Horst Seehofer (CSU) wandelt auf Abwegen / picture alliance

CSU - Nicht mehr wiederzuerkennen

Sowohl der ehemalige CSU-Chef Horst Seehofer, als auch der jetzige, Markus Söder, führen ihre Partei seit Monaten immer weiter in Richtung der fetten politischen Mitte. Aber was wollen sie dort? Beide täten gut daran, sich auf alte Positionen zu besinnen

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Wolf Reiser (64) lebt und arbeitet in München als Buchautor, Reporter und Essayist. Mehr hier

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Wer sich Horst Seehofer vergangene Woche bei der Pressekonferenz anlässlich des tödlichen Vorfalls im Frankfurter Bahnhof genauer betrachtete, wurde nicht schlau aus jenem Mann. Er scheint auch selbst nicht mehr schlau aus sich zu werden. Was genau, so fragen sich Beobachter wie CSU-Insider, reitet den Minister des Inneren eigentlich seit jener Chemnitzer Hetzjagd-Posse? Weshalb ist er nicht spätestens bei jenem Richtlinienstreit zurückgetreten? Bei den Linken hätte er so Respekt gewonnen, bei den Rechten wäre er womöglich zum Mythos geworden – sozusagen als der letzter aufrechter Rebell. Warum aber geht der Sisyphus allmorgendlich weiterhin ans Werk? Ehrgeiz, Pflicht, Narzissmus, Erpressung – oder doch nur triviale Parteiraison?

Als rechts gilt jedes Unbehagen 

Der siebzigjährige Ingolstädter hatte wegen Frankfurt seinen Urlaub unterbrochen – im Gegensatz zu Angela Merkel, die sich von Bayreuth aus mit einem Hubschrauber der Bundespolizei nach Sölden fliegen ließ. Von dort aus ließ die Bild-Zeitung sie der Republik mit einem Weinkelch vor Bergpanorama „zuprosten“.

Was Horst Seehofer dann von sich gab, hätte er auch vor einem Monat oder in einem Monat genau so erzählen können. Zähneknirschend ging er auf diesen schrecklichen und unfassbaren Vorfall ein, der allerdings mehr eine Schweizer Angelegenheit sei. Immer wieder lobte er die faktisch rückgängige Kriminalitätsrate und erkannte aber auch das imaginierte Angstgefühl vieler verunsicherter Bürger. Dann kamen die üblichen Plattitüden hinsichtlich Videoüberwachung, besserer Grenzkontrollen, mehr Schutzpersonals und mehr schützender Stahlpfosten. Schließlich landete er beim Kampf gegen Rechts, beim kompromisslosen Vorgehen gegen rechtsradikale Netzwerke und der Nulltoleranz gegen rechten Extremismus. Der Frankfurter Einzelfall sollte insgesamt wohl folgende Kernbotschaft aussenden: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Und Hände weg von den Schmuddelkindern der AfD bei den Wahlen in Dunkeldeutschland. 

Doch auch die Maske von Horst Seehofer verbirgt kaum, dass sich an seiner Beziehung zur Kanzlerin nichts geändert hat und auch nichts daran, dass er sie verantwortlich macht für die gesamteuropäische Situation mit der Migration. Man kann und muss Horst Seehofer sein verzagtes Drehen und Fallen, Drohen und Wenden und finales Einknicken zum Vorwurf machen. Das ist tragisch, denn seine Äußerungen waren und sind immer auch geprägt von einer klaren und klugen Sicht der Dinge.

Regionaler Gockelkampf mit Söder

Parallel zum Dauerkampf mit Frau Merkel ereignete sich sein regionaler Gockelkampf mit Markus Söder. So erschöpfend wie bauernschlau zog sich diese Provinzposse über Jahre hin und am Ende wusste niemand mehr, um was es da überhaupt ging, außer einem Fingerhakeln auf höherer Ebene. Wie zwei ausgepumpte, zahnlose Boxer lagen sich die Gaudiburschen nach dem Schlussgong in den Armen. Der einst so unbeherrschte Franke Söder übt sich seither im Chargenspiel des sedierten Landesvaters und Seehofer quält sich durch die Räder der Karmamühle: Die Demütigung wirkt wie eine verspätete Rache des Schicksals für jene bittersüßen dreizehn Minuten beim CSU-Parteitag im November 2015, in denen er die Kanzlerin zum Schulmädchen degradierte und dann Richtung Berlin schickte: „Wir wünschen dir eine gute Rückreise.“

