Baerbock und Habeck
Unter Annalena Baerbock und Robert Habeck hat sich ein strategisches Zentrum in der Partei gefunden / picture alliance

Europawahl - Prima Klima für die Grünen

Ihr klares Bekenntnis zur EU kam den Grünen bei der Europawahl zugute. Während andere Parteien mit inneren Konflikten zu kämpfen haben, scheinen sie geeint. Bei kulturell aufgeladenen Konflikten erweisen jedoch auch sie sich als zerstritten. In der EU könnten sie für neue Impulse sorgen

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Dieter Rulff ist freier Autor in Berlin.

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Nein, der wundersame Aufstieg der Grünen lässt sich nicht mit Greta Thunberg erklären. Dies allein schon deshalb nicht, weil die Ökobewegung im Heimatland ihrer neuen Galionsfigur bei der Europawahl einen herbe Schlappe einstecken musste. Auch in anderen Ländern haben die Schülerinnen und Schüler, die freitags „for future“ auf die Straßen gegangen sind, am Sonntag keine messbaren Auswirkungen auf die Stimmabgaben gehabt.

Der „Angriff aus den Kinderzimmern“, den der Chefdenker der Zeit Bernd Ulrich mit der Europawahl auf die bornierten Alten („It is the climat, stupid“) zurollen sieht, findet vornehmlich in Deutschland statt. Hier wurde mehr als die Hälfte des europäischen Grünen-Zuwachses generiert. Hier befand 56 Prozent der Wählerschaft, dass Klima- und Umweltpolitik für ihre Wahl entscheidend sind, und etwa gleich hoch war die Zahl derjenigen, die den Grünen eine Kompetenz auf diesem Feld zuschreibt.

Klares Bekenntnis zur EU

Dass allerdings auch hierzulande die grünen Bäume nicht in den Himmel wachsen, konnte, wer wollte, am Bremer Bürgerschafts-Wahlergebnis erkennen. In ihrer Hochburg verzeichneten die Grünen mit knapp 17,4 Prozent nur einen moderaten Zuwachs, der sich auf dem Niveau der Ergebnisse der letzten zwölf Jahre bewegte. Allerdings wiesen die Wahlzettel für die Europawahl auch hier einen 22-prozentigen Anteil für sie aus.

Diese Ergebnisdifferenz liegt am Charakter der Europawahl, die sich weit weniger als nationale oder Landtagswahlen mit einer konkreten Politik verknüpft lässt, sondern mehr ein Bekenntnis ausdrückt, dessen Folgen schon wegen der Komplexität des europäischen Parlamentarismus allenfalls schemenhaft erkennbar sind. Deshalb ist es den Grünen zugute gekommen, dass das Projekt Europa durchaus wieder bei der Bevölkerung an Ansehen gewonnen hat und ihr Bekenntnis zur EU das klarste unter den Parteien war.

Für (fast) alle anschlussfähig

Mindestens so erklärungsbedürftig wie die Höhe des Grünen-Sieges sind die Quellen, aus denen er sich speist. Ihnen ist es gelungen, ungefähr gleichviel Wählerinnen und Wähler von der SPD wie von der CDU zu gewinnen. Entsprechend kleiner waren die proportionalen Zuwanderungen von der Linken und der FDP. Die Grünen haben sich als geradezu idealtypische Partei der Mitte präsentiert, eine Projektionsfläche für alle, die in ihrer Stammpartei über einen Mangel an Sinnressourcen und normativer Orientierung klagen. Schon immer konnten sich weit mehr Menschen vorstellen, die Grünen einmal zu wählen, als es tatsächlich taten. Diese Bereitschaft, das Wagnis einzugehen ist in den letzten Monaten rasant gestiegen.

Die Grünen sind für (fast) alle anderen anschlussfähig geworden – außer für die AfD. Deren Erfolge bei dieser Europawahl sind geradezu komplementär zu denen der Grünen. Während letztere im Westen reüssierten, gewann erstere vor allem im Osten. Dort hatte sie auf dem Land ein Heimspiel, während sich teils auch große Städte des Ostens grün färbten.

AfD und Grüne sind Antipoden

Es geht nicht mehr um „ein altes Rechts-Links-Muster“ in das sich neue Akteure eingefügt haben, wie die FAZ titelte. AfD und Grüne sind die Antipoden einer neuen Parteienlandschaft. Jahrzehntelang war diese geprägt durch die Auseinandersetzung der beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD, erstere stand für die Interessen des Kapitals, letztere für die der Arbeiterschaft. Der Modus dieser Auseinandersetzung waren sozialstaatlich eingehegte Verteilungskämpfe um den jeweiligen Anteil am gemeinsam Erwirtschafteten.

