Kommt der CDU die Mitte abhanden? Der Thüringer Spitzenkandidat Mike Mohring in Berlin / picture alliance

Nach der Thüringen-Wahl - Chaostage in Erfurt

Nach dem Wahldesaster schlingert die CDU in Thüringen von links nach rechts. Das zeugt davon, wie orientierungslos die Partei nicht nur in Thüringen am Ende der Ära Merkel ist

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Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Die CDU in Thüringen weiß eine Woche nach der Wahlniederlage in Thüringen nicht mehr, wohin sie gehört: Rechts? Links? In die Regierung? In die Opposition? Nachdem der Spitzenkandidat Mike Mohring am Wahlabend eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei von Bodo Ramelow nicht ausschließen wollte, öffnete Mohrings Stellvertreter in der Thüringer CDU-Fraktion, Michael Heym, kurz danach die Büchse der Pandora nach rechts: Zuerst im MDR und dann ausführlich in Gabor Steingarts „Morning Briefing“ brachte er eine Zusammenarbeit mit der AfD ins Spiel, mit der es ohnehin mehr Gemeinsamkeiten als mit der Linkspartei und damit „eine bürgerliche Mehrheit rechts“ (aus CDU, AfD und FDP) gebe. Er verband diese Option nur mit einer Einschränkung – dass die AfD nämlich zunächst Björn Höcke loswerden müsste.

Brechen nun die Dämme? Die hatte die CDU im Dezember 2018 per Parteitagsbeschluss errichtet, und der besagt wortwörtlich: „Die CDU Deutschlands lehnt eine Koalition und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“

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Tomas Poth | Mo., 4. November 2019 - 17:32

überall wegen Ausschließeritis.
Wartet alles zunächst vielleicht noch auf die anstehenden Entscheidungen in diesem Herbst in SPD und CDU? Oder wartet man noch auf die
Bürgerschaftswahlen März 2020 in Hamburg und Kommunalwahlen in Bayern und Nordrhein-Westfalen?
Es wird ein Ruck durch das Land gehen müssen, aber hoffentlich kein sozialistischer.

Ingo frank | Mo., 4. November 2019 - 17:53

Die Orientierungslosigkeit der CDU ist ja wohl kaum nur ein Problem der thüringer CDU sondern ein Problem der gesamten Partei.
Bei der Frage nach rechts oder links fehlt doch etwas?
Ja richtig die Mitte. Ein Schelm der Böses denkt.....
Aber ja, die Mitte wurde nicht nur vergessen sondern auch verlassen. Und als „demokratische“ Partei kann man ja nicht Rechts sein. Und was bleibt dann übrig. Richtig LINKS! Meiner Auffassung ist das aber auch nicht so ganz richtig. Links grün trifft den Kern.

Heidemarie Heim | Mo., 4. November 2019 - 18:22

Könnte man da ganz süffisant resümieren. Denn laut Meinung westlicher Presse und Politik handelt es sich dabei wohl wieder um ein typisch ostspezifisches Problem. Nicht nur das die da drüben;-) mehr rechts als billig wählen, jetzt votieren sie auch noch für mehr links als uns recht ist?! Aufgrund von Vorwahlanalysen und einer mal ernsthaften Beschäftigung mit den Gegebenheiten und dem Befinden unserer östlichen Mitbürger, hätte Ihnen (der Politik) jeder Amateuranalyst und Beobachter das voraussagen können, was nun Sache ist. Die erneut gezeigte Unfähigkeit der Parteiverantwortlichen in Bund und Land damit umzugehen, bestätigt doch nur was die Wähler von ganz links bis ganz rechts ahnten und bei ihrer Wahl auch so ausdrückten.
Diese totale, angewandte Betriebsblindheit zeigt nur nach und nach und von Wahl zu Wahl ihre Folgen. Wie deutlich sollen es die Bürger der Politik denn noch zeigen, das es da u.U. erhebliche Defizite gibt zwischen ihnen und der jeweiligen Regierung? MfG

Wilfried Nauck | Mo., 4. November 2019 - 18:24

Mohring hat m.E. unmittelbar nach der Wahl zwei kapitale Fehler begangen: Seine Äußerungen deuteten für mich, und offenbar nicht nur für mich, darauf hin, dass er bereit ist , eine Ramelow-Regierung zu tolerieren. Das stand im krassen Gegensatz zu seinen entsprechenden Äußerungen vor der Wahl. Außerdem hatte er sich offenbar nicht mit maßgebenden Parteifreunden abgestimmt. Im Gegensatz dazu hat der FDP-Spitzenkandidat kurz und knapp seine Aussage vor der Wahl bestätigt. Diese Fehler Morings disqualifizieren ihn m.E. für das Amt des MP. Wenn eine Koalition der Mitte zustande kommen soll, dann mit einem nervenstärkeren und standfesteren Kandidaten.

Karsten Paulsen | Mo., 4. November 2019 - 18:49

Ich habe noch vor 14 Tagen im schönen Meissen ein Cafegespräch mit einem CDU Mitglied geführt. Dieser hatte seiner Partei erbost geschrieben, daß die Mehrheit der Sachsen konserativ gewählt hat und er erwarte, daß seine Partei irgendwie mit der AfD zusammengeht, nicht mnit Sozis und Grünen. Er bekam keine Antwort.

Phil Schwarz | Mo., 4. November 2019 - 20:16

Mike Mohring ist ein Kind der Wende. Er verkörpert in seiner Art viel mehr den GEIST der Wende als z.B. die AfD. es wollte. Das kann man ihm als Unstetigkeit auslegen, aber eben auch als ein Stück ostdeutschen Politikkonservatismus. Ich würde ihm eine Minderheitenregierung zutrauen.