Drei Jahre später, im Herbst 2018, ereignete sich bei dem Alpha-Duo aus dem Nichts heraus ein radikaler Gesinnungswandel, eine Art politische Schubumkehr, eine gleichzeitig sich ereignende Saulus-Paulus-Bekehrung. Beide streiften vor den Augen der fassungslosen Parteigenossen ihre tiefsten christsozialen Überzeugungen ab. Markus Söder schien einen NLP-Greenwash-Crash-Kurs absolviert und Horst Seehofer einen Container roter Kreide gefressen zu haben.

Bayrische klimaradikale Maßnahmen

In diesem Sinne publizierte der bayerische Ministerpräsident vergangenen Sonntag einen Katalog mit Klimawandel- Gegenmaßnahmen, die sich dem ähneln, was die kühnsten Umweltaktivisten jemals auf die Straßen brachten. Demnach muss der Klimaschutz ruckzuck als verpflichtende Staatsaufgabe im Grundgesetz stehen – eine Idee, über die man sich in der CSU jahrzehntelang kaputtgelacht hatte. Und weiter: Söder will die von der Bundesregierung beschlossene Begrenzung des Photovoltaik-Ausbaus in Bayern aufheben und siebzig Großflächenanlagen für Solarstrom bauen. Er will die von Seehofer abgemurkste Windenergie mit Volldampf betreiben, Wälder und Moore zu CO2-Speichern ausbauen und die Mehrwertsteuer auf Bahnfahrten radikal senken.

Söder will den Kohleausstieg, den die Bundesregierung bisher für das Jahr 2038 fordert, bereits 2030 abgeschlossen haben. Und er will, die Grünen und die „Fridays For Future“-Freaks überholend, dass Bayern bis 2040 klimaneutral sein wird – und nicht erst wie die Bundesregierung bis 2050. Hat Söder, fragt man sich, bei der Insektenrettung ein paar Bienenstiche zu viel erwischt oder war er zu lange der Hitzewelle ausgesetzt – oder beides? Ganz im Stile der Kanzlerin klaute er an einem Wochenende dem grünen CO2-Moloch den Themenpark und nahezu alles, wofür und wogegen die traditionelle CSU stand, löst sich in diesen Tagen in einer dialektischen Geisterfahrt auf. 

Auch der passionierte Lokführer Horst Seehofer agiert inzwischen ähnlich. Dabei machte er sich doch einen Namen als vaterländischer Nationalbayer, oberster Grenzschützer und Kämpfer gegen den Open-Border-Zeitgeist. Seine Haltung bei Multikulti, Migration und Sicherheitsbelangen unterschied sich nur noch minimal von den Positionen der AfD-Herren Alexander Gauland oder Gottfried Curio. Hatte der Masterplan-Poet nicht wie ein Löwe gekämpft gegen eine millionenfache Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme, einen staatlich geförderten Asylmissbrauch, die Bamf-Skandale, die ausufernde Schwerkriminalität und den beschämenden Ablauf rund um Hetzjagden und Hans-Georg Maaßen.

Seehofer wandelte sich

Doch kurz nach den Tagen seines Rücktritts von der Androhung des Rücktritt muss etwas passiert sein. Urplötzlich verwandelte sich Seehofer ins genaue Gegenteil. Da dies nicht mit Einsicht in Verbindung gebracht werden kann, schwirren mottenhaft Gerüchte und Mutmaßungen. Ein weiteres uneheliches Kind? Flüge auf Epsteins Lolita-Inseln? Kokainexzesse? Die Rosenholz-Dateien? Verfügt der CIA über genickbrechende Ibiza-Videos? Lagert Schwarzgeld auf den in Bayern so beliebten Vontobel-Konten? Oder hat seine oberste Chefin nur kurz damit gedroht, die CDU nach Bayern auszudehnen und den Freistaat zum 16. Landesverband umzudekorieren? 

