Problem haben die anderen Parteien auch. Und trotzdem liegt der Frauen-Anteil bei den Grünen immerhin bei 40,5 Prozent.
Wir unterscheiden in der CDU nicht nur nach Frau und Mann. Bei uns gibt es auch noch die Senioren-Union, die Junge Union, die Frauen-Union und den Proporz der Gebiete.Es wäre einfach, zu sagen, wir vergeben die Mandate nur nach einer Landesliste. Die Direktmandate haben Vorrang. Und in der CDU ist es so, dass der Wahlkreis-Inhaber in dem Gebiet verwurzelt sein sollte, um die Interessen der Bürger zu kennen, die vertreten werden sollen. Und da wird es schwierig.

Warum?
Sie müssen auch um einen guten Platz kämpfen, um auf diese Liste zu kommen. Das entscheiden die Parteimitglieder. Diese Listen sollten ja auch die Gesamtbevölkerung abbilden.

Und da haben es Frauen da schwerer?
Da fragen Sie die falsche. Ich habe nie einen  guten Listenplatz erhalten, aber immer meinen Wahlkreis direkt gewonnen.

Aber in der CDU gibt es doch ein Quorum, demzufolge jeder dritte Listenplatz an eine Frau gehen muss.
Aber was nutzt das, wenn diese Liste nicht gezogen hat? Wir hatten bei der vergangenen Bundestagswahl tolle Frauen, aber die wurden leider nicht gewählt.

Warum nicht?
Bestimmt nicht deswegen, weil sie Frauen waren. Die CDU hat gegen die anderen Parteien verloren. Da haben die SPD oder die Grünen gewonnen, entweder ein Mann oder eine Frau.

Kann es sein, dass das Programm der CDU für weibliche Wähler nicht besonders attraktiv ist?
Nein, daran kann es nicht liegen. Die CDU hat insgesamt nicht nur die meisten Stimmen gewonnen. Der Anteil der Frauen ist seit 2009 auch wieder deutlich gewachsen.

Sylvia Pantel
Sylvia Pantel, CDU

In dem Antrag, den die Frauen-Union  an den Parteitag an diesem Wochenende gestellt hat, heißt es, bei der Förderung von Frauen gebe es ein „Umsetzungs- und Durchsetzungsproblem“.
Das habe ich ja gerade erklärt. Wir müssen uns darüber verständigen, welche Kriterien bei der Vergabe der Listenplätze und der Direktmandate Vorrang haben. Entscheiden wir nach Länderproporz, Alter, Mittelstand, Arbeitnehmer oder nach Geschlechtern?

Ihr Ziel sei außerdem „die hälftige Teilhabe“ der Frau auf allen Ebenen und in allen Funktionen. Sollte die Geschlechterfrage da nicht zumindest erstmal so lange Vorrang haben, bis dieses Ziel erreicht ist?
Um auf Nummer sicher zu gehen, könnten wir natürlich sagen, wir brauchen über 50 Prozent Frauen, weil man ja davon ausgehen muss, dass nicht alle Kandidatinnen gewählt werden. Aber dafür würden wir in der Partei bestimmt keine Mehrheit bekommen.

Weil in der Partei noch das Frauenbild der drei K’s herrscht: Kinder, Küche, Kirche?
Nein. Mir ist das persönlich auch noch nicht begegnet. Wenn ich mir meine Kollegen so angucke, glaube ich auch nicht, dass das die Ursache ist. Die Männer sind weiter. Es sind ja inzwischen auch viele jüngere Frauen und Männer dabei.   

Ist nicht genau das das Problem: der Konkurrenzkampf zwischen Männern und Frauen?
Richtig, schwierig wird es da, wo Frauen fordern: Ich möchte Deinen Platz, lass mich dahin. Das gilt aber auch unter Männern.

Als Vorsitzender der Antragskommission hat CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak vorgeschlagen, den Antrag der Frauen-Union nicht auf dem Parteitag zu behandeln, sondern an andere Gremien weiterzureichen. Fühlt sich die Frauen-Union noch von der Partei noch ernst genommen?
Ja, ich halte diesen Vorschlag für klug.

Warum?
Weil man erstmal in den verschiedenen Gremien beraten muss, wie wir mehr Frauen in die Ämter bekommen. Sonst wird die Mehrheit so etwas nicht mittragen.

Sie meinen die Männer?
Ja, aber auch einige Frauen. Es hatten sich schon einige junge Frauen dazu geäußert, die keine Quotenfrauen sein wollen.

Annegret Kramp-Karrenbauer verdankt ihre Wahl zur Parteivorsitzenden auch der Frauen-Union. Warum macht sie Ihren Antrag jetzt nicht zur Chefsache, sondern lässt ihn über ihren Generalsekretär abwimmeln?
Ich würde es für unklug halten, diesen Antrag auf dem Parteitag durchdrücken zu wollen.