AfD und Grüne stehen für eine neue Bruchlinie, diese ist weniger ökonomischer als vielmehr kultureller Natur. Die Grünen repräsentieren in geradezu idealtypischer Weise ein kosmopolitisches Lebensgefühl, wie es vornehmlich unter den weltoffenen, gut gebildeten und meist wohlhabenden Bewohnern urbaner Milieus zu finden ist. Ihre politische Philosophie ist geprägt von Multikulturalismus, Feminismus und Diversität.

Auf Seiten der AfD hocken die Kommunitaristen, die, wie der Name schon sagt, der Gemeinschaft verhaftet und eher auf dem Lande beheimatet sind. Dem Multikulturalismus der Grünen setzen sie ihre nationale Leitkultur entgegen. Wo die Grünen die Nation in einem vereinten Europa aufgehen lassen wollen, kämpft die AfD um einen Rückbau dieses europäischen Hauses. Nicht von Ungefähr finden die schärfsten Auseinandersetzungen an dieser neuen Bruchlinie der Gesellschaft um die Europa- und um die Flüchtlingspolitik statt. Und nicht von ungefähr hat Alexander Gauland nun in den Grünen den „Hauptgegner“ der AfD entdeckt.

Wenig zerissene Wählerschaft

SPD und Union, aber auch „Die Linke“ tun sich ungleich schwerer damit, diese Bruchlinie zu bewältigen. Denn ihre jeweilige Anhängerschaft befindet sich sowohl rechts als auch links davon, bei verstärkter Ansprache der einen Seite drohen immer Verluste auf der anderen. Die Formulierung einer authentischen Position der jeweiligen Partei wird so zu einem Ding der Unmöglichkeit, zumal sich die divergierenden Positionen in den Parteiapparaten ebenso niederschlagen und dort für heftige innere Konflikte und Personaldebatten sorgen, die wiederum ein strategisches Vorgehen erschweren. Ob die Causa Seehofer versus Merkel, Wagenknecht gegen den Rest der Partei oder das Jeder gegen Jeden in der SPD – alle diese Auseinandersetzungen haben das gleiche Grundmuster.

Vor dieser Kulisse haben es die Grünen natürlich leicht, gut dazustehen. Ihre Wählerschaft ist weit weniger zerrissen, schon weil sie seltener materiell gebeutelt ist. Zudem hat die Partei – wohl ein Ergebnis ihrer zivilgesellschaftlichen Tradition – ein Sensorium für solche sozialen und kulturellen Verschiebungen und Brüche und die möglichen Wege der Vermittlung entwickelt, das stärker ausgeprägt ist als bei ihren politischen Kontrahenten.

Grüne prägen ihre neue-Mitte-Position

Zugleich hat sich unter der Führung von Robert Habeck und Annalena Baerbock ein strategisches Zentrum in der Partei gefunden, das gleichermaßen die früher nervend schlagenden Flügel in einer geradezu Wehnerschen Weise diszipliniert und für politische Positionierungen sorgt, die, auch wenn sie fragwürdig sind, meist als moderater durchgehen als das, was die jeweiligen Kontrahenten aufbieten. Selbst die auch innerparteiliche Aufregung über Habecks Hartz-IV-Abschaffen-Vorschlag verebbte, als ihn die SPD mit den diversen Weiterungen ihrer Sozialpolitik toppte.

Auch solchermaßen, im wohlformulierten Abstand zu den jeweiligen programmatischen Protagonisten, prägen die Grünen ihre neue-Mitte-Position. Hingegen können sie auf ihrem ureigenen Feld, der Klimapolitik, getrost ihre Rolle des Treibers hegen, die Komplexität dieses Multiplayer-Areals wird es immer schwer machen, ihnen eine Form der Verantwortung zuzuweisen, die ein wahlentscheidendes Versagen begründen könnte. 

In kulturell augeladenen Konflikten orientierungsunfähig

Parteiloyalitäten sind mittlerweile per se volatil geworden. Das Potenzial, das den Grünen als progressive Antwort auf das Dilemma der anderen Parteien zugewachsen ist, will stabilisiert werden. Doch diese Stabilisierung kann auch für die Grünen nicht mehr allein durch den wahlweisen Rekurs auf die kulturellen, sozialen oder wirtschaftlichen Belange des eigenen Klientels erfolgen und den Verweis auf deren Nicht-Befriedigung durch die anderen Parteien.

In den kulturell aufgeladenen Konflikten der Gesellschaft erweisen auch sie sich bei genauerem Hinschauen als zerstritten und orientierungsunfähig. In der Flüchtlingspolitik verschwimmt ihre Position zwischen menschenrechtlich gebotener Aufnahme und, von ihnen mitverschuldeten Mängeln der Integration. Zur Sicherung der europäischen Außengrenzen, derzeit ein zentraler Streitpunkt der Europäischen Union, äußern sie sich nur kleinlaut. Umso überheblicher ist bisweilen ihr Auftritt gegenüber jenen Mitbewohnern des europäischen Hauses, die ihre finalen Vorstellungen von der Raumaufteilung nicht teilen.