Man muss zunächst einmal annehmen, dass der Einmann-Thinktank von Markus Blume die Vision geboren hat, dass sich die CSU als jung, cool, weiblich und digital zu generieren hat; irgendwie halt, Augen zu und durch. Und im Zuge dieser Erneuerung setzt sich Söder an die Spitze der Klimawende und Seehofer opfert sich in serviler Pose auf für das Hauptkommando in einem Kampf gegen Rechts.

Was will die CSU in der fetten Mitte?

So weit, so gut. Gegen die Neuauflage eines Hitler-Regimes zu sein und für ein gesundes Leben mit freilaufenden Hühnern einzutreten, wird wohl nicht einmal die Hardcore-Höcke-Fraktion Einwände vorbringen. Was aber bitte will die CSU in dieser breiten und fetten Mitte? Und welchen Wählern will sie mit solch abgedroschenen Gutsprech imponieren? Worin begründet sich die so künstliche wie linkische Hinwendung zum neuen Image? 

Es könnte durchaus sein, dass diese blauweiße Wunderheilung etwas mit dem nackten Überleben zu tun und dem Faktor Angst. Mit jedem weiteren Verbrechen muslimisch-afrikanischer Täter wird die AfD ohne eigenes Zutun im Osten auf knapp dreißig Prozent Stimmenanteil kommen und im Bund sich den zwanzig Prozent annähern. Da es sich dabei quasi um ungültige Stimmen handelt, können sich die restlichen Parteien um eine gewaltig beschnittene Torte prügeln. Fakt ist, dass weder im Osten, noch im Bund irgendeine tragbare Koalition derzeit kalkulierbar ist; am ehesten noch Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz, wobei deren jeweilige Flügel ein ähnlich mühsames Schwingen versprechen wie das der gelähmten Großen Koalition.

Das nationale Elend sollte beendet werden

Zudem ist weltpolitisch derzeit alles möglich. Es genügt zum Beispiel nur eine Nato-geförderte Fehlzündung im persischen Golf in ein paar Tagen, um die Diplomatie-Brücke aus Heiko Maas und Olaf Scholz und Norbert Röttgen und Annegret Kramp-Karrenbauer zum Einsturz zu bringen.

Abgesehen davon gibt es genügend andere nationale Gründe: Vieles deutet auf baldige Neuwahlen hin, eventuell sogar noch in diesem Jahr. In einer grün-schwarzen Koalition gibt es für die Bayern nur noch Luft, wenn die CSU für das Habeck-AKK-Lager halbwegs akzeptabel ist. Das mag einiges an der aktuellen Akrobatik erklären. Im Falle von Jamaica verbliebe vermutlich das Gnadenbrot, noch ein paar weitere Jahre im Verkehrswesen herumzudilettieren. Falls aber die Stammwähler abspringen und die umworbene Mitte das rückgratlose Herumschleimen ignoriert, droht bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde und das wäre es dann für die CSU für lange Zeit. Dies gilt logischerweise auch für die Option Rot-Rot-Grün.

Nackte Angst durchdringt das Denken in der CSU und die berechtigte Ahnung, sehr bald sehr überflüssig zu werden. Die älteren Menschen erinnern sich noch gut an den Satz von Franz Josef Strauß: „Rechts neben uns ist nur noch die Wand.“ Heute besteht diese Wand aus zwanzig Prozent potentiell konservativer Stimmen. Und an dieser liest man ein weiteres Graffiti des großen Vorsitzenden: „Everybody's darling ist everybody's Depp."

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Klaus Funke | So., 4. August 2019 - 13:58

Genau - nicht mehr wiederzuerkennen. Die CSU, vor allem unter dem gnadenlosen Populisten Söder strebt mit aller Macht nach Linksgrün, man spürt, er will noch grüner als die Grünen werden, und dies innerhalb eines knappen Jahres. Verfassungsziel - Klimaschutz! Der Mainstream lockt. Aber, ich wette, das wird der CSU nicht gut bekommen. Der Wähler wird immer nur das Original wählen. Also wird die CDU wie die SPD Schritt für Schritt ihre Stammwählerschaft verlieren. Und wer kassiert die hernach ein? Mit der großen 9´er Schaufel? Natürlich allein die AfD. Dem Drehhofer wird es im Grunde egal sein. Er sitzt im Geiste sowieso schon auf dem Altenteil... Franz-Josef wird sich im Grabe umdrehen und mordmäßig toben unter die Erden...