Aus welchem Grund?
Wir haben noch so viele andere Anträge, da kann man nicht durchdiskutieren: Wollen wir die Direktmandate ausschalten? Brauchen wir keine Bürgernähe mehr? Wollen wir nur noch Listenwahlen machen und die Listen dann paritätisch besetzen?  Das ist eine längere Diskussion. Ich denke, die Lösung sollen auf Fachebene gesucht werden und dann dem Parteitag zur Abstimmung vorgelegt werden.

Aber warum stellt die Frauen-Union erst einen Antrag an den Parteitag und rudert dann wieder kleinlaut zurück?
Wir rudern ja nicht zurück. Wir haben die Zusage von unserem Generalsekretär, dass die Diskussion weitergeführt wird.

Kann es sein, dass Sie Ihre angeschlagene Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer aus der Schusslinie nehmen wollen, weil sich jetzt schon abzeichnet, dass es für diesen Antrag keine Mehrheit gibt?
Aber sie hat den Antrag doch gar nicht gestellt. Der kommt von uns, von der Frauen-Union.

Aber ist es Annegret Kramp-Karrenbauer den Mitgliedern der Frauen-Union das nicht schuldig, diesen Antrag zur Chefsache zu machen?
Frau Kramp-Karrenbauer möchte ja mehr Mandate für Frauen. Wenn man von der Partei Unterstützung haben möchte, ist es aber klüger, den Antrag erstmal in die Gremien zu geben.

Wo er dann jahrelang liegenbleibt?
Nein, wir kommen wieder.

Sogar CSU-Chef Markus Söder hat sich auf dem letzten Parteitag der CSU für einen höheren Anteil ausgesprochen – wenn auch ohne Erfolg. Ist es nicht ein Armutszeugnis, dass Annegret Kramp-Karrenbauer kneift?
Es liegt nicht daran, dass wir nicht mehr Frauen haben wollen. Es liegt an der Frage: Wie kriegen wir es hin. Wir haben nicht die Eile, dass Frau Kramp-Karrenbauer wegen eines Antrages, den sie nicht gestellt hat etwas riskieren sollte, ...

..., mit dem Markus Söder krachend gescheitert ist. Sie sind gar nicht wütend auf die Parteivorsitzende?
Nein, ich schätze sie. Dass man jetzt überall darüber diskutiert und die Parteispitze gesagt hat, wir gucken, dass wir es hinkriegen, damit haben wir doch schon viel gewonnen.

Das Gespräch führte Antje Hildebrandt

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Tomas Poth | Do., 21. November 2019 - 15:19

Wie kann man Quotenfrau sein wollen? Es werden die klügsten Köpfe in der politischen Führung gebraucht! Gerne auch Frauenköpfe, aber halt durch Eignung qualifiziert und nicht durch Geschlecht!

Barbara Piele | Fr., 22. November 2019 - 08:24

Antwort auf von Tomas Poth

Es geht - wie in jedem Job - um die Qualifikation. Und da ist es mir - als Frau!!! - wirklich wurscht, ob nun eine Frau oder ein Mann besser geeignet ist. Ich kann doch nicht "Flaschen" promoten, die den Job nicht ausfüllen können. Gilt sowohl für Männlein als auch Weiblein.
-- Mir wäre es peinlich, in die Steigbügel zu steigen weil ich Quotenfrau bin.
Hat was von unserer Frau Karliczek, die ja auch irgendwie, irgendwo hochgelobt wurde.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 22. November 2019 - 11:00

Antwort auf von Tomas Poth

Ihr Kommentar, meine Rede schon immer. Ich halte den sog. "Tittenbnous" für diskriminierend und nicht die Tatsache, das die Anzahl der Frauen in Ämtern "nicht stimmt". Die Frauen die ich kenne, wollen auf diese Weise weder in Ämter, noch deshalb mehr Geld. Sie wollen Anerkennung, Respekt, fairer Umgang und Gleichbehandlung in der Auswahl. Schönes Wochenende allen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 21. November 2019 - 15:41

es soll schon hochqualifizierte Frauen auch für die CDU in der Politik gegeben haben. Helmut Kohl hat lange auf seinem Posten gesessen...
Genau das mußte frau in der CDU sein, ziemlich qualifiziert.
Manchmal wundert man sich dann aber.

Michaela Diederichs | Do., 21. November 2019 - 16:24

Quotenfrau ist für mich das Unwort schlechthin. Schlimmer könnte man mich gar nicht beleidigen.

Roland Völkel | Do., 21. November 2019 - 19:11

Antwort auf von Michaela Diederichs

hört sich auch dämlich an, genau wie etwa Ochsenfrosch (nicht böse gemeint, liebe Leserinnen!).
Ich fand Frau Pantels Antworten einfach Schlagfertig. Sie hat sich nicht verbogen bei den schon teilweise "frechen" in eine bestimmte Richtung gestellten Fragen.
Sie hat sich nicht "Provozieren" lassen und ganz loyal (etwa, Frage zu Antrag von AKK:"Aber sie hat den Antrag doch gar nicht gestellt")ihre Frau gestanden.
Nicht Quote sollte Maßgebend sein, sondern Sachverstand & Befähigung. Alles andere ist Murks.