Könnten für neue Impulse sorgen

Mit dem Niedergang der alten Lager der Sozialdemokraten und der EVP sind die klassischen Strukturen europäischer Kompromissbildung Geschichte. Die Grünen sind nun ein ernst zu nehmender Akteur auf der Brüsseler Bühne. Das eröffnet ihnen die Möglichkeit, ihre bislang eher ideelle Unterstützung für die Europa-Pläne des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron mit politischem Leben zu erfüllen. Wo auf deutscher Seite Merkel und AKK bislang gebremst haben, könnten die liberale Fraktion ARGE und Grüne als Gewinner der Wahl für neue Impulse sorgen.

Eine erste Probe aufs Exempel wäre die Wahl der Kommissionspräsidenten. Sowohl Manfred Weber als auch Frans Timmermans stehen Verlierer-Fraktionen vor. Macron könnte mit Liberalen und Grünen ihre neues politisches Gewicht für Margrethe Vestager in die Waagschale werfen. Eine liberale Frau an der Spitze der Kommission, das entspräche der neuen Mitte-Position wie auch dem emanzipatorischen Anspruch der Grünen.

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gabriele bondzio | Mi., 29. Mai 2019 - 12:53

auf diesem Feld zuschreibt."...Klima- Megaproblemen der Zukunft? Oder zu einem gemacht? Je jünger desto grüner ist schon ein Fakt. Je jünger desto leichtgläubiger auch.Natürlich kann man mit Zukunftsthemen junge Leute begeistern, sie sind ja die Zukunft.
Es ist jedoch auch ein Fakt, das Grüne in pkt. Klimapolitik die größten Heuchler sind. Siehe z.B. "Die Heuchelei von Hambach - über die Widersprüche in der Klimapolitik". Es geht den Grünen, wie allen Partein, in erster Linie um Machtpositionen. Baerbock (keine Ahnung von physikalisch-chemischen Zusammenhängen beim Klima) will die Kohlekraftwerke abschalten, ohne zu sagen, woher der Strom kommt in Notsituationen. Geschweige wo die vielen Elektroautos dann Energie tanken. Wie teuer das ganze für den Bürger wird und,und,und...
Die Klima-Religion der Grünen :"Deshalb müssen wir Schrecken einjagende Szenarien ankündigen, vereinfachende, dramatische Statements machen und nicht irgendwelche Zweifel, die wir haben mögen, erwähnen."... Amen!

Im Text heißt es, dass AfD und Grüne Antipoden wären. Dem ist wohl so, doch was heißt das genau? Gerade konnten wir lesen, dass die Jungen Alternativen - Jugendorganisation der AfD - Forderungen zu mehr Klimapolitik gestellt haben. Ich glaube mich zu erinnern, dass die AfD statt Elektroautos künstlich hergestellten Sprit fordert. Hatte mir zwar das Wahlprogramm durchgelesen, erinnere mich aber nicht mehr genau. Also selbst die AfD hat eine Klimapolitik, wenn man wohl auch kaum etwas dazu hört. Das heißt, so richtige Antipode sind sie dann auch wieder nicht. Zu den Kohlekraftwerken: Ich halte es auch für falsch die abzuschalten und eventuell durch Gaskraftwerke zu ersetzen. Wer soll das bezahlen? Die Braunkohlekraftwerke und der Braunkohlenabbau sollten aber schon verschwinden, weil zu dreckig. Hinzu kommt, dass diese Kraftwerke zu langsam sind, während Steinkohlekraftwerke schnell genug sind um Wind und Solar zu folgen. Zwar nicht immer in der Praxis, kann aber nachgerüstet werden.

Er-SCHRECKEN sollte Menschen, die das eigene Denken noch nicht ganz aufgegeben haben über die Realsatire der Grünen auf den letzten Wahlplakaten. Da stand doch allen Ernstes: "Eine mutige Gesellschaft lässt sich keine Angst machen."
Und das gerade aus den Mündern der größten Angstmacher auf diesem Planeten!!! Dabei beschränken sich die Berufs-Angstmacher keineswegs nur auf die "Klimakatastrophe".
Auszüge aus der nach oben offenen Grünen-Angst-Skala:
- Angst vor Waldsterben (okay nicht mehr tagesaktuell, aber warum wohl?)
- Angst vor Nachrüstung (Reagan und Schmidt waren halt doch klüger)
- Angst vor Kernenergie (aber keine Ahnung von DFR-Technologie)
- Angst vor Rechten (ohne Differenzierung zwischen rechts und rechtsextrem)
- Angst vor Nationalismus (aber von einer Gesellschaft schwafeln)
- Angst vor Populismus (aber nur, wenn andere damit erfolgreich sind)
.....