Sehe ich nicht so. Söder macht das einzig richtige, er reiht sich in den link-grünen Mainstream ein. Andernfalls würde er zum "Aussätzigen", Seehofer stand da kurz davor. Im übrigen macht Merkel vor, dass man links-grün blinken kann und dennoch nicht links-grün fahren muss. Klimaschutz war jedenfalls noch nie ihre Sache, wenn sie sich auch als "Klimakanzlerin" hat feiern lassen, aber tatsächlich Null fürs Klima gemacht hat. Übrigens, Verfassungsziel - Klimaschutz ist nichts als eine weitere politische Blase, die hin und wieder mal vor dem Verfassungsgericht Bedeutung erlangen wird, aber mehr auch nicht.

Ronald Lehmann | Mo., 5. August 2019 - 22:53

Antwort auf von Robert Müller

Herr Müller, Frau Merkel will doch nur die Zitrone auspressen, bis kein Tropfen mehr heraus kommt. Dann hat Sie ihr persönliches Glück erreicht. Die anderen sind doch Marionetten der eigenen Süchte. Deswegen leben diese als Chamäleon in der Politik & nicht hinterfragende Wähler staunen dann, daß was anderes in der Packung ist, als drauf steht. ;>]
Früher nannte man das:"die Katze im Sack kaufen. Heute gibt es eben" Hütchenspieler". Spielt weiter, so lange es nicht im strömen regnet. Ihr Nimmerklug

Günter Johannsen | So., 4. August 2019 - 14:52

Da kann ich nur Zustimmen: die CSU ist nicht wieder zu erkennen!“ Aber das liegt wohl doch mehr an ihrem Führungspersonal. Eine große Enttäuschung ist für mich Ministerpräsident Söder. Der widerspricht ja Merkel und dem linken Mainstream nicht mal mehr, sondern kuschelt sich gleich widerspruchslos an die grün-linke Einheitssuppe ´ran. Franz-Joseph würde ihn wohl kräftig in sein Hinterteil treten, wenn er das könnte! Von Söders Auftreten vor der Wahl konnte man beeindruckt sein und auf eine Politikwende hoffen, aber vor der Wahl ist eben doch alles anders, als nach der Wahl. Er hat wohl bislang nicht kapiert, warum die CSU wirklich abgerutscht ist: weil die CSU-Führung kein Rückgrat zeigt . Mit Söder zeigt die CSU noch weniger Rückgrat, färbt sich selbst grün ein und überlässt der AfD den Widerspruch gegen die links-grüne Einheitsfront! Das wird zur nächsten Wahl eben so wenig belohnt werden. Als neue Volkspartei, welche die Bayern wirklich vertritt, wird nun die AfD gewählt werden!

Bernd Muhlack | So., 4. August 2019 - 15:41

Ein kleines, jedoch feines Kaff in Nordbaden. Eine gute, meist gar pünktliche zweigleisige Anbindung bis LU/MA/HD bzw. HN, Stgt.
S-Bahn im 30min-Takt u Güterzüge. In Richtung Neckarsulm/Audi/Kraftwerk rauschen die leeren "Auto-Waggons" bzw Kohle, in die Gegenrichtung brettern Audis u leere Kohlewaggons. Schnell u LAUT! Man hat sich daran gewöhnt, eine eigene biologische Schallschutzwand implementiert: also kleinere Bäume (Oberleitung!)u Büsche. "Die Bahn" kriegt das hier nicht auf die Reihe: Selbst sind die Anrainer!
Was soll diese blöde, fast grenzdebile Geschwätz ob der Sicherheit an Bahnhöfen, wenn man nicht einmal Schallschutz geregelt bekommt?
Herr Seehofer hat im Keller seines Hauses eine raumfüllende Modelleisenbahn; sie wartet sehnlichst auf ihn!
Bei BR gibt es dazu einen Bericht; sehenswert.
Seehofer hat doch nichts mehr zu verlieren, kann nicht einmal seine Pensionsansprüche "merkelisch" steigern: Tschöö mit Ö u Zugdurchfahrt an Gleis 2! VORSICHT und bitte Zurücktreten!

