Vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe zeigt ein Rentner auf ein Formular der Stadtsparkasse. Er hatte das Kreditinstitut verklagt, weil seine Formulare nur die männliche Anrede vorsehen
Der kleine Unterschied hat eine große Kontroverse um Gender-Gerechtigkeit in der Sprache provoziert / picture alliance

Aufruf gegen „Gender-Unfug“ - Duell der Diskurs-Sheriffs

Mit einem Aufruf gegen sprachlichen „Gender-Unfug“ haben Schriftsteller und Sprachliebhaber eine Kontroverse darüber entfacht, ob das Bestreben nach mehr Geschlechtergerechtigkeit die Sprache zerstöre. Ein prominenter Publizist geht sogar noch einen Schritt weiter

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Wer sagt eigentlich, dass „die Gewalt“ immer weiblich sein muss? In der deutschen Sprache gibt es keinen festen Zusammenhang zwischen natürlichem und grammatischen Geschlecht . Alle Versuche, die Sprache gendergerecht zu machen, führten „zu  lächerlichen Sprachgebilden“ wie „Radfahrende“ oder „Idiotinnen“. Mal ganz abgesehen „von dem seltsamen Genderstern“ . So steht es in einem Aufruf des „Vereins Deutsche Sprache“, der unter anderem von der  Schriftstellerin Monika Maron und dem „Sprachpapst“ Wolf Schneider verfasst wurde. Ein reaktionärer Versuch ewiggestriger Stilpäpste, die sich mit dem Mut der Verzweifelung gegen den Wandel der deutschen Sprache stemmten? Als solcher wurde dieser Aufruf von den Kritikern diskreditiert. Weil der Aufruf auch von Afd-Anhängern unterzeichnet wurde, wurden die Verfasser in die rechte Ecke gestellt. Es hieß, es ginge ihnen gar nicht um die Sprache, sondern darum, die Sprache vor dem Versuch zu bewahren, ihr mehr Geschlechtervielfalt einzuimpfen. 

„Ein muffiger Wind der Unfreiheit“

Reine Diffamierung, schreibt der Publizist Thomas Schmid in einem lesenswerten Beitrag seines Blogs.  Der Aufruf sei binnen weniger Tage von 28.000 Menschen unterzeichnet worden, darunter auch von Prominenten wie Judith Hermann, Dieter Nuhr oder Dieter Hallervorden – von Menschen also, die über den Verdacht der Deutschtümelei erhaben seien. Die reflexartige Empörung über den Aufruf sei symptomatisch für das Klima, das derzeit an deutschen Universitäten herrsche. Eine kleine Avantgarde links-grüner „Diskurssheriffs“ kämpfe dafür, der Mehrheit ihre Gender-Reform aufzuzwingen. An den Hochschulen wehe „ein muffiger Wind der Unfreiheit, des geistigen Zwangs und einer unbelehrbaren Engstirnigkeit“. 

Nun könnte man einwenden, Sprache entwickle sich organisch. Sie könne nicht staatlich verordnet werden. Die Reform spiegele nur das wieder, was längst Alltag sei. Es setze sich nur das durch, was die Mehrheit der Deutschen akzeptierten. Wie passt das zu dem Vorwurf, die „Diskurssheriffs“ würden der Mehrheit ihre Gender-Reform aufzwingen? Urteilen Sie selbst.  

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Petra Führmann | Di., 12. März 2019 - 14:32

wieder fällt mir Kuhno van Oyten ein: Wir basteln uns ein Problem. Kein Mensch mag Zwang; Sprache entwickelt sich, meist durch Gewohnheit. Hat z. B. früher niemand einfach so "geil" gesagt, gehört es heute zum Sprachgebrauch der meisten. Es hat seine ursprüngliche Konnotation verloren. Vielleicht verfängt das Ansinnen bei den Jungen, wenn sie mit diesen Formulierungen aufwachsen und es dann nicht mehr anders kennen, wir Älteren werden das wohl nicht annehmen. Wenn schon, dann bitte ohne Zwang und Bewertung ("rechte Ecke", wie immer; wie lange soll dieses öde und dümmliche Totschlagargument eigentlich noch bemüht werden?). Die Zeit wird es zeigen.. und genau die braucht es. Es geht nicht mit der Brechstange, und zwingen lasse ich mich ganz sicher nicht. Ich höre sogar kaum noch zu, wenn jemand immer beide Formen im Gespräch anwendet, wie z. B. Schüler und Schülerinnen, Leser und Leserinnen.. es nervt, und ich fühle mich als Frau keinesfalls diskriminiert, wenn nur eine Form benutz wird.