Alice Friedrich | Fr., 31. Mai 2019 - 08:14

Antwort auf von Wolfgang Brauns

Zumindest bezgl des Waldsterbens darf ich Sie an Maßnahmen erinnern, die die Schadstoffbelastung unserer Wälder stark zurückgefahren haben: 1983 Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke, Entschwefelung der Kraftstoffe, Einbau von Katalysatoren, all das hat zu einem dramatischen Rückgang der Schwefeldioxide und Schwefelsäure geführt .

Es hilft nicht zu klagen, weil den Grünen die jungen Wähler zu fliegen. Diese sind ja alle in einer Wohlstandsgesellschaft aufgewachsen. Sie wissen nicht was ein Trümmerhaufen ist. Deshalb rate ich der Regierung, Ja, Grüne Partei, wir schalten alle Kohlekraftwerke ab, IHR übernehmt alle daraus resultierenden Folgen für die Bürger unseres Landes. Denn es wird ja zur Zerstörung via YouTube aufgerufen - weshalb fehlt euch der Mut so zu handeln?

Christa Wallau | Mi., 29. Mai 2019 - 13:10

... findet tatsächlich nur in Deutschland statt.
Auch ist die Angst vor der Klimaveränderung
in keinem europäischen Land (von den anderen Kontinenten ganz schweigen!) so verbreitet u. hysterisch wie bei uns.
Für das EU-Parlament bedeutet der Wahlausgang daher keineswegs, daß sich nun die Grünen mit ihrer Rigorosität stärker durchsetzen können als bisher, wo sie die in Klimafragen weniger interessierte, aber zu vielen Zugeständnissen bereite Brüsseler Groko für ihre Zwecke einspannen konnten.
J e t z t gibt es nämlich auf der anderen
Seite eine sehr lautstarke Gruppe, welche die
Berechtigung des Programms der sog. Klimaschützer g r u n d s ä t z l i c h in Frage stellt. Daher wird demnächst im EU-Parlament eine andere Diskussion mit neuen Argumenten geführt werden, wobei auch bei EVP und den Sozialisten sich Abgeordnete umorientieren könnten.
Ich jedenfalls hoffe, daß es so kommen wird:
Realismus v o r blindwütigem Aktionismus!
Auch grüne Bäume dürfen nicht in den Himmel wachsen.

...die Grünen stehen da, wo die AfD gerne wäre aber wohl niemals landen wird - bundesweit bei 20 Prozent.
Und glaubt man den Wahlanalysen über das Verhalten von Jungwählern wird sich die Kluft zwischen den Ökos und den ganz Rechten in der Zukunft sogar noch erweitern.

Die Grünen liegen bundesweit bei 20 %?Eine wirkliche Lachnummer! In Mitteldeutschland sowie im Osten sind CDU und AFD die meist gewählten Parteien. Sowohl bei der Europawahl als auch bei den Kommunalwahlen. Die AFD - Wähler haben sich verdoppelt, ja sogar verdreifacht. Es fand hier eine Wählerwanderung von SPD, CDU und Linken hin zu der AFD statt. Die neue Volkspartei, ob man dies nun mag oder nicht, ist die AFD. Sie sind in alle Kommunen gewählt worden, in denen sie angetreten waren. Für sie selbst so überraschend, dass in manchen Kommunen keine Leute zur Verfügung stehen .Die Grünen haben abgesehen von einigen Großstädten unbedeutende Zuläufe, wahrscheinlich von den Linken. So wird es wohl auch zur Landtagswahl aussehen. Soviel zur aktuellen Situation. In einem Städtchen lebend, das früher ganz schwarz wählte, wurde hier auch die AFD nahe bei 20 % gerwählt. Dazu kommt eine gewisse Richtung, statt Parteien in steigerndem Maße Wählervereinigungen zu generieren .

Eine waghalsige Aussage. Bundesweit ist die AfD nicht erfolgreich, im Osten dagegen schon. Nur irgendwann wird die "Regionalpartei AfD" liefern müssen.
Davon abgesehen darf man durchaus differenzieren. Bei den Europawahlen war die AfD in drei oder vier östlichen Bundesländern dominierend. Allerdings erreichte sie nirgends mehr als 25%, was heißt, das noch immer 75% die AfD nicht wählen.
Schlechter noch das Abschneiden bei den Kommunalwahlen, wo die AfD hinter der CDU als zweiter, oder gar als Dritter (Thüringen, Brandenburg) oder Vierter (MeckPom) abschnitt, wobei die Ergebnisse im Vergleich zur Europawahl schlechter waren.
Tatsächlich leben ca. 10 Mio. Menschen im deutschen Osten (ohne Berlin), das sind in etwa soviel wie in NRW. Die Bevölkerung ist stark überaltert, und wie unschwer zu sehen war, ist der Erfolg der AfD bei den jüngeren Generationen bestenfalls mässig. Die Zukunft der AfD dürfte, bei normaler politischer Entwicklung, eher bescheiden sein.