Brigitte Simon | So., 4. August 2019 - 16:01

Sehr geehrter Herr Reiser,

Ihr Artikel "Nicht mehr wiedererzuerkennen" ver-
zuckerte meinen sonnigen Sonntag. Wie schön!
Allerdings: Daß Seehofer selbst nicht mehr aus
sich schlau werden kann setzt doch voraus, daß
er über Schläue verfügen muß, um sich die Frage
beantworten zu können. Vielleicht kann ihm Sö-
der dabei behilflich sein.
Liebe Grüße aus München, Brigitte Simon

Stefan Forbrig | So., 4. August 2019 - 17:21

All diese Sätze, die Sie schreiben, geisterten mir bei der Rede Seehofers und dem Gebaren von Söder auch ständig im Kopf herum und ich rieb mir die Augen und fragte mich:
Bin ich der Einzige mit ein paar Anderen, die das so sehen? Sind die alle völlig übergeschnappt und was nehmen die für Medikamente?
Und genau hier kommt Ihr Artikel und ich bin etwas beruhigt, daß ICH nicht den Verstand verloren habe. Danke für diese Sätze.

Hannes Köppl | So., 4. August 2019 - 18:37

Herr Reiser eine ausgezeichnete Analyse. Selbst kann ich nicht so gut formulieren wie Sie, aber ich unterschreibe jedes Wort. Sie erkennen einen radikalen Gesinnungswandel bei den CSU-Granden, was aber ist mit Rest der Fraktion und den Parteimitgliedern? Sie schweigen, nicken und fügen sich. Ich bin davon überzeugt, dass AM drohte die CDU auf ganz Bayern auszubreiten. Diese Alternative hat die CSU-ler zu Tode erschreckt. Sie verlören alle Privilegien und alle Sitze im Bundestag (5%-Klausel). Das rückgratlose Herumschleimen der beiden "Spitzen" ist widerlich, abstoßend. Hoffentlich reagieren die Bürger und jagen diese Wendehälse vom Hof.

Klaus DeckerI | So., 4. August 2019 - 19:37

Ich habe lange auf einen Artikel dieser Art gewartet. Ja, die CSU ist implodiert - bundespolitische Bedeutung war gestern. Die CSU meint offensichtlich nur in der „grünen Mitte“ eine Überlebenschance zu haben. Fataler Irrtum: Dort tummeln sich bereits 2absterbende und eine Überflieger-Partei! Viele Optionen wurden diskutiert - man hat sich für den 16. Landesverband CDU entschieden. Möglicherweise ja in der Weisen Erkenntnis, dass die CSU ohne Deckungsgleichheit mit der katholischen Kirche in Bayern keine Zukunft hat. Auch dort hat eine Häutung stattgefunden: Grün-roter Zeitgeist ist in München fest etabliert! Das Undenkbare ist selbst in Bayern denkbar geworden!

Sandra Richter | So., 4. August 2019 - 20:04

Hier fehlt allerdings noch ein wichtiger Faktor, der zu dieser Polumkehr der beiden CSU-Spezis geführt hat: Söder hatte letztes Jahr bei der von Seehofer ins Spiel gebrachten Grenzschliessung für registrierte Migranten vom „Endspiel der Glaubwürdigkeit“ ausgerufen, das die CSU mit dem „Migrationskompromiss“ jämmerlich verloren hat. Das hat alles verändert, damit ist Seehofer endgültig zum Bettvorleger von Merkel geworden und musste danach seine Politik grundsätzlich verändern, um noch Innenminister bleiben zu können. Jetzt ist er nur noch willfähriger Erfüllungsgehilfe der Merkel-Regierung, wie die letzte Pressekonferenz nach dem "Schubser" in Frankfurt eindrucksvoll gezeigt hat.

Bei Söder nicht viel anders, hinzu kommt, dass er von einem unfassbar schmierigen Opportunismus und Narzismus getrieben ist, bei dem es eigentlich für jeden sichtbar nur um ihn selbst geht. Die CSU ist für ihn nur Mittel zum Zweck und wird das gleiche Schicksal erleiden, wie die CDU unter Merkel.

Barbara Ebert | So., 4. August 2019 - 20:08

da können wir nur dankbar sein, dass Herr Söder in Bayern viele Kreuze aufgehängt hat.