Barbara Piele | Fr., 22. November 2019 - 08:50

Antwort auf von Michaela Diederichs

Ich wäre auch tödlich beleidigt. Ich sehe schon das mitleidige Lächeln der anderen. Die es vielleicht auch besser könnten. -- Nee, so möchte ich keine "Karriere" machen.

Hans Jürgen Wienroth | Do., 21. November 2019 - 17:24

Zitat von Frau Prantl: „Entscheiden wir nach Länderproporz, Alter, Mittelstand, Arbeitnehmer oder nach Geschlechtern?“
Ich war bisher immer davon ausgegangen, dass es nach Eignung gehen sollte. Wenn eine Partei nur 20 % weibliche Mitglieder hat und daraus 50 % in den Bundes- oder Landtag kommen sollen, dann wird jedem Bürger klar, dass es nicht nach Befähigung gehen kann. Sind die Parteien mit „Gleichberechtigung“ bei der Mandatsvergabe wirklich in Diskussionen mit Sachargumenten überzeugend? Stehen hier vielleicht mehr ideologische, empathische und emotionale Argumente im Vordergrund? Helfen die unserem Land voranzukommen?
p. s.: Um den Bundestag zu verkleinern, bin ich für „Bundeslisten“ der Parteien. Dann gibt es weniger Überhang und Ausgleichsmandate.

helmut armbruster | Do., 21. November 2019 - 17:36

denn die frei Welt regelt das über den offenen Wettbewerb. Statt Quoten sollte besser darauf geachtet werden, dass der Wettbewerb offen bleibt und nicht manipuliert werden kann.
Das wäre besser für uns alle, als irgendwelche Quoten irgendwelcher Art.

Klaus Peitzmeier | Do., 21. November 2019 - 21:22

„Was nutzen tolle Frauen, wenn sie nicht gewählt werden?“
Sind Frau Merkel, AKK u von der Leyen nicht gewählt worden, oder keine tollen Frauen? Tolle, selbstbewußte Frauen haben doch kein Problem mehr irgendwo etwas zu werden. Es studieren mehr Frauen als Männer u sie haben doch alle Chancen daraus etwas zu machen. Irgendwann muß doch mal dieses Gejammere über die Benachteiligung der Frauen aufhören. Es ist m.E. eine Beleidigung für die Frauen auf Quoten angewiesen zu sein.

Der Kommentar hat mich gerade in den Grundfesten erschüttert.
Merkel. von der Leyen. Kramp-Karrenbauer. Das eine ist politisches Herumgeschiebe, das andere ist "wie entsorgt man auf gepflegte Art und Weise..."
Ich mag toughe Frauen. Aber: Weder die, noch die, noch die.

Klaus Funke | Fr., 22. November 2019 - 08:44

ein letztes Wort zum Fall Angela Merkel: Dazu benutze ich den alten römischen Senator Porcius Cato, ein wenig abgewandelt: "Cetero censeo, Merkelem esse delendam!" Um allen Fans der political Correctness genüge zu tun, übersetzen wir "esse delendam" nicht mit "wir zerstören", sondern mit "wir schaffen ab"... diesen Satz werde ich wie der alte Cato ab sofort an jeden meiner Kommentare i.d.F. zu Angela Merkel anfügen... es klingt wie ein Witz, ist aber durchaus ernst gemeint.

Hans Schäfer | Fr., 22. November 2019 - 12:14

Nicht Geschlecht sondern QUALIFIKATION, nicht Parteizugehörigkeit sondern Qualifikation müssen bei der Besetzung von Führungspositionen im Vordergrund stehen.
Dann wären uns Scheuer,Klöckner, Schulz, Söder, Laschek, MAAS, ..........., erspart geblieben.

BMü | Fr., 22. November 2019 - 17:29

Weil es "in" ist, Frauen zu fördern, ist es nicht in jedem Fall richtig. In manchen Fällen ist es sogar grundfalsch.
Der heutige Parteitag der CDU zeigt, was mit dieser Einstellung herauskommt: Klatschhasen, Abnicker und Weiberwirtschaft.
Das ist keine Politik, die uns voran bringt.

Markus Schumann | Mo., 25. November 2019 - 03:00

Frauenquote, Lehrer- und Juristenschwemme, keine Charakterköpfe mehr, Kungelei auf den Parteitagen

... alles nicht nötig, WENN ...

endlich wir Wähler (m/w) wählen dürften statt der Listenaufstellungsparteitage! Weit über die Hälfte des Bundestages ist vorentschieden durch die (wenigen!) Parteimitglieder/-delegierten.

Demokratie geht anders: Wahl nicht der Liste, also des Listenkopfes, sondern Wahl der Bewerber auf der gesamten Liste, etwa "Platz 17" und "Platz 44" statt 1,2,3 ...

Außerdem mehrere Wahlkreisdirektkandidaten pro Partei - auch(und gerade) hier wird heftig um die Pfründe gekungelt!

Wir leben de facto nicht in einer Demokratie (Volk!), sondern in einer Parteienoligarchie ohne nennenswerten Einfluss des "Souveräns".