Im Osten ist die AFD über 20 % und die Grünen unter ferner liefen. Ihre Einschätzung trifft zudem nur für Deutschland zu. Europa weit sind sie unter 10 % ! Und die Welt interessiert sich nicht für einfältige, typisch deutsche provinzielle Meinungen.

Ich glaube die Grünen haben ein Zukunftsthema erobert, doch dürfte das nicht das einzige Zukunftsthema sein. Alle anderen Parteien haben sich eher auf die Themen für Ältere spezialisiert. Möglicherweise liegt das an den älteren Parteimitgliedern? Andere Zukunftsthemen wären Bildung und Digitales, aber auch da hat man sich nicht engagiert. Mir ist es ein Rätsel, warum die Parteiführungen das zugelassen haben.

Da die Grünen nur bei Umweltthemen stark sind, könnte z.B. die AfD sich eines der anderen Zukunftsthemen schnappen und dann auch für Jungwähler attraktiv werden. Wenn sie denn so strategisch vorgehen würden. Die FDP hat das glaube ich versucht, ist aber aus anderen Gründen bei den Jungwählern nicht angekommen. Wobei sie jetzt ja versucht vom Vorwurf des Neoliberalismus loszukommen.

gerhard hellriegel | Mi., 29. Mai 2019 - 13:47

Die zunehmenden umweltbelastungen sind ein alter hut. Nur können wir sie jetzt nicht mehr unter den teppich kehren. Mit der natur können wir nicht verhandeln, die natur kennt keine kompromisse, eine "politische" haltung zur natur ist barer unsinn. Soweit gebe ich den grünen recht. Die anderen zielrichtungen sind allerdings nichts anderes als ideologisch-moralisch verbrämter kapitalismus. Fragen Sie sich doch einmal, warum begriffe wie "weltoffenheit", "multikulturalismus" usw seit den 90ern so karriere gemacht haben. - Was nun die haltung der AfD zur EU angeht, so geht es mE eben nicht um nation. Sondern um die tatsache, dass in der EU genau so viele unterschiedliche sprachräume wie nationen existieren. Wollen wir wirklich eine demokratie für abiturienten? Genauer, für einen teil der abiturienten, die, die sich flüssig auf englisch über abstrakte sachverhalte verständigen können. Wann haben Sie zuletzt einen kommentar auf einer polnischen webseite abgesondert? Eben.

helmut armbruster | Mi., 29. Mai 2019 - 14:27

Sie verorten die ungelösten Probleme der EU in Fahrverboten und Klimarettung (großzügig, wie sie nun einmal sind, soll gleich der ganze Planet mit gerettet werden).
Die drängensten Probleme wollen oder können sie seltsamerweise nicht sehen.
Die ungelösten Probleme der EU sind jedoch so riesig und so explosiv, dass die Grünen möglicherweise gar nicht mehr dazu kommen werden die EU in ihrem Sinne zu retten.
Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die EU an ihren hausgemachten Problemen erstickt und implodiert und schneller von der Bildfläche verschwindet als wir uns das heute vorstellen können.
Nur zur Erinnerung: Der mächtige Ostblock ist quasi über Nacht verschwunden. Das hätte noch wenige Wochen zuvor niemand für möglich gehalten.

Tomas Poth | Mi., 29. Mai 2019 - 14:29

Die Argumentation, dass der Greta-Faktor hier in Deutschland keinen Einfluss auf die EU-Wahl hatte, weil in Gretas Heimatland und anderswo die Grünen nicht so erfolgreich waren, trotz Kids-Demos in diesen Ländern, halte ich für zu schwach. Deutschland tickt da halt anders, es ist das Geburtsland dieser Parteiidee, die seit langem etabliert ist.
Natur-Romantik und Idealismus sind nur bei uns so ausgeprägt.
Deutschland tickt auch anders bezüglich der EU! In keiner Bevölkerung anderer EU-Länder gibt es so viele"Versessene" auf ein Vereintes Europa als Staat, eine europäische Staatsbürgerschaft, wie bei uns in Deutschland.
Beides Bespielen die Grünen sehr gut und da stimme ich zu, schwächeln die anderen Parteien, die sich anders fokussieren.
Übrigens in der Rot-Grünen Koalition haben die Grünen, Hartz 4 und Militäreinsätze im Jugoslawienkrieg mitverantwortet, sollte keiner vergessen!