Norbert Heyer | Mo., 5. August 2019 - 07:21

Die CSU im Sinne eines Franz-Josef Strauß ist tot. Nachdem Herr Seehofer in der Hochzeit der Flüchtlingskrise alles richtig benannte, blieben aber die erforderlichen Reaktionen aus. Dadurch hat die CSU das höchste Gut einer Partei verloren: Glaubwürdigkeit. Herr Söder wandelt sich zum bekennenden Grünen, überholt sie aus Angst vor weiteren Wahlschlappen. Das wird ihm gerade in Bayern nicht abgenommen. Eigentlich hat Zurückrudern nach politischem Vorpreschen langjährige Tradition bei der CSU. Schon Strauß gegen Kohl, Seehofer gegen Merkel, jetzt Söder als bekennender Grüner - immer wieder wurden große Sprüche durch Nichthandlungen ersetzt. So ist Herr Seehofer ein Innenminister ganz auf Merkel-Kurs und alle eint nur eins: Jetzt keine Neuwahlen, lieber Weiterwursteln in der Hoffnung auf bessere Zeiten. Die SPD geht als erste Partei in die Bedeutungslosigkeit und die Union wird CO-Partner, nur Grün scheint (leider) eine gute
Zukunft in Deutschland zu haben - der Wähler will es so ...

Monika Templin | Mo., 5. August 2019 - 08:12

Herr Reiser, Ihre Analysen in dem Artikel sind hervorragend. Genauso sehe ich es auch! Man kann die pure Angst der Politiker erkennen. Ich bin besonders enttäuscht von Herr Seehofer, hatte gehofft, dass nun endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die Angst vor den Wahlen im Herbst kann man regelrecht spüren. Leider wollen die Politiker nicht von ihrem Irrweg abweichen und so müssen sie wohl mit den Konsequenzen leben.

gabriele bondzio | Mo., 5. August 2019 - 09:16

die faktisch rückgängige Kriminalitätsrate"...vom Herbeiloben wird die Sache nicht besser, sondern eher immer unglaubhafter. Zumal die Welt titelte: "Deutsche werden deutlich häufiger Opfer einer Straftat, die von einem Zuwanderer verübt wurde, als umgekehrt." Im Bereich Bereich Mord, Totschlag (2018), sind 230 Deutsche Opfer von Migranten geworden.105% Steigerung gegenüber 2017. Und bei allen anderen Verlautbarungen von Söder und Seehofer trifft ihr Vergleich von einer dialektischen Geisterfahrt, genau den Punkt. Die Anbiederung an grüne Phantasten, mit Angstschweiß auf der Stirn, ist peinlich und durchschaubar. Die Angst bedeutungslos zu werden, hemmt jeden vernünftigen Gedanken und beschleunigt die Talfahrt von DE.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 5. August 2019 - 09:30

Sehr treffend dargestellt Herr Reiser. Die beiden Bajuwaren erinnern mich an Hrry Potter. Dort trank man den Vielsafttrank, wenn man die Gestalt eines anderen kurzzeitig annehmen wollte. Lt. Buch schmeckte der übel, im Film verzogen alle das Gesicht, dann aber, wenn der Saft wirkte, nahm man die Gestalt desjenigen an, dessen Haar man in den Trank gemixt hatte.
Es ist offenkundig für jedermann. Beide müssen scheinbar immer wieder an einem solchen Trank nippen und sich dann mal rot, mal grün, mal blau verwandeln, hat ihr Trank doch von jeder Partei und Ideologie ein Haar in den Saft geworfen.
Söder und Seehofer sind beide nur noch peinlich. Jeder aufrichtige Konservative muss sich angewidert abwenden, ob solch einer Verwandlung.
Wenn die beiden 2020 auf dem Nockerberg persifliert werden, empfehle ich beiden wieder vom Trank zu nippen und sich als Chamäleons zu verkleiden, damit auch der letzte Ungläubige deren Verwandlung erkennt und versteht. Die haben einfach nur Angst vor der AFD.