Norbert Heyer | Di., 5. November 2019 - 06:55

Herr Mohring will mit aller Gewalt regieren. Nur unter diesem Gesichtspunkt ist sein Schlingerkurs verständlich. Wenn die CDU - in welcher Ausrichtung auch immer - mit den Linken eine Liaison beginnt, ist ihr Untergang sicher. Eine Koalition mit der AfD ist auch völlig unmöglich, eher heiratet der Papst. Jetzt ist guter Rat teuer. Sollten Neuwahlen der letzte Ausweg sein, wird der Wähler die Abgehalfterten noch härter abstrafen. Die Meisterin der gekonnten Intrige sonnt sich derzeit in Indien und erweckt den Eindruck, die ganze Sache ginge sie nichts an. Sie hat sich mit der Installation von AKK aus der Verantwortung gestohlen und ist von keinem in der Union angreifbar. Vielleicht stellt sich die Union bei der Grundrente auch deshalb quer, um ein Ende der Koalition herbeizuführen. Das wäre dann das Ende der Ära Merkel. Die CDU ist nach der Wahl nur drittstärkste Kraft in Thüringen. Sie sollte demütig sein und Machtansprüche vergessen. Der Wähler achtet auf Aussagen vor
der Wahl ...

Ernst-Günther Konrad | Di., 5. November 2019 - 07:59

Kennen wir das nicht schon seit langem? Aha, so ein "bischen" Regierungsauftrag sieht Herr Mohring schon, aber eben dann doch nicht mit der AFD und der FDP. Für diesen gedanken schickt er seinen Parteikumpel vor, mal den angefeuchteten Finger in die Luft halten und prüfen lassen, woher der Wind weht.
Herr Mohring hat sich, wie einige Mitkommentatoren zurecht schreiben, selbst disqualifiziert. Ginge er mit der AFD und der FDP ( wenn die denn drin ist?) zusammen, läge es an ihm mit einem Björn Höcke zusammen zu regieren und diesem klar die Linien abzustecken. Das müsste auch die AFD insgesamt. Ich bin überzeugt, Höcke würde in Verantwortung genauso Zurückhaltung üben, wie es Ramelow als Linker tat und das Gemeinwohl des Landes in den Vordergrund stellen. Ich schrieb schon einmal, einen Versuch ist es wert. Sollte die AFD in Thüringen aus dem Ruder laufen, kann immer noch neu gewählt werden. Nur dieses ständige hin- und her verärgert die Menschen. Das hatten wir im Bund zu genüge.

... bis auf wenige Ausnahmen (v.a. Cicero sei dank!) setzen im Moment alles dran, dass man Mohring einen "Deal" mit den Linken "verzeiht" ... bloß nicht die "Rechten", die für mich zum größten Teil Konservative sind, die von Merkel & Co "verkauft" wurden!
Schade, so eine einseitige Berichterstattung führt bei mir immer mehr dazu, den Sender zu wechseln bzw. (...Mainstream) auszuschalten.

Sie haben Recht, lieber Herr Konrad. Wenn Mohring einen A... in der Hose hätte, würde er entgegen allen Unkenrufen und Widerständen mit der AfD eine Regierung in Thüringen bilden können. Sie hätten eine, wenn die FDP dabei wäre, konservative Mehrheit oder er müsste eine Minderheitsregierung riskieren. Das ginge ganz bestimmt gut, denn die AfD würde den Teufel tun und diese Regierung platzen lassen, sie würden Kreide fressen und ganz fleißig sein. Die Mehrheit der Thüringer will den Ramelow im Grunde nicht. Und der hat auch keine Zukunft. Dass die Bundes-CDU ihn so lammfromm behandelt, hat mit Merkels Linkskurs zu tun... aber das sind theoretische Spielchen. Mohring traut sich nicht und trägt damit indirekt zum weiteren Niedergang der CDU bei. Es wird auf eine Ramelow-Minderheitsreghierung hinauslaufen. Er lässt alles beim alten, nimmt seine alten Leute und schon geht es harmlos und merkeltreu weiter... indes, der große Knall ist nicht aufzuhalten. Er kommt dann eben umso toller...

Armin Latell | Di., 5. November 2019 - 13:03

Oder eher der Dschinn aus der Flasche? Warum sollte eine Zusammenarbeit mit der Linken möglich sein und mit der AfD nicht? Ist nicht die Linke die rechtmäßige Erbin der Mauerschützenpartei? Welche Toten hat sich die AfD zu Schulden kommen lassen? Ich kann auch nicht verstehen, dass der größte Wahlverlierer und Drittplazierte sich auch nur ansatzweise Gedanken um den Posten des Ministerpräsidenten macht. Der CDU in Thüringen ist, genau wie der im Bund, scheinbar noch immer nicht klar, wie sich die Situation gewandelt hat. Man sitzt noch auf dem hohen Ross. Wenn Herr Walk nur Thüringen und keine Parteien kennen würde, dann wüsste er, wie zu entscheiden wäre. Ramelow sollte MP bleiben und müsste sich dann für alle Entscheidungen Mehrheiten erkämpfen, und die CDU/AfD/FDP müsste dann zeigen mit wem sie für oder gegen stimmt.

... es zeigt sich halt einfach wieder mal, zu was manche PolitikerInnen bereit wären, an die Macht zu kommen ... fast schon lustig, wenn's nicht so trautig wäre.