Gerhard Lenz | Mi., 29. Mai 2019 - 17:22

Antwort auf von Tomas Poth

Wenn die Bewegung "Fridays for Future" Einfluss auf die Wahlen hat - so what? Bevor man hier urteilt, sollte man sich in Erinnerung rufen, wofür diese Schüler auf die Strasse gehen.

Es geht nicht darum, ob diese Anliegen nun einer Partei mehr geholfen oder einer anderen Partei den erhofften Erfolg vermasselt haben.

Stimmt, die Grünen haben in Ihrer Vergangenheit durchaus Unrühmliches geleistet. Deshalb haben sie sich aber nicht für alle Ewigkeit disqualifiziert. Es ist nicht besonders schwer, zu erkennen, dass viele Wähler das ebenso sehen.

Tomas Poth | Mi., 29. Mai 2019 - 23:32

Antwort auf von Gerhard Lenz

Sie leisten große Verdrängungsarbeit, Vergangenheitsbewältigung bezüglich Ihrer Grünen-Gesinnung.
Die Welt vom 17.01.19, also gerade erst kürzlich, titelte auf der Wirtschaftsseite : Grüner wird Chef-Lobbyist für Glyphosat.
Sie behaupten die britischen Wähler wären beim Brexit in die Irre geführt worden!?
Na, viel schlimmer ist es wie die Jugend mit dem Greta-Klima-Hype von den Medien in die Irre geführt wird. Jugend ist ja so leicht zu verführen.
Ganz bissig könnte man es auch als Missbrauch Schutzbefohlener benennen, und Sie wollen das unterstützen.

Geht Sie für die eigenen Lebensgrundlagen auf die Strasse, dann nur, weil sie verführt und instrumentalisiert wird.

Ginge sie gegen Migration auf die Strasse, würden Leute wie Sie wohl im Gegenteil den jungen Leuten eine aussergewöhnliche Reife bescheinigen.

Merke: Es kommt immer darauf an, dass das, was geschieht, ideologisch passt!

Das "Grüne" keine Skrupel haben nach der Parteikarriere praktisch ins gegensätzliche Lager überzulaufen konnte man vor Jahren bei Frau Gunda Röstel,einer ehemaligen ostdeutschen" Bündnisgrünen" Frontfrau. Sie führte die Verhandlungen als in meiner Stadt angedacht war das Abwasser zu privatisieren und an die Firma Gelsenwasser zu geben.Zum Glück fand sich dafür bei uns keine Stadtratsmehrheit.

Bettina Jung | Mi., 29. Mai 2019 - 17:59

Antwort auf von Tomas Poth

Nur, lieber Herr Poth, wo bleibt diese Natur-Romantik, wenn ganze Wälder abgeholzt werden, um Windparks und neuen Wohnraum für Millionen Migranten entstehen zu lassen? Die Grünen sind derart widersprüchlich, ich kaufe denen den Natur- und Umweltschutz nicht ab. Mich erinnert das an Erdogan, der auf den Demokratiezug aufspringt, bis er sein Ziel erreicht hat, so fahren die Grünen mit dem Klimazug, bis sie ihr Ziel erreicht haben.

Tomas Poth | Mi., 29. Mai 2019 - 23:38

Antwort auf von Bettina Jung

um es in der Tonlage des Siggi Pop von der SPD drastisch zu sagen, das Grünen-Pack tanzt dem Wähler auf der Nase herum.

Roland Völkel | Mi., 29. Mai 2019 - 20:05

Antwort auf von Tomas Poth

der Grünen wird sein, M. Vestager an die Spitze der EU Kommision zu hieven
Herr Poth!
Natürlich mit entsprechenden Gegenleistungen bzw. Entgegenkommen: Eine grüneres Europa, Grenzen öffnen für ungehemmte Migration, Gendergesetze in allen EU Staaten u.s.w.
Diese (M. Vestager), hat sich erst nach der EU Wahl (Unverfroren)als Kandidatin ins Spiel gebracht, natürlich mit Unterstützung von E. Macron.
Sie war es auch, die die Fusion von Siemens & Alstom (Zugsparte), ThyssenKrupp mit Tata (Stahlsparte) u.a. untersagte - aus reiner Prinzipientreue aber nicht Marktrelevant. Die Chinesen lachen sich schlapp.
Wieso sollte der der grüne Idealismus nur auf Old Germoney beschränkt bleiben?
Ganz Europa sollte doch vom Perfekt Grünen Traum erleuchtet werden.
Die Grünen würden sogar ihre "Oma" verkaufen, um an die Macht zu kommen.
Und die Jugend ist regelrecht "Besoffen" von den Grünen!
Und die Grande Nation spielt mal wieder ihr eigenes (falsches)Spiel.
Oh La La

Bernd Muhlack | Mi., 29. Mai 2019 - 16:40

Ein meines Erachtens nicht unwesentlicher Grund für den Erfolg der Grünen sind die Medien, insbesondere das ÖR TV!
Bei den drei ÖR Talkdamen waren und sind die Grünen absolut überrepräsentiert und in der Diskussion sakrosankt. Andererseits lässt man sie nach Herzenslust gewähren, unterbrechen und dauerreden.
Ich kucke mir inzwischen nur noch Zusammenfassungen/Wiederholungen an, das reicht vollkommen aus.
Die Krönung war einmal Anne Will; es war Christian Lindner welcher sich über die Grünen mokierte und zu einem seiner Monologe ansetzte. Frau Will kanzelte ihn sofort selbstherrlich ab u sagte: "Herr Lindner, das ist meine Sendung, hier steht überall mein Name!"
Einzig mögliche Reaktion: sofortiges Zapping!

Die Grünen sowie die Medien haben es perfekt verstanden, "Kompetenz" (Netz = Speicher) vorzugaukeln und ANGST vor der Zukunft zu schüren.
Und dann diese C-Promis, welche auf den Klima-Zug aufspringen! "Beim Zähneputzen lasse kein Wasser laufen!" ECHT EY? Boa, bist du klasse!

Die Parteien-Demokratie formatiert sich neu, denn die Bindekraft an die sogenannten „Volksparteien“ ist nicht mehr gegeben. Die Grünen bestimmen gegenwärtig das Agenda Setting, sind auch an Zielen orientiert, nicht am Milieu. Das ist ihre Stärke. Das hat auch etwas mit der großen Aufgabe zu tun. Offen, jung, durchlässig, ein frischer Blick- auch das kommt gut an.
Da scheint die Generation 60 plus nicht mehr mitzukommen, ist jedoch nicht aufzuhalten.

..ein alternatives Szenario vor: Überall in Europa gehen junge Leute gegen Migration auf die Straße. Unvorstellbar? Sicherlich, aber ein Gedankenspielchen wert.
Wie würde wohl die AfD regieren?
Ein Meuthen beispielsweise würde wohl gewohnt umständlich in partei-bürokratischem Geschwurbel einwenden, man könne zwar darüber diskutieren, ob die Proteste während der Schulzeit stattfinden sollten - gleichzeitig würde er aber
garantiert nur lobende Worte für die jungen Menschen finden, die sich der vollen Unterstützung der AfD sicher sein könnten.
Von instrumentalisierten Kindersoldaten würde D E R sicher nicht mehr reden. Ganz im Gegenteil. Eher von kleinen patriotischen H e l d e n.

Sehr geehrter Herr Jasper!
Ja, ich bin Generation 60+, also 61 geboren, lebe bereits länger hier!
Zitat:
"Das hat auch etwas mit der großen Aufgabe zu tun. Offen, jung, durchlässig, ein frischer Blick, auch das kommt gut an. Da scheint die Generation 60+ nicht mehr mitzukommen, ist jedoch nicht aufzuhalten."
Zitat Ende.
Herr Jasper, eigentlich ist diese ihre Aussage selbst erklärend, bedürfte keiner Erwiderung.
Jedoch kann ich mir das nicht verkneifen!
- "die GRÜNEN sind auch(!) an Zielen orientiert, nicht am Milieu (?)"
- "große Aufgabe! - frischer Blick!" -
Na klar Herr Jasper, was denn sonst?

In Abwandlung von damals, darf ich das unzensiert veröffentlichen?
"Volk ohne Klima, wollt ihr den totalen Klimawandel?" und die Halle tobte!

Herr Jasper, es geht schlicht nicht mehr um Fakten, sondern um die moralische Deutungshoheit!
"WIR retten die Welt! Ja wie, du bist nicht dabei, gar dagegen?"

Was soll ich dazu sagen, schreiben? Ich grille jetzt und kucke "Nahles"-ADE!

Bernhard K. Kopp | Mi., 29. Mai 2019 - 20:07

Es ist keine polyamore Wohngemeinschaft mit gemeinsamer Kreditkarte, ohne Limit, für die diejenigen, die am besten verdienen, für alle haften. Es ist eine Wohnungseigentumsgemeinschaft mit festen, abschliessbaren Wohnungstüren und Respekt für die Privatsphäre aller Mitbewohner. Kosmopolitisches Lebensgefühl von wenigen ist keine vernünftige Basis für die Organisation und das kontinuierliche Management von Gemeinschaftseinrichtungen. Im EU-Parlament haben die Grünen ca. 10%. Es ist keineswegs so, dass ihnen " heute Deutschland und morgen die ganze Welt gehört".

Helmut Bachmann | Mi., 29. Mai 2019 - 21:10

Die schlichte Weltsicht der Grünen in einem Ciceroartikel gehypt. Man ist überrascht.

Gerhard Lenz | Do., 30. Mai 2019 - 00:03

Antwort auf von Helmut Bachmann

Der rechtskonservative AfD-Freund unter den Cicero-Lesern hat natürlich so seine Schwierigkeiten mit einem Beitrag, der die Grünen eben nicht schon aus Prinzip in Bausch und Bogen verdammt. Schliesslich könnte er - verständlich wie grundfalsch - den Cicero als rechtes Projekt missverstehen. Erst kürzlich hat so z.B. Frau W., eine besonders eifrige Kommentatorin, Christoph Schwennicke kurzerhand die Rolle eines Repräsentanten der Neuen Rechten zugedacht. Der Cicero versteht sich aber sicher nicht als primär rechtes Blatt, was besonders im gedruckten Magazin deutlicher wird. Die starke rechte Dominanz in diesem Forum ist grundsätzlich sicher nicht stellvertretend für die politische Ausrichtung des Ciceros.

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 31. Mai 2019 - 09:16

Natürlich werden die Grünen gute Akzente setzen, intelligente Impulse geben.
Sah Frau Baerbock bei einer Anne- Will-Sendung.
Eine kluge engagierte Frau. Sie ist manchmal ein bisschen plötzlich, aber man könnte auch sagen redundant, überschiessend.
Gestandene Ingenieur*innen können ihr sicher mächtig Contra geben, aber sie hat das Zeug, sich die Themen zu erarbeiten.
Da ich lange zu bestimmten Themen nichts machte, stehe ich oft mit wenig Wissen und zuviel Haltung vor Diskussionen.
Das ist ungünstig für Politiker.
Aus meiner Erfahrung mit mir heraus, spreche ich in so einem Fall zu mir, Dorothee, du weisst jetzt nicht genug, ahnst einen Weg und würdest ihn finden...
Normalerweise ergeben sich diese Wege auch schon mal in Diskussionen.
Eine vielfältige Beschäftigung mit vielfältigen Thesen macht nicht deshalb Sinn, weil es eine richtige Meinung gibt.
Es kann sie geben, sie kann sich auch durchsetzen, aber sicher nicht von einem vorgegeben oder alternativlos?

Ulf Müller | Fr., 31. Mai 2019 - 23:15

Wir hatten einen Helmut Schmidt und einen Helmut Kohl. Und jetzt haben wir solche Hoffnungsträger. Geht es den eigentlich noch unintellktueller. Die Herrschaft der Besten wird das mal nicht. Man muss kein Prophet um schon heute zu sehen, es wird in zehn Jahren ein Wehklagen sein unter all dem Volke. Auch wenn mich dieses Elend dann selbst mit betrifft, freue ich mich schon heute darauf, Die Deutschen fallen einfach unheimlich gern auf totalitäre Ideen herein. Die einzige Hoffnung ist die EU, trotz all ihrer Mängel wird uns die Vernunft oder das gesunde Empfinden der anderen europäischen Völker mit viel Glück vor dem schlimmsten bewahren. Leider nicht vor dem wirtschaftlichen Niedergang, denn Wirtschaft war eigentlich immer unser Beitrag. Überr dieses Stadium haben wir uns hinausentwickelt. Warum Ingenieurwesen oder Informatik studieren, wenn man als Genderforscher gesellschaftliche Anerkennung erlangt. Das Geld kann man sich immer bei den Reichen holen, dort wächst es auf den Bäumen.

Ulf Müller | Fr., 31. Mai 2019 - 23:18

Wir hatten einen Helmut Schmidt und einen Helmut Kohl. Und jetzt haben wir solche Hoffnungsträger. Geht es den eigentlich noch unintellktueller. Die Herrschaft der Besten wird das mal nicht. Man muss kein Prophet sein schon heute zu sehen, es wird in zehn Jahren ein Wehklagen sein unter all dem Volke. Auch wenn mich dieses Elend dann selbst mit betrifft, freue ich mich schon heute darauf, Die Deutschen fallen einfach unheimlich gern auf totalitäre Ideen herein. Die einzige Hoffnung ist die EU, trotz all ihrer Mängel wird uns die Vernunft oder das gesunde Empfinden der anderen europäischen Völker mit viel Glück vor dem schlimmsten bewahren. Leider nicht vor dem wirtschaftlichen Niedergang, denn Wirtschaft war eigentlich immer unser Beitrag. Über dieses Stadium haben wir uns hinausentwickelt. Warum Ingenieurwesen oder Informatik studieren, wenn man als Genderforscher gesellschaftliche Anerkennung erlangt. Das Geld kann man sich immer bei den Reichen holen, dort wächst es auf den Bäumen.