Stefan Jurisch | Mo., 5. August 2019 - 10:25

kluge Dinge. Doch seit ich mich zurück erinnern kann, habe ich ihn am Ende jeglicher eingangs schlauer Aussage immer wieder Wendehals wahrgenommen. Opportunistischer als Seehofer geht eigentlich fast nicht, aber genau so hat er sich so lange in der Bundespolitik halten können. Nur meine Meinung.
Wenn mir (hypothetisch) als Innenminister die Bundeskanzlerin so in die Waden getreten (bildlich) hätte, dann wäre ich aber ganz schnell aus Überzeugung zurückgetreten.

Christa Wallau | Mo., 5. August 2019 - 10:53

... manipulieren läßt.
Der Politiker Seehofer ist das Produkt eines Prozesses, den die - in der großen Mehrheit l i n k s - g r ü n e n Medien in den letzten Jahrzehnten betrieben haben: Jeder, der auch nur im Geringsten vom politisch korrekten (= linken) Denken abweicht, wird gnadenlos niedergemacht, und das Volk in seiner Mehrheit läßt sich davon beeindrucken und verurteilt den Betreffenden mit.

Was hat es Seehofer genutzt, daß er sich anfangs - absolut berechtigt - g e g e n Merkel
gestellt hat? - NICHTS! im Gegenteil: Er gab nur
den gesuchten Sündenbock ab.
Ein "anständiger" Mensch hätte nun daraus seine Konsequenzen gezogen u. wäre zurückgetreten.
Aber Seehofer ist kein ehrenwerter Mensch, sondern ein Politiker. Also "bedient" er - ähnlich wie jetzt Söder - das Volk mit dem, was es offenbar
hören will, wenn es auch das krasse Gegenteil von dem ist, was er gestern von sich gegeben hat.
Das ist die traurige Wahrheit.

Gisela Fimiani | Mo., 5. August 2019 - 11:22

„herumzudilettieren“....... Dies geschieht bereits seit etlichen Jahren. Was erwarten wir von Politikern, die ihre gesamte „Existenz“ ihrer Partei verdanken und nichts weiter als den „Beruf“ des Parteisoldaten beherrschen? Die von Angst getrieben sind, da ein Leben außerhalb der Politik einschneidende persönliche Verluste bedeutete, materielle, sowie immaterielle. Unser Parteiensystem fördert persönliche Denkschwäche, die durch Ideologisiererei und Phrasenproduktion kaschiert werden. Es befördert feige und eitle Dilettanten. Nur der Berufspolitiker schafft Karrieren, ohne Qualifikation und ohne Erfahrungswissen außerhalb der Politik erworben zu haben. So geht, nicht nur in der CSU, jedes Bewusstsein für politische Verantwortung verloren und fällt einer, für die demokratische Gesellschaftsform, gefährlichen Beliebigkeit zum Opfer. Schauspielerische Begabung ersetzt vollständig die „Ehrfurcht“ vor dem Amt, welches dem Politiker anvertraut wird. Er verachtet den Bürger.

Heidemarie Heim | Mo., 5. August 2019 - 12:00

Eigentlich nicht! Zumindest für mich! Kommentare meinerseits in der näheren Vergangenheit, worin ich die beiden Herren und ihre Parteigefolgschaft ähnlich wie Herr Reiser einordnete, bzw. aus meiner Sicht heraus "charakterisierte", wurden abgelehnt. Sogar hier im sehr liberalen Cicero. Eventuell waren aber meine Vergleiche mit einem Bodenbelag vor Betten nicht als angemessen erachtet;-)? Never mind!Bleibt also nur noch die Frage bezüglich der CSU-mitglieder/Delegierten/Wähler ob sie zum guten Schluss willig sind, die Rutschpartie auf der ausgelegten Schl...spur nach unten mitzumachen. Zumindest um die Glaubwürdigkeit braucht sich keiner mehr Gedanken zu machen! Die ist m.E. schon seit langem perdu!
F.J.Strauß wie man ihn kannte,hätte wahrscheinlich den beiden CSU Granden das gleiche bescheinigt wie damals Helmut Kohl(Zitat)"Der wird nie BK werden. Der ist total unfähig, ihm fehlen alle charakterlichen, geistigen und politischen Voraussetzungen. Ihm fehlt alles!"(Zitat Ende) MfG

Maria Fischer | Mo., 5. August 2019 - 12:57

„Schleimer, die auf der Schleimspur ihrer Artgenossen kriechen, kommen besser voran.
Denn für die Schleimproduktion verbrauchen diese einen Großteil ihrer Fortbewegungsenergie“
Aus der Schneckenwissenschaft!
So weit, so passend!

