
- Wann kommt der Humorwächterrat?
Annegret Kramp-Karrenbauer gerät nach ihrem Auftritt beim Karneval in einen Entrüstungssturm, genau wie der Komiker Bernd Stelter. Ihre Witze waren zwar bieder, doch die Empörung darüber ist albern. Deutschland hat offenbar ein Humorproblem. Woher kommt das?
Karneval ist die Zeit, in der die Deutschen keinen Spaß verstehen. Diese Erfahrung musste nun die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer machen. Sie witzelte beim „Stockacher Narrengericht“, einer Faschingsveranstaltung in Baden-Württemberg, über die Berliner „Latte-Macchiato-Fraktion“, die sich „Toiletten für das dritte Geschlecht“ ausgedacht habe. Dort könnten nun „Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen“, ihr Geschäft verrichten. Den Tatbestand der Intersexualität hat Kramp-Karrenbauer damit eher unzutreffend wiedergegeben. Gewiss aber hat sie sich nicht an der Menschenwürde vergangen, hat sie nicht gehetzt, hielt eine Hasspredigt – und wie die grotesken Vorwürfe alle heißen, die nun auf „AKK“ niederprasseln.
Humor braucht Gelassenheit
Deutschland hat ein Problem mit dem Humor, weil es ein Problem mit sich selbst hat. Humor braucht Gelassenheit und braucht ein Urvertrauen in die Kraft der freien Rede. An beidem mangelt es sehr. Hierzulande wird der politisch korrekte Witz gefordert, der einen Wattebausch bereit hält für die öffentliche Konsensmeinung und den Holzhammer für die weltanschauliche Abweichung. Ganz in diesem Sinn erklärte Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller von der SPD, prompt und erwartbar: Hinter Humor stehe „immer eine Haltung“. Das Unwort des Jahrzehnts, die „Haltung“, wird umgebogen zur Regierungsdoktrin. Die von Müller bei Kramp-Karrenbauer vermisste, „dem Amt und der Funktion angemessene Haltung“ meint karnevaleske Schonung für jene Gruppen, als deren Lobbyisten sich die Humorlosen begreifen.