Barbara Ebert | Mi., 13. März 2019 - 07:44

Antwort auf von Petra Führmann

Danke Frau Führmann, endlich hört man auch diese Seite. Als Frau fühle ich mich einfach nur als Mensch, und nicht als "Menschin"

uwe rennert | Mi., 13. März 2019 - 08:36

Antwort auf von Petra Führmann

auch schön:
liebe mitbürgerrinnen und mitbürger.....
oder:
genossinnen und genossen......
in den 70ern gab es mal einen prozess. eine frau klagte gegen den begriff "frau".
sie wollte mit "dame" angesprochen werde.
im gegensatz zu "herrlichkeit" müsste dann zwangsläufig "dämlichkeit" folgen.

schöne grüße

Ernst-Günther Konrad | Di., 12. März 2019 - 14:32

wer sich kritisch gegen den Genderwahnsinn äußert, landet in der "rechten" Ecke. Ich habe den Aufruf unterschrieben und musste feststellen, das nicht das erste mal die im Cicero angelegte Linkverbindung nicht funktioniert und stattdessen meine Internetverbindung weg ist. Erst nach Neustart gelang es mir, den Aufruf-Link zu aktivieren. Ich hoffe für uns alle, dass das nur bei mir ein technisches Problem war. Nur eben, das war nicht das erste mal und besonders findet das Freitags, zwischen 12.00-14.00 Uhr statt. Es würde mich interessieren, ob des den anderen Kommentatoren auch so geht. Ansonsten liegt es wirklich nur bei mir und ich muss mal nachschauen lassen, ob sich mein PC erkältet hat.
Es müssen bei den Gendergegnern viele neue Kritiker die politischen Seiten wechseln. In meinem Bekanntenkreis sind Grüne, SPD und CDU - Wähler und jeder fragt sich, ob die da in Berlin sie noch alle haben und fordern stattdessen, sich mit den echten Problemen zu befassen. Die Basis denkt also normal.

Romuald Veselic | Di., 12. März 2019 - 14:51

Nirgends auf dieser Welt, gibt's so etwas, was in Deutschland durch durchgeknallte Mini-Minderheiten auf die Oberfläche kommt. Schon der Fakt, dass man sich damit beschäftigt, ist eine hochgestapelte Debilität, die sein Paar sucht.
Womit ich bekunden will: Ich (!) beteilige mich daran nicht. Erst jetzt mit recht, werde mich nicht nach New Speak richten. Bin gespannt, ob dafür Strafen folgen werden.
Wenn ja, dann werde ich "politisch Verfolgter". Auf dem gleichen Level, wie Havel oder Sacharow.

Gibt es nichts Wichtigeres, als den ewigen Streit um die Feminisierung/ Maskulinisierung von Sprache?

Alles nur Quatsch?

Warum widmet ihm dann der Cicero den X-ten Artikel in Folge? Um dem Empörungsbedürfnis der Gegner jeglicher Genderpolitik entgegenzukommen?

Fürchten die Verteidiger althergebrachter Sprachmuster schlicht um ihre Pfründe?

Klaus Ramelow | Di., 12. März 2019 - 19:05

Antwort auf von Gerhard Lenz

Es ind nicht die Verteidiger "althergebrachter" Sprachmuster die um ihre Pfründe fürchten, sondern die Verfechter der Genderitis fürchten der Vernunft zu unterliegen !

Gerhard Lenz | Mi., 13. März 2019 - 22:02

Antwort auf von Klaus Ramelow

sprachliche Änderungen, die zu einer gerechteren Sprache führen, abzulehnen?

Christa Wallau | Do., 14. März 2019 - 13:44

Antwort auf von Gerhard Lenz

Es gibt keine "gerechte" Sprache, es sei denn: Man schafft das freie Denken ab!

Sprache drückt aus, wie und was gedacht wird. Sie hat nichts mit Gerechtigkeit und
Moral am Hut. Sprache ist Ausdruck der Freiheit des Menschen.
Wenn anders gedacht und empfunden wird als bisher (jedenfalls von einer Mehrheit), dann ändert sich auch die Sprache, aber keineswegs durch Verordnungen, sondern ganz natürlich.
Alles andere ist Eingriff in die Freiheit des Menschen und von daher strikt abzulehnen!

Lisa Werle | Di., 12. März 2019 - 21:06

Antwort auf von Gerhard Lenz

Nein, Herr Lenz, fehl unterstellt: denen, die diesen Aufruf unterschrieben haben, geht es nicht um 'Pfründe'. Ich glaube aber, dass es denen, die diesen Zwang zur Sprachverhunzung ausüben möchten, um Pfründe geht. Wie Monika Maron schon sagte: Es geht um mehr als Grammatik. Dieser unsägliche Gender-Wahn hat im Schlepptau die pure Unfreiheit, gipfelnd in einer Sprach- und Verhaltensüberwachung, mit dem grün-linke Ideologie, die jeder Logik entbehrt, zwangsweis durchgesetzt werden soll. '1984' wird Realität, wenn wir nicht aufpassen. Im Fokus sind auch nicht DIE Frauen bei dieser angeblich so feministisch orientierten Diskurs-Polizei. Nein, es soll der Boden bereitet werden für weitere Sonderlocken, gestrickt von links-grün, bezahlt von uns allen. Auch mir gelang es bisher nicht, die Seite aufzurufen. Ich bleibe dran. Und Sie, Herr Lenz, nehmen bitte zur Kenntnis, dass es nicht ein paar 'Rechte'sind, gegen die man bequem agitieren kann. Es sind Millionen, die das unerträglich finden.

...sie tappen voll in die Falle der Gendergegner. Zunächst mal geht es nur um eine andere Sprache - Sprachmuster sind nun einmal historisch bedingt und rollengeprägt, maskulin gestaltet. Sie sehen jedoch gleich die links-grün-kommunistische Diktatur am Horizont.

Sie verstehen das als Zwang? So wie die, die eine humanere, gerechtere Sprache einfordern, die bisherige Sprachregelung als Zwang ansehen?

Karsten Meyer | Do., 14. März 2019 - 14:16

Antwort auf von Gerhard Lenz

Kein Gendergegner stellt Fallen auf. Ja, Sprache entwickelt sich, dass passiert aber von unten nach oben. (bis dann der Duden auch noch den größten Unfug zur Regel erhebt - siehe selbständig zu selbstständig) aber sie irren sich, indem sie Sexus und Genus gleichsetzen. Gerade beim Gendern stellt man fest, dass hier in der Regel Institutionen und Behörden versuchen, einem in unseren Breiten mit Bedeutungsverlust kämpfenden Feminismus und dessen Tendenz zum Empörtsein Folge zu leisten. Wieso hat sich in der türkischen Sprache dann gar kein grammatisches Geschlecht entwickelt? Ist das ein Indiz für die Gleichstellung der Frauen in der Türkei?

Jürgen Keil | Mi., 13. März 2019 - 10:33

Antwort auf von Gerhard Lenz

Herr Lenz, ich weiß nicht, welche Pfründe sie haben. Man sagt ja ,"was ich selber denk und tu, das traue ich auch Andern zu." Ich habe keine Pfründe. Aber ich beobachte, nicht nur bei diesen Sprachneuerungen, eine langsam zunehmende, unterschwellige Einschränkung der Freiheit des Wortes und der Schrift, die bei vielen schon eine Selbstzensur auslöst, weil gerade im Hochschulbetrieb die "falsche Meinung" existenziell bedrohlich sein kann. Sachliche Kritik, fundierter wissenschaftlicher Meinungsstreit gerade auf den Gebieten Klimaänderungsursachen, Entwicklungshilfe, Migration und Feinstaubbelastung u.v.a.m. wird sofort ideologisiert, als reaktionär, rückschrittlich und natürlich rechts abgestempelt. Ich habe so etwas schon einmal in der DDR erlebt. Mein Feingefühl für solche gesellschaftlichen Erscheinungen ist seither geschärft. So etwas will ich nicht wieder! Wem ein solches gesellschaftliches Klima behagt, kann ja nach Nordkorea auswandern.

Ich weiss ja nun wirklich nicht, wie eine Änderung zu einer Sprache hin, die den heutigen Geschlechterrollen gerecht(er) wird, auf Sie bedrohsam wirken kann.

Es ist ja nun gerade der nicht der in Unfreiheit gefangen, der Veränderung als notwendig ansieht und wünscht, sondern derjenige, der jegliche Veränderung aus purem Mißtrauen ablehnt.

Anders bei den Themen, die sie offensichtlich im Zusammenhang mit "moderner Genderpolitik" sehen - Klimawandel, Feinstaubbelastung usw. Dort gibt es wissenschaftliche Expertisen - die müssen einem nicht gefallen, aber man kann sie nicht einfach beiseite fegen. Wer das dennoch tut, der handelt tatsächlich ausschliesslich aus ideologischen Gründen.

Heidemarie Heim | Di., 12. März 2019 - 15:15

Ich denke schon, das dies unter der tätigen Mithilfe durch unsere sogenannte Universitäts- Elite funktioniert. Wir haben ja dank unseres Beamtentum auch eine eigene Amtssprache, genannt Behördendeutsch, die sich ebenso einer "Mehrheit" von Bürgern gänzlich entzieht.
Versuche der Transparentmachung zum Nutzen des Bürgers z.B. im Umgang mit einem exorbitant gewachsenen Formulardschungel oder im Kontakt mit behördlichen Sprachinhabern, sind seit jeher doch auch kläglich gescheitert. Man nahm und nimmt es als irgendwie gottgegeben, "Die da oben werden schon wissen...", hin. Allenfalls wird darüber gemault und sollte wie aktuell eine begrenzte Diskussion entstehen, schert es die Mehrheit scheinbar ebenso wenig. Denn sonst wären die für die meisten Bürger unverständlichen Absonderlichkeiten sprachlicher Entwicklung und Grammatik doch schon längst abgeschafft. MfG

Benno Pluder | Di., 12. März 2019 - 15:45

Solange es in Deutschland möglich ist, sogar Lehrstühle für das Erfinden von Problemen zu gründen und dafür Leute zu bezahlen, wird es diese Menschen immer geben, die eben genau das tun - für Geld Probleme erfinden.

Tomas Poth | Di., 12. März 2019 - 17:33

Antwort auf von Benno Pluder

seid's gewesen, möchte man mit Goethes Zauberlehrling sagen. Aber der Ungeist ist nun aus der Flasche, wer kriegt ihn da wieder rein?
Das ist auch ein "das nervige Kind" Problem. Bräuchte es vielleicht auch Lehrstühle für den gegenteiligen Anspruch.

Helmut Bachmann | Di., 12. März 2019 - 19:56

Der Genderquark wird ohne Zwang nicht gegessen. Leider sind die Deutschen autoritätshörig und machen, was man ihnen sagt, wenn man sonst als Nazi abgestempelt wird. Lange halten wird es sich hoffentlich trotzdem nicht. Sowie andere Sprachregelungensquarks der Vergangenheit.

Jo Steiner | Mi., 13. März 2019 - 09:31

Wer es noch nicht gemerkt haben sollte: wir befinden uns doch hier im Land mittlerweile in einem Umerziehungslager, staatlich seitens links-rot-grün geduldet/gefördert/gewollt. Absolute Minderheiten erklären uns, wie wir zu leben/zu arbeiten/uns zu verhalten/was wir zu denken haben, natürlich alles im Sinne politischer Korrektheit, die ja auch von diesen Minderheiten definiert wird. Grundsätzliche Frage: wollen wir das bzw. was tun wir dagegen ?

Brigitte Simon | Do., 14. März 2019 - 17:32

Für mich ist der "Genderrismus" Ausdruck eines mangelnden Selbstwertgefühls der sich betroffen
gefühlten "genderierten" Frauen. Ich persönlich fühle mich bei diesem Thema von diesen "losge-
lösten Amazonen" völlig veralbert und lege ihnen
Dioysius´Erkenntnis und gutem Rat vor ihre zu
großen Füße.

"Sprich nur dann, wenn du etwas Wertvolles zu
sagen hast".

Mit diesem Wissen entstünde das große Schwei-
gen im rot-grün-linken Wald.
Fast für Dionysius galt, widerspricht vor allem der GRÜNEN-Ideologie, durchzogen mit krank-
hafter Benachteiligung ihres Feminismus.
Dazu ein grünes Beispiel:

- die deutschen Verkehrsschilder, die Anzeigen
der deutschen Zebrastreifen mit männlichen
Figuren. Die GRÜNEN fordern Neuanfertigung
der Schilder mit weiblichen.
- die Wettervorhersagen: "Tiefs" erhalten weib-
liche Namen, "Hochs" allerdings männliche
Namen, monierten die GRÜNEN.

Soviel ich weiß, minimiert sich in Frankreich der
Genderismus.
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