Wolf-Dieter Hohe | Mo., 5. August 2019 - 14:45

@ Frau Fimiani
Zustimmung und wie ich schon an anderer Stelle tippte... längst systemisch begründet.
`Preisfrage 1: Womit muss bei totaler Abhängigkeit gerechnet werden ?
Preisfrage 2:
Insbesondere in Deutschland ?
Richtig !
Sie haben die Prüfung der Zulassungsprüfung zur
Integrationsprüfung mit Erfolg abgeschlossen :-)

Dennis Staudmann | Mo., 5. August 2019 - 17:51

Wenn also eine Mehrheit der Deutschen meint, man könne das Klima retten, wenn man "Friday for Futures" und damit das Schwänzen der Schule bejubelt, sich das Fliegen und langfristig auch das Autofahren mit Verbrennungsmotor verbieten lässt oder Deutschlands wirtschaftliche Stärke und den eigenen Lebensstandard opfert, weil sich damit maximal ganze 2 % der weltweiten CO2-Emission reduzieren lässt , ist es nicht verwunderlich, dass auch Söder an der Spitze dieser grünen Traumwelt stehen will. Seehofer ist wohl daran gescheitert, dass er lange Zeit versucht hat, für seine Überzeugungen einzustehen. Die gesamte Macht der Funk- und fast aller Printmedien stürzten sich auf ihn, weil er "Gottes Geschenk an die Deutschen" namens Merkel kritisierte. Obwohl Seehofer nur ganze fünf Jahre älter ist, war seine Rolle nun die des "boshaften Greises", der der "ewig jungen und schutzlosen" Kanzlerin die Luft zum Atmen nimmt. Bedanken kann er sich bei allen mutigen "(Maul)helden" wie Spahn und Co.

Ulrich Jarzina | Mo., 5. August 2019 - 22:03

2011 gab Herr Kubicki den vielzitierten Satz zum Besten, dass die FDP als Marke "generell verschissen" habe. Inzwischen lässt sich dieser Satz auf jede andere etablierte Partei ummünzen:

Die SPD ist seit Schröder nicht mehr wirklich sozial.

Die CDU kann seit Merkel nicht mehr behaupten, die Partei für öffentliche Sicherheit zu sein.

Die GRÜNEN, seit Fischer definitiv keine pazifistische Partei mehr, reißen in ihrem Klimawahn sämtliche Errungenschaften des Umwelt- und Naturschutzes wieder ein.

Die LINKEN wissen nicht so recht, was sie wollen, es soll aber jedenfalls für alle sein und der Staat soll es bezahlen.

Jetzt ist es bei der CSU soweit. Sollte Söder seine skizzierte Linie wirklich verfolgen, wird er in den Medien sicher punkten, seine Partei aber zugrunde richten - und seinen Freistaat über kurz oder lang gleich mit.

Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 6. August 2019 - 09:08

Klimaschutz in den Händen von Frau Merkel und Kindern landen?
Den gab es lange vor Merkel in Deutschland, wohl nicht in der DDR, jedenfalls wurde er salonfähig und gehört in die Hände konstruktiv fähiger Politiker*innen und warum nicht solcher, die "grüner Ideologie" unverdächtig sind.
Ob das noch so bei den Grünen selbst ist, vermag ich nicht zu sagen, nur zu hoffen, gesellschaftspolitisch überzeugen sie mich nicht.
Es ist doch wohl vernünftige und moderne Politik, die die CSU in Bayern verwirklichen will und dafür war sie wohl schon immer bekannt und machte ihren besonderen Charme aus, sie selbst zur Volkspartei.
Ihre Chance liegt darin, dass die Grünen evtl. auf Merkels Zug der grünen Theologie aufspringen, in dem evtl. viele Kinder, deren Eltern und Großeltern sitzen oder ob die Grünen für grüne Wissenschaft und Fortschritt stehen.
In letzterem Fall und so kenne ich sie eigentlich, werden die Grünen zu einem Partner auf Augenhöhe für die CSU und die CSU bleibt sich treu?